Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Knapp, LL.M., als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Dr. Offer und Mag. Preßlaber als weitere Mitglieder des Senats in der Strafvollzugssache des A*wegen bedingter Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Vollzugsgericht vom 1.10.2025, GZ **-6, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Der Beschwerde wird n i c h t Folge gegeben.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO iVm § 17 Abs 1 Z 3 StVG).
Begründung :
Der ** geborene A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Innsbruck die über ihn zum Verfahren ** des Landesgerichts Innsbruck wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB verhängte Freiheitsstrafe von vier Jahren. Bedingte Entlassungen zum Hälftestichtag (am 14.7.2024) und zum Drittelstichtag (am 14.3.2025) wurden, zuletzt in beiden Instanzen, aus spezialpräventiven Gründen abgelehnt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss hat das Erstgericht einen selbständigen Antrag des Strafgefangenen auf bedingte Entlassung nach Verbüßung von mehr als zwei Drittel der Freiheitsstrafe abgelehnt und dies damit begründet, dass die von § 46 Abs 1 StGB geforderte Prognose nach wie vor nicht zu rechtfertigen sei. Dazu verwies das Erstgericht auf eingeholte Stellungnahmen des Psychologischen Dienstes der Justizanstalt Innsbruck vom 3.9.2025 (ON 3.6, 1 ff) und eine Äußerung der Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter (BEST) vom 2.9.2025 (ON 3.7). Zugunsten des Strafgefangenen hätte sich seit der Ablehnung der bedingten Entlassung zum Drittelstichtag im Verfahren AZ ** des Landesgerichts Innsbruck als Vollzugsgericht nichts geändert. Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB würden sich fallbezogen nach wie vor nicht anbieten (ON 6).
Gegen diesen Beschluss richtet sich eine rechtzeitige und schriftlich ausgeführte Beschwerde des Strafgefangenen, die darauf abzielt, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Bewilligung der bedingten Entlassung abzuändern. Argumentativ bringt der Strafgefangene darin vor, dass ihm zwar der Status eines Asyl- bzw subsidiär Schutzberechtigten entzogen worden sei, allerdings sei seine Abschiebung nach Afghanistan derzeit unzulässig. Er werde daher den Aufenthaltsstatut der Duldung bekommen. Fremdenrechtliche Maßnahmen wären damit nicht mehr ausstehend. Damit sei aber ein wesentliches Argument für die Verweigerung der bedingten Entlassung weggefallen, zumal das indizierte Entlassungssetting nunmehr durchführbar erscheine (ON 8).
Die Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft einer Stellungnahme enthalten hat, ist nicht im Recht.
§ 46 Abs 1 StGB schreibt die bedingte Entlassung frühestens nach der Hälfte vor, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB (Weisungen, Bewährungshilfe) anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Diese Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere der Art der Tat, des privaten Umfelds des Verurteilten, seines Vorlebens und seiner Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit ( Jerabek/Ropperin WK² StGB § 46 Rz 15/1). Dabei ist nach § 46 Abs 4 StGB auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe, insbesondere auch durch eine während des Vollzugs begonnene freiwillige Behandlung im Sinn von § 51 Abs 3 StGB, die der Verurteilte in Freiheit fortzusetzen bereit ist, eine Änderung der Verhältnisse, unter denen die Tat begangen wurde, eingetreten ist, oder durch Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB erreicht werden kann.
Beim derzeitigen Vollzug handelt es sich um die zweite Hafterfahrung des Strafgefangenen. Nach seiner bedingten Entlassung wurde er trotz Anordnung von Bewährungshilfe insgesamt zweimal rückfällig. Während der Haft unterzog sich der Strafgefangene vom 8.8.2023 bis zum 18.1.2024 einer freiwilligen Entwöhnungsbehandlung auf der Maßnahmenabteilung, von der er wegen einer Ordnungswidrigkeit abgelöst wurde. Daraufhin wurde eine Betreuung durch die B* organisiert. Es finden regelmäßige Gespräche statt. Zudem absolviert er regelmäßig Termine beim Psychiater.
Der Psychologische Dienst der Justizanstalt Innsbruck und die BEST attestieren dem Strafgefangenen in ihren aktuellen Stellungnahmen ein durchschnittliches Risiko für die Begehung eines neuerlichen Sexualdelikts und ein überdurchschnittliches Risiko für die Begehung neuerlicher Gewaltdelikte. Beide erachten ein Risikomanagement (Weisungen zur psychotherapeutischen Betreuung, psychiatrische Behandlung und regelmäßige Harnkontrollen) für den Fall bedingter Entlassung als notwendig und erforderlich, stellen dessen Umsetzbarkeit jedoch mit dem Hinweis auf allfällige fremdenrechtliche Maßnahmen in Frage.
Insoweit zeigt die Beschwerde im Ergebnis zutreffend auf, dass in Anbetracht der avisierten Duldung weitere fremdenrechtliche Schritte derzeit nicht absehbar sind. Allerdings ist die Aufführung des Strafgefangenen im Vollzug nach wie vor mangelhaft. Aus der Infomaske Ordnungsstrafverfahren ergeben sich selbst nach der rechtskräftigen Ablehnung der bedingten Entlassung zum Drittelstichtag mit Entscheidung dieses Beschwerdegerichts vom 12.2.2025 zu AZ 7 Bs 22/25f weitere zwei Ordnungswidrigkeiten im April 2025 und Mai 2025. Dies zeigt, dass der Strafgefangene nach wie vor nicht gewillt ist, sich an Regeln zu halten.
Bei einer gesamthaften Betrachtung dieser Prognosekriterien ist trotz der Besserungsbeteuerungen die Einschätzung des Erstgerichts, dass die von § 46 Abs 1 StGB geforderte Prognose, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, nach wie vor nicht zu rechtfertigen ist, zu teilen.
Wegen der fehlenden Normakzeptanz bieten sich Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB derzeit nicht an.
Damit musste die Beschwerde erfolglos bleiben.
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