Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr. Glawischnig als Vorsitzende, die Richterin Mag. DerbolavArztmann und den Richter Mag. Zechmeister (Senatszusammensetzung gemäß § 11a Abs 2 ASGG) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A* , geboren **, **, vertreten durch Haider Obereder Pilz RechtsanwältInnen GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei B* C* , geboren am **, **, vertreten durch Dr. Rudolf Mayer, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 13.635,88 sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 10.1.2025, ** 26, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.018,86 (darin EUR 169,81 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Begründung:
Vorauszuschicken ist, das das Rekursgericht die Rechtsmittelausführungen für nicht stichhältig, hingegen die damit bekämpfte Begründung des angefochtenen Beschlusses für zutreffend erachtet. Damit genügt eine auf die für das Rekursverfahren wesentlichen Punkte beschränkte Begründung (§§ 2 Abs 1 ASGG, 500a zweiter Satz und 526 Abs 3 ZPO).
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Antrag der Beklagten auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung und neuerlichen Zustellung des bedingten Zahlungsbefehls vom 10.11.2023 ab ,
den weiteren Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 27.9.2024 zurück
und erkannte die Beklagte schuldig, der Klägerin die Verfahrenskosten zu ersetzen.
Nach Vernehmung der Beklagten, deren Ehemann D* C* und des Zustellers E* nahm das Erstgericht nachstehenden Sachverhalt als bescheinigt an:
Nach den durchgeführten Erhebungen ist davon auszugehen, dass der Zusteller den bedingten Zahlungsbefehl vom 10.11.2023 am 16.11.2023 in dem von der Beklagten betriebenen Lokal mit der Anschrift **, an eine ihm bekannte Arbeitnehmerin der Beklagten übergeben hat. Jedenfalls spätestens im Rahmen der Besprechung mit dem Beklagtenvertreter am 30.7.2024 gelangte der Beklagten die Existenz des bedingten Zahlungsbefehls zur Kenntnis und wurde ihr die gesamte Problematik samt der Verspätung eines Rechtsmittels gegen diesen bewusst.
Rechtlichfolgerte das Erstgericht, dass gemäß § 16 Abs 2 ZustG jede erwachsene Person, die an der selben Abgabestelle wie die Empfängerin wohne oder Arbeitnehmerin oder Arbeitgeberin der Empfängerin sei und die zur Annahme bereit sei, Ersatzempfängern einer Zustellung nach § 16 Abs 1 ZustG (Ersatzzustellung) sein könne. Da im Anlassfall eine wirksame Zustellung des bedingten Zahlungsbefehls vom 10.11.2023 an die Beklagte vorliege, fehle es an den Voraussetzungen für ein Vorgehen nach § 7 Abs 3 EO.
So weit die Beklagte 4 Ob 90/21w für ihren Standpunkt ins Treffen führe, sei diese Entscheidung nicht einschlägig, weil im Anlassfall feststehe, dass der Zahlungsbefehl vom Zusteller an eine Arbeitnehmerin der Beklagten übergeben worden sei, sodass von einer rechtswirksamen Zustellung an die Beklagte auszugehen sei.
Gemäß § 146 Abs 1 ZPO sei ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dann zu bewilligen, wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert worden sei und die dadurch verursachte Versäumung für die Partei den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozesshandlung zur Folge gehabt habe. Der Wiedereinsetzungsantrag müsse innerhalb von 14 Tagen gestellt werden; offenbar verspätet eingebrachte Anträge seien ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Abgesehen davon, dass auch im neuerlichen Antrag der Beklagten keine Gründe angeführt würden, die geeignet seien, einen probaten Wiedereinsetzungsgrund im Sinn des § 146 Abs 1 ZPO darzustellen und eine Änderung des Wiedereinsetzungsgrundes in Ansehung der im Wiedereinsetzungsverfahren geltenden Eventualmaxime grundsätzlich unzulässig sei, sei der Wiedereinsetzungsantrag vom 27.9.2024 im Hinblick auf die jedenfalls ab 30.7.2024 gegebene Kenntnis der Beklagten von der gegenständlichen Problematik verspätet und zurückzuweisen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Beklagtenaus den Rekursgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss „vollinhaltlich aufzuheben und dem Antrag auf Wiedereinsetzung stattzugeben, sowie die Vollstreckbarkeit aufzuheben“, in eventu den Akt zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung dem ASG Wien zu übermitteln.
Die Klägerin beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Die Rekurswerberin bekämpft zunächst den vom Erstgericht als erwiesen angenommenen Sachverhalt und begehrt stattdessen die Feststellung: „Nach den durchgeführten Erhebungen ist davon auszugehen, dass der Zusteller den bedingten Zahlungsbefehl vom 10.11.2023 am 16.11.2023 in dem von der Beklagten betriebenen Lokal mit der Anschrift **, an eine ihm bekannte Arbeitnehmerin der Beklagten nicht mit der für das Verfahren und damit für den Wiedereinsetzungsantrag erforderlichen Sicherheit, dass eine ordnungsgemäße Zustellung erfolgt ist, übergeben hat.“
Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, dass im Rekursverfahren die Beweiswürdigung und die Feststellungen des Erstgerichts nur dann angefochten werden können, wenn sie ausschließlich aufgrund von Urkunden oder (zulässigerweise) mittelbar aufgenommenen Beweisen getroffen wurden, weil im Rekursverfahren keine mündliche Verhandlung vorgesehen ist ( A. Kodek in Rechberger/Klicka, ZPO 5§ 526 Rz 5 mwN). Das Rekursgericht darf daher von den Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts nur dann abgehen, wenn sie vom Erstgericht aufgrund von Urkunden oder mittelbar aufgenommenen Beweisen getroffen wurden (RS0044018).
Da das Erstgericht vorliegend die Feststellung auf die Aussage mehrerer vernommener Personen gegründet hat, kann das Rekursgericht von diesen Feststellungen nicht abweichen (vgl etwa 8 ObA 38/13s; OLG Wien 7 Ra 17/20a uva).
Die Rekursgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung werden entgegen dem Rekursantrag nicht ausgeführt.
Da lediglich eine im vorliegenden Fall nicht zulässige Tatsachen- und Beweisrüge vorliegt, erweist sich der Rekurs als unberechtigt.
Hinsichtlich der Zweiseitigkeit des vorliegenden Rekursverfahrens kann auf die Ausführungen der Rekursbeantwortung verwiesen werden.
Die Kostenentscheidung im Rekursverfahren gründet sich daher auf §§ 2 ASGG, 41, 50 ZPO.
Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf § 528 Abs 2 Z 2 ZPO.
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