Das Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht hat durch die Senatspräsidentin Mag. Edeltraud Kraupa als Vorsitzende sowie Mag. Hermann Holzweber und Dr. Karin Gusenleitner-Helm in der Rechtssache des Klägers mj. A*-B* , **, **, **, vertreten durch Mag. Lothar Korn, Rechtsanwalt in Linz, sowie des Nebenintervenienten auf Seiten des Klägers Mag. C*, LL.M ., öffentlicher Notar, **gasse **, **, vertreten durch Kammler Koll Rechtsanwälte OG in Freistadt, gegen die Beklagte D* , geb. **, **, **, vertreten durch Dr. Franz Xaver Berndorfer, Rechtsanwalt in Linz, wegen Abgabe einer Willenserklärung (Streitwert: EUR 38.455,02) über die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 6. März 2025, Cg*-16, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger und dem Nebenintervenienten die jeweils mit EUR 3.670,32 (darin enthalten jeweils EUR 611,72 an USt.) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt EUR 30.000,--.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist der minderjährige Sohn des am ** geborenen und am 29.04.2022 verstorbenen A* E* (in der Folge: Vater des Klägers). Die Beklagte ist die Tante des Klägers und Schwester des Vaters des Klägers.
Am 10.12.2014 übertrugen die Eltern der Beklagten und des Vaters des Klägers (in der Folge: Übergeber) mit im Notariat des Nebenintervenienten geschlossenen Notariatsakt ihre Liegenschaft EZ 197, Katastralgemeinde ** (in der Folge: Liegenschaft) mit allen Rechten und Vorteilen an die Beklagte. Darüber hinaus wurde ein Wohnungsrecht sowie ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten der Übergeber vereinbart.
Weiters wurde am 10.12.2014 zwischen dem Vater des Klägers und der Beklagten im Notariat des Nebenintervenienten ein Treuhandvertrag abgeschlossen, dessen Inhalt auszugsweise wie folgt lautet:
„ Erstens: Feststellungen:
[Die Beklagte] ist aufgrund des notariellen Übergabsvertrages des gefertigten Notars vom heutigen Tag, alleinige - derzeit noch außerbücherliche - Eigentümerin [der Liegenschaft].
Zweitens: Erklärung der Treuhänderin:
[Die Beklagte] erklärt hiermit, die unter Punkt Erstens näher bezeichnete Liegenschaft zur Gänze nicht für eigene Rechnung erworben zu haben, sondern als Treuhänderin für [den Vater des Klägers].
Drittens; Pflichten der Treuhänderin:
1) [Die Beklagte] verpflichtet sich als Treuhänderin für sich und ihre Rechtsnachfolger:
a) über die oben beschriebenen, treuhändig erworbene Liegenschaft nicht ohne ausdrückliche schriftliche Zustimmung des Treugebers zu verfügen,
b) die ihr nach dem Gesetz zukommenden Rechte als bücherliche Eigentümerin nur nach den ihr vom Treugeber erteilten Weisungen unter Wahrung dessen Interessen auszuüben.
Insbesondere verpflichtet sich die Treuhänderin Anträge bei Gerichten und Behörden nur nach vorhergehender Zustimmung des Treugebers einzubringen und rechtsverbindliche Erklärungen – wem gegenüber auch immer - nur nach vor hergehender Zustimmung des Treugebers abzugeben,
c) der Treugeber von allen Ereignissen, die das Treugut betreffen zu benachrichtigen und ihm jederzeit und unbegrenzt Einblick in sämtliche, obige Liegenschaft betreffende Unterlagen zu gewähren.
2) Der Treugeber ist berechtigt Widerspruch gegen Verfügungshandlungen der Treuhänderin zu erheben. Die Treuhänderin hat diesfalls die entsprechende Handlung jedenfalls zu unterlassen.
3) Die Treuhänderin verpflichtet sich hiermit dem Treugeber oder von diesem namhaft gemachten physischen oder juristischen Personen die gemäß Punkt Zweitens treuhändig gehaltene Liegenschaft oder Teile davon unwiderruflich und unentgeltlich ins bücherliche Eigentum zu übertragen und verpflichtet sie sich, alle zur Übertragung erforderlichen Erklärungen in der gesetzlich hierfür notwendigen Form abzugeben bzw. herbeizuführen.
4) Die Treuhänderin haftet für den Fall der Eigentumsübertragung im Sinn des vorstehenden Absatzes dafür, dass die zu übertragende Liegenschaft oder Teile davon ihr unbeschränktes Eigentum darstellen und nicht mit irgendwelchen Rechten Dritter belastet sind, dies mit Ausnahme der derzeitigen oder zwischenzeitig mit ausdrücklicher Zustimmung des Treugebers begründeten Lasten.
[...]“
Weiters wurde am 10.12.2014 im Notariat des Nebenintervenienten ein Pflichtteilsverzichtsvertrag unterschrieben, in welchem unter anderem der Vater des Klägers sowie die Beklagte auf alle ihre Pflichtteilsansprüche gegenüber ihren Eltern (=Übergebern) verzichten.
Die Beklagte ist im Grundbuch als Alleineigentümerin der Liegenschaft eingetragen. Darüber hinaus ist das Wohnungsgebrauchsrecht sowie ein Belastungs- und Veräusserungsverbot zugunsten der Übergeber eingetragen.
Die Kosten des Treuhandvertrages wurden von der Mutter der Beklagten bezahlt.
Im Notariat des Nebenintervenienten wurde außerdem im Jahr 2022 ein Schenkungsvertrag vorbereitet, mit welchem die Beklagte dem Vater des Klägers die Liegenschaft mit allen Rechten und Vorteilen, mit denen die Geschenkgeberin das Geschenksobjekt bisher besessen und benützt hat oder doch zu besitzen und benützen berechtigt gewesen wäre, schenken und übergeben sollte. Dieser Vertrag wurde von der Beklagten nicht unterschrieben.
Im Protokoll vom 12.06.2023 im Verlassenschaftsverfahren nach dem Vater des Klägers ist festgehalten, dass die Beklagte dem Gerichtskommissär gegenüber erklärt, den Anspruch der Verlassenschaft nach ihrem verstorbenen Bruder auf Übertragung dieser Liegenschaft in das Eigentum der Verlassenschaft anzuerkennen.
Mit Beschluss des BG Freistadt vom 05.02.2024 im Verlassenschaftsverfahren zu GZ A* wurde der Kläger aufgrund des Testamentes seines Vaters zum gesamten Nachlass als Erbe nach seinem verstorbenen Vater eingeantwortet. Darüber hinaus wurde dem Kläger aufgetragen den Treuhandvertrag vom 10.12.2014 aufzulösen.
Am 03.04.2015 ist der Vater der Beklagten und Großvater des Klägers verstorben.
Am 09.07.2023 ist die Mutter der Beklagten und Großmutter des Klägers verstorben.
Die Beklagte wurde vom Kläger nach Rechtskraft des Einantwortungsbeschlusses am 13.05.2024 aufgefordert, die Liegenschaft in das Alleineigentum des Klägers zu übertragen, dies unter Vorlage eines Entwurfes eines Notariatsaktes.
Die Beklagte verweigerte die Übertragung der Liegenschaft und die Unterfertigung des Notariatsaktes.
Mit der am 05.09.2024 eingebrachten Klage begehrte der Kläger die Einwilligung der Beklagten in die Übertragung der Liegenschaft und brachte zusammengefasst vor, die Beklagte sei als Treuhänderin gemäß Punkt 3.3. des Treuhandvertrages vom 10.12.2014 über Aufforderung des Treugebers verpflichtet, die Liegenschaft dem Treugeber unwiderruflich und unentgeltlich ins bücherliche Eigentum zu übertragen und alle zur Übertragung erforderlichen Erklärungen in der gesetzlich hiefür notwendigen Form abzugeben bzw. herbeizuführen. Der Kläger habe als testamentarischer Erbe die Rechte aus dem Treuhandvertrag vom 10.12.2014 mit rechtskräftiger Einantwortung im Verlassenschaftsverfahren nach seinem Vater geerbt und sei daher berechtigt, den Rückforderungsanspruch aus dem Treuhandvertrag geltend zu machen. Die im Grundbuch bei der Liegenschaft zu CLNR 6a, 7a und 8a einverleibten Lasten seien mit dem Ableben der Übergeber erloschen.
Der Nebenintervenient schloss sich dem Vorbringen des Klägers an und brachte zusammengefasst vor, dass am 10.12.2014 drei Verträge unterschrieben worden seien, nämlich ein Übergabevertrag, ein Treuhandvertrag und ein Pflichtteilsverzichtsvertrag. Sämtlichen Vertragsparteien seien von Anfang an sämtliche Verträge bekannt gewesen und seien bei der Unterfertigung sämtlicher Verträge anwesend gewesen.
Die Beklagtebestritt das Klagebegehren, beantragte Klagsabweisung und wandte zusammengefasst ein, das zu Gunsten der Übergeber im Übergabsvertrag ausbedungene Belastungs- und Veräußerungsverbot im Sinne des § 364 c ABGB sei sogar noch erweitert um das ausdrückliche Verbot für die Übernehmerin, die Liegenschaft ganz oder teilweise ohne vorherige ausdrückliche schriftliche Zustimmung der Verbotsberechtigten, in welcher Form auch immer, insbesondere durch Vermietung, Verpachtung oder prekaristische Gebrauchsüberlassung in Bestand zu geben. An keiner Stelle dieses Vertrages finde sich ein Hinweis auf den Vater des Klägers, insbesondere auch kein Hinweis auf eine Eigentumsnachfolge durch ihn oder eine sonstige Begünstigung. Der Vater des Klägers habe von den vormaligen Eigentümern, seinen Eltern, niemals Rechte, schon gar nicht Eigentumsrechte an der Liegenschaft eingeräumt erhalten. Er habe daher am 10.12.2014 (und auch nicht danach) die Liegenschaft als ein mögliches Treuhandgut besessen. Niemand könne Rechte an einer Sache einräumen, wenn er keine Rechte an ihr habe. Der "Treuhandvertrag" vom 10.12.2014 sei daher per se nichtig, weil rechtlich unmöglich, weshalb weder der Vater des Klägers, noch der Kläger aus diesem "Treuhandvertrag" irgendwelche Rechtsansprüche in Bezug auf die Liegenschaft ableiten könnten. Die Eltern der Beklagten hätten auch der Einräumung von Rechten aller Art an der Liegenschaft an den Vater des Klägers niemals zugestimmt. Die Beklagte habe bis zur Vertragsunterzeichnung und auch darüber hinaus keine Ahnung gehabt, welche Bedeutung ein "Treuhandvertrag" habe. Sie sei aufgrund der Äußerungen des Notars der Meinung gewesen, dass dieser "Treuhandvertrag" die Absicherung für ihre Eltern wäre, dass der Vater des Kläges eben nicht Eigentümer der Liegenschaft werde, was den Eltern auch ein großes Anliegen gewesen sei. Die Eltern und die ganze Geschwisterschaft der Beklagten hätten die Sorge gehabt, dass der Vater des Klägers für den Fall der Übernahme der Liegenschaft, die er auch unter Androhung von Selbstmord, Auswanderung, udgl. gerne für sich reklamieren habe wollen, die familiären Interessen der Übergeber und der restlichen Familie gröblich gefährden könnte. Die Beklagte habe den Vorschlag der "Treuhandregelung" durch den Notar so verstanden, dass er die Übergeber und deren sonstige Kinder absichere und mit dieser Lösung der Vater des Klägers ruhig gestellt werden könnte. Losgelöst von der rechtlichen Unmöglichkeit der Treuhandkonstruktion, dürften alleine aufgrund des Belastungs- und Veräußerungsverbotes keine weitreichenden, schon gar nicht eigentümerähnliche Rechte am Übergabeobjekt eingeräumt werden. Dies habe auch der Vater des Klägers gewusst, sei er doch bei der Unterzeichnung des Übergabevertrages zugegen gewesen. Es würde sich - losgelöst von der Unmöglichkeit der Treuhandkonstruktion - hier um eine unzulässige Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte handeln; jegliche Vereinbarung, die gegen das vereinbarte Veräußerungsverbot verstoße, sei daher unwirksam und nichtig. Der "Treuhandvertrag" entfalte aufgrund der Ausgangslage (Unmöglichkeit der Treuhandschaft an einem Treugut, auf welches der "Treugeber" keinerlei Rechtsansprüche habe), in seiner Gesamtheit keine Wirksamkeit. Losgelöst von der gänzlichen Nichtigkeit und Unwirksamkeit des "Treuhandvertrages" vom 10.12.2014 sei in dessen Pkt. 3.3. auch kein Anbot auf Abschluss eines Vertrages zu erblicken. Der bloße Hinweis auf eine Verpflichtung zur Übertragung beinhalte kein Rechtsgeschäft, wie z. B. ein Schenkungsanbot. Diese Klausel sei schon an sich kein rechtlich geeignetes und wirksames Anbot und begründe auch keine durchsetzbare Verpflichtung. Im Übrigen würde ein Anbot auch mit dem Tode des Vaters des Klägers erlöschen. In keiner Weise könne angenommen werden, dass ein allenfalls gegenüber dem Vater des Klägers wirksames Anbot auf Übernahme des Familiensitzes auf einen Erben übergehen sollte, zumal er diesbezüglich auch gegenüber der Beklagten oder den Geschwistern nie eine entsprechende Äußerung gemacht habe.
Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht der Klage statt.
Über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalthinaus, legte das Erstgericht seiner Entscheidung die auf den Seiten 5 bis 9 seiner Urteilsausfertigung ersichtlichen Feststellungen zu Grunde, auf welche gemäß § 500a ZPO verwiesen wird.
In seiner rechtlichen Beurteilung legte das Erstgericht dar, dass es zulässig sei, eine Liegenschaft nicht für eigene Rechnung zu erwerben, sondern als Treuhänderin, wobei die Treuhandvereinbarung dabei nicht offengelegt werden müsse. Weiters setzte es sich ausführlich mit den Rechtswirkungen einesbücherlich eingetragenen Belastungs- und Veräußerungsverbots auseinander und kam zum Schluss, dass ein solches ein Verpflichtungsgeschäft nicht ungültig mache. Darüber hinaus sei das Eintragungshindernis mit dem Tod der Eltern der Beklagten ohnehin weggefallen. Schließlich führte es aus, dass das Treuhandverhältnis in der Regel ein Auftragsverhältnis sei, das gemäß § 1022 ABGB durch den Tod des Treuhänders erlösche. Allerdings gehe das Eigentum nicht von selbst auf den Treugeber über, sondern bedürfe der Eigentumsübergang eines gültigen Titels und Modus. Titel sei der Tod des Treu händers. Modus sei bei Liegenschaften die Einverleibung des Eigentumsrechts im Grundbuch für den Treugeber. Um diese zu ermöglichen, sei bei Beendigung des Treuhandverhältnisses der Treuhänder schuldrechtlich aus dem Treuhandverhältnis und dessen Nachwirkungen verpflichtet, die für die Eigentumseinverleibung notwendigen Erklärungen abzugeben. Beim Tod des Treugebers könne der Erbe entscheiden, ob er die Treuhand bestehen lassen wolle, oder ob er dieses Verhältnis beende. Im Treuhandvertrag habe sich die Beklagte im Punkt Drittens dem Treugeber verpflichtet, die treuhändig gehaltene Liegenschaft oder Teile davon unwiderruflich und unentgeltlich ins bücherliche Eigentum zu übertragen und alle zur Übertragung erforderlichen Erklärungen abzugeben. Da die Beklagte die Liegenschaft nicht für eigene Rechnung erworben habe, sondern als Treuhänderin für den verstorbenen Vater des Klägers und der Kläger als Erbe eingeantwortet worden sei, sei die Beklagte daher verpflichtet, die Liegenschaft an den Kläger zu übertragen und die erforderlichen Erklärungen abzugeben. Soweit sich die Beklagte auf einen allfälligen Irrtum berufen sollte, sei anzumerken, dass das Recht zur Anfechtung von Verträgen wegen Irrtums in drei Jahren ab Vertragsabschluss verjähre.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die rechtzeitige Berufung der Beklagten aus den Berufungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem auf Klagsabweisung gerichteten Abänderungsantrag; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
In ihren Berufungsbeantwortungen beantragen sowohl der Kläger als auch der Nebenintervernient, der Berufung der Beklagten keine Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1. Zur Mängelrüge
1.1.Die Beklagte rügt die vom Erstgericht unterlassene Einvernahme der Parteien sowie der beantragten Zeugen als Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Begründend führt sie aus, das Erstgericht wäre, wenn es diese Beweise aufgenommen hätte, zum Ergebnis gekommen, dass die Eltern der Beklagten niemals gewollt hätten, dass der Vater des Klägers irgendwelche Rechte an der Liegenschaft erhalte und ausschließlich und bedingungslos die Beklagte Eigentümerin derselben sein hätte sollen, es stets ein unumstößliches Anliegen der Übergeber gewesen sei, dass der Vater des Klägers niemals Eigentümer der Liegenschaft werde, und der Vater des Klägers gewusst habe, dass ihm seine Eltern niemals Rechte an dieser einräumen hätten wollen oder eingeräumt hätten, sondern sich vielmehr im Übergabsvertrag mit der Beklagten kein bloßes Belastungs- und Veräußerungsverbot nach § 364c ABGB, sondern ein erweitertes Belastungs- und Veräußerungsverbot ausbedungen hätten, dem die Treuhandlösung unlösbar und nicht sanierbar entgegenstehe.
Die Beklagte meint, diese (im Falle der Durchführung der beantragten Einvernahmen gewonnenen) Verfahrensergebnisse hätten in rechtlicher Hinsicht bedeutet, dass eine „Treuhandlösung“, in welcher der Vater des Klägers Treugeber sei, schon grundsätzlich nicht möglich und wirksam sei, weil es sich um einen zur Nichtigkeit und Unwirksamkeit führenden Eingriff in fremde Forderungsrechte, nämlich in ein erweitertes Belastungs- und Veräußerungsverbot handle. Da der Vater des Klägers den Inhalt des Übergabsvertrages gekannt habe, habe er auch gewusst, dass eine Belastung und Veräußerung der Liegenschaft nur mit ausdrücklicher schriftlicher Zustimmung der Verbotsberechtigten zulässig wäre. Eine Belastung der Liegenschaft in Form eines „Treuhandvertrages“ wäre daher ein bewusster Eingriff in fremde Rechte und somit sittenwidrig, nichtig und rechtsunwirksam.
1.2. Diese Argumentation erweist sich schon deshalb als nicht stichhaltig, weil die Beklagte nach den unbekämpft gebliebenen Feststellungen die Liegenschaft von den Übergebern bereits als Treuhänderin für den Vater des Klägers erworben hat; damit konnte der Vater des Klägers als Treugeber über die Beklagte als Treuhänderin schon von vornherein nicht mehr Rechte an der Liegenschaft erwerben bzw. „halten“, als der Beklagten im Übergabsvertrag eingeräumt wurden. Damit war auch das vom Vater des Klägers über die Beklagte als Treuhänderin gehaltene Eigentum an der Liegenschaft stets all jenen Beschränkungen unterworfen, die im Übergabsvertrag mit der Beklagten zu Gunsten der Übergeber vereinbart wurden. Von einem Eingriff in fremde Forderungsrechte durch die hier zu beurteilenden Treuhandkonstruktion kann daher keine Rede sein.
1.3. Wie sich aus den oben wiedergegebenen Verfahrensergebnissen, die sich nach der Ansicht der Beklagten ergeben hätten, wenn das Erstgericht die von ihr beantragten Einvernahmen durchgeführt hätte, die Rechtsfolge ergeben soll, „dass losgelöst von der Frage der ursprünglichen Wirksamkeit der „Treuhandlösung“ diese mit dem Tod des [Vaters des Klägers], also vor dem Tod der Übergeberin [der Mutter der Beklagten] am 09.07.2023, in seinem gesamten Inhalt als aufgelöst zu gelten habe und daher weder ein obligatorischer oder dinglicher Anspruch dem Kläger oder sonstigen Rechtsnachfolgern der Verlassenschaft auf Übertragung der Liegenschaft erwachsen sei bzw. übertragen hätte werden können“, ist nicht nachvollziehbar. Die Beklagte übergeht, dass derjenige, der treuhändig das Eigentum an einer Liegenschaft hält, bei Beendigung des Treuhandverhältnisses verpflichtet ist, die für die Einverleibung des Eigentumsrechts zu Gunsten des/der Rechtsnachfolger des Treugebers im Grundbuch notwendigen Erklärungen abzugeben (vgl 8 Ob 86/99a; Hartlieb/Zollnerin Rummel/Lukas/Geroldinger, ABGB 4§ 1022 ABGB Rz 10 mwN), worauf bereits das Erstgericht zutreffend hingewiesen hat.
1.4.Da die Nichtaufnahme der Personenbeweise ausgehend von den Berufungsausführungen der Beklagten nicht einmal abstrakt geeignet war, eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Streitsache zu hindern (vgl RS0043049), erweist sich Mängelrüge als unberechtigt.
2. Zur Rechtsrüge
2.1.Beim Argument, der Vater des Klägers habe keine Treuhandpflichten an die Beklagte übertragen können, weil er nicht Eigentümer der Liegenschaft geworden sei, übersieht die Beklagte, dass es neben der (von ihr erkennbar gemeinten) Übertragungstreuhand, bei der das Treugut vom Treugeber stammt, der Vereinbarungstreuhand, bei der es zu einer Treuhandbegründung an einer dem Treuhänder bereits gehörenden Sachen kommt, auch noch die hier vorliegende Erwerbstreuhand (vgl auch RS0010432 [T3] „Erwerbstreuhand“; vgl OLG Graz 5 R 189/22m) gibt, bei der der Treuhänder in Vollzug der Treuhandabrede das Treugut von einem Dritten erwirbt (vgl Rubin in Kletečka/Schauer, ABGB-ON 1.03§ 1002 ABGB Rz 94 mwN). Bei der Begründung einer Vereinbarungs- als auch einer Erwerbstreuhand ist der Treugeber nie (unmittelbarer) Vormann des Treuhänders in Bezug auf das Treugut. Von einer „Unmöglichkeit“ der hier zu beurteilenden Treuhandkonstruktion kann daher keine Rede sein.
2.2.Soweit die Beklagte behauptet, es sei an keiner Stelle des Urteils festgestellt worden, dass sie das Eigentum an der Liegenschaft von vornherein nur treuhändig für ihren Bruder übernommen habe, ist die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl. RS0043312), weil sie die Feststellung übergeht, wonach die Beklagte in Punkt Zweitens des Treuhandvertrages erklärt hat, die Liegenschaft nicht für eigene Rechnung, sondern als Treuhänderin für den Vater des Klägers erworben zu haben (US 5). Nur für den Fall, dass die Beklagte mit ihren Ausführungen meinen sollte, dass im Übergabsvertrag nicht festgehalten wurde, dass sie die Liegenschaft als Treuhänderin für ihren Bruder erwerbe, ist festzuhalten, dass auch eine verdeckte (=stille) Treuhand, bei der der Treuhänder seine Funktion gegenüber Dritten nicht zu erkennen gibt, zulässig ist ( Rubin aaO Rz 100 mwN), worauf ohnehin bereits das Erstgericht zutreffend hingewiesen hat.
2.3. Was aus dem Argument, in dem im Jahr 2022 vom Nebenintervenienten vorbereiteten Schenkungsvertrag sei kein feststellender Hinweis auf eine bestehende wirksame Treuhandschaft erfolgt, für den Rechtsstandpunkt der Beklagten zu gewinnen sein soll, ist nicht erkennbar. Da dieser Schenkungsvertrag ohnehin zwischen den Parteien des Treuhandvertrages abgeschlossen werden sollte, ist nicht ersichtlich, weshalb es in diesem eines solchen feststellenden Hinweises bedurft hätte. Daher ist lediglich der Vollständigkeit halber anzumerken, dass sich im angesprochenen Vertragsentwurf der Passus „Die mit dem Besitz an der Liegenschaft und deren Erwerb verbundenen Aufwendungen der Geschenkgeberin [Anm: die Beklagte] werden hiermit einvernehmlich und abschließend mit dem Betrag von € ... festgehalten.“findet (vgl RS0121557 [T3]), der nicht nur von vornherein zwanglos mit einem Treuhandverhältnis zwischen der Beklagten und dem Vater des Klägers hinsichtlich der Liegenschaft in Einklang zu bringen ist, sondern auch mit Punkt Fünftens 1) des Treuhandvertrages korrespondiert, derzufolge der Treuhänder der Treuhänderin (unter anderem) alle Auslagen zu ersetzen hat, die dieser aus ihrer Tätigkeit als Treuhänderin für den Treugeber entstehen (vgl RS0121557 [T3]).
2.4. Abgesehen davon, dass die Beklagten erst im Berufungsverfahren vorbringt, der Treuhandauftrag sei mit dem Tag des Ablebens des Vaters des Klägers seinem gesamten Inhalt nach aufgelöst, ist für die Beklagte auch daraus nichts zu gewinnen, da – worauf bereits hingewiesen wurde – der Treuhänder auch in diesem Fall das Eigentum am Treugut an die Rechtsnachfolger des Treugebers zu übertragen hat (vgl Hartlieb/ZollneraaO § 1022 ABGB Rz 10 mwN). Nach § 1022 Satz 1 ABGB wird ein Geschäftsbesorgungsverhältnis im Zweifel zwar durch den Tod des Gewaltgebers aufgelöst; nach § 1022 Satz 2 ABGB soll es aber dann fortgelten, wenn dem Erben im Zuge einer Unterbrechung Nachteile drohen würden.
In diesem Sinne besteht nach der Judikatur auch die Vollmacht an einen Hausverwalter nach dem Tod des Gewaltgebers fort und erlischt erst in dem Augenblick, in dem der Erbe einen anderen Hausverwalter bestellt (vgl Schurrin Schwimann/Neumayr, ABGB Taschenkommentar 6§ 1022 ABGB Rz 4; vgl 5 Ob 171/68). Hier kommt hinzu, dass das von der Beklagten treuhändig für den Vater des Klägers gehaltene Eigentum an der Liegenschaft im Zeitpunkt des Ablebens des Vaters des Klägers noch durch das zu Gunsten der Mutter der Beklagten verbücherte Belastungs- und Veräußerungsverbot beschränkt war, sodass – solange diese am Leben war und keine Zustimmung erteilt hat – eine allgemeine Grundbuchsperre für sämtliche rechtsgeschäftlich oder zwangsweise begehrten, vom Verbot erfassten Eintragungen bestanden hat (vgl RS0002595 [T16]). Würde man in einer derartigen Konstellation ausgehend von der Zweifelsregel des § 1022 Satz 1 ABGB eine Auflösung des Treuhandvertrages bereits mit dem Tod des Treugebers bejahen, hätte dies zur Konsequenz, dass der Kläger bis zum Zeitpunkt der Zustimmung der Verbotsberechtigten zu einer Eigentumsübertragung an ihn (zu welcher die Treuhänderin verpflichtet ist [vgl RS0112406]) oder dem Zeitpunkt des Ablebens der Verbotsberechtigten faktisch keinen Einfluss auf die Verwaltung der Liegenschaft nehmen hätte können. Dieser Umstand hätte aber erst Recht wieder zu einer Fortsetzungspflicht der Beklagten nach § 1025 ABGB geführt, umso mehr, als nach der Rechtsprechung bereits – wie aufgezeigt – (alleine) die Verwaltung einer Liegenschaft zu den unaufschiebbaren Geschäften im Sinne der zitierten Gesetzesbestimmung zählt (vgl RS0025206; vgl 5 Ob 171/68). Die vom Erstgericht vertretene Rechtsansicht, die Entscheidung, ob er die Treuhand bestehen lassen oder auflösen wolle, liege hier beim Erben, erweist sich daher als nicht korrekturbedürftig.
2.5.Auch das Argument, für einen Eigentumserwerb an der Liegenschaft durch den Vater des Klägers zu dessen Lebzeiten würden Titel als auch Modus fehlen, vermag nicht zu überzeugen: Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Auflösung des Treuhandvertrages den Titel für den Eigentumserwerb des Treugebers – oder dessen Rechtsnachfolger – an einer treuhändig gehaltenen Liegenschaft begründet, und der Treuhänder zur Vornahme aller Handlungen und zur Abgabe aller Erklärungen verpflichtet ist, um das Eigentum des Treugebers – oder wie hier dessen Rechtsnachfolger – im Grundbuch eintragen zu können (=Modus) (vgl 8 Ob 86/99a).
2.6.Die unbegründet gebliebene Behauptung der Beklagten, die vom Erstgericht angesprochenen Entscheidungen zur obligatorischen bzw. dinglichen Wirkung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes würden nicht auf die gegenständliche Sachlage abzielen, ist nicht nachvollziehbar; vielmehr hat das Erstgericht die Rechtslage in Bezug auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt zutreffend dargestellt (§ 500a ZPO).
2.7.Das von der Beklagten gerügte Fehlen von Feststellungen zur Frage, ob dem Vater des Klägers das von den Übergebern (gemeint: im Übergabsvertrag mit der Beklagten) ausbedungene Belastungs- und Veräußerungsverbot bekannt war, vermag schon deshalb keinen sekundären Feststellungsmangel begründen, weil dies hier für die rechtliche Beurteilung nicht von Bedeutung ist (vgl RS0053317); um Wiederholungen zu vermeiden wird auf die Ausführungen oben unter Punkt 1.2. verwiesen. Aus dem selben Grund ist hier auch nicht entscheidungswesentlich, ob der Vater des Klägers bei der Unterzeichnung des Übergabsvertrages anwesend war, sodass auch insoweit kein rechtlicher Feststellungsmangel vorliegen kann; überdies sind diese Umstände unstrittig (Seite 3 in ON 10).
2.8.Abgesehen davon, dass es sich beim Übergabsvertrag ohnehin um eine ihrem Inhalt nach unstrittige Urkunde handelt, sodass deren Inhalt der Entscheidung ohne weiteres zu Grunde gelegt werden kann (vgl RS0121557 [T3]), sind hier auch die Punkte Drittens, Fünftens und Elftens des Übergabsvertrages, deren Inhalt die Beklagte festgestellt haben möchte, nicht entscheidungserheblich. Dies gilt auch für die von der Beklagten vermisste Feststellung des Punkt Sechstens des Treuhandvertrages, demzufolge die Parteien berechtigt sind, den Treuhandvertrag jederzeit (richtig) ohneAngabe von Gründen unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist mittels eingeschriebenen Briefes aufzukündigen. Ein sekundärer Feststellungsmangel kommt insoweit von vornherein nicht in Betracht, weil die Beklagte in erster Instanz dazu kein Tatsachenvorbringen erstattet hat (RS0053317 [T4]). Daher ist die Beklagte mit ihren (rechtlich unrichtigen) theoretischen Ausführungen, eine Aufkündigung des Treuhandverhältnisses durch sie vor dem Ableben des Vaters des Klägers hätte dazu geführt, dass jeglicher Anspruch des Vaters auf Eigentumsübertragung weggefallen wäre, darauf zu verweisen, dass der Treuhänder auch im Falle der Aufkündigung des Treuhandverhältnisses das Eigentum am Treugut an den Treugeber herausgeben hätte müssen.
3. Der Berufung war daher insgesamt ein Erfolg zu versagen.
4.Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
4.1. Der Kläger hat die Kosten für die von ihm erstattete Berufungsbeantwortung sachlich und rechnerisch richtig verzeichnet.
4.2.Da sich der Anspruch auf Kostenersatz gegenüber dem Gegner gemäß § 1 Abs 2 RATG nach dem RATG richtet (vgl Obermaier, Kostenhandbuc h 4 Rz 3.2), steht dem Nebenintervenienten der (ohne nähere Erläuterung) verzeichnete„12,09% Zuschlag gem. § 6 Abs 3 bzw. Abs 3a AHK iVm § 25 RATG“nicht zu. Die Bestimmung des § 25 RATG ermächtigt den Bundesminister für Justiz, im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates, durch Verordnung zu den im Tarif (Anm: RATG) als Entlohnung des Rechtsanwaltes angeführten festen Beträgen und zu den im § 23a RATG angeführten Beträgen einen Zuschlag festzusetzen, wenn und soweit dies notwendig ist, um den Rechtsanwälten eine den geänderten wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechende angemessene Entlohnung zu sichern; weder stünde es der die AHK beschließenden Vertreterversammlung des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages zu, diese Verordnungsermächtigung des Bundesministers für Justiz zur Valorisierung des RATG aufzugreifen und aus eigenem im vom Gesetzgeber vorgegebenen Anwendungsbereich des RATG Zuschläge festzusetzen, noch hat sie dies in den vom Nebenintervenienten zitierten Bestimmungen § 6 Abs 3 und 3a AHK getan. Für eine Folgeeingabe steht gemäß § 23a RATG lediglich eine Erhöhung der Entlohnung um EUR 2,60 zu, und nicht wie verzeichnet um EUR 2,91.
5. Die Bewertung des Entscheidungsgegenstandes mit EUR 30.000,-- übersteigend orientiert sich an der unbedenklichen Bewertung durch den Kläger.
6.Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der ordentlichen Revision liegen nicht vor, weil die Entscheidung des Berufungsgerichts von den Umständen des Einzelfalls und nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO abhing.
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