Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr. Henhofer als Vorsitzende und Mag. Höpfl sowie den Richter Mag. Graf in der Strafsache gegen A* B* C*wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Strafe gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 28. April 2025, Hv*-139, nach der in Anwesenheit der Staatsanwältin Dr. Steinwender als Vertreterin des Leitenden Oberstaatsanwalts sowie des Angeklagten und dessen Verteidigers Mag. Schödl durchgeführten Berufungsverhandlung am 13. Oktober 2025 zu Recht erkannt:
Der Berufung wird teilweise Folgegegeben und gem § 38 Abs 1 Z 1 StGB die Vorhaft vom 24. November 2024, 0:00 Uhr bis 28. April 2025, 10:20 Uhr auf die Strafe angerechnet.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Mit dem angefochtenen Urteil, das ein unbekämpft gebliebenes Verfallserkenntnis enthält, wurde A* B* C* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (I.) und des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (II.) schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 28a Abs 4 SMG unter Bedachtnahme gem §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Bezirksgerichts D* vom 24. März 2023, 336/2022 Nr. 12 (ON 113), zu einer zusätzlichen Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren verurteilt. Gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB wurde die erlittene Vorhaft vom 3. Dezember 2024, 19:05 Uhr bis zum 28. April 2025, 10:20 Uhr auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet.
Nach dem Schuldspruch hat er im Zeitraum von Jänner 2021 bis Anfang November 2021 in E* bzw von E* aus vorschriftswidrig Suchtgift
I./ in einer das 25-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich insgesamt zumindest 4.000 Gramm Heroin (enthaltend durchschnittlich 14,3% Heroin ua) und 4.000 Gramm Crystal Meth (enthaltend durchschnittlich 75,75% Methamphetamin), teils als Bestimmungstäter (§ 12 2. Fall StGB), aus dem Ausland aus- und nach Österreich eingeführt, indem er im Durchschnitt monatlich jeweils zumindest 500 Gramm Heroin und 500 Gramm Crystal Meth entweder selbst aus der Türkei holte und nach Österreich brachte oder Dritte zu entsprechenden Lieferungen bestimmte;
II./ in einer das 25-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich das nach Österreich geschmuggelte Suchtgift (Punkt I./), (teils öffentlich) nachstehenden bekannten-, darüber hinaus aber auch zahlreichen unbekannten Abnehmern gewinnbringend überlassen, und zwar unter anderem
1./ im Zeitraum von März 2021 bis Anfang November 2021 dem abgesondert verfolgten F* B* G* in Teilmengen von je 5 bis 10 Gramm insgesamt rund 320 Gramm Heroin zum Grammpreis von € 35,-- bis € 40,--;
2./ im Mai 2021 einem unbekannten Abnehmer, welchen ihm F* B* G* vermittelte, einmalig 50 Gramm Crystal Meth zum Preis von € 2.200,--;
3./ im Juni oder Juli 2021 dem abgesondert verfolgten H* einmalig 10 Gramm Crystal Meth zum Grammpreis von € 40,-- sowie
4./ im Zeitraum von Juli 2021 bis Anfang Oktober 2021 dem abgesondert verfolgten I* in Teilmengen insgesamt rund 100 Gramm Crystal Meth zum Grammpreis von € 80,-- bis € 90,-- sowie 20 Gramm Heroin zum Grammpreis von € 30,--.
Gegen dieses Urteil richtet sich – nach Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde durch die Vorsitzende des Schöffengerichts gem § 285a Z 2 StPO (ON 149) - die wegen des Ausspruchs über die Strafe vom Angeklagten angemeldete- (ON 121) und auch ausgeführte (ON 141) Berufung, mit der er eine Herabsetzung der über ihn verhängten zusätzlichen Freiheitsstrafe anstrebt und überdies die Anrechnung der in Übergabehaft verbrachten Zeit begehrt.
Die Berufung ist teilweise berechtigt.
Bei der Strafbemessung werteten die Erstrichterin Zusammenschau mit dem Urteil des Bezirksgerichtes D* vom 24. März 2023, 336/2022 Nr. 12 (ON 113), mildernd die bisherige Unbescholtenheit sowie „den beeinträchtigten Gesundheitszustand des Angeklagten“ (vgl Urteil Nr ** des Obersten Kassationsgerichts der Republik Bulgarien vom 11. November 2025, AS 10 in ON 89), erschwerend hingegen das Zusammentreffen von zwei Verbrechen, das Gewinnstreben, das vielfache (494-fache) Überschreiten der Grenzmenge sowie die teilweise öffentliche Tatbegehung (hinsichtlich II.). In Hinblick auf § 32 Abs 2 StGB wurde zudem das vom Angeklagten betriebene organisierte System des Suchtgiftschmuggels als schuldaggravierend ins Kalkül gezogen. Der Strafzumessungskatalog ist um den Erschwerungsgrund des langen Tatzeitraums zu ergänzen.
Dass sich die ausländischen - den österreichischen Standards nicht in jeder Hinsicht entsprechenden - Haftbedingungen mildernd auswirken, scheitert neben der erforderlichen Glaubhaftmachung der beschriebenen Zustände (vgl Bericht über den durch Beamte des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten durchgeführten Haftbesuch vom 2. Juni 2023; ON 52.2) auch daran, dass sonstige gewichtige Nachteile aus der Verfolgung einer Straftat nur dann zur Heranziehung des Milderungsgrundes nach § 34 Abs 1 Z 19 StGB führen können, wenn diese durch die Tat (und nicht wie hier durch andere Taten) verursacht wurden (vgl Riffel in Höpfel/Ratz,WK2 StGB § 34 Rz 40).
Unter Berücksichtigung des Strafrahmens von einem bis zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe und der allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung nach § 32 Abs 2 und 3 StGB erweist sich vor dem Hintergrund des realisierten Schuldgehalts die von den Erstrichtern ausgemittelte zusätzliche Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren angemessen, bilden insgesamt sechs Jahre Freiheitsstrafe und eine Geldstrafe von 50.000,00 Lewa doch ein „Gesamtstrafenmaß“, das bei gemeinsamer Aburteilung aller hier im Verhältnis der §§ 31, 40 StGB zueinander stehenden Straftaten schuld- und tatangemessen gewesen wäre.
Die unterbliebene oder fehlerhafte Anrechnung von Zeiten einer Vorhaft (§ 38 StGB) ist in der Regel nach § 400 Abs 2 StPO vom Urteilsgericht richtig zu stellen. Mit Berufung kann dieser Umstand gemäß § 283 Abs 2 zweiter Satz StPO aber dann geltend gemacht werden, wenn - wie hier - das Rechtsmittel zugleich aus anderen Gründen zulässig ergriffen wird (vgl Ratz in Fuchs/Ratz,WK StPO § 283 Rz 5, Kirchbacher,StPO15 § 283 Rz 6). Der Angeklagte hat am 24. November 2024 die mit Urteil des Bezirksgerichts D* vom 24. März 2023 verhängte dreijährige Freiheitsstrafe vollzogen und wurde bis 3. Dezember 2024 im Rahmen der Übergabehaft angehalten (ON 65, ON 85, AS 1 in ON 77.1, AS 4 in ON 113). Entsprechend seines Berufungsvorbringens waren somit auch die Haftzeiten in Bulgarien ab 24. November 2024 gem § 38 Abs 1 Z 1 StGB auf die verhängte Freiheitsstrafe anzurechnen ( Flora in Höpfel/Ratz , WK 2StGB § 38 Rz 30 mwN).
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