Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Mag. Zacek als Vorsitzende, den Richter Mag. Zechmeister und die Richterin Dr. Heissenberger, LL.M., sowie die fachkundigen Laienrichter Gerald Penz und Michael Grandinger in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A* , **, vertreten durch Haider Obereder Pilz RechtsanwältInnen GmbH in Wien, wider die beklagte Partei B* AG , **, vertreten durch CMS Reich Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen EUR 22,44 brutto sA, über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 25.11.2024, **15, gemäß den §§ 2 Abs 1 ASGG, 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 149,95 (darin EUR 24,99 USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist seit 8.9.2008 bei der Beklagten bzw deren Rechtsvorgängerinnen als Buslenkerin beschäftigt. Die Klägerin ist seit 1.1.2023 nicht freigestelltes Betriebsratsmitglied. Auf das Arbeitsverhältnis ist der Kollektivvertrag für Dienstnehmer in den privaten Autobusbetrieben (in der Folge kurz als: KollV bezeichnet) anzuwenden.
Mit ihrer Mahnklage begehrt die Klägerin die Bezahlung von 1,5 Stunden an unbezahlter Ruhepause in Höhe von EUR 22,44 brutto für die Absolvierung ihres Dienstes am Samstag, den 26.8.2023. Sie habe während dieses Dienstes (Fahrten zwischen C* und D*) eine große Anzahl an langen fahrplanbedingten Stehzeiten zu absolvieren gehabt. Es sei ein rechtswidriger Abzug dieser 1 ½ stündigen unbezahlten Ruhepause von den zu bezahlenden Steh- und Wartezeiten erfolgt. Die Klägerin betonte in ihrer Klage, dass das gegenständliche Verfahren als Musterverfahren für eine größere Anzahl an Arbeitnehmerinnen geführt werde.
Die Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grunde nach. Sie brachte vor, dass die Zulässigkeit des täglichen Abzugs von maximal 1 Stunde und 30 Minuten als unbezahlte Pause bereits durch mehrere oberstgerichtliche Entscheidungen bestätigt worden sei. Daraus ergebe sich, dass nur über das kollektivvertragliche Höchstausmaß von 1,5 Stunden hinausgehende fahrplanbedingte Steh- und Wartezeiten bis 6 Stunden wie volle Arbeitszeiten zu entlohnen seien. Auch am 26.8.2023 seien der Klägerin daher rechtskonform 1 ½ Stunden als unbezahlte Pause abgezogen worden.
Die Klägerin entgegnete, dass sich die Bushaltestelle D* ** Straße im „Nirgendwo“ befinde und die Klägerin nicht einmal die Möglichkeit gehabt habe, eine Verpflegung zu erwerben oder WC-Anlagen aufzusuchen.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht die Klage ab.
Es stellte folgenden Sachverhalt fest:
„ Der gegenständlich relevante Dienstplan NVOE001 für den 26.8.2023 (Samstag) sah eine Dienstzeit von 6:49 Uhr bis 20:35 Uhr vor. Die Einsatzzeit betrug 13:46 Stunden, die Lenkzeit 7:33 Stunden, die Stehzeiten 5:18 Stunden und die abgezogene Pause 1:30 Stunden. Zwischen 13:18 Uhr und 13:48 ist eine Ruhepause im Fahrplan festgehalten (Beil./7). Dieser Dienstplan Beil./7 stellt einen integrierenden Inhalt dieses Urteils dar und wird diesem Urteil angehängt.
Die Klägerin fuhr an diesem Tag mehrmals mit dem Bus zwischen C* und D*. An der Bushaltestelle D* ** Straße hatte sie mehrmals fahrplanmäßige Stehzeiten von 41 Minuten (zB von 9:08 Uhr bis 9:49 oder von 13:08 bis 13:49 Uhr), an der Haltestelle C* hatte sie mehrmals fahrplanmäßige Stehzeiten von 17 Minuten (zB von 8:21 Uhr bis 8:38 Uhr, wobei dabei jeweils am Dienstplan die Bemerkung „Fahrgastabfertigung“ angeführt ist). Der Klägerin wurden für ihren am 26.8.2023 absolvierten Dienst 12:16 Stunden abgerechnet und bezahlt. 1:30 Stunden wurden der Klägerin als unbezahlte Ruhepause nicht bezahlt.
In der Betriebsvereinbarung der Beklagten über Fragen der Dienstplangestaltung ist unter Punkt III.2.1. festgehalten, dass eine Ruhepause in der Dauer von mindestens 30 Minuten im Dienstplan oder Dienstkarte im Vorhinein zu fixieren (Beil./C).“
Rechtlich begründete das Erstgericht seine Entscheidung wie folgt:
Der anzuwendende KollV sehe folgende relevante Regelungen vor:
„[...]
III. Arbeitszeit
2e) Ruhepausen
Allgemein
Die tägliche unbezahlte Ruhepause beträgt
- bei einer Tagesarbeitszeit von sechs bis neun Stunden mindestens 30 Minuten,
- bei einer Tagesarbeitszeit von mehr als neun Stunden mindestens 45 Minuten und ist spätestens nach sechs Stunden einzuhalten.
[...]
Kraftfahrlinienverkehr
Die tägliche unbezahlte Ruhepause beträgt höchstens eineinhalb Stunden.
Im Kraftfahrlinienverkehr kann die unbezahlte Ruhepause in einen Teil von mindestens 30 Minuten und einen bzw. mehrere Teile von mindestens 15 Minuten geteilt werden.
Bei Teilung der unbezahlten Ruhepause ist der erste Teil spätestens nach sechs Stunden einzuhalten.
Der 30-minütige Teil der unbezahlten Ruhepause ist im Dienstplan der Fahrdienstleitung oder im Einsatzplan im Vorhinein zu fixieren.
Der unbezahlte Ruhepausenteil von 30 Minuten muss in einem Zeitraum von frühestens 3 Stunden nach Beginn bzw. spätestens 3 Stunden vor Ende des Dienstes liegen. Wird dem Lenker der unbezahlte Ruhepausenteil von 30 Minuten innerhalb dieses Zeitraumes nicht gewährt, beträgt die tägliche unbezahlte Ruhepause höchstens 1 Stunde.
Ein Ruhepausenteil von 15 Minuten ist dann unbezahlt, wenn er innerhalb eines Zeitraumes von frühestens 2 Stunden nach Beginn bzw. spätestens 2 Stunden vor Ende des Dienstes liegt.
[...]
IV. Stehzeiten und Wartezeiten
1. Fahrplanmäßig konzessionierter periodischer Personentransport (Stehzeiten)
a) Die sich aufgrund des Fahrplanes ergebenden Stehzeiten (Umkehrzeiten) der Wagenlenker und des sonstigen Fahrpersonals bis einschließlich sechs Stunden täglich, werden wie volle Arbeitszeiten entlohnt, wobei sich der Lenker vom Fahrzeug entfernen kann.
b) Die über sechs Stunden hinausgehenden Stehzeiten werden täglich zusammengerechnet und nach Abzug einer Pause von einer Stunde als bloßer Anwesenheitsdienst mit 50 Prozent des normalen Arbeitslohnes vergütet, auch wenn sich der Lenker vom Fahrzeug entfernen kann.
c) Zur Vermeidung auftretender Härten bei längerer Unterbrechung der Einsatzzeit sind betriebliche Regelungen über Abgeltung eines nachgewiesenen Mehraufwandes (Fahrspesen) zu treffen, wobei der gezahlte Lohn entsprechend der regelmäßigen Arbeitszeit gemäß Punkt 2 a) gewährleistet bleibt.
d) Vereinbarte Kurzbeschäftigungen fallen nicht unter diese Regelung.
[…].“
Die Beklagte habe sich im Verfahren zu Recht auf die eindeutige Rechtslage im anzuwendenden KollV und auf mehrere dazu ergangene OGH-Entscheidungen berufen. In der Entscheidung 9 ObA 83/20a habe der OGH zuletzt unter Bezugnahme auf vorhergehende Judikate ua wie folgt ausgeführt:
Ruhepausen seien dadurch charakterisiert, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber in diesen Zeiten nicht zur Arbeitsleistung zur Verfügung stehe. Es handle sich um Unterbrechungen in der Arbeitszeit, die der Befriedigung der sonstigen Lebensbedürfnisse des Arbeitnehmers dienten. Sie müssten deshalb im Voraus umfangmäßig feststehen und für den Dienstnehmer vorhersehbar sein. Zudem müsse es sich um echte Freizeit handeln, das heiße, der Dienstnehmer müsse über diese Zeit nach seinem Belieben verfügen können (Rz 17).
Zuletzt sei zu 8 ObA 35/20k ebenfalls zu den Bestimmungen des hier zugrundeliegenden KollV ausgeführt worden, dass eine Zeit, über die der Arbeitnehmer nach Belieben disponieren und sich in keiner Weise für seinen Arbeitgeber bereit halten müsse – gleichgültig ob man sie als Ruhepause, als Lenkpause oder als Freizeit qualifiziere – keine Arbeitszeit sei, auch wenn sie unter Umständen Einsatzzeit iSd § 16 AZG sei (Rz 25).
Betrachte man die Regelungen über Ruhepausen im KollV, falle zunächst auf, dass der KollV Ruhepausen generell als „unbezahlt“ bezeichne, unabhängig vom Zusammenhang, etwa auch bei Festlegung der Mindestdauer und ihrer zeitlichen Lage. Weiters enthalte er keine Regelung darüber, dass und wie bei Überschreitung der als Höchstgrenze von 1,5 Stunden Ruhepausen zu bezahlen wären. Angesichts des Umstands, dass die Frage der Entgeltlichkeit längerer Unterbrechungen der Arbeitszeit bereits seit den 90er- Jahren immer wieder in Gerichtsverfahren thematisiert worden sei, wäre eine solche ausdrückliche Regelung von den Kollektivvertragsparteien zu erwarten gewesen. Darüber hinaus sei die Rechtsprechung, die wie dargestellt, immer von einer Unentgeltlichkeit von Ruhepausen ausgegangen sei, nicht zum Anlass für eine Änderung des KollV-Textes genommen worden. Damit sei nicht davon auszugehen, dass der Bezeichnung „unentgeltlich“ im Zusammenhang mit der Normierung der Höchstdauer von Pausen eine eigenständige Bedeutung zukomme (Rz 28).
Insgesamt bestehe daher keine Veranlassung von der Vorjudikatur, nach der Arbeitszeitunterbrechungen, sofern nicht von Steh- und Wartezeiten iSd Pkt IV. des KollV auszugehen sei, nicht zu bezahlen seien, abzugehen (Rz 32).
Der gegenständliche Senat sehe ebenso keine Veranlassung, von dieser eindeutigen Judikatur des Obersten Gerichtshofs, die im klaren Wortlaut der kollektivvertraglichen Regelungen gründe, abzuweichen.
Die 30-minütige Ruhepause von 13:18 Uhr bis 13:48 Uhr sei entsprechend der Betriebsvereinbarung Beil./C im Dienstplan Beil./7 im Vorhinein fixiert worden. Im Ergebnis habe die Beklagte rechtskonform gehandelt, indem sie bei der Abrechnung der Klägerin für ihren Dienst am 26.8.2023 von einer unbezahlten Ruhepause im Ausmaß von 1 ½ Stunden (gemäß Punkt III.2.e des KollV) ausgegangen sei und diese Zeit der Klägerin nicht gezahlt habe. Die über 1 ½ Stunden hinausgehenden Steh- und Wartezeiten seien unstrittig gemäß Punkt IV des KollV vergütet worden. Das Klagebegehren sei daher vollständig abzuweisen gewesen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung einschließlich rechtlicher Feststellungsmängel mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagsstattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung, der Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt .
Zur Mängelrüge :
Unter diesem Berufungsgrund wird bemängelt, dass das Erstgericht die Parteienvernehmung der Klägerin nicht durchgeführt habe. Diese habe ihre Einvernahme als Partei zu ihrem Vorbringen beantragt, dass sie an der Haltestelle D* ** Straße während den Stehzeiten als Buslenkerin nicht die Möglichkeit habe, eine Toilette aufzusuchen, weil dies einen Fußmarsch von 10 Minuten pro Richtung verursachen würde und sich zeitlich nicht ausgehe. Zudem hätte sich aus den Befragungen der Klägerin ergeben, dass sie – wie vorgebracht – während der fahrbedingten Stehzeiten auch immer wieder Aufgaben für den Dienstgeber verrichten müsse, wie etwa das Betanken des Busses. Folglich hätte sich gezeigt, dass die Klägerin während der Stehzeiten immer damit hätte rechnen müssen, von der Beklagten Aufgaben übertragen zu bekommen, wie etwa das betriebsnotwendige Betanken des Linienbusses. Zudem habe die Klägerin vorgebracht, während der Stehzeiten an der Bushaltestelle Haltestelle D* ** Straße keine Möglichkeit zu haben, eine Verpflegung zu erwerben.
Das Erstgericht habe zu diesem Vorbringen keine entsprechenden Feststellungen getroffen, weil es zu Unrecht der Ansicht gewesen sei, dass derartige Feststellungen aufgrund der eindeutigen Rechtslage und Rechtsprechung entbehrlich seien.
Die Mängelrüge ist nicht berechtigt.
Dem Erstgericht ist zuzustimmen, dass die beantragte Parteienvernehmung der Klägerin unterbleiben konnte, weil dieses Beweismittel zu einem Vorbringen der Klägerin geführt wurde, welchem im gegenständlichen Verfahren keine maßgebliche rechtliche Relevanz zukommt. Insofern wird auf die Ausführungen des Berufungssenats zur Rechtsrüge der Klägerin verwiesen.
Zur Tatsachenrüge :
Die Klägerin bekämpft folgende Ausführungen des Erstgerichts im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung (siehe Seite 8 des angefochtenen Urteils) als dislozierte Feststellung:
„Die 30 minütige Ruhepause von 13:18 Uhr bis 13:48 Uhr wurde entsprechend der Betriebsvereinbarung Beil./C im Dienstplan Beil./7 im Vorhinein fixiert.“
Stattdessen begehrt die Klägerin die Ersatzfeststellung, dass aus dem Dienstplan (Beil./7) nicht ersichtlich sei, dass eine Ruhepause vorab fixiert worden sei.
Die begehrte Ersatzfeststellung sei wesentlich, weil sich daraus ergebe, dass keine Ruhepause vorab fixiert worden sei und dem Klagebegehren folglich vollständig, jedenfalls aber im Ausmaß von 30 Minuten stattzugeben sei, weil im Dienstplan der jedenfalls 30 minütige Teil der unbezahlten Ruhepause zu fixieren sei (KollV Punkt III.2e).
Die Tatsachenrüge ist nicht berechtigt.
Zunächst ist der Berufungswerberin zu entgegnen, dass das Erstgericht im Rahmen des festgestellten Sachverhalts (siehe dazu den ersten Absatz der erstgerichtlichen Feststellungen auf Seite 3 des angefochtenen Urteils) ausdrücklich folgende Feststellungen getroffen hat:
„Der gegenständlich relevante Dienstplan NVOE001 für den 26.8.2023 (Samstag) sah eine Dienstzeit von 6:49 Uhr bis 20:35 Uhr vor. Die Einsatzzeit betrug 13:46 Stunden, die Lenkzeit 7:33 Stunden, die Stehzeiten 5:18 Stunden und die abgezogene Pause 1:30 Stunden. Zwischen 13:18 Uhr und 13:48 ist eine Ruhepause im Fahrplan festgehalten (Beil./7). Dieser Dienstplan Beil./7 stellt einen integrierenden Inhalt dieses Urteils dar und wird diesem Urteil angehängt.
[…].“
Diese Feststellungen wurden von der Klägerin nicht bekämpft. Vielmehr wendet sich die Klägerin in ihrer Tatsachenrüge gegen Ausführungen des Erstgerichts im Rahmen der rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Urteils (vgl Seite 8, dritter Absatz des angefochtenen Urteils).
Bereits aufgrund der oben wiedergegebenen erstgerichtlichen Feststellungen zum Dienstplan der Klägerin für den 26.8.2023 geht die Tatsachenrüge ins Leere und kann nicht die diesen Feststellungen widersprechende, von der Klägerin gewünschte Ersatzfeststellung getroffen werden, dass aus dem Dienstplan Beil./7 nicht ersichtlich sei, dass eine Ruhepause vorab fixiert worden sei.
Aber auch wenn man zu Gunsten der Klägerin davon ausginge, dass sie mit ihrer Tatsachenrüge auch die ausdrückliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts, wonach im Dienstplan für den 26.8.2023 zwischen 13:18 Uhr und 13:48 Uhr eine Ruhepause im Fahrplan festgehalten ist, bekämpft, wäre für sie nichts gewonnen.
Diese Feststellung findet Deckung im Dienstplan Beil./7. Dass es sich bei dem im Dienstplan Beil./7 angeführten Kürzel „FRPkv/W 13:18 bis 13:48“ um das Festhalten einer Ruhepause der Klägerin im Dienstplan handelt, wurde von der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren nicht bestritten.
Darüber hinaus ist zu betonen, dass die Klägerin selbst in der Tagsatzung vom 25.11.2024 (vgl ON 13) vorgebracht hat, dass im klagsgegenständlichen Dienstplan „der 30minütige Teil der Ruhepause fixiert“ worden sei. In Anbetracht dieses Vorbringens der Klägerin und ihrer Urkundenerklärung zu Beil./7, in der sie auf ihr Vorbringen verweist (vgl Tagsatzungsprotokoll ON 13, Seite 2), ist es unbedenklich, dass das Erstgericht die Feststellung getroffen hat, dass im Dienstplan zwischen 13:18 Uhr und 13:48 Uhr eine Ruhepause festgehalten ist. Insofern liegt sogar eine Außerstreitstellung (§ 267 ZPO) vor.
Da weder der Mängelrüge noch der Tatsachenrüge Berechtigung zukommt, übernimmt das Berufungsgericht die erstgerichtlichen Feststellungen und legt sie seiner Entscheidung zugrunde (§§ 2 Abs 1 ASGG, 498 Abs 1 ZPO).
Zur Rechtsrüge:
Die Klägerin steht in ihrer Rechtsrüge zusammengefasst auf dem Standpunkt, dass sich der Abzug von 1,5 Stunden als unbezahlte Ruhepause im Sinn des Punkt III.2e des KollV als unberechtigt erweise, weil der Klägerin derartige Zeiten nicht auf dem Dienstplan erkennbar seien, sie diese nicht zur Befriedigung ihrer Grundbedürfnisse nutzen könne und sie in dieser Zeit immer wieder Aufgaben für die Beklagte verrichten müsse. Der Klage wäre daher stattzugeben gewesen.
Die Rechtsrüge ist nicht berechtigt. Vielmehr ist die rechtliche Beurteilung des angefochtenen Urteils, die sich auf einhellige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs stützt, richtig. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf die oben vollständig wiedergegebene rechtliche Beurteilung des Erstgerichts verwiesen werden (§§ 2 Abs 1 ASGG, 500a ZPO).
Ergänzend ist Folgendes zu entgegnen:
Nach ständiger Rechtsprechung besteht für Ruhepausen generell kein Entgeltanspruch. Soweit die Einsatzzeit nicht Arbeitszeit im Sinn des § 14 Abs 1 AZG umfasst und auf Ruhepausen nach § 11 AZG oder diesen gleichzuhaltende Lenkpausen entfällt, steht dafür nach dem Gesetz keine Entlohnung zu, und zwar auch dann nicht, wenn sie das in § 11 AZG bzw im Kollektivvertrag vorgesehene Mindestausmaß von einer halben Stunde überschreiten (RS0051919; 9 ObA 83/20a, in der unter den Rz 22 ff die wesentliche bisherige Judikatur zusammengefasst wiedergegeben wurde, uva).
Hervorzuheben ist, dass der Oberste Gerichtshof die hier entscheidungswesentliche Frage bereits zum verfahrensgegenständlichen KollV beantwortet hat (vgl insbesondere 9 ObA 83/20a; 8 ObA 35/20k). Aus den zitierten Entscheidungen 9 ObA 83/20a und 8 ObA 35/20k und den dort weiters zitierten Judikaturnachweisen ergibt sich, dass bei dem hier anzuwendenden KollV Ruhepausen im Ausmaß von 1,5 Stunden pro Tag in Abzug gebracht werden dürfen.
Nach Punkt III.2e des KollV ist (nur) der 30 minütige Teil der unbezahlten Ruhepause im Dienstplan der Fahrdienstleitung oder im Einsatzplan im Vorhinein zu fixieren. Verfahrensgegenständlich ist hier nur der Dienstplan für den 26.8.2023. In diesem Dienstplan ist diese 30 minütige Ruhepause zwischen 13:18 Uhr und 13:48 Uhr festgehalten. Aus dem KollV ergibt sich nicht, dass die über den 30 minütigen Teil der unbezahlten Ruhepause hinausgehenden unbezahlten Ruhepausen im Dienstplan zu fixieren wären.
Nach der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofs (vgl RS0051919 und insbesondere die Entscheidungen 9 ObA 83/20a und 9 ObA 117/11p, diese in Verbindung mit den zu dem insofern vergleichbaren Vorgängerkollektivvertrag ergangenen Entscheidungen 9 ObA 308/92 und 8 ObA 57/97m) ist im Anwendungsbereich des gegenständlichen KollV aufgrund dessen Bestimmung Punkt III. Z 2 lit e ein Abzug von unbezahlten Pausen im Ausmaß von höchstens 1,5 Stunden täglich zulässig, und zwar auch von den Steh- und Wartezeiten.
Der Klägerin ist zwar zuzustimmen, dass um eine „Pause“ als Ruhepause im Sinn des § 11 Abs 1 AZG anerkennen zu können, sie ihrer Lage nach für den Arbeitnehmer vorhersehbar sein (sich also an einer im Vorhinein definierten zeitlichen Position im Rahmen der Arbeitszeiteinteilung befinden), oder vom Arbeitnehmer innerhalb eines vorgesehenen Zeitraums frei gewählt werden können muss. Überdies muss sie echte Freizeit sein; der Arbeitnehmer muss über diese Zeit nach seinem Belieben verfügen können (RS0051919 [T3], RS0102995 [T1]; 9 ObA 9/18s ua).
Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich des klagsgegenständlichen Einsatztages 26.8.2023 auf Basis des diesbezüglichen Dienstplans (der einen integrierenden Teil des angefochtenen Urteils darstellt) und der übrigen erstgerichtlichen Feststellungen erfüllt. In diesem Dienstplan wurde eine Ruhepause im Ausmaß von 30 Minuten für den Zeitraum 13:18 Uhr bis 13:48 Uhr fixiert. Aus diesem Dienstplan ergeben sich überdies Stehzeiten im Ausmaß von fünf Stunden 18 Minuten. Dass die Klägerin am 26.8.2023 während dieser Stehzeiten über diese Freizeit nicht nach ihrem Belieben hätte verfügen können, wurde von der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren nicht konkret behauptet (Näheres dazu siehe auch unten).
Da diese Ruhepausen und die Zeiten, wann sie für die Beklagte nicht zur Verfügung stehen muss, für die Klägerin aus dem Dienstplan des 26.8.2023 klar abzulesen waren, und die Klägerin damit in diesen Zeiten ihre Ruhepausen konsumieren und über diese Zeiten entsprechend disponieren konnte, sind die Voraussetzungen für die Qualifikation einer Ruhepause erfüllt.
Der Abzug von 1,5 Stunden als unbezahlte Ruhepause von den Stehzeiten ist demzufolge im Hinblick auf Punkt III. Z 2 lit e des KollV und der dazu bereits vorliegenden einhelligen höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht zu beanstanden.
Wie die Beklagte in ihrer Berufungsbeantwortung richtig näher darlegt, führt die Argumentation der Klägerin, dass sich die Bushaltestelle D* ** Straße im „Nirgendwo“ befinde und sie keine Möglichkeit hätte, Verpflegung zu erwerben oder die WCAnlage aufzusuchen, nicht dazu, dass die der Klägerin während der Stehzeiten am 26.8.2023 ermöglichten Pausen nicht als Ruhepausen im Sinn des § 11 Abs 1 AZG anzusehen wären. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach klar ausgesprochen, dass sich weder aus dem Gesetz noch aus dem Kollektivvertrag eine Rechtsgrundlage ergibt, wonach ein Anspruch des Arbeitnehmers auf eine bestimmte Ausgestaltung von Außeneinrichtungen besteht (vgl zB 8 ObA 56/97m und 9 ObA 117/11p). Demzufolge scheiden diesbezüglich auch die von der Klägerin behaupteten Feststellungsmängel aus.
Ein Feststellungsmangel liegt auch insofern nicht vor, als die Klägerin am 26.8.2023 mit dienstlichen Aufgaben wie etwa dem Betanken des Busses betraut gewesen sei. Die Klägerin hat nämlich im erstinstanzlichen Verfahren nicht konkret vorgebracht, dass sie am 26.8.2023 den Autobus in (jeder von) den im Dienstplan ausgewiesenen Steh- und Wartezeiten zu betanken gehabt hätte oder in diesen Zeiten sonstige Aufgaben für die Beklagte hätte verrichten müssen. In diesem Zusammenhang ist überdies darauf hinzuweisen, dass die Klägerin am 26.8.2023 Stehzeiten im Ausmaß von 5:18 Stunden hatte, weshalb sogar dann, wenn sie während dieser Stehzeiten den Bus betankt hätte, ihr jedenfalls eine Ruhepause von (mindestens) 1,5 Stunden zur Verfügung gestanden ist.
Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass – wie die Beklagte bereits in ihrem vorbereitenden Schriftsatz vom 29.1.2024 richtig ausgeführt hat - die Klagevertreterin auch im Verfahren 9 ObA 83/20a als Klagevertreterin in einem früheren Verfahren gegen die Beklagte aufgetreten ist und in diesem Verfahren selbst davon ausgegangen ist, dass nach dem gegenständlichen Kollektivvertrag ein unbezahlter Pausenabzug von 1,5 Stunden zulässig ist. So hatte die Klagevertreterin in diesem Vorverfahren lediglich die Feststellung begehrt, dass Ruhepausen eines Kalendertages, die insgesamt 1,5 Stunden überschreiten, zu entlohnen wären.
Der unberechtigten Berufung war daher spruchgemäß nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 2 Abs 1 ASGG, 41 Abs 1 und 50 ZPO. Die Klägerin hat der Beklagten die tarifmäßig verzeichneten Kosten ihrer Berufungsbeantwortung zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist mangels Vorliegens einer Rechtsfrage in der von § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität nicht zulässig. Die hier entscheidungswesentliche Rechtsfrage wurde vom Obersten Gerichtshof – wie oben näher dargelegt wurde – bereits eindeutig beantwortet.
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