Das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungs- und Rekursgericht hat durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichts Dr. Prantl als Vorsitzende sowie die Richter des Oberlandesgerichts Mag. Schallhart und Mag. Tögel als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei A* , durch Summer Schertler Kaufmann Rechtsanwälte GmbH, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, wider die beklagte Partei B* Limited , vertreten durch CERHA HEMPEL Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, wegen (eingeschränkt) EUR 14.419,53 s.A., über die Berufung der beklagten Partei (Berufungsinteresse EUR 14.419,53) gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 07.07.2025, **-16, und den Rekurs der klagenden Partei (Rekursinteresse EUR 816,54) gegen die darin enthaltene Kostenentscheidung in nichtöffentlicher Sitzung
I. zu Recht erkannt:
Der Berufung wird keine Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen der Klagsvertreterin binnen 14 Tagen die mit EUR 1.696,02 (darin enthalten EUR 282,67 an USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Die Revision ist nicht zulässig.
II. beschlossen:
Dem Kostenrekurs der klagenden Partei wird Folge gegeben und die angefochtene Kostenentscheidung dahin abgeändert, dass diese insgesamt zu lauten hat wie folgt:
„3. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen der Klagsvertretung binnen 14 Tagen die mit 3.511,32 (darin enthalten EUR 483,58 an USt und EUR 609,84 an Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz zu ersetzen.“
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen der Klagsvertreterin binnen 14 Tagen die mit EUR 270,19 (darin enthalten EUR 45,03 an USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin erlitt bei auf der Website der Beklagten zwischen 04.11.2011 und 21.03.2018 privat von Österreich aus gespielten Glücksspielen einen Verlust von EUR 12.188,71 und AUD 3.633,79 (wobei letzterer Betrag EUR 2.230,82 entspricht) erlitten. Die Beklagte verfügt über keine Konzession nach dem österreichischen Glücksspielgesetz.
Der Kläger begehrt die bereicherungsrechtliche Rückzahlung der Spielverluste aufgrund der Nichtigkeit der Glücksspielverträge nach dem Glücksspielgesetz.
Die Beklagte wendet ein, die Verträge seien wegen Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielgesetzes gültig. Das österreichische Glücksspielmonopol sei inkohärent und allfällige Zinsansprüche seien verjährt.
Das Erstgericht gab der Klage mit der Begründung statt, die Glücksspielverträge seien nach dem Glücksspielgesetz nichtig und rückabzuwickeln.
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Berufung der Beklagten aus den Rechtsmittelgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Abänderungsantrag auf Klagsabweisung (unter anderem nach Verfahrensergänzung), eventualiter wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Klägerin begehrt mit rechtzeitiger Berufungsbeantwortung, der Berufung den Erfolg zu versagen.
Mit seinem Kostenrekurs strebt der Kläger einen weiteren Kostenersatz iHv EUR 816,54 an. Die Beklagte hat keine Kostenrekursbeantwortung erstattet.
Die Berufung, über die in nicht öffentlicher Sitzung entschieden werden konnte (§ 480 Abs 1 ZPO), ist nicht berechtigt.
Dem Kostenrekurs kommt Berechtigung zu.
I. Zur Berufung der Beklagten:
In der Verfahrens- und Rechtsrüge vermisst die Berufungswerberin Feststellungen zu den Auswirkungen des österreichischen Glücksspielmonopols und zur Einhaltung der Kohärenzkriterien durch den österreichischen Monopolisten, wozu Beweise vorgelegt und ein Gutachten aus dem Bereich Marketing und Werbung beantragt worden seien. Es fehlten Feststellungen zu den Auswirkungen des Glücksspielmonopols. Ein Verweis auf andere Gerichtsentscheidungen sei unzulässig, da es sich um keine reine Rechtsfrage handle. Bei Durchführung eines Beweisverfahrens hätte sich ergeben, dass die Beklagte gegen keine Schutzgesetze verstoßen habe und die Verträge rechtsgültig seien. Die Werbemaßnahmen des österreichischen Monopolisten verstießen gegen die Kohärenzkriterien. Das österreichische Glücksspielgesetz gewährleiste keinen effektiven Spielerschutz und sei verfassungswidrig. Das Glücksspiel sei daher nicht illegal. Die Berufungswerberin regt die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens zur Frage der Zulässigkeit des Eingriffs in den freien Dienstleistungsverkehr an.
1. Grundsätzlich kann auf die rechtlichen Ausführungen des Erstgerichts verwiesen werden, welches die einschlägige Rechtsprechung umfassend dargelegt und auf den gegenständlichen Sachverhalt zutreffend angewandt hat (§ 500a ZPO).
2. Der Oberste Gerichtshof hat im Einklang mit der Rechtsprechung der beiden anderen österreichischen Höchstgerichte auf Basis der einschlägigen Judikatur des EuGH in ständiger und bis heute aktueller Judikatur ausgesprochen, dass das österreichische System der Glücksspielkonzessionen einschließlich der Werbemaßnahmen der Konzessionäre nach gesamthafter Würdigung aller tatsächlichen Auswirkungen auf den Glücksspielmarkt allen vom EuGH aufgezeigten Vorgaben entspricht und nicht gegen Unionsrecht verstößt (RS0130636, 6 Ob 33/25h uva).
Entgegen der Ansicht der Berufungswerberin ist es Gerichten nicht verwehrt, sich auf Vorentscheidungen höherer Gerichte zu berufen (vgl etwa 1 Ob 179/23i). Damit kann die höchstgerichtliche Judikatur, die sich mit weitgehend gleich gelagerten Sachverhalten zu befassen hatte, auch hier fruchtbar gemacht werden. Dem Ersturteil haften keine sekundären Feststellungsmängel an, weil die Werbemaßnahmen der Konzessionäre bereits unter Zugrundelegung ähnlicher Argumente, wie sie von der Beklagten ins Treffen geführt werden, einer Prüfung unterzogen und für nicht zutreffend qualifiziert wurden. Dementsprechend liegt auch kein Verfahrensmangel vor. Auf Basis der zitierten Judikatur ist geklärt, dass § 3 GSpG nicht im Widerspruch zu Art 56 AEUV steht. Neue Umstände, aufgrund derer die Beurteilung der Kohärenz für den hier zu beurteilenden Zeitraum nicht aufrecht erhalten werden könne (RS0129945), vermochte die Beklagte nicht aufzuzeigen.
3. Die Anregung auf Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens ist nicht aufzugreifen. Die relevanten Prüfkriterien wurden vom EuGH bereits ausreichend festgelegt (vgl 5 Ob 177/24a ua), und begründet die Nichtvorlage keine Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 3 ZPO. Ob die Voraussetzungen für die Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH vorliegen, ist ausschließlich von Amts wegen zu prüfen (RS0058452).
4. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens gründet auf §§ 50, 41 Abs 1 ZPO.
5. Zur Frage der Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielgesetzes liegt umfangreiche aktuelle Judikatur des Obersten Gerichtshofs vor, weshalb die Voraussetzungen nach § 502 Abs 1 ZPO nicht vorliegen.
II. Zum Kostenrekurs des Klägers:
1. Der Kläger moniert, dass für den Schriftsatz vom 23.12.2024 keine Kosten zugesprochen worden seien, obwohl diese sowohl im Kostenverzeichnis als auch auf dem Schriftsatz verzeichnet und von der Beklagten keine Einwendungen dagegen erhoben worden seien.
2.Wie vom Kläger im Rekurs aufgezeigt wurde der Schriftsatz vom 23.12.2024 in seinem Kostenverzeichnis iSd § 54 Abs 1 ZPO (dort als aufgetragener Schriftsatz vom 20.12.2024) verzeichnet. Einwände iSd § 54 Abs 1a ZPO wurden von Seiten der Beklagten keine erhoben.
3. Der Kostenentscheidung des Erstgerichtes ist nicht zu entnehmen, dass dieses den Schriftsatz vom 23.12.2024 nicht honorieren wollte. Vielmehr hat das Erstgericht die Kostenentscheidung selbst damit begründet, dass keine Einwände erhoben wurden, und auch keine offenkundigen von Amts wegen wahrzunehmende Unrichtigkeiten vorlagen. Das Erstgericht bezieht sich (siehe Pkt 2.3. zur Phasenberechnung) dabei sogar auf den schlussendlich nicht honorierten Schriftsatz vom 23.12.2024. Dies zeigt, dass der rekursgegenständliche Schriftsatz durch ein Versehen des Erstgerichts keine abschließende Berücksichtigung in dessen Kostenentscheidung fand.
Die angefochtene Kostenentscheidung ist daher dahin abzuändern, dass dem Kläger ein um EUR 816,54 brutto erhöhter Kostenersatz von insgesamt EUR 3.511,32 gebührt.
4. Da der Kläger mit seinem Rekurs durchgedrungen ist, hat ihm die Beklagte gemäß §§ 50, 41 Abs 1 ZPO iVm § 11 Abs 1 RATG die korrekt verzeichneten Kosten des Rekursverfahrens iHv EUR 270,19 (inkl. EUR 45,03 an USt) zu ersetzen.
5.Der absolute Rechtsmittelausschluss ergibt sich aus § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.
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