Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Mag. Atria als Vorsitzenden, den Richter Dr. Schober und die Richterin Mag. Dr. Vogler sowie die fachkundigen Laienrichter Christoph Guserl (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Regina Müller (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A* , geboren am **, **, vertreten durch die Mayrhofer Führer Rechtsanwälte OG in Waidhofen an der Thaya, gegen die beklagte Partei B* GmbH , **, vertreten durch Mag. C*, ebendort, wegen Insolvenz-Entgelt (EUR 829), über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau als Arbeits- und Sozialgericht vom 3.10.2024, **-14, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird Folge gegeben .
Das angefochtene Urteil wird im Zinsenzuspruch abgeändert, dass es samt seinem unbekämpft rechtskräftigen Teil zu lauten hat:
„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei EUR 829 zu zahlen sowie die mit EUR 1.147,78 (darin enthalten EUR 191,30 USt) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Das Zinsenbegehren von 4 % Zinsen aus EUR 829 seit 13.8.2024 wird abgewiesen.“
Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Berufungsbeantwortung selbst zu tragen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war vom 7.11.2022 bis 13.4.2023 bei D* e.U., Inhaberin E* (kurz: Dienstgeberin) als Theken- und Servicekraft beschäftigt. Wegen Ansprüchen aus der ungerechtfertigten Entlassung führte er beim Erstgericht zu ** ein Verfahren, wobei die Dienstgeberin eine Konventionalstrafe von EUR 4.497,42 brutto kompensationsweise einwandte. Die Dienstgeberin machte die Konventionalstrafe zudem zu ** beim Erstgericht klageweise geltend; in diesem Verfahren hatte der Kläger EUR 829 an Kosten für die rechtsanwaltliche Vertretung aufzuwenden.
Mit Beschluss des Bezirksgerichts Krems an der Donau vom 14.2.2024 wurde zu ** das Sanierungsverfahren über das Vermögen der Dienstgeberin eröffnet. Der Kläger begehrte unter anderem mit Antrag vom 22.2.2024 von der Beklagten die bescheidmäßige Zuerkennung von Insolvenz-Entgelt in der Höhe von EUR 829 für die aufgewendeten Kosten im Verfahren ** des Erstgerichts.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 18.7.2024 den Zuspruch dieser Kosten ab.
Dagegen erhob der Kläger die gegenständliche Klage und begehrte den Zuspruch von EUR 829 zuzüglich 4% Zinsen seit 13.8.2024 (Tag der Einbringung der Klage).
Mit dem nunmehr bekämpften Urteil sprach das Erstgericht dem Kläger diesen Betrag zuzüglich Zinsen zu. Es beurteilte die geltend gemachten Kosten als ersatzfähig, weil sie zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung im Verfahren ** des Erstgerichts erforderlich gewesen seien. Das Zinsenbegehren habe die Beklagte nicht bestritten.
Ausschließlich gegen den Zinsenzuspruch richtet sich die Berufung der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den Zinsenzuspruch klageabweisend abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufung ist berechtigt .
1.Die Beklagte weist daraufhin, dass Anspruch auf Insolvenz-Entgelt für Zinsen nur für die gemäß § 1 Abs 2 Z 1 bis 3 und § 1a IESG gesicherten Ansprüche zustehen. Kosten seien im Sinne des § 1 Abs 2 Z 4 IESG nicht zu verzinsen. Der Zinsenzuspruch sei zu Unrecht erfolgt.
2. Der Kläger hielt dem entgegen, dass das Zinsenbegehren im erstgerichtlichen Verfahren nicht substanziiert bestritten worden sei; die unterbliebene Bestreitung sei als Zugeständnis zu werten.
3.1Vorauszuschicken ist, dass im konkreten Fall keine Rechtsgrundlage für einen Zuspruch von Zinsen für die aufgewendeten Verfahrenskosten von EUR 829 besteht: Grundsätzlich gebühren für Leistungen nach den Sozialversicherungsgesetzen - so auch nach dem IESG - keine Verzugszinsen (vgl RS0031997). § 3 Abs 2 IESG bestimmt, dass Insolvenz-Entgelt für Zinsen nur für die gemäß § 1 Abs 2 Z 1 bis 3 IESG gesicherten Ansprüche ab der Fälligkeit dieser Ansprüche bis zum Stichtag (§ 3 Abs 1 IESG) gebührt. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige (Verfahrens-)Kosten im Sinne des § 1 Abs 2 Z 4 IESG, die Gegenstand des vom Kläger bekämpften Bescheids waren, sind hingegen nicht zu verzinsen. Ein darüber hinaus gehender Zinsenzuspruch – etwa bis zur Zuerkennung von Insolvenz-Entgelt – ist gesetzlich nicht vorgesehen (9 ObS 18/92; 8 Obs 2314/96v; Mayr, Arbeitsrecht, § 1 IESG E 154 ff), womit der Berufung Folge zu geben war.
3.2 In diesem Zusammenhang greift auch nicht das Argument des Klägers, dass das Zinsenbegehren nicht substanziiert bestritten und damit zugestanden worden sei. Ein prozessrechtliches Zugeständnis durch Nichtbestreitung betrifft grundsätzlich nur den Tatsachenbereich; hier fehlt es aber an einer Rechtsgrundlage für einen Zinsenzuspruch. Einem Zuspruch stünde auch die Unzulässigkeit des Rechtswegs entgegen, weil dieser nicht Gegenstand des vorangegangen Verwaltungsverfahrens war.
4.Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit ergeben sich weder aus dem Vorbringen noch aus dem Akt Anhaltspunkte, weshalb der Kläger die Kosten seiner Berufungsbeantwortung selbst zu tragen hat.
Die ordentliche Revision ist mangels Vorliegens einer Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zuzulassen.
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