Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hat durch die Richter Mag. Bernhard Telfser als Vorsitzenden sowie Dr. Werner Gratzl und Mag. Christine Mayrhofer in der Insolvenzeröffnungssache der Antragstellerin A*, C*gasse **, in D* , vertreten durch die Kosch Partner Rechtsanwälte GmbH in Wiener Neustadt, wider die Antragsgegnerin B* GmbH (vormals E* GmbH), F*gasse ** in Wien, FN **, über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom 26. September 2024, GZ1*, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Begründung:
Mit Schriftsatz vom 23.05.2024, GZ2* des LG Salzburg, beantragte die Antragstellerin, über das Vermögen der Antragsgegnerin das Konkursverfahren zu eröffnen. Zur Zuständigkeit führte sie aus, die Antragsgegnerin habe ihren firmenbuchrechtlichen Sitz in *G-Straße **, in Salzburg.
Nach Durchführung des Prüfungsverfahrens eröffnete das Landesgericht Salzburg mit Beschluss vom 24. Juli 2024 über das Vermögen der Antragsgegnerin das Konkursverfahren (GZ1* LG Salzburg). Dem von der Antragsgegnerin dagegen erhobenen Rekurs wurde Folge gegeben, dieser Beschluss und das ihm vorangegangene Verfahren bis einschließlich der Anordnung der Ediktalzustellung vom 10. Juni 2024 als nichtig aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung über den Insolvenzeröffnungsantrag nach Verfahrensergänzung aufgetragen. Es sei die Zustellung des Insolvenzeröffnungsantrags und der Ladung zur Einvernahmetagsatzung an den Geschäftsführer der Antragsgegnerin unter einer tauglichen Abgabestelle unterblieben, sodass die Voraussetzungen für eine Ediktalzustellung dieser Dokumente nicht vorgelegen sei. Es werde zunächst die neuerliche Zustellung des Insolvenzeröffnungsantrags und der Ladung zu einer Einvernahmetagsatzung an die Antragsgegnerin vorzunehmen sein.
Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss erklärte sich das Landesgericht Salzburg gemäß § 44 JN für örtlich unzuständig und überwies die Rechtssache an das Landesgericht Wien.
In seiner Begründung vertrat es die (zutreffende und auch von der Rekurswerberin geteilte) Ansicht, maßgebender Zeitpunkt für die Entscheidung der Zuständigkeitsfrage sei der Zeitpunkt der Antragstellung. Dass zu diesem Zeitpunkt der Firmensitz der Antragsgegnerin in Salzburg gelegen gewesen sei, schade nicht, stelle doch § 63 Abs 1 IO hinsichtlich der Zuständigkeitsfrage nämlich nicht auf den satzungsgemäßen Sitz, sondern ausschließlich auf den Ort des tatsächlichen Unternehmensbetriebs ab. Dass offensichtlich an der Adresse in Salzburg kein tatsächlicher Unternehmensbetrieb mehr stattgefunden habe, ergebe sich logisch aus der am 7. Mai 2024, somit vor Einlangen des Antrags auf Konkurseröffnung, beim Firmenbuchgericht eingelangten Firmensitzverlegung der Antragsgegnerin nach Wien. Diese Sitzverlegung sei mit 26.07.2024 auch vom Handelsgericht Wien eingetragen worden, sodass seither der Firmensitz auf F*gasse ** in Wien laute. Die Antragsgegnerin habe zum maßgebenden Zeitpunkt kein Unternehmen mehr im Sprengel des Landesgerichtes Salzburg, sondern dieses vielmehr schon bereits aus Wien betrieben. Die Zuständigkeit des Handelsgerichtes Wien ergebe sich aus § 64 IO, weswegen die Rechtssache an dieses zu überweisen gewesen sei.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der unbeantwortete Rekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Sie beantragt die Abänderung dahingehend, dass das Landesgericht Salzburg gemäß § 44 JN als Insolvenzgericht örtlich zuständig festzustellen sei.
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Gemäß § 63 Abs 1 IO ist für das Insolvenzverfahren der Gerichtshof erster Instanz (Insolvenzgericht) zuständig, in dessen Sprengel der Schuldner im Zeitpunkt der Antragstellung sein Unternehmen betreibt oder mangels eines solchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Nach § 63 Abs 2 IO ist der Gerichtshof erster Instanz zuständig, in dessen Sprengel sich eine Niederlassung, mangels einer solchen Vermögen des Schuldners befindet, wenn der Schuldner im Inland kein Unternehmen betreibt oder er im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Wie vom Erstgericht zutreffend hervorgehoben, stellt § 63 Abs 1 IO nicht auf den satzungsgemäßen Sitz, sondern ausschließlich auf den Ort des tatsächlichen Unternehmensbetriebs ab ( Koller/Lovrek/Spitzer,IO², § 63 Rz 11). Dazu wurde vertreten, dass im Falle, wenn ein eigenes Büro fehlt, im Zweifel der Aufenthalt der geschäftsführenden Organe der Betriebsort ist. Nach dem OLG Linz ist Betriebsort jener Ort, von dem aus das schuldnerische Unternehmen unter Zugrundelegung der tatsächlichen Verhältnisse (und nicht formeller Gegebenheiten, wie etwa des gesellschaftsvertraglich bestimmten und im Firmenbuch eingetragenen Sitzes) finanziell, kaufmännisch und organisatorisch geleitet wird, wo also der Mittelpunkt der wirtschaftlichen Beziehungen bzw des Erwerbslebens des Schuldners liegt. Dieser „Betriebsort“ kann auch durch den (Wohn-)Sitz und Aufenthalt des geschäftsführenden und vertretungsbefugten Organs indiziert sein (aaO Rz 14).
Erst mangels Vorhandenseins eines Betriebsortes begründet sich die örtliche Zuständigkeit des Gerichtes nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Schuldners. Da dieser Anknüpfungspunkt nur für natürliche Personen in Frage kommt, braucht aufgrund der Rechtsform der Antragsgegnerin als GmbH darauf nicht mehr weiter eingegangen werden (vgl aaO Rz 19). Auch der Niederlassungstatbestand scheidet mangels dafür vorliegender Anhaltspunkte aus und kann unberücksichtigt bleiben. Erst als ultima ratio der Anknüpfungsgründe kommt das Vermögen des Schuldners in Frage, wobei vorausgesetzt ist, dass der Schuldner – mangels Relevanz des Aufenthalts oder einer Niederlassung – einen Betriebsort in Österreich hat, wobei der Vermögensgerichtsstand auch durch Erlag eines entsprechenden Kostenvorschusses begründet werden kann (aaO Rz 30 und 33). Nicht unerwähnt bleiben soll, dass ungeachtet des Untersuchungsgrundsatzes des Insolvenzgerichtes der antragstellende Gläubiger in seinem Antrag auch jenen Sachverhalt anzugeben hat, aus dem sich die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt (aaO Rz 37).
Wie vom Erstgericht zutreffend betont, ist der von der Antragstellerin in ihrem Insolvenzeröffnungsantrag angeführte firmenbuchrechtliche Sitz der Antragsgegnerin kein taugliches Kriterium für die Prüfung der Zuständigkeit nach § 63 IO. Der Kritik der Rekurswerberin, es sei zum maßgeblichen Zeitpunkt der Einbringung des Insolvenzeröffnungsantrags von keinem Unternehmensbetrieb der Antragsgegnerin im Sprengel des Handelsgerichtes Wien auszugehen, ist hingegen nicht zu folgen. Dass die Antragsgegnerin im Zeitpunkt der Antragstellung 23. Mai 2024 ihren Sitz in Salzburg hatte, ist ebenso wie die spätere Sitzverlegung nach Wien unbeachtlich. In der Sitzverlegung nach Wien kann jedoch – wie noch darzustellen sein wird –durchaus ein weiteres Indiz für eine schon früher ausgeübte Unternehmensleitung der Antragsgegnerin von Wien aus erblickt werden.
Die Rekurswerberin erkennt zwar zutreffend, dass es auf den gewöhnlichen Aufenthalt der Antragsgegnerin und den Niederlassungstatbestand nicht ankommt; der von ihr relevierte Vermögensgerichtsstand kommt jedoch aufgrund seines bloß subsidiären Charakters nicht mehr zum Tragen.
Die Rekurswerberin übersieht, dass der (auch jetzt noch aktuelle) Geschäftsführer die Antragsgegnerin bereits seit 11.12.2023 vertritt und dieser schon zu dieser Zeit unter der Adresse F*gasse **,Wien, residierte; es handelt sich dabei um exakt dieselbe Adresse wie die später darauf geänderte und nunmehrige Geschäftsanschrift der Antragsgegnerin. Es wurde bereits dargelegt, dass nach der Rechtsprechung der Betriebsort auch durch den (Wohn-)Sitz und Aufenthalt des geschäftsführenden und vertretungsbefugten Organs indiziert sein kann. Derartiges fand bereits seit 11.12.2023 unter der Wiener Adresse statt.
Wenn die Rekurswerberin meint, die Antragsgegnerin unterhalte keinen Geschäftsbetrieb im Sprengel des Handelsgerichtes Wien und habe auch zum Zeitpunkt der Antragstellung keinen Geschäftsbetrieb gehabt, übergeht sie ihre eigenen Ausführungen im Insolvenzeröffnungsantrag. Darin führt sie aus, dass der Geschäftsführer der Antragstellerin schon am 11.12.2023, also unmittelbar nach Übernahme der Geschäftsführung der Antragsgegnerin, eine Auflösungsvereinbarung zum Kaufvertrag, abgeschlossen zwischen der E* Gesellschaft mbH (als Verkäuferin und grundbücherlichen Eigentümerin) und der Antragsgegnerin (als Käuferin), abgeschlossen habe. Nach dem von der Rekurswerberin angeschlossenen Dokument ./J wurde diese Auflösungsvereinbarung in Wien abgeschlossen. Indem der Geschäftszweig der Antragsgegnerin (auch) auf An- und Verkauf und Entwicklung von Liegenschaften lautet, liegt darin eine Betriebstätigkeit der Antragsgegnerin, die von dem in Wien wohnhaften Geschäftsführer abgewickelt wurde. Entgegen der Ansicht der Rekurswerberin konnten auch zwischenzeitig alle Geschäftsstücke dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin unter seiner Adresse in Wien zugestellt werden.
Wenn nun schon vor dem maßgeblichen Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung die entscheidende Unternehmensleitung der Antragsgegnerin von Wien aus erfolgte, stellt die spätere Sitzverlegung der Antragsgegnerin nach Wien umso mehr einen unterstützenden Anhaltspunkt dafür dar.
Soweit die Antragstellerin auf einen erst am 24.07.2024 eingebrachten Antrag auf Sitzverlegung der Antragsgegnerin verweist, übersieht sie, dass nach der öffentlich einsehbaren Urkundensammlung des Firmenbuchs dies erst eine Reaktion auf einen Verbesserungsauftrag des Firmenbuchgerichtes war. So hatte die Antragsgegnerin bereits am 14.02.2024 unter Bezugnahme auf einen Generalversammlungsbeschluss vom 09.02.2024 ua die Eintragung der Sitzverlegung der Antragsgegnerin nach Wien beantragt. Auch dies bestätigt, dass die Antragsgegnerin zum Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung im Sprengel des Landesgerichtes Salzburg kein Unternehmen mehr betrieb, sondern dies bereits schon von Wien aus erfolgt war.
Der angefochtene Beschluss, mit dem das Erstgericht seine Unzuständigkeit ausspricht und die Insolvenzeröffnungssache an das Handelsgericht Wien überweist, erweist sich daher frei von Rechtsirrtum; der Rekurs bleibt erfolglos.
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