Das Oberlandesgericht Innsbruck als Rekursgericht hat durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichts Dr. Prantl als Vorsitzende sowie die Richter des Oberlandesgerichts Mag. Eppacher und Mag. Schallhart als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei A* GmbH , FN **, vertreten durch Mähr Rechtsanwalt GmbH in Götzis, wider die beklagte Partei B*-Aktiengesellschaft , FN **, vertreten durch Dr. Herwig Mayrhofer, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen EUR 35.000, über den Kostenrekurs der beklagten Partei (Rekursinteresse [richtig] EUR 11.794,80), gegen die im Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 02.07.2025, **-14, enthaltende Kostenentscheidung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Dem Rekurs wird keine Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen zu Handen der Klagsvertretung die mit EUR 753,36 (darin enthalten EUR 125,56 an USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig .
Begründung:
Die Beklagte ist Haftpflichtversicherer einer insolventen Firma [im Folgenden: Firma oder Versicherungsnehmerin], die durch unsachgemäße Montage einer Photovoltaikanlage am Gebäude der Klägerin Schäden verursachte. Vorprozessual schrieb die Klägerin an die Beklagte am 11.09.2024, dass der Masseverwalter der Firma ihr Absonderungsrecht anerkannt habe und sie somit berechtigt sei, die daraus resultierenden Ansprüche geltend zu machen. Die Firma habe durch unsachgemäßes Bohren Schäden am Dach verursacht, welche vom früheren Geschäftsführer der Firma anerkannt worden seien. Die Klägerin forderte die Beklagte auf, den Schaden dem Grunde nach anzuerkennen. Im Betreff des Schreibens wird die Firma als Versicherungsnehmerin der Beklagten bezeichnet und die Polizzennummer angeführt. Am 01.10.2024 urgierte die Klägerin eine Rückmeldung. Die Beklagte antwortete am 02.10.2024, das Dach sei bereits von einer Fachfirma repariert und die Rechnung beglichen worden, weshalb der Schadenfall aus ihrer Sicht abgeschlossen sei. Dem entgegnete die Klägerin am 03.10.2024, dass es sich dabei offensichtlich um einen anderen Schaden handle und ersuchte um neuerliche Prüfung. Man sei davon ausgegangen, dass die Firma den Schaden der Klägerin gemeldet habe. Daraufhin bat die Beklagte um Bekanntgabe des genauen Schadendatums und des Schadens. Die Klägerin antwortete am selben Tag, dass an den Hallendächern wegen falscher Befestigung der Photovoltaikhalterungen Schäden entstanden seien. Der Wassereintritt sei der Firma im September 2022 gemeldet worden, welche bis zur Insolvenz an einer Sanierung gearbeitet habe. Auch ein Sachverständiger sei beauftragt worden. Die Klägerin bat erneut um Rückmeldung und urgierte nochmals am 24.10.2024. Am 25.10.2024 ersuchte die Beklagte um Übermittlung von Unterlagen zur Prüfung des Versicherungsschutzes. Die Klägerin übermittelte am 29.10.2024 alle ihre Unterlagen und wies darauf hin, dass allenfalls ein Termin mit einem Sachverständigen zu koordinieren sei. Auf die Bitte um Rückmeldung reagierte die Beklagte nicht mehr.
Von diesem Sachverhalt ist im Rekursverfahren auszugehen.
Mit der am 21.12.2024 eingelangten Klage begehrte die Klägerindie Feststellung, dass die Beklagte für sämtliche gegenwärtigen und zukünftigen Schäden, die durch die unsachgemäße Montage der Photovoltaikanlage durch die Firma am Gebäude der Klägerin entstanden seien und entstehen würden, gegenüber der Firma hafte. Sie brachte vor, die Beklagte sei Haftpflichtversicherer der Firma, welche Schäden am Gebäude der Klägerin durch unsachgemäße Montagearbeiten verursacht habe. Eine bis zur Insolvenzeröffnung der Firma versuchte Sanierung sei gescheitert. Der Masseverwalter habe das Absonderungsrecht der Klägerin hinsichtlich der Ansprüche gegen die Haftpflichtversicherung anerkannt. Es handle sich um einen Haftpflichtschaden, der durch die Versicherung bei der Beklagten gedeckt sei, weshalb die Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten gegenüber ihrer Versicherungsnehmerin begehrt werde, da die Klägerin keinen direkten Anspruch gegen die Beklage habe. Die Klägerin habe ein Absonderungsrecht nach § 157 VersVG. Die Feststellung der Deckungspflicht sei notwendig, um diesen Anspruch durchzusetzen. Es werde lediglich Deckung für Schäden und nicht für Mängel begehrt. Die Gerichtszuständigkeit ergebe sich aus dem allgemeinen Gerichtsstand des Versicherungsnehmers und dem besonderen Gerichtsstand für Versicherungsklagen nach § 93a JN. Mit Schriftsatz vom 01.04.2025 (ON 7) stützte die Klägerin die Zuständigkeit auch auf § 48 VersVG, da der Vertrag über einen Agenten der Beklagten in Vorarlberg zustandegekommen sei und modifizierte das Klagebegehren durch Ergänzung, dass die Beklagte aus dem abgeschlossenen Versicherungsvertrag mit der Firma hafte und die Haftung mit der Versicherungssumme begrenzt sei.
Mit ihrer Klagebeantwortungwandte die Beklagte die örtliche Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts ein, beantragte die Zurückweisung und die Abweisung der Klage und wandte weiter ein, aus dem Klagsvorbringen sei abzuleiten, dass die Sach- bzw Folgeschäden bereits eingetreten und bekannt seien, sodass ein Feststellungsbegehren nicht zulässig sei, sondern ein Zahlungsbegehren zu erheben wäre. Das Risiko weiterer Schäden vermöge ein Feststellungsinteresse nicht zu begründen. Nicht zuletzt aufgrund des Insolvenzverfahrens der Firma sei es der Beklagten bislang nicht möglich gewesen, die Anspruchsgrundlagen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen. Nach Prüfung könne unter der Bedingung, dass alle Voraussetzungen erfüllt seien, gegebenenfalls die Deckungspflicht außer Streit gestellt und Schäden liquidiert werden. Bei der Beklagten seien zwei verschiedene Schadenmeldungen eingegangen, eine nähere Prüfung sei bislang nicht möglich gewesen. Die Klage sei unschlüssig. Der von der Klägerin behauptete Feststellungsanspruch könne nur bestehen, wenn dem geschädigten Dritten der Deckungsanspruch als Befriedigungsobjekt entzogen zu werden drohe, etwa durch Verjährung oder Ablauf der Frist des § 12 Abs 3 VersVG oder wenn der Versicherer seine Eintrittspflicht verneine und der Versicherungsnehmer nichts unternehme. Keiner dieser Tatbestände liege vor, weshalb kein Feststellungsinteresse gegeben sei. Für das Vorliegen eines Versicherungsfalls sei der Versicherungsnehmer behauptungs- und beweispflichtig. Die Klägerin habe darzulegen, aufgrund welcher Versicherungsfälle Versicherungsschutz begehrt werde, was von der Klägerin nicht gemacht worden sei. Von der Versicherung nicht umfasst seien das Erfüllungssurrogat und Gewährleistungsansprüche. Aufgrund des nicht hinreichend spezifizierten Vorbringens der Klägerin werde eingewendet, dass auch reine Vermögensschäden nicht gedeckt seien. Der weitaus überwiegende von der Klägerin behauptete Schaden betreffe die Neuherstellung der Photovoltaikanlage. Dabei handle es sich um einen nicht deckungsfähigen Erfüllungsschaden. Der Umfang des Feststellungsbegehrens lasse sich nicht einordnen.
Nach der Klagsmodifikation anerkannte die Beklagte das Klagebegehren (ON 8) mit der Begründung, die Klägerin habe nun erstmalig eine taugliche Grundlage für die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts und ein grundsätzlich taugliches und schlüssiges Vorbringen erstattet, da auf den konkreten Versicherungsvertrag unter Nennung der Polizzennummer Bezug genommen werde. Es werde zutreffend vorgebracht, dass ausschließlich Deckung für jene Schäden begehrt werde, die unter den Versicherungsvertrag fielen. Die Frage, ob bzw welche Schäden deckungspflichtig zu übernehmen seien, werde bei einer allfällig künftigen Forderungsstellung zu klären sein. Die Beklagte habe die Klage bei erster Gelegenheit anerkannt. Dies sei zuvor nicht möglich gewesen. Sie sei vorprozessual lediglich aufgefordert worden, den Schaden dem Grunde nach anzuerkennen, wobei keine nachvollziehbare Schadendarstellung erfolgt sei und konkrete Unterlagen nicht vorgelegen seien. Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, einen nie schlüssig dargestellten Schaden dem Grunde nach anzuerkennen. Es werde daher Kostenzuspruch nach § 45 ZPO beantragt.
Das Erstgerichterließ über Antrag der Klägerin ein Anerkenntnisurteil, in welchem es die Beklagte ausgehend vom eingangs wiedergegebenen Sachverhalt nach § 41 ZPO zum Kostenersatz über EUR 7.041,86 verpflichtete. Die Beklagte habe die Klage vorprozessual veranlasst und nicht bei erster Gelegenheit anerkannt.
Das Anerkenntnisurteil erwuchs in der Hauptsache in Rechtskraft. Gegen die Kostenentscheidung richtet sich der rechtzeitige Rekurs der Beklagtenaus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Abänderungsantrag auf Zuspruch von EUR 4.752,94 nach § 45 ZPO für das erstinstanzliche Verfahren, womit sich richtigerweise ein Rekursinteresse von EUR 11.794,80 ergibt. Die Klägerin begehrt mit rechtzeitiger Rekursbeantwortung, dem Rechtsmittel den Erfolg zu versagen.
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Die Rekurswerberin argumentiert, sie sei vorprozessual lediglich aufgefordert worden, den Schaden dem Grunde nach anzuerkennen, nicht jedoch die Deckungspflicht für den Versicherungsnehmer beschränkt auf den konkreten Versicherungsvertrag anzuerkennen. Ein Schaden habe nicht anerkannt werden können, da nicht feststehe, ob ein solcher überhaupt eingetreten sei. Es sei nicht generell jeder Schaden deckungspflichtig, so seien etwa Erfüllungssurrogate von der Deckungspflicht ausgeschlossen. Dadurch, dass die Klägerin am 29.10.2024 sämtliche ihr zur Verfügung stehenden Unterlagen übermittelt und um Überprüfung und Rückmeldung ersuchte, habe sie die Unschlüssigkeit verstärkt. Im Verfahren habe die Klägerin die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts erstmals mit dem Schriftsatz ON 7 auf eine taugliche Grundlage gestützt. Bis dahin sei keine taugliche Grundlage für ein Anerkenntnis vorgelegen. Mit selbem Schriftsatz sei die Klägerin von ihrem Begehren, einen Schaden anzuerkennen, abgegangen und habe erstmalig eine Deckung aus dem Versicherungsvertrag gefordert. Diese fehlende Einschränkung habe eine Unschlüssigkeit des Begehrens bewirkt. Die Beklagte habe keine schrankenlose, über den Vertrag hinausgehende Deckungspflicht anerkennen müssen, deren Umfang nicht Gegenstand des Deckungsprozesses sei. Das erstmalig korrekt erhobene Begehren sei sofort anerkannt worden. Die Beklagte habe daher Anspruch auf Kostenersatz nach § 45 ZPO.
1. Zunächst kann auf die vom Erstgericht umfassend und zutreffend dargestellte Rechtslage nach § 500a ZPO verwiesen werden, welche an dieser Stelle nicht wiederholt werden muss. Wie das Erstgericht zutreffend herausgearbeitet hat, ist § 45 ZPO nur dann anwendbar, wenn
- der Beklagte zur Klagsführung keinen Anlass geboten hat und
- der Beklagte den Klagsanspruch unverzüglich anerkannt hat.
Nur wenn beide Voraussetzungen zusammentreffen, ist § 45 ZPO anwendbar, wofür der Beklagte behauptungs- und beweispflichtig ist (vgl M. Bydlinski in Fasching/Konecny³ II/1 § 45 ZPO, Rz 1 ff).
Entgegen der Ansicht der Rekurswerberin hat sie vorprozessual durch ihr Verhalten die Klagseinbringung veranlasst. Aus der vorprozessualen Korrespondenz ergibt sich schon beginnend mit dem ersten Anspruchsschreiben der Klägerin am 11.09.2024 klar, welche Forderung die Klägerin gegenüber der Beklagten erhob. Sie bezeichnete die Firma als Versicherungsnehmerin der Beklagten, führte die Polizzennummer der Haftpflichtversicherung an und erklärte, dass der Masseverwalter ihr Absonderungsrecht anerkannt habe. Mit der Aufforderung an die Beklagte, den Schaden dem Grunde nach anzuerkennen, war bereits zu diesem Zeitpunkt zweifelsfrei klar, was die Klägerin begehrt, nämlich das, was die Beklagte letztlich im Prozess anerkannte. Dass dies auch der Beklagten klar war, ergibt sich schon aus ihrer Antwort vom 02.10.2024, wonach der Schaden bereits abgewickelt sei. Es war aufgrund der weiteren Korrespondenz auch klar, dass es sich nicht um Erfüllungssurrogate oder Gewährleistungsansprüche handelte, da die Klägerin stets auf Schäden an ihrem Gebäude hinwies. Trotz des mehrfachen Ersuchens um Prüfung des Sachverhalts und Rückmeldung samt Übermittlung sämtlicher Unterlagen blieb die Beklagte untätig, sodass die Klägerin knapp zwei Monate später Klage erhob. Es ist dabei vorprozessual nicht notwendig, dass die Klägerin ihre Forderung im Sinne eines exekutierbaren Klagebegehrens ausformuliert. Es muss nur klar sein, was begehrt wird, was hier zweifelsfrei der Fall war. Die Beklagte kann sich nicht auf sprachliche Spitzfindigkeiten zurückziehen, um nach Untätigkeit in den Genuss des § 45 ZPO zu gelangen. Da die erste Voraussetzung für die Anwendung von § 45 ZPO nicht gegeben ist, muss nicht darauf eingegangen werden, ob die Beklagte den Anspruch im Prozess bei erster Gelegenheit anerkannte.
2. Die Kostenentscheidung im Rekursverfahren gründet auf §§ 50, 41 ZPO. Kostenersatz gebührt zwar zutreffend bei einem Streitwert von EUR 11.794,80, allerdings sind Kostenrekurse nur nach TP 3 A zu honorieren.
3. Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses ergibt sich aus § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.
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