Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr. Engljähringer als Vorsitzende, Mag. Hemetsberger und Mag. Kuranda in der Strafsache gegen A* wegen des Verbrechens der Schlepperei nach § 114 Abs 1 und 3 Z 2 FPG über die Berufung der Staatsanwaltschaft Salzburg gegen das Urteil der Einzelrichterin des Landesgerichts Salzburg vom 18. Oktober 2023, 47 Hv 69/23g-42b, nach der in Anwesenheit des Ersten Staatsanwalts Mag. Holzleitner als Vertreter des Leitenden Oberstaatsanwalts, des Angeklagten und seines Verteidigers Mag. Dyck durchgeführten Berufungsverhandlung am 13. Dezember 2023 zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene syrische Staatsangehörige A* des Verbrechens der Schlepperei nach § 114 Abs 1 und 3 Z 2 FPG schuldig erkannt und hiefür nach § 114 Abs 3 FPG zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt, wobei der Vollzug eines Teils der über ihn verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 15 Monaten gemäß § 43a Abs 3 StGB unter Bestimmung dreijähriger Probezeit bedingt nachgesehen wurde. Auf die Freiheitsstrafe wurde gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB die Zeit der Vorhaft vom 9. August 2023, 12.30 Uhr, bis 18. Oktober 2023, 12.25 Uhr, angerechnet.
Nach dem Schuldspruch hat A* im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem oder mehreren unbekannten Tätern in einem nicht näher bekannten Zeitraum vom 8. August 2023 bis 9. August 2023, 10.45 Uhr, in ** und andernorts durch Lenken eines PKW ausgehend vom ungarisch-serbischen Grenzgebiet bis nach ** die rechtswidrige Einreise oder Durchreise eines Fremden bzw von mehreren Fremden in oder durch einen Mitgliedsstaat der Europäischen Union mit dem Vorsatz gefördert, sich oder einen Dritten durch ein dafür geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern, wobei die Tat in Bezug auf mindestens drei Fremde begangen wurde, und zwar betreffend die nicht zum Aufenthalt bzw zur Durchreise berechtigten Personen mit den Namen B*, C*, D*, E*, F* G*, H* G*, I* und J*.
Gegen den Strafausspruch dieses Urteils wendet sich die Berufung der Staatsanwaltschaft mit dem Ziel der Verhängung einer höheren gänzlich unbedingten Freiheitsstrafe (ON 49). Der Angeklagte beantragte in seiner dazu erstatteten Gegenausführung die Bestätigung des Ersturteils (ON 51.1).
Die Berufung ist nicht berechtigt.
Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht mildernd die umfassend und reumütig geständige Verantwortung des Angeklagten und dessen bisherigen ordentlichen Lebenswandel, erschwerend dagegen keinen Umstand.
Der Strafzumessungskatalog bedarf keiner Korrektur. Auch die von der Staatsanwaltschaft in der Berufung relevierte fehlerhafte Beurteilung der Schuld des Angeklagten unter Außerachtlassung besonderer Aspekte der Generalprävention haftet dem Urteil nicht an.
Voranzustellen ist, dass das Erstgericht mit der verhängten Freiheitsstrafe von 18 Monaten den zur Verfügung stehenden Strafrahmen einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren mit knapp einem Drittel des Möglichen ausgeschöpft hat, womit jedenfalls nicht nur spezialpräventiven Erwägungen bei einem reumütig geständigen Ersttäter, sondern auch generalpräventiven Erwägungen, vor allem dem Aspekt der Abschreckung potentieller Täter ausreichend Rechnung getragen wurde. In einer ausführlichen Begründung zur Straffrage hat das Erstgericht auch die besorgniserregende Zunahme des Schlepperunwesens berücksichtigt, die Höhe der Strafe mit Rücksicht auf die Unbescholtenheit des Angeklagten aber als gerechtfertigt beurteilt.
Zutreffend wendet die Berufungswerberin allerdings ein, dass die Schuld des Angeklagten nicht dadurch gemindert wird, dass er, kurz bevor er sich zur Schlepperfahrt bereit erklärte, selbst noch Geschleppter war, kam er doch aus der Türkei und befand er sich, als er die Schlepperfahrt übernahm, im ungarisch-serbischen Grenzgebiet, also einem sicheren Drittland. Zudem konnte ihm als selbst geschleppte Person die Ausnutzung der Notlage flüchtender oder migrierender Menschen, die im Rahmen organisierter Kriminalität nach Zahlung hoher Schlepperlöhne (der Angeklagte hatte für seine Schleppung von der Türkei bis Serbien EUR 4.000,00 bezahlt) und nicht selten auf gefährliche Weise – wie fallkonkret etwa im Kofferraum eines PKW liegend – in das Zielland verbracht werden, unmöglich verborgen bleiben. Es trifft daher zu, dass auch den Geschleppten vor Augen geführt werden muss, dass dem Schlepperunwesen mit strengen Strafen begegnet wird, um das Anwerben gleichsam einer nächsten Generation von Schleppern unmittelbar aus der Zielgruppe der Geschleppten zu unterbinden.
Der Angeklagte war freilich nach den unwiderlegbaren Verfahrensergebnissen nicht in eine Schlepperorganisation integriert, er hatte die Tat weder geplant noch reiflich überlegt, und auch nicht sorgfältig vorbereitet (§ 32 Abs 3 StGB), sondern handelte auf Anweisung Dritter, nachdem er sich zur Übernahme des Transports bereit erklärt hatte, um auch selbst sein Zielland Deutschland zu erreichen. Trotz Schleppung von insgesamt acht Personen – und damit innerhalb der angesprochenen Deliktskategorie nicht mehr an der untersten Schwelle angesiedelten Erfolgsunrechts – bedarf es deshalb alles in allem noch keiner Anhebung der über ihn verhängten Freiheitsstrafe.
Wird auf eine Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten, aber nicht mehr als zwei Jahren erkannt und kann, insbesondere im Hinblick auf frühere Verurteilungen des Rechtsbrechers, weder die ganze Strafe bedingt nachgesehen noch nach Abs 2 vorgegangen werden, so ist unter den Voraussetzungen des § 43 Abs 1 StGB ein Teil der Strafe bedingt nachzusehen. Der nicht bedingt nachgesehene Teil der Strafe muss mindestens einen Monat und darf nicht mehr als ein Drittel der Strafe betragen (§ 43a Abs 3 StGB). Nach § 43 Abs 1 StGB ist eine Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von mindestens einem und höchstens drei Jahren bedingt nachzusehen, wenn anzunehmen ist, dass die bloße Androhung der Vollziehung alleine oder in Verbindung mit anderen Maßnahmen genügen werde, um den Rechtsbrecher von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, und es nicht der Vollstreckung der Strafe bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Dabei sind insbesondere die Art der Tat, die Person des Rechtsbrechers, der Grad seiner Schuld, sein Vorleben und sein Verhalten nach der Tat zu berücksichtigen.
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