Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch die Richterin Dr. Klammer als Vorsitzende sowie den Senatspräsidenten Mag. Friedrich und den Richter Mag. Melichar als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A* und B*wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und Abs 2 Z 1, 130 Abs 1 erster und zweiter Fall und Abs 3, 15 Abs 1 StGB über die Berufungen der Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Strafe gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 7.7.2025, GZ **-127, nach der am 8.10.2025 in Anwesenheit der Schriftführerin Rp Mag. Ölmez, des Oberstaatsanwaltes Mag. Willam, der Angeklagten und ihrer Verteidiger RiAA Mag. Plangg (Kanzlei RA Mag. Pöschl für A*) und RA Mag. Szabo (für B*) öffentlich durchgeführten Berufungsverhandlung am selben Tag zu Recht erkannt:
Den Berufungen wird (teilweise) F o l g e gegeben und die verhängte Freiheitsstrafe bei beiden Angeklagten auf jeweils drei Jahre h e r a b g e s e t z t .
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Der Schöffensenat erkannte A*, geboren am **, und B*, geboren am **, jeweils des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und Abs 2 Z 1, 130 Abs 1 erster und zweiter Fall und Abs 3, 15 Abs 1 StGB schuldig.
Nach dem Schuldspruch haben die Angeklagten gewerbsmäßig und im Rahmen einer kriminellen Vereinigung gemeinsam mit dem abgesondert verfolgten C* und einem weiteren unbekannten Mittäter („D*“) nachgenannten Personen fremde bewegliche Sachen in einem insgesamt EUR 5.000,-- übersteigenden Wert mit dem Vorsatz weggenommen bzw wegzunehmen versucht, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem sie zur Ausführung der Taten in Wohnstätten einbrachen, und zwar
Hiefür verhängte der Schöffensenat über die beiden Angeklagten jeweils nach § 130 Abs 3 StGB Freiheitsstrafen in der Dauer von jeweils vier Jahren und verurteilte sie gemäß § 369 Abs 1 StPO zur ungeteilten Hand zur Zahlung von EUR 600,-- an den Privatbeteiligten G* binnen 14 Tagen ab Rechtskraft des Urteils und gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens. Gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB wurden bei beiden Angeklagten die Vorhaftzeiten vom 22.3.2025, 02.00 Uhr, bis 7.7.2025, 11.35 Uhr, auf die ausgesprochenen Freiheitsstrafen angerechnet. Ein beim Erstangeklagten sichergestelltes Mobiltelefon wurde gemäß § 19a Abs 1 StGB konfisziert, sichergestellte Vermögenswerte mit Ausnahme jener Gegenstände, die den Opfern zugeordnet werden können und an diese zurückgegeben werden, gemäß § 20 Abs 1 StGB für verfallen erklärt. Die Anschlusserklärungen dreier Privatbeteiligter wurden gemäß § 67 Abs 4 Z 3 StPO zurückgewiesen.
Bei der Strafbemessung innerhalb des von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe reichenden Strafrahmens des § 130 Abs 3 StGB wurden bei beiden Angeklagten der bisher ordentliche Lebenswandel und der Umstand, dass die Taten mit ihrem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch stehen, das reumütige und umfassende Geständnis, das auch wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen habe, der Umstand, dass zwei Taten beim Versuch geblieben seien und die Sicherstellung eines Teils der Diebesbeute als mildernd gewertet. Erschwerend wirkten sich die zahlreichen Tatwiederholungen, die Tatbegehung in Gesellschaft von Mittätern sowie die mehrfache Qualifikation des Diebstahls, nämlich einerseits durch das deutliche Überschreiten der Wertgrenze von EUR 5.000,-- und andererseits die gewerbsmäßigen Tatbegehungen im Rahmen einer kriminellen Vereinigung und in Wohnstätten aus. Im Rahmen der allgemeinen Strafbemessungsgrundsätze des § 32 StGB berücksichtigte der Schöffensenat überdies schuldaggravierend, dass die Angeklagten lediglich zur Begehung von strafbaren Handlungen nach Österreich eingereist seien („kriminaltouristische Zwecke“).
Gegen dieses Urteil richten sich die sogleich nach der Verkündung angemeldeten und in der Folge schriftlich ausgeführten Berufungen der Angeklagten wegen der Aussprüche über die Strafe jeweils mit dem Antrag, diese herabzusetzen. Der Erstangeklagte beantragt darüber hinaus die (teilweise) bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe. Seine Berufung bringt vor, er habe die Tat aus achtenswerten Beweggründen im Sinne des besonderen Milderungsgrundes des § 34 Abs 1 Z 3 StGB begangen. Als er im Oktober 2024 von der Schwangerschaft seiner Lebensgefährtin und damit seiner bevorstehenden Vaterschaft erfahren habe, habe er Geld auftreiben wollen, um seinen zukünftigen Sorgepflichten nachkommen und die junge Familie versorgen zu können. Er habe seinen während der Untersuchungshaft im Juni 2025 geborenen Sohn nicht kennenlernen dürfen. Überdies reklamiert der Erstangeklagte den besonderen Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 6 StGB für sich, weil er lediglich als Chauffeur tätig gewesen sei, nie selbst die Wohnstätten betreten habe und somit in lediglich untergeordneter Weise an der Tat beteiligt gewesen sei. Die Wiederholung der strafbaren Handlungen gehe in der Qualifikation der gewerbsmäßigen Begehung auf und sei nicht zusätzlich als erschwerend zu werten. Die mehrfache Qualifikation sei vorliegend bereits in der Strafdrohung berücksichtigt. Da der Erstangeklagte eigenen Angaben zufolge lediglich EUR 4.000,-- bis EUR 5.000,-- aus der Beute erhalten habe, liege keine deutliche Überschreitung der Wertgrenze von EUR 5.000,-- vor. Der bisher ordentliche Lebenswandel hätte stärker gewichtet werden müssen.
Die Berufung des Angeklagten B* erachtet ebenso dessen bisherige Unbescholtenheit als zu wenig gewichtet. Den Tatwiederholungen stehe auf der anderen Seite der relativ kurze Tatzeitraum und der nur knapp über EUR 5.000,-- betragende Schaden gegenüber.
Die Oberstaatsanwalt vertritt in ihrer Stellungnahme die Ansicht, den Berufungen der Angeklagten werde nicht Folge zu geben sein.
Die Berufungen dringen (teilweise) durch.
Der Berufung des Erstangeklagten ist zunächst entgegen zu halten, dass „achtenswert“ im Sinne des besonderen Milderungsgrundes des § 34 Abs 1 Z 3 StGB Tatmotive nur dann sind, wenn sie auch einem rechtstreuen Menschen die Begehung einer mit dem Beweggrund in engem Zusammenhang und noch akzeptabler Relation stehenden Straftat nahelegen. Dazu können Vermögensdelikte zur sonst nicht möglichen Finanzierung notwendiger Medikamente oder elementarer Lebensbedürfnisse von Familienmitgliedern zählen ( Riffel in Höpfel/Ratz, WK² StGB § 34 Rz 10/1). Weshalb die elementaren Lebensbedürfnisse der erst noch zu gründenden Familie auf legale Weise nicht hätten bestritten werden können, legt die Berufung nicht dar. Keinesfalls steht die Begehung einer Serie von Einbrüchen in Wohnstätten im Rahmen einer kriminellen Vereinigung in akzeptabler Relation zur Sorge um die Erfüllung einer erst bevorstehenden Unterhaltspflicht.
Als untergeordnete Tatbeteiligung im Sinne des besonderen Milderungsgrundes des § 34 Abs 1 Z 6 StGB ist nur ein Verhalten strafmildernd, welches nach Art und Umfang für die Tatausführung nicht erheblich ist ( Riffel aaO Rz 16). Beim Erstangeklagten handelt es sich um den Chauffeur, der die Mittäter zum Zweck der Einbruchsdiebstähle mit einem dafür ausgeliehenen Fahrzeug zu den jeweiligen Tatorten brachte. Damit sicherte er als Lenker des jeweils bei den Tatangriffen verwendeten Tatfahrzeugs deren Durchführung, weshalb ein untergeordneter Tatbeitrag nicht angenommen werden kann.
Die über die Gewerbsmäßigkeit hinausgehende Tatwiederholung wurde zu Recht und ohne Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot erschwerend berücksichtigt (RIS-Justiz RS0099968 [T6], RS0130193 [T8]). Auch eine mehrfache Qualifikation der Tat liegt schon im Hinblick auf die Qualifikation des § 130 Abs 3 StGB in den Varianten des § 130 Abs 1 erster und zweiter Fall StGB vor. Einzuräumen ist den Berufungen in diesem Zusammenhang lediglich, dass den erstgerichtlichen Feststellungen ein jedenfalls deutliches Überschreiten der Wertgrenze von EUR 5.000,-- nicht zu entnehmen ist.
Zu entfallen hat die aggravierende Wertung der Tatbegehung in Gesellschaft von Mittätern, weil dieser Umstand bei Annahme der Qualifikation des Diebstahls im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach § 130 zweiter Fall StGB ohne Verletzung des Doppelverwertungsverbotes nicht gesondert als erschwerend berücksichtigt werden kann.
Der bisher ordentliche Lebenswandel der Angeklagten wurde ebenso bereits vom Schöffensenat berücksichtigt, wie ein reumütiges Geständnis, das auch zur Wahrheitsfindung wesentlich beitrug. Die Berücksichtigung generalpräventiver Aspekte bei der Strafbemessung ist mit den von § 32 StGB hiefür normierten Grundsätzen vereinbar, solange die verhängte Strafe die schuldangemessene Höhe nicht überschreitet (RIS-Justiz RS0090600).
Trotz der solchermaßen nur geringfügigen Änderung der Strafzumessungsgründe des Ersturteils erweisen sich die über die beiden Angeklagten verhängten Freiheitsstrafen im Hinblick auf deren bisherige Unbescholtenheit und qualifiziert geständige Verantwortung als etwas zu streng. Sie waren jeweils auf ein schuldangemessenes Maß von drei Jahren herabzusetzen. Die bedingte Nachsicht eines Teils der Freiheitsstrafe gemäß § 43a Abs 4 StGB kommt nicht in Betracht, weil angesichts des auf längere Zeit angelegten Zusammenschlusses der Angeklagten mit weiteren Mittätern zur gewerbsmäßigen Begehung von Einbruchsdiebstählen in Wohnstätten nicht von einer hohen Wahrscheinlichkeit künftigen Wohlverhaltens ausgegangen werden kann.
Der Ausgang des Berufungsverfahrens hat die im Spruch angeführten Kostenfolgen.
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