Das Oberlandesgericht Linz hat durch den Einzelrichter Mag. Huemer-Steiner in der Finanzstrafsache gegen A* B*wegen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 11 dritter Fall FinStrG über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Steyr vom 16. Juli 2025, Hv*-256, entschieden:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
BEGRÜNDUNG:
Mit (gekürzt ausgefertigtem) Urteil des Landesgerichts Steyr als Schöffengericht vom 8. Mai 2025, Hv* (ON 221), wurde der am ** geborene A* B* von der gegen ihn erhobenen Anklage (vgl ON 55), er habe einerseits als unmittelbarer Täter unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch unberechtigte Geltendmachung von Betriebsausgaben in den Veranlagungszeiträumen 2010 bis (durchgehend) 2014 Abgabenverkürzungen in einer Gesamthöhe von EUR 54.645,00, nämlich an Umsatzsteuer (EUR 7.625,00) sowie Einkommensteuer (EUR 47.020,00) bewirkt, und andererseits zu Abgabenverkürzungen durch den Mitangeklagten C* D* im Zeitraum 2010 bis 2013 dadurch beigetragen, dass er in den Jahren 2011 und 2012 zum Schein ein Lager anmietete, und C* D* dadurch die Hinterziehung von Einkommensteuer in Höhe von EUR 15.392,00 im Veranlagungszeitraum 2011 ermöglichte, sowie in den Jahren 2011 bis 2013 zum Schein tageweise zwei PKW von D* anmietete, obwohl die Fahrzeuge tatsächlich von D* und E* benutzt wurden, und hiedurch D* die Hinterziehung von NoVA (EUR 9.431,00) ermöglichte, gemäß § 259 Z 3 StPO – infolge Verjährung – freigesprochen. Zudem erging im restlichen Umfang der Anklage – wegen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach „§§ 33 Abs 1, 11 dritter FallFinStrG“ im Umfang eines strafbestimmenden Wertbetrages von insgesamt EUR 76,00, welcher sich allerdings auf die Hinterziehung von Einkommensteuer in den Veranlagungsjahren 2014 (EUR 58,00) und 2016 (EUR 18,00) durch B* als unmittelbarem Täter bezieht (vgl ON 55, 8), ein Einstellungs beschluss(vgl 14 Os 25/09x) gemäß § 191 Abs 1 und 2 StPO iVm § 195 Abs 1 FinStrG (ON 221, 3).
Mit Antrag auf Bestimmung des Verteidigungskostenersatzes gemäß § 393a StPO vom 3. Juli 2025 (ON 248) begehrte der Freigesprochene – unter Anschluss einer Leistungsaufstellung hinsichtlich Kosten von insgesamt EUR 20.343,00 (netto) sowie mit Hinweis auf den Erfolgszuschlag (§ 12 AHK) – den Zuspruch eines Betrags in Höhe von EUR 36.000,00.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 16. Juli 2025 (ON 256) wies das Erstgericht den Antrag auf Zuspruch eines Verteidigerkostenbeitrags im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass die freispruchsbegründende (absolute) Verjährung (vgl § 31 Abs 5 FinStrG) zum Zeitpunkt der Anklageerhebung mit 15. März 2021 noch nicht eingetreten gewesen sei, sodass ein Ersatzanspruch gemäß § 393a Abs 3 letzter Satz StPO nicht zustehe. Für den (geringen) Teil der Anklage, welcher nach § 191 Abs 2 StPO eingestellt wurde, bestehe mangels Erwähnung dieses Einstellungsgrundes in § 393a Abs 1 StPO kein Anspruch auf einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung.
Dagegen richtet sich die Beschwerde (ON 257) des Freigesprochenen, welche sich aus dem Beschwerdegrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gegen die Anwendung des § 393a Abs 3 StPO durch das Erstgericht wendet und auf den Zuspruch des Verteidigungskostenbeitrags in begehrter Höhe abzielt.
Die Beschwerde ist im Ergebnis nicht berechtigt.
Wird ein wegen eines Finanzvergehens Angeklagter freigesprochen (§ 214 FinStrG) oder das wegen eines Finanzvergehens geführte Strafverfahren gemäß §§ 212, 221 FinStrG (infolge negativer Zuständigkeitsentscheidung durch das Landesgericht) beendet, gilt gemäß § 228a Abs 2 FinStrG für den Ersatzanspruch § 393a StPO. Die mit 28. Dezember 2024 in Kraft getretene Norm des § 228a FinStrG entfaltet für alle Verfahren Geltung, in denen die genannten verfahrensbeendenden Entscheidungen ab dem 1. Jänner 2024 rechtskräftig geworden sind (§ 265 Abs 6 FinStrG). Mit dieser Neuregelung, welche durch die Aufhebung des § 393a Abs 2 StPO (vgl hiezu Öner in LiK-StPO² § 393a Rz 9) virulent wurde (vgl Lendl , WK-StPO § 393a Rz 15; Pauer/Fischer , Freispruch „zweiter Klasse“ mangels Verteidigungskostenersatz in Finanzstrafverfahren, ecolex 2023, 997; zur Kritik an der früheren Regelung vgl Lässigin WK² FinStrG § 228a Rz 1), wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass bei einer nicht verurteilenden Beendigung des gerichtlichen Finanzstrafverfahrens Ansprüche auf den Beitrag zu den Kosten der Verteidigungnach den Regelungen der StPO bestehen sollen (EBRV 16 BlgNR 28. GP 63).
Gemäß § 393a Abs 3 zweiter Satz StPO steht (auch dann) kein Ersatzanspruch zu, wenn die Strafbarkeit der Tat aus Gründen entfällt, die erst nach Einbringung der Anklageschrift eingetreten sind. Dies betrifft Konstellationen, in denen die Strafbarkeit nach Anklageeinbringung – insbesondere durch späteren Eintritt eines Strafaufhebungsgrundes, beispielsweise infolge tätiger Reue (vgl § 153c Abs 3 StGB) – wegfällt (vgl Öner in LiK-StPO² § 393a Rz 32). Die Zuerkennung eines Verteidigerkostenbeitrags wäre in solchen Fällen unbillig, weil die Abwendung der Verurteilung nach Anklageerhebung allein oder doch maßgebend in der Ingerenz des Angeklagten liegt (vgl Lendl , WK-StPO § 393a Rz 21 mit Verweis auf EBRV 924 BlgNR 18. GP 41 f).
Gemäß § 53 Abs 4 FinStrG begründet die Zuständigkeit des Gerichts zur Ahndung von Finanzvergehen des Täters auch dessen Zuständigkeit zur Ahndung von Finanzvergehen der anderen vorsätzlich an der Tat Beteiligten. Nach § 53 Abs 4 zweiter Satz FinStrG sind mit einer auf Basis der Konnexitätsnorm des § 53 Abs 4 erster Satz FinStrG erfolgten Verurteilung durch ein Gericht wegen eines sonst in die Zuständigkeit der Finanzstrafbehörde fallenden Finanzvergehens nicht die Folgen einer gerichtlichen Verurteilung, sondern nur die einer Ahndung durch die Finanzstrafbehörde verbunden. Hiedurch wird gesetzlich klargestellt, dass durch die konnexitätsbedingte Aburteilung eines in abstracto in die Zuständigkeit der Finanzstrafbehörde fallenden Finanzvergehens durch das Gericht am materiell-rechtlichen Charakter dieses Finanzvergehens einschließlich aller daraus resultierenden Schranken und Wirkungen keine Änderung eintritt (13 Os 35/15v). Insofern kommt absolute Verjährung (§ 31 Abs 5 FinStrG) auch für jene Finanzvergehen zur Anwendung, die bloß aufgrund von objektiver bzw subjektiver Konnexität in die Zuständigkeit der Gerichte fallen (vgl Lang/Seilern-Aspangin Tannert/Kotschnigg, FinStrG § 31 Rz 91).
Da die Frist für die absolute Verjährung nach § 31 Abs 5 FinStrG keiner Hemmung, Unterbrechung oder Verlängerung unterliegt (vgl RIS-Justiz RS0086497; RS0086504), ist der Eintritt dieses Strafaufhebungsgrundes daher (ausnahmsweise) auch nach Anklageerhebung (vgl ansonsten § 31 Abs 4 lit b FinStrG) möglich. Insofern trifft der Wortlaut des § 393a Abs 3 zweiter Satz StPO auch auf diese Sonderkonstellation im Finanzstrafverfahren zu.
Allerdings hat das Erstgericht unberücksichtigt gelassen, dass sich der nachträgliche Eintritt des Strafaufhebungsgrund der absoluten Verjährung lediglich auf jene Finanzvergehen beziehen kann, welche die Staatsanwaltschaft Steyr unter Punkt D.) 2.)der Anklageschrift (ON 55, 7) als Beitragshandlungen (§ 11 dritter Fall FinStrG) zu Abgabenverkürzungen durch C* D* (als unmittelbarem Täter) zugrunde gelegt hat, dh Hinterziehung von Einkommensteuer iHv EUR 15.392,00 sowie Hinterziehung von NoVA iHv EUR 9.431,00.
Zu jenen B* als unmittelbarem Täter vorgeworfenen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG hinsichtlich eines (restlichen) strafbestimmenden Wertbetrags von (gesamt) EUR 54.721,00, welcher deutlich unter der gerichtlichen Zuständigkeitsgrenze von EUR 100.000,00 (§ 53 Abs 1 FinStrG idF vor BGBl I 2023/110) liegt, ist anzumerken, dass § 53 Abs 4 erster Satz FinStrG keine Entscheidungskompetenz des Gerichts in Bezug auf (bloß) subjektiv konnexe, nicht in die Gerichtszuständigkeit fallende Taten des Beitragstäters begründet (vgl 13 Os 105/16i = RIS-Justiz RS0131253; GenProk Gw 315/25v; Lässigin WK² FinStrG § 53 Rz 16). Somit ist in Bezug auf jene dem Angeklagten als Abgabepflichtigen (in unmittelbarer Täterschaft) vorgeworfenen Finanzvergehen der Grund der fehlenden gerichtlichen Strafbarkeit nicht erst nach Einbringung der Anklageschrift eingetreten, wobei § 393a Abs 3 StPO im Übrigen auch nur einen partiellen Ausschlussgrund bildet (OLG Wien 20 Bs 459/00; 12 Os 133/89 [zu § 393a Abs 3 erster Satz StPO]).
Hiedurch ist jedoch für den Beschwerdeführer im Ergebnis nichts zu gewinnen. Der Beitrag zu den Verteidigerkosten nach § 393a Abs 1 StPO setzt nämlich bereits dem Grunde nach zwingend voraus, dass die gesamteAnklage durch Freispruch oder eine Einstellung des Verfahrens entsprechend der taxativen Aufzählung in § 393a Abs 1 StPO vollständig erledigt wurde, was bedeutet, dass der Anspruch auf einen Kostenbeitrag auch dann ausgeschlossen ist, wenn nur ein Teil des Verfahrens diversionell erledigt wurde (vgl Lendl , WK-StPO § 393a Rz 3 mwN; Önerin LiK-StPO² § 393a Rz 6). Die teilweise Erledigung der Anklage gemäß § 191 StPO (als Form einer schlichten, nicht intervenierenden Diversionsmaßnahme; vgl Schroll, WK-StPO § 191 Rz 3) schließt somit – mangels Erwähnung in § 393a Abs 1 StPO (bzw nunmehr auch in § 228a FinStrG) – einen Anspruch auf einen Verteidigerkostenbeitrag zur Gänze aus (OLG Innsbruck 11 Bs 68/21v; OLG Linz 7 Bs 382/09i). Eine analoge Anwendung kommt – insbesondere auch nach Aufhebung von § 393a Abs 2 StPO aF und Nichtaufnahme von § 191 StPO in § 393a Abs 1 StPO bzw § 228a FinStrG im Zuge der Neuregelung – mangels Gesetzeslücke nicht in Betracht (vgl bereits OLG Wien 20 Bs 271/20d). Der Beschwerde ist daher ein Erfolg zu versagen.
RECHTSMITTELBELEHRUNG:
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).
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