Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Richterin Mag. Schneider Reich als Vorsitzende sowie den Richter Ing.Mag. Kaml und die Richterin Mag. Primer als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A*wegen §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 StGB über die Beschwerde der Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 10. Juli 2025, GZ ** 39, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
Die am ** geborene österreichische Staatsbürgerin A* wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 21. Oktober 2022 (ON 20) des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten verurteilt, unter einem wurde vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht (einer wegen schweren Betrugs verhängten Strafe von 12 Monaten) abgesehen und die Probezeit auf fünf Jahre verlängert. Nach dem Inhalt des Schulspruchs hat sie am 2. Mai 2022 in ** mit Bereicherungsvorsatz B* durch Täuschung über Tatsachen unter Benützung einer verfälschten Urkunde, nämlich durch die wahrheitswidrige Behauptung, als Immobilienmaklerin vom Eigentümer mit der Vermittlung und Vermietung einer Wohnung in ** beauftragt zu sein, und unter Vorlage ihres eigenen Mietvertrags, den sie dahingehend verfälschte, dass sie einige Zeilen schwärzte, zu einer Handlung, nämlich zur Übergabe von EUR 1.860, für eine Maklerprovision und EUR 2.325, für die Kaution für die gegenständliche Wohnung verleitet, obwohl sie tatsächlich lediglich selbst Hauptmieterin der genannten Wohnung und nicht Verfügungsberechtigte war, wodurch die Genannte in einem Betrag von EUR 4.185, am Vermögen geschädigt wurde. Bei der Strafzumessung wertete das Erstgericht als mildernd das reumütige Geständnis und die Schadensgutmachung, erschwerend die zehn einschlägigen Vorstrafen sowie die Tatbegehung während offener Probezeit.
Bereits am 23. November 2022 war ihr die Aufforderung zum Strafantritt zugestellt worden (siehe ON 22). Ein unmittelbar danach gestellter Antrag auf Strafaufschub nach §§ 5, 6 StVG (ON 23) wurde nach Einholung diverser Gutachten mit rechtskräftigem Beschluss des Erstgerichts vom 6. Februar 2024 (ON 33) abgewiesen, eine Entscheidung über ihren ebenso gestellten Antrag auf elektronisch überwachten Hausarrest liegt noch nicht vor.
Nunmehr beantragte sie im Mai 2025 (ON 37) eine nachträgliche Milderung der Strafe gemäß § 31a StGB und führte hiezu aus, dass die der Verurteilung zugrundeliegende Tat nun mehr als drei Jahre zurückliege und sie sich seither wohlverhalten und mit ihrem Fehlverhalten auseinandergesetzt habe. Sie sei nun in Pension, habe nichts mehr mit Immobilien zu tun und sorge für ihre beiden Enkelkinder, nämlich für ihren Enkelsohn als gesetzliche Erwachsenenvertreterin (seit März 2022) und für die Enkeltochter, die zuvor im C* fremduntergebracht gewesen sei, nach Obsorgeübertragung des Pflegschaftsgerichts seit November 2024. Aufgrund dieser neuen Umstände sei davon auszugehen, dass sich die Verurteilte pflichtbewusst verhalten werde, und beantragte sie eine (zumindest teilweise) bedingte Nachsicht der über sie verhängten Freiheitsstrafe.
Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Erstgericht diesen Antrag ab, wogegen sich eine rechtzeitig erhobene Beschwerde der Verurteilten (ON 41) richtet, der keine Berechtigung zukommt.
Zunächst ist festzuhalten, dass die Verurteilte sogleich mit der rechtzeitigen Anmeldung einer Beschwerde einen Antrag auf Verfahrenshilfe stellte. Dieser wurde mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 4. August 2025 rechtskräftig abgewiesen. Weist das Gericht einen Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers ab, so beginnt nach dem Wortlaut des § 63 Abs 1 zweiter Halbsatz am Ende der Neubeginn der Frist mit Zustellung des den Antrag abweisenden Beschlusses an den Beschuldigten. Nachdem ihr der Beschluss am 6. August 2025 persönlich zugestellt wurde und keine weitere Ausführung der Beschwerde erfolgte, ist nunmehr über die inhaltlich unausgeführte Beschwerde ON 41 zu entscheiden (vgl dazu Soyer/Schumann in WK-StPO § 63 Rz 25 mwN).
Gemäß § 31a Abs 1 StGB hat das Gericht die Strafe angemessen zu mildern, wenn nachträglich Umstände eintreten oder bekannt werden, die zu einer milderen Bemessung der Strafe geführt hätten.
Wie das Erstgericht korrekt ausführte, kommen als nachträglich hervorgekommene Milderungsgründe nicht nur die im StGB beispielsweise angeführten Milderungsgründe ieS in Betracht, sondern alle Umstände, die in Ansehung der ausgesprochenen Strafe, ohne dass der angewendete Strafsatz dadurch berührt wird, eine mildere Behandlung des Täters herbeiführen könnten. Ob die für eine Herabsetzung einer Strafe maßgebenden Umstände erst nach dem Urteil hervorgekommen oder ob sie erst nachträglich entstanden sind, macht keinen Unterschied. Wohlverhalten nach der Verurteilung kann demnach zu nachträglicher Strafmilderung führen. Als nachträgliche Strafmilderung kann das Gericht die Dauer der Freiheitsstrafe oder die Zahl der Tagessätze herabsetzen, statt der Freiheits- eine Geldstrafe verhängen, die Strafe teilweise oder zur Gänze bedingt nachsehen oder eine für den Verurteilten günstigere Relation bei teilbedingter Nachsicht wählen (Ratzin WK² StGB § 31a Rz 4 ff).
Eine Berücksichtigung des Verhaltens des Täters nach der Tat ist in § 32 StGB nicht ausdrücklich vorgesehen. enthält aber eine Reihe von Gründen, die auf das Nachtatverhalten Bezug nehmen und den Rechtsbrecher bei der Strafzumessung begünstigen. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass sich das Verhalten nach der Tat strafmildernd auswirken kann (Riffel
Ebenso war die Verurteilte auch schon zum Zeitpunkt der Urteilsfällung in Pension und handelt es sich dementsprechend um keine Tatsache, die erst nach dem Urteil hervorgekommen bzw erst nachträglich entstanden ist.
Dass sich die Verurteilte um ihre Enkelkinder kümmert und für beide Verantwortung in Form der (im Übrigen auch bereits zum Zeitpunkt der Urteilsfällung gegebenen) gesetzlichen Erwachsenenvertretung bzw der an sie übertragenen Obsorge im Teilbereich Pflege und Erziehung übernommen hat, steht in keinem Zusammenhang mit der von ihr begangenen Tat und stellt daher keinen weiteren zu berücksichtigenden Milderungsgrund dar.
Darüber hinaus sind Veränderungen zugunsten des Verurteilten an den Kriterien von Strafrahmenbildung undbemessung (§§ 32 StGB) zu messen, sodass allenfalls spezialprognostisch für den Verurteilten wirkende Gründe nur unter Bedachtnahme auf die sonstigen Strafzumessungsgründe und Strafbemessungskriterien eine Strafmilderung begründen können (OLG Wien 32 Bs 47/25h). Mit Blick auf die bei der Sanktionsfindung herangezogenen und oben genannten Strafzumessungsgründe sind die von der Verurteilten ins Treffen geführten Umstände betreffend ihr Nachtatverhalten nicht derart gewichtig, dass sie eine Herabsetzung oder eine bedingte Nachsicht auch nur eines Teils der Freiheitsstrafe, die trotz der vielzähligen einschlägigen Vorstrafen und der Tatbegehung innerhalb der offenen Probezeit ohnehin im unteren Bereich des zur Verfügung stehenden Strafrahmens ausgemessen wurde, rechtfertigen könnte.
Einer auch nur teilweise bedingten Strafnachsicht stehen angesichts der massiven einschlägigen Vorstrafenbelastung rückreichend in das Jahr 1991 und in Summe fast zweijährigen Hafterfahrung spezialpräventive, aber auch generalpräventive Erwägungen entgegen.
Der Beschwerde war daher ein Erfolg zu versagen.
Gegen diesen Beschluss steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.
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