Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A*wegen des Verbrechens nach § 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Berufung des Angeklagten wegen Strafe und des Ausspruchs über privatrechtliche Ansprüche gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom 27. September 2024, GZ C** 25.4, nach der am 6. Mai 2025 unter dem Vorsitz der Senatspräsidentin Mag. Mathes, im Beisein des Richters Mag. Hahn und der Richterin Mag. Pasching als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Mag. Salfelner, LL.M, in Anwesenheit des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Johann Grandl sowie der Vertreterin der Privatbeteiligten Mag. Juliana Langer durchgeführten Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der ** geborene österreichische Staatsbürger A* des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (I./) und des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen und psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB (II./), des Vergehens des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 2 StGB (III./) sowie des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG (IV./) schuldig erkannt und unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 201 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zweieinhalb Jahren verurteilt.
Gemäß § 369 Abs 1 StPO erkannte das Erstgericht den Angeklagten schuldig, an die Privatbeteiligte B* binnen 14 Tagen EUR 1.000,zu zahlen und verwies sie mit ihren darüber hinausgehenden Ansprüchen gemäß § 366 Abs 2 StPO auf den Zivilrechtsweg.
Gemäß § 260 Abs 2 StPO wurde festgestellt, dass auf die vorsätzlich begangenen Straftaten eine mehr als einjährige Freiheitsstrafe entfällt.
Danach hat er am 30. März 2024 in C* eine minderjährige Person, und zwar die am ** geborene B*, die eine geistige Behinderung in Form einer kombinierten Entwicklungsstörung, leichten Intelligenzminderung und Anpassungsstörung aufweist,
I/ mit Gewalt und durch Entziehung der persönlichen Freiheit zur Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, indem er sie entkleidete, vorgab, sie mit Stangen abzumessen, stattdessen aber ihre Hände und Füße daran fesselte, die gefesselten Beine in Richtung ihres Kopfes drückte und sie gegen ihren Willen mit dem Penis anal penetrierte (US 4 f);
II/ durch die zu I/ beschriebene Tathandlung eine Person, die wegen einer geistigen Behinderung unfähig war, die Bedeutung des Vorgangs einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, unter Ausnützung dieses Zustands dadurch missbraucht, dass er mit ihr eine dem Beischlaf gleichzusetzende Handlung vornahm;
III/ durch die zu I/ und II/ beschriebene Tathandlung mit einer minderjährigen Person, die (hilfsbedürftig war, sich allein bei ihm aufhielt und deshalb [vgl US 4]) seiner Aufsicht unterstand, „unter Ausnützung seiner Stellung als ꞌguter Freund der Familieꞌ und Firmpate gegenüber dieser Person“ (sowie durch den Willensbruch unter dem „Einsatz seiner Autorität als zusätzliche[s] Mittel zur Gewalt“ [vgl US 4, 18]) eine geschlechtliche Handlung vorgenommen,
IV/ von 16. April bis 24. April 2024 in C* wenn auch nur fahrlässig, mehrere Waffen besessen, nämlich ein Springmesser, zwei Wurfsterne und sechs Wurfmesser, obwohl ihm dies gemäß § 12 WaffG verboten war.
Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht erschwerend das Zusammentreffen zweier Verbrechen mit zwei Vergehen und die Tatbegehung als Volljähriger gegen eine minderjährige Person, mildernd den bisherigen ordentlichen Lebenswandel.
Dagegen richtet sich die rechtzeitig angemeldete und fristgerecht ausgeführte Berufung des Angeklagten (ON 26.1).
Nach Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde durch Erkenntnis des Obersten Gerichtshofs zu 11 Os 157/24h4 ist nunmehr über die auf eine Herabsetzung auf das Mindestmaß der verhängten Freiheitsstrafe und deren teilweise bedingte Nachsicht nach § 43a Abs 4 StGB und Verweisung der Privatbeteiligten gänzlich auf den Zivilrechtsweg abzielenden Berufung zu entscheiden.
Der Berufung kommt Berechtigung nicht zu.
Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe korrekt erfasst und angemessen gewichtet, wohingegen es der Berufung des Angeklagten nicht gelingt Fehler in der Strafbemessung zu seinen Ungunsten geltend zu machen.
Zunächst ist dem Berufungsvorbringen, der Angeklagte habe trotz Vollendung der Tat keinen körperlichen Schaden herbeigeführt (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB), tatsächlich der Schmerz während der Tathandlungen und der Tage unmittelbar danach, aber vor allem die daraus resultierenden und auch festgestellten psychischen Schmerzen sowie auf rechtlicher Ebene, dass die Tatsache dass eine Tat, für deren Beurteilung als vollendet kein Schadenseintritt verlangt wird, keine Folgen nach sich gezogen hat, nicht mildernd wirkt (RISJustiz RS0091022), entgegenzuhalten.
Das Vorbringen, ihm sei auch mildernd zuzusinnen, dass er sich der Zufügung eines größeren Schadens freiwillig enthalten hat, obwohl ihm dazu die Gelegenheit offenstand (§ 34 Abs 1 Z 14 StGB), entbehrt angesichts der rechtskräftigen Schuldsprüche einer sachlichen Entgegnung. Ebenso dass er weder mit besonderer Brutalität und Intensität noch mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen das Opfer vorgegangen sei.
Vielmehr ist der erhebliche Gesinnungs , Handlungs und Erfolgsunwert zu erwägen, eine psychisch beeinträchtigte Person unter Ausnützung einer Vertrauensstellung als Firmpate und Freund der Familie schamlos und perfide auszunützen, um eigene sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen.
Inwieweit der Angeklagte durch seine Aussage wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen haben soll (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB) vermag mit Blick auf den sich im ganzen Verfahren leugnend verantwortenden Angeklagten nicht einmal das Berufungsvorbringen selbst darzulegen.
Das Erstgericht hat unter Beachtung spezial wie generalpräventiver Erwägungen mit der knapp über der Mindeststrafe bemessenen Freiheitsstrafe eine mit Augenmaß getroffene Sanktion gefunden, die dem täterschuldbezogenen Tatunrecht gerecht wird, jedoch keiner Herabsetzung und auch keiner teilweisen bedingten Nachsicht zugänglich ist.
Zutreffend erwog das Erstgericht, dass vor allem psychisch beeinträchtigte Personen besonderen Schutz der Gesellschaft bedürfen und auch sexuellen Missbrauchshandlungen im Familienkreis oder näheren Bekanntenkreis generalpräventiv begegnet werden muss.
Im Hinblick auf die erhöhte Sensibilität der rechtssuchenden Bevölkerung gerade im Bereich sexualstrafrechtlich relevanter Handlungen, insbesondere auch gegen schutzbedürftige Personen, erfordern generalpräventive Erwägungen die Verhängung einer spürbaren Sanktion, um potentielle Delinquenten mit dem gleichen Charakterdefizit oder der gleichen Neigung wirksam von der Begehung derartiger Straftaten abzuhalten.
Aber auch der Privatbeteiligtenzuspruch erfolgte zu Recht.
Insofern der Angeklagte argumentiert aus dem abgeführten Beweisverfahren habe sich die genaue Höhe des verursachten Schadens nicht zweifelsfrei ergeben, übersieht er, dass die herrschende Rechtsprechung für die Ermittlung der Höhe der zu leistenden Entschädigung eine Schätzung im Sinne des § 273 ZPO zulässt.
Das Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung ist ein Persönlichkeitsrecht im Sinne des § 16 ABGB, gemäß § 1328 ABGB hat jemand, der einen anderen durch eine strafbare Handlung oder sonst durch Hinterlist, Drohung oder Ausnützung eines Abhängigkeitsoder Autoritätsverhältnisses zur Beiwohnung oder sonst zu geschlechtlichen Handlungen missbraucht, diesem den erlittenen Schaden und den entgangenen Gewinn zu ersetzen sowie eine angemessene Entschädigung für die erlittene Beeinträchtigung zu leisten. Gemäß § 1328 ABGB sind einerseits der Vermögensschaden wie etwa Kosten einer psychologischen Behandlung, andererseits aber auch der immaterielle Schaden zu ersetzen und sollen durch diese Ersatzfähigkeit die Leiden der Opfer von sexuellem Missbrauch kompensiert werden.
Nach den erstgerichtlichen Feststellungen litt das Opfer nicht nur während sondern auch zwei Tage nach dem Vorfall an brennenden Schmerzen, musste sich einer polizeilichen sowie gerichtlichen Vernehmung stellen und ist durch den Vorfall schwer traumatisiert, wobei sie an Angstzuständen leidet.
Der ohnehin nur symbolisch zugesprochene immaterielle Schadenersatz in Höhe von EUR 1.000, ist in keiner Weise zu beanstanden.
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