Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Friedrich als Vorsitzenden sowie den Richter Mag. Melichar und die Richterin Mag. Obwieser als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen Ing. A* wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch vom 4.9.2025, **-50, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Der Beschwerde wird n i c h t Folge gegeben.
Die über Ing. A* verhängte Untersuchungshaft hat aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit b StPO fortzudauern.
Dieser Beschluss ist gemäß § 175 Abs 5 StPO in seiner Wirksamkeit durch eine Haftfrist nicht mehr begrenzt.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).
BEGRÜNDUNG:
Die Staatsanwaltschaft Feldkirch führte zu ** ein Ermittlungsverfahren gegen den am ** geborenen Ing. A* wegen des Verdachtes des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB sowie des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 15, 146, 147 Abs 2 StGB und des Vergehens des falschen Vermögensverzeichnisses nach § 292a StGB.
Infolge einer gerichtlich bewilligten Festnahmeanordnung der Staatsanwaltschaft Feldkirch (ON 14) wurde Ing. A* am 2.5.2025 festgenommen (ON 20.2). Aufgrund eines Antrages der Staatsanwaltschaft Feldkirch (ON 1.5) und nach Vernehmung des Angeklagten im Sinn des § 173 Abs 1 StPO (ON 22) verhängte ein Haft- und Rechtsschutzrichter des Landesgerichtes Feldkirch über Ing. A* am 3.5.2025 die Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit b StPO (ON 23). Am 5.5.2025 trat der Angeklagte eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 7 Monaten aus der Verurteilung durch das Landesgericht Feldkirch vom 28.10.2024, rechtskräftig seit 5.3.2025, zu ** an (ON 28.2), aus welcher er am 20.8.2025 zu **, LG Feldkirch, bedingt entlassen wurde (ON 44).
Die Staatsanwaltschaft Feldkirch brachte am 21.8.2025 gegen Ing. A* zu ** des Landesgerichtes Feldkirch eine Anklageschrift ein (ON 45), mit welcher sie ihm zur Last legt:
„Er hat in ** und anderen Orten in **
im Zeitraum Anfang 2024 bis 02.05.2025 Bestandteile seines Vermögens beiseite geschafft und sein Vermögen wirklich verringert und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger geschmälert, indem er Kunden seines Einzelunternehmens „B*“ anwies, ihre Zahlungen auf von ihm angegebene, firmenfremde Konten zu überweisen sowie Geldbeträge von seinen österreichischen auf belgische Konten transferierte und von dem auf diese Weise beiseite geschafften Geld EUR 1.070.346,28 und CHF 102.900,00 (entspricht etwa EUR 109.074,00) für Glücksspiel ausgab sowie jedenfalls EUR 57.553,35 verschenkte, wodurch ein EUR 300.000,00 übersteigender Schaden in Höhe von jedenfalls EUR 460.699,75 entstand;
am 12.03.2025 mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Verfügungsberechtigte der C* AG durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung, und zwar zur Reparaturfreigabe des geleasten PKW der Marke ** zu verleiten versucht, indem er seinem Versicherungsbetreuer den wahren Zeitpunkt und Grund eines von ihm am 11.03.2025 verursachten Autounfalls und insbesondere den Umstand verschwieg, dass er zum Unfallszeitpunkt unter dem Einfluss von Kokain stand und dies von der Polizei festgestellt wurde, wodurch die C* AG in einem EUR 5.000,00 übersteigenden Betrag von EUR 48.392,39 am Vermögen geschädigt worden wäre.“
Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss wies die Erstrichterin den Enthaftungsantrag des Angeklagten ab, setzte die Untersuchungshaft aus dem bisherigen Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit b StPO fort und wies den Antrag des Angeklagten auf Fortsetzung der Untersuchungshaft in Form des elektronisch überwachten Hausarrests nach § 173a StPO ab.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Angeklagten mit welcher er in erster Linie die Annahme des Haftgrundes bekämpft und die Aufhebung der Untersuchungshaft beantragt (ON 51). Tatbegehungsgefahr liege nicht vor und sei faktisch ausgeschlossen. Durch die Eröffnung des Konkursverfahrens und die daraus resultierenden Informationen an die Gläubigerschutzverbände seien derartige oder ähnliche Tathandlungen ausgeschlossen, weil der Angeklagte keine Verfügungsmacht über Vermögen habe und schon aus diesem Grund keine vergleichbaren Taten begehen könne. Es fehle ihm jegliche Möglichkeit, über Konten und Vermögen zu verfügen oder Verträge abzuschließen. Auch der Verein D* empfehle in seinem Bericht die Fortsetzung der Untersuchungshaft in Form des elektronisch überwachten Hausarrests. In der Beschwerde beantragt der Angeklagte in eventu die Fortsetzung der Untersuchungshaft in Form des elektronisch überwachten Hausarrestes gemäß § 173a Abs 1 StPO. Sämtliche Voraussetzungen dafür lägen nach dem Bericht des Vereins D* (ON 48) vor. Dadurch werde „auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Genüge getan“. Die Rechtswidrigkeit seines Handelns sei dem Angeklagten durch die zwischenzeitlich verbüßte Strafe bereits vor Augen geführt worden, sodass er zukünftig keine weitere rechtswidrige Handlung mehr begehen werde.
Die Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft einer Stellungnahme enthielt, dringt nicht durch.
Das Oberlandesgericht bejaht den dringenden Verdacht zu den dem Angeklagten mit der Anklageschrift angelasteten strafbaren Handlungen. Es besteht daher der dringende Verdacht, der Angeklagte habe das Verbrechen der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2 StGB sowie das Vergehen des schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 2 StGB begangen.
Dieser dringende Verdacht, welcher von der Beschwerde nicht bestritten wird, ergibt sich aus der detaillierten Sachverhaltsdarstellung des Masseverwalters im Konkursverfahren über das Vermögen des Angeklagten (ON 2) samt damit vorgelegten zahlreichen Beilagen, den Ermittlungsergebnissen des Landeskriminalamtes ** in mehreren Berichten (ON 12, 19, 25, 32, 35, 37 und 40), den Ergebnissen der E Registerabfragen, S-Registerabfragen sowie Kontenregisterauskünften in Zusammenschau mit der weitgehend geständigen Verantwortung des Angeklagten. Die subjektive Tatseite ergibt sich aus einer lebensnahen Betrachtung des äußeren Tatgeschehens.
Ausgehend vom dringenden Tatverdacht droht dem Angeklagten nach § 156 Abs 2 StGB eine Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren.
Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit b StPO liegt vor, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen die Gefahr besteht, der Beschuldigte werde auf freiem Fuß ungeachtet des wegen einer mit mehr als 6 Monaten Freiheitsstrafe bedrohten Straftat gegen ihn geführten Strafverfahrens eine mit Strafe bedrohte Handlung mit nicht bloß leichten Folgen begehen, die gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet ist, wie die ihm angelastete mit Strafe bedrohte Handlung, wenn er entweder wegen einer solchen Straftat bereits verurteilt worden ist oder wenn ihm nunmehr wiederholte oder fortgesetzte Handlungen angelastet werden.
Bei den dem Angeklagten in der Anklageschrift vorgeworfenen Delikten handelt es sich jedenfalls um strafbare Handlungen mit nicht bloß leichten Folgen. Der Angeklagte wurde in Österreich bereits zweimal gerichtlich verurteilt. Mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 28.10.2024, **, wurde über ihn wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 21 Monaten verhängt, wobei ein Teil der Freiheitsstrafe im Ausmaß von 14 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Gegenstand dieser Verurteilung waren betrügerische Handlungen des Angeklagten im Zusammenhang mit seinem Einzelunternehmen „B*“ im Zeitraum Oktober 2020 bis 12.1.2023. Mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 5.6.2025, **, wurde der Angeklagte wegen des Vergehens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 3 SMG, 15, 12 zweiter Fall StGB und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster, zweiter und achter Fall, Abs 2 SMG schuldig erkannt und hiefür zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 3 Monaten verurteilt. Der Vollzug dieser Strafe wurde gemäß § 39 Abs 1 SMG für die Dauer von zwei Jahren aufgeschoben. Auf letztere Verurteilung wäre im Fall einer Verurteilung gemäß §§ 31, 40 StGB Bedacht zu nehmen.
Die bestimmten Tatsachen, aufgrund derer die in § 173 Abs 2 Z 3 StPO beschriebene Gefahr besteht, können auch in den angelasteten Handlungen liegen, wenn diese von solcher Art sind, dass dadurch nicht lediglich die bloße Möglichkeit eines Rückfalls begründet wird (RIS-Justiz RS0108876). Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die in diesem Verfahren vorgeworfenen Tathandlungen nach der dringenden Verdachtslage über einen längeren Zeitraum und zum Teil während anhängigen Strafverfahrens zu ** Landesgericht Feldkirch begangen wurden und auch in raschem Rückfall nach Rechtskraft der Verurteilung zu genanntem Verfahren fortgesetzt wurden. Dies in Verbindung mit der prekären finanziellen Situation des Angeklagten und der von ihm zugestandenen Spielsucht begründet die Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit b StPO. Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist die Begehung von Vermögensdelikten nicht faktisch ausgeschlossen. Warum dies so sein sollte, vermag die Beschwerde nicht schlüssig darzutun. Allfällige weitere Vermögensdelikte sind außerhalb der Justizanstalt insbesondere mittels Telefon bzw. elektronischer Medien weitaus leichter zu bewerkstelligen, als in der Justizanstalt.
Die Tatbegehungsgefahr kann auch durch Anwendung gelinderer Mittel (§ 173 Abs 5 StPO) nicht hintangehalten werden. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf die vom Angeklagten mehrfach an den Tag gelegte hohe kriminelle Energie zu verweisen. Die Fortdauer der durch einen Zwischenvollzug von dreieinhalb Monaten unterbrochenen Untersuchungshaft ist angesichts der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe nicht unverhältnismäßig, zumal die Hauptverhandlung bereits für den 22.10.2025 anberaumt ist (ON 1.27).
Eine Änderung der Verhältnisse, unter denen der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegten Taten begangen hat, ist nicht ersichtlich.
Zur Beschwerde gegen die Ablehnung des elektronisch überwachten Hausarrestes:
Gemäß § 173a Abs 1 StPO kann auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder des Beschuldigten die Untersuchungshaft als Hausarrest fortgesetzt werden, der in der Unterkunft zu vollziehen ist, in welcher der Beschuldigte seinen inländischen Wohnsitz begründet hat. Die Anordnung des Hausarrests ist zulässig, wenn die Untersuchungshaft nicht gegen gelindere Mittel aufgehoben, der Zweck der Anhaltung aber auch durch diese Art des Vollzugs der Untersuchungshaft erreicht werden kann, weil sich der Beschuldigte in geordneten Lebensverhältnissen befindet und er zustimmt, sich durch geeignete Mittel der elektronischen Aufsicht (§ 156b Abs 1 und 2 StVG) überwachen zu lassen. Da einer der wesentlichen Zwecke der Untersuchungshaft ist, dem oder den Haftgründen entgegenzuwirken, ist praktisch nur in seltenen Fällen vorstellbar, dass die Zwecke der Untersuchungshaft auch durch den elektronisch überwachten Hausarrest erreicht werden können. Wenn aufgrund bestimmter Tatsachen die Gefahr besteht, der Beschuldigte werde auf freiem Fuß eine Tat begehen und wenn die Zwecke der Untersuchungshaft auch nicht durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden können, so kann dieser Gefahr in aller Regel auch durch den elektronisch überwachten Hausarrest nicht wirksam begegnet werden ( Kirchbacher/Rami in Fuchs/Ratz , WK-StPO § 173a Rz 3).
In Anbetracht der genannten Umstände, die zur Annahme des Haftgrunds der Tatbegehungsgefahr führen, der Intensität dieses Haftgrundes, der Dringlichkeit des Tatverdachtes und der Schwere der dem Beschuldigten zur Last gelegten Taten ist ein überwachter Hausarrest nicht geeignet, den Zweck der Anhaltung zu erreichen. Der Hausarrest vermag gegenständlich jedenfalls der Tatbegehungsgefahr nicht zu begegnen, zumal der Beschuldigte von zu Hause aus unbeschränkte Kommunikationsmöglichkeiten sowohl telefonisch als auch auf elektronischem Wege zur Verfügung hätte, zur Begehung von Vermögensdelikten das Verlassen der eigenen Wohnung nicht notwendig ist und der Beschuldigte auch nicht daran gehindert werden könnte, Kontakt mit anderen Personen - allenfalls über das Internet - aufzunehmen, um neuerlich Vermögensdelikte zu begehen.
An dieser Einschätzung vermögen weder der für den Angeklagten positive Bericht des Vereins D* (ON 48) noch die in der Beschwerde angesprochenen persönlichen und familiären Umstände des Angeklagten etwas zu ändern.
Der darauf abzielende Antrag des Beschuldigten wurde daher zu Recht abgewiesen.
Der Beschwerde konnte somit kein Erfolg zukommen.
Aufgrund der eingebrachten Anklageschrift ist die Wirksamkeit dieses Beschlusses durch eine Haftfrist nicht mehr begrenzt.
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