Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Friedrich als Vorsitzenden sowie die Richterin Dr. Klammer und den Richter Mag. Melichar als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A*wegen der Verbrechen des Mordes nach §§ 15, 75 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Berufungen des Angeklagten sowie der Staatsanwaltschaft Feldkirch wegen des Ausspruchs über die Strafe sowie des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Geschworenengericht vom 17.3.2025, GZ **-80, nach der am 5.11.2025 in Anwesenheit der Schriftführerin Rp Mag. Unger, des Oberstaatsanwaltes Mag. Willam, des Privatbeteiligtenvertreters RAA Mag. Kraft-Kinz, Kzl. RAe Lorenz Strobl, in Substitution für RA Dr. Denifl, des Verteidigers RA MMMag. Dr. Giesinger, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten öffentlich durchgeführten Berufungsverhandlung am selben Tag zu Recht erkannt:
Den Berufungen wird n i c h t Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der ** geborene Angeklagte A* aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen der (zwei) Verbrechen des Mordes nach §§ 15, 75 StGB, des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG sowie des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG schuldig erkannt und nach § 75 StGB in Anwendung des § 28 Abs 1 StGB sowie gemäß §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 22.4.2024 zu ** zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von 14 Jahren und 8 Monaten sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.
Weiters wurde der Angeklagte gemäß § 366 Abs 2 erster Satz StPO iVm § 369 Abs 1 StPO zur Zahlung von jeweils EUR 3.060,-- samt 4 % Zinsen seit 18.3.2025 binnen 14 Tagen an die Privatbeteiligten B* und C* verpflichtet. Die beiden Privatbeteiligten wurden gemäß § 366 Abs 2 zweiter Satz StPO mit ihren darüber hinausgehenden privatrechtlichen Ansprüchen jeweils auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Nach dem Schuldspruch hat A* am 27.01.2024 in **
I. nachgenannte Personen vorsätzlich zu töten versucht, indem er eine Faustfeuerwaffe (Pistole im Kaliber 9 mm) zog und
II. in Tateinheit mit den unter I. dargestellten und ausgeführten Handlungen, wenn auch nur fahrlässig,
In den Entscheidungsgründen wird auf den deutlichen, vollständigen und widerspruchsfreien Wahrspruch der Geschworenen, welcher dem Urteil zugrunde gelegt wurde, verwiesen.
Bei der Strafzumessung wertete das Geschworenengericht unter Mitberücksichtigung der Verurteilung zu ** des Landesgerichtes Feldkirch den Umstand, dass die Verbrechen des Mordes und die Verbrechen der schweren Körperverletzung, die Verbrechen der schweren Nötigung und das Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch jeweils beim Versuch geblieben sind, als mildernd (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB). Mildernd wurden weiters das teilweise reumütige und zur Wahrheitsfindung beitragende Geständnis des Angeklagten (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB) sowie die Entschuldigung des Angeklagten in der Hauptverhandlung bei B* und C*, welche von den beiden Opfern auch angenommen wurde, berücksichtigt.
Erschwerend gewertet wurde die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen derselben oder verschiedener Art (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB), der Umstand, dass der Angeklagte bereits dreimal wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Tat verurteilt wurde (§ 33 Abs 1 Z 2 StGB), die teilweise Tatbegehung unter Einsatz einer Waffe (§ 33 Abs 2 Z 6 StGB), die teilweise Tatbegehung in Gesellschaft mit einem Mittäter (RIS-Justiz RS0090930, RS0118773), die teilweise Tatbegehung innerhalb der zu ** des Landesgerichtes Feldkirch aufrechten Probezeit (RIS-Justiz RS0111324), der teilweise rasche Rückfall (RIS-Justiz RS0091041, RS0091749), das grundsätzliche Vorliegen der Voraussetzungen der Strafschärfung bei Rückfall nach § 39 Abs 1 und Abs 1a StGB, wobei der erhöhte Strafrahmen hier aufgrund des letzten Satzes der jeweiligen Bestimmungen nicht anzunehmen sei, die teilweise Tatbegehung während anhängiger Ermittlungsverfahren sowie die schweren Verletzungen von B* und C* (§ 32 Abs 3 StGB).
Ausgehend davon erachtete das Geschworenengericht unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 22.4.2024 zu **, mit welchem der Angeklagte wegen der Verbrechen der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs 4 StGB, des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG, der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB, des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB, des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB und des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 Z 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 4 Monaten verurteilt worden war, eine Zusatzfreiheitsstrafe von 14 Jahren und 8 Monaten als schuld- und tatangemessen.
Der Zuspruch von jeweils EUR 3.000,-- als Teilschmerzengeld und jeweils EUR 60,-- als pauschale Unkosten samt 4 % Zinsen seit 18.3.2025 an die Privatbeteiligten B* und C* sei jedenfalls angemessen.
Die vom Angeklagten gegen dieses Urteil erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 4.9.2025 zu 14 Os 69/25s-8 zurückgewiesen und die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zur Entscheidung über die Berufungen zugeleitet.
Mit seiner Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe strebt der Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe auf ein schuld- und tatangemessenes Maß am unteren Ende des möglichen Strafrahmens an sowie die Verweisung der Privatbeteiligten mit ihren jeweils EUR 1.000,-- übersteigenden Forderungen auf den Zivilrechtsweg (ON 92.1).
Die Staatsanwaltschaft Feldkirch beantragt in ihrer Berufung, die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe angemessen zu erhöhen (ON 88).
Die Privatbeteiligten beantragen in ihren durch den gemeinsamen Vertreter erstatteten Gegenausführungen, der Berufung wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche keine Folge zu geben (ON 95).
Die Oberstaatsanwaltschaft vertritt in ihrer Stellungnahme die Ansicht, der Berufung des Angeklagten werde keine Folge zu geben sein, wohl aber jener der Staatsanwaltschaft.
Den Berufungen kommt keine Berechtigung zu.
Die vom Erstgericht vollständig und zutreffend erfassten besonderen Strafzumessungsgründe sind lediglich zum Nachteil des Angeklagten dahingehend zu präzisieren, dass die bei den beiden Opfern B* und C* jeweils tatsächlich eingetretenen schweren Verletzungen, die bei beiden zudem nicht nur an sich schwer, sondern auch jeweils mit mehr als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigungen verbunden waren, dem zu Recht angenommenen Milderungsgrund des Versuchs nach § 34 Abs 1 Z 13 zweiter Fall StGB einiges an Gewicht nehmen (RIS-Justiz RS0090934; Riffel in Höpfel/Ratz WK 2StGB § 34 Rz 30f).
Weder die Berufung des Angeklagten noch jene der Staatsanwaltschaft vermag weitere, vom Erstgericht nicht berücksichtigte besondere Strafzumessungsgründe zu benennen.
Dem Einwand in der Berufung der Staatsanwaltschaft, wonach das Erstgericht außer Acht gelassen habe, dass sich die Gewalt des Angeklagten gegen mehrere Opfer gerichtet habe und mehrere Opfer schwer verletzt worden seien, ist zu entgegnen, dass der Angeklagte dadurch, dass er mehrere Schüsse gegen zwei Personen abfeuerte, auch zwei Verbrechenstatbestände des Mordes nach §§ 15, 75 StGB verwirklichte. Dieser Umstand wurde vom Erstgericht bereits im Rahmen des besonderen Erschwerungsgrundes nach § 33 Abs 1 Z 1 StGB berücksichtigt (US 12).
Dem Argument in der Berufung des Angeklagten, wonach es einen besonderen Milderungsgrund darstelle, wenn der Täter die Tat unter Umständen begangen hat, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommen (§ 34 Abs 1 Z 11 StGB) oder die Tat aus Furcht verübt hat (§ 34 Abs 1 Z 4 StGB), ist zu entgegnen, dass dem Akteninhalt keine Anhaltspunkte für das Vorliegen von einer (Putativ-) Notwehrsituation auch nur nahekommenden Umständen zu entnehmen sind (vgl. OGH 14 Os 69/25s-8 RZ 5ff).
Mit der Forderung nach Berücksichtigung des Milderungsgrundes des § 34 Abs 1 Z 14 StGB mit dem Argument, der Angeklagte hätte in der Tatsituation die beiden Opfer leicht töten können, habe sich jedoch freiwillig der Zufügung noch größeren Schadens enthalten, verkennt der Angeklagte den gegen ihn ergangenen Schuldspruch nach §§ 15, 75 StGB. Die Verursachung eines „größeren Schadens“ hätte sich im Gegenteil bei der Strafzumessung nachteilig ausgewirkt.
Dass nicht nur die Verbrechen des Mordes, sondern auch die im Bedachtnahmeurteil genannten Verbrechen der schweren Körperverletzung, der schweren Nötigung sowie des Diebstahls durch Einbruch beim Versuch blieben, wurde vom Erstgericht bereits mildernd berücksichtigt (US 12).
Mit Blick auf die genannten Strafzumessungsgründe, den Unrechtsgehalt der Taten, die personale Täterschuld sowie die allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung nach § 32 StGB ist die vom Schwurgerichtshof als Zusatzfreiheitsstrafe zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 4 Monaten verhängte Strafe von 14 Jahren und 8 Monaten, woraus sich eine Gesamtfreiheitsstrafe von 18 Jahren errechnet, eine schuld- und tatangemessene Sanktion, die keiner Herabsetzung zugänglich ist, jedoch auch keiner Erhöhung bedarf.
Somit drangen die Strafberufungen des Angeklagten sowie der Staatsanwaltschaft nicht durch.
Der Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüchen kommt ebenfalls keine Berechtigung zu.
Der Angeklagte hat Privatbeteiligtenansprüche in Höhe von jeweils EUR 1.000,-- anerkannt (ON 79.1, Seite 14 und 16). Mit Blick auf die festgestellten Verletzungen der beiden Opfer und die damit notwendig gewordenen Therapien bestehen keine Bedenken gegen den Zuspruch eines Teilschmerzengeldbetrages in Höhe von jeweils EUR 3.000,-- sowie pauschaler Unkosten von jeweils EUR 60,-- samt 4% Zinsen seit 18.03.2025.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruch angeführte Gesetzesstelle.
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