Das Oberlandesgericht Linz hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr. Barbara Jäger als Vorsitzende, Dr. Dieter Weiß und Mag. Nikolaus Steininger, LL.M. als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Birgit Paumgartner (Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Christina Teuchtmann (Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A* , geboren am **, **, **, vertreten durch Mag. Claudia Fahrner und Tobias Lassacher LL.M., Rechtsanwälte in Zell am See, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1100 Wien, Wienerbergstraße 11, vertreten durch ihren Angestellten Mag. B*, Landesstelle **, wegen Versehrtenrente über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 31. März 2025, Cgs*-16, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten des Berufungsverfahrens selbst zu tragen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger klemmte sich bei der Verrichtung seiner Erwerbstätigkeit am 26. März 2023 die Finger der linken Hand in einer Metall-Pressdruck-Maschine ein, was von der Beklagten mit Bescheid vom 28. September 2023 als Arbeitsunfall anerkannt wurde. Als Folge des Arbeitsunfalls stellte die Beklagte eine Quetschung der Hand, einen Bruch im Daumengrundglied mit Teilverrenkung im Endgelenk, einen offenen Bruch des Zeigefingermittelglieds, einen Bruch des Mittelfingermittelglieds mit Abschürfung sowie einen knöchernen Abriss am Ringfingermittelglied fest. Ab 2. August 2023 bezog der Kläger eine vorläufige Versehrtenrente im Ausmaß von 20 %.
Mit Bescheid vom 7. November 2024 wurde die vorläufige Versehrtenrente ab 1. Jänner 2025 entzogen und festgestellt, dass kein Anspruch auf eine Dauerrente bestehe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Klage, in der im Wesentlichen vorgebracht wird, dass weiterhin unfallbedingte Beschwerden bestünden und die Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 % gemindert sei.
Die Beklagte beantragte Klagsabweisung und wandte ein, die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit betrage ab 1. Jänner 2025 lediglich 10 % und erreiche damit nicht das rentenbegründende Ausmaß.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Der Entscheidung liegt – zusammengefasst – folgender Sachverhalt zugrunde:
Derzeit bestehen an unfallbedingten Folgen eine ausgeprägte Bewegungseinschränkung und mittelgradige Sensibilitätsstörung des Daumens links, eine ausgeprägte Bewegungseinschränkung und Sensibilitätsstörung des Zeigefingers links, eine leichte Bewegungseinschränkung des Mittelfingers links und ein Kraftverlust der Hand links.
Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers beträgt ab 1. Jänner 2025 15 % auf Dauer.
In rechtlicher Beurteilung des Sachverhalts kam das Erstgericht zum Ergebnis, der Kläger habe keinen Anspruch auf Versehrtenrente
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers aus dem Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens mit dem auf Klagsstattgabe gerichteten Abänderungsantrag; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung, der Berufung nicht Folge zu geben.
Die gemäß § 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu erledigende Berufung ist nicht berechtigt.
1.1 Der Kläger erblickt einen Verfahrensmangel darin, dass das Erstgericht von der Einholung des von ihm beantragten Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet der Neurologie Abstand genommen habe. Die Einholung des Gutachtens sei begehrt worden, um die behaupteten Sensibilitätsstörungen, Feinmotorikprobleme sowie den Greifkraftverlust sachgerecht beurteilen zu können.
1.2Bei der Beweisaufnahme durch Sachverständige ist es deren Aufgabe, aufgrund ihrer einschlägigen Fachkenntnisse jene Methode auszuwählen, die sich zur Klärung der nach dem Gerichtsauftrag jeweils maßgebenden strittigen Tatfrage am besten eignet (RIS-Justiz RS0119439; Neumayr in Zellkomm 3§ 75 ASGG Rz 9). Da einen Sachverständigen die Verpflichtung trifft, sein Gutachten nach dem letzten Stand der Wissenschaft abzugeben, kann sich das Gericht darauf verlassen, dass keine notwendige und zweckdienliche Erweiterung der Untersuchung unterbleibt, wenn dies vom Sachverständigen nicht angeregt oder vorgenommen wird (SV-Slg 50.079, 65.846, 65.710 uvam; OLG Linz 12 Rs 67/25x).
Ob weitere Untersuchungen nötig sind, gehört daher zum Kern der Sachverständigentätigkeit und ist eine medizinische Frage, deren Beantwortung von einem Sachverständigen erwartet werden kann (SV-Slg 64.763, 64.764). Folglich kann ohne Begründung eines Verfahrensmangels eine weitere Begutachtung unterbleiben, wenn ein vom Gericht beigezogener Sachverständiger ausdrücklich ausführt, dass eine weitere Begutachtung aus einem anderen (medizinischen) Fachgebiet nicht erforderlich ist (vgl OGH 10 Ob 59/13v)
1.3 Aufgrund der Verletzungen des Klägers wurde ein orthopädisch-traumatologisches Gutachten eingeholt, wobei der Sachverständige sowohl im schriftlichen Gutachten (ON 5 S 13) als auch in der mündlichen Erörterung (ON 13.3 S 3) eine ergänzende neurologische Begutachtung ausdrücklich als nicht erforderlich erachtete. Der Sachverständige führte eine umfassende Anamnese durch, wobei die Krankengeschichte einschließlich des Operationsberichts, aktuelle Röntgenaufnahmen, der erhobene klinische Befund sowie die subjektiven Beschwerden des Klägers die Grundlage der gutachterlichen Beurteilung bildeten.
Unter Bezugnahme auf die einschlägige Fachliteratur gelangte der Sachverständige nachvollziehbar zu einer Erwerbsminderung von 15 %. Dabei legte er im Einzelnen dar, welche Einschränkungen, insbesondere auch welche Feinmotorikprobleme, bei den betroffenen Fingern vorliegen und in welchem Ausmaß diese die Erwerbsfähigkeit vermindern.
Sensibilitätsstörungen an Daumen sowie Mittel- und Endglied des Zeigefingers – sowohl handrücken- als auch handflächenseitig – fanden ebenso Berücksichtigung wie eine sichtbare subkutane Gewebeatrophie (ON 5 S 9). Bei derartigen Sensibilitätsstörungen, die für sich genommen keine Minderung der Erwerbsfähigkeit bedingen würden, sei eine neurologische Untersuchung nach Einschätzung des Sachverständigen nicht sinnvoll, insbesondere, weil die Diagnose aufgrund der Anamnese der Klinik und des Unfallhergangs feststehe. Eine neurologische Begutachtung würde keine relevanten neuen Erkenntnisse bringen (ON 13.3 S 3).
Auch der Kraftverlust im Bereich der Faustschluss- und Daumendruckkraft links wurde im Gutachten thematisiert und mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 2 % bewertet. Der Sachverständige führte dazu aus, dass ein Kraftverlust gerätetechnisch messbar sei. Zudem bestehe keine relevante Umfangdifferenz der Unterarme, die als Hinweis auf eine tatsächliche Muskelmassenreduktion zu werten wäre. Die angesetzte Erwerbsminderung sei vor diesem Hintergrund im Verhältnis zum fehlenden objektiven Nachweis sogar großzügig bemessen (ON 13.3 S 2).
1.4 Im Hinblick auf die dem Sachverständigen obliegende Methodenwahl bestand somit für das Erstgericht kein Anlass, nach der ergänzenden mündlichen Erörterung eine weitere fachärztliche Stellungnahme anzuordnen.
2 Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.
3Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Ein Kostenersatz aus Billigkeit trotz Unterliegens scheidet aus, weil keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten bestanden haben.
4Die ordentliche Revision ist nicht zuzulassen, weil die Berufungsentscheidung von keinen erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO abhängt. Tatfragen sind nicht revisibel.
Rückverweise
Keine Verweise gefunden