Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schwab als Vorsitzende sowie den Richter Mag. Spreitzer LL.M. und die Richterin Mag. Marchart als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache der A*wegen vorläufigen Absehens vom Strafvollzug wegen Einreiseverbotes oder Aufenthaltsverbotes nach § 133a StVG über deren Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichtes Krems an der Donau vom 4. August 2025, GZ **-11, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
Die am ** geborene Staatsangehörige von Bosnien und Herzegowina A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Krems zwei wegen §§ 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1; 28 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG verhängte Freiheitsstrafen (zum Teil nach Widerruf einer teilweise bedingten Nachsicht) von zwei Jahren und zwölf Monaten. Das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 5. April 2027. Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung (ebenso zu berechnen wie jene für eine Anwendung des § 133a StVG, siehe Pieber in Höpfel/Ratz, WK 2StVG § 133a Rz 16) nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG werden am 5. Oktober 2025, jene nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG am 5. April 2026 vorliegen (ON 3 und ON 4).
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Landesgericht Krems an der Donau als zuständiges Vollzugsgericht einen Antrag der Strafgefangenen, gemäß § 133a StVG vom weiteren Vollzug der über sie verhängten Freiheitsstrafen wegen Vorliegens eines Aufenthaltsverbotes vorläufig abzusehen (ON 2 und ON 7), aus generalpräventiven Gründen ab.
Dagegen richtet sich die rechtzeitig erhobene (ON 12) und zu ON 13 ausgeführte Beschwerde.
Nach § 133a Abs 1 StVG ist, wenn ein Verurteilter die Hälfte der Strafzeit, mindestens aber drei Monate verbüßt hat, vom weiteren Vollzug der Strafe vorläufig abzusehen, wenn gegen ihn ein Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot besteht (Z 1), er sich bereit erklärt, seiner Ausreiseverpflichtung in den Herkunftsstaat (§ 2 Abs 1 Z 17 AsylG) unverzüglich nachzukommen, und zu erwarten ist, dass er dieser Verpflichtung auch nachkommen wird (Z 2), und der Ausreise keine rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse entgegenstehen (Z 3). Hat der Verurteilte die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel der Freiheitsstrafe verbüßt, so ist trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs 1 solange nicht vorläufig vom weiteren Vollzug der Strafe abzusehen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken (Abs 2 leg cit). Die Verweigerung setzt gewichtige Gründe voraus, welche sich aus Sicht der Allgemeinheit von den regelmäßig vorkommenden Begleiterscheinungen strafbaren Verhaltens auffallend abheben. Dabei ist nicht nur der bloße Abschreckungseffekt bei potentiellen Tätern, sondern im Sinne positiver Generalprävention auch das Interesse an der Festigung genereller Normtreue in der Bevölkerung zu beachten. Diese Aspekte generalpräventiver Natur müssen aus der Schwere der Tat ableitbar sein ( Jerabek/Ropper in Höpfel/Ratz, WK 2StGB § 46 Rz 16).
Zwar erklärte sich die Strafgefangene bereit, ihrer Ausreiseverpflichtung aufgrund eines sechsjährigen Aufenthaltsverbotes (vgl ON 5) nachzukommen (ON 2), wie das Erstgericht jedoch zutreffend erkannte, stehen dem vorläufigen Absehen vom Strafvollzug schon nach der Hälfte der Strafzeit bedeutende generalpräventive Hindernisse entgegen.
Soweit für diese Entscheidung relevant, liegt der (auch) vollzugsgegenständlichen Verurteilung des Landesgerichts St. Pölten, AZ **, zugrunde, dass sich die Strafgefangene, die bereits einmal wegen einer Straftat nach § 28a Abs 1 SMG verurteilt worden war, im Rahmen einer tatbestandlichen Handlungseinheit und in Umsetzung eines mit B* und C* gefassten Tatplans (ON 9, 8) dazu entschloss Kokain mit einem sehr hohen Reinheitsgehalt gewerbsmäßig anderen Personen zu überlassen. In Umsetzung des Tatplans erwarb sie das Kokain und überließ zwischen Dezember 2023 bis April 2024 in mehreren Angriffen 201,10 Gramm brutto Kokain (beinhaltend den Wirkstoff Cocain) mit einem Reinheitsgrad von 80,4 Prozent an B*, die dem Tatplan folgend gemeinsam mit C* für die Weiterverteilung des Suchtgiftes an die Endabnehmer verantwortlich war (ON 9, 8 f).
Im konkreten Fall handelt es sich demnach um eine Tat mit auffällig hohem Handlungs-, Gesinnungs- und Erfolgsunwert, der sich in der Menge des weitergegebenen Suchtgifts, dem hohen Reinheitsgehalt von über 80 Prozent, der arbeitsteiligen Vorgehensweise und der hierarchischen Struktur – wobei A* als Einkäuferin des Suchtgiftes hierarchisch über B* und C* stand - der Tätergruppe und dem damit einhergehenden hohen sozialen Störwert manifestiert. Dieser besonders hohe Handlungs-, Gesinnungs- und Erfolgsunwert hebt sich aus Sicht der Allgemeinheit von regelmäßig vorkommenden Begleiterscheinungen strafbaren Verhaltens insbesondere deshalb auffallend ab, weil professionell und arbeitsteilig agiert wurde sowie Suchtgift mit einem sehr hohen Reinheitsgehalt, weit über jenem von solchem in Straßenqualität, weitergegeben wurde. Eine Fortsetzung des Strafvollzugs ist daher ausnahmsweise aufgrund der Tatschwere erforderlich, um potentiellen Delinquenten im persönlichen Umfeld der Beschwerdeführerin das Missverhältnis zwischen dem aus derart organisierten Verbrechen zu erwartenden Gewinn und dem strafrechtlichen Risiko im Fall der Betretung aufzuzeigen. Eine Entlassung zum frühestmöglichen Zeitpunkt würde auch dem Auftrag der Strafrechtspflege, die generelle Normtreue in der Bevölkerung zu festigen, zuwiderlaufen und unweigerlich eine Bagatellisierung dieser Form der in den letzten Jahren stetig steigenden Suchtmitteldelinquenz zum Ausdruck bringen.
Die in der Beschwerde vorgebrachten persönlichen Umstände der Strafgefangenen vermögen die gegen ein vorläufiges Absehen bestehenden generalpräventiven Bedenken nicht zu entkräften.
Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht zulässig.
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