Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Knapp, LL.M., als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Dr. Offer und Mag. Preßlaber als weitere Mitglieder des Senats in der Strafsache gegen A*wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB über den Einspruch des Genannten gegen die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Feldkirch vom 26.6.2025, AZ ** (= GZ **-12 des Landesgerichts Feldkirch), in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Der Einspruch wird a b g e w i e s e n .
Die Anklageschrift ist r e c h t s w i r k s a m .
Gegen diese Entscheidung steht ein Rechtsmittel nicht zu (§ 214 Abs 1 letzter Halbsatz StPO).
Begründung:
Mit oben angeführter und am selben Tag beim Landesgericht Feldkirch als Schöffengericht eingebrachter Anklageschrift legt die Staatsanwaltschaft Feldkirch A* zur Last, erhabe am 8.10.2024 als zur Vornahme wiederkehrender Begutachtungen gemäß § 57a KFG Ermächtigter, somit als Beamter, mit dem Vorsatz, den Staat in seinem Recht auf Ausschluss nicht verkehrs- und betriebssicherer sowie umweltverträglicher Fahrzeuge von der Teilnahme am Straßenverkehr sowie die Fahrzeuglenkerin B* und andere Verkehrsteilnehmer in ihrem Recht auf Sicherheit zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte, nämlich die Begutachtung von Fahrzeugen gemäß § 57a KFG vorzunehmen, in der Begutachtungsstelle A*, **, wissentlich missbraucht, indem er für den nicht den Vorgaben entsprechenden PKW der B* der Marke **, FIN **, amtliches Kennzeichen **, entgegen § 10 Abs 3a Prüf- und Begutachtungsstellenverordnung (PBStV) eine den rechtlichen Vorgaben entsprechende Prüfung des Fahrzeuges durch unvertretbare Missachtung zwingender Vorgaben unterließ und ein positives Prüfgutachten (Nr. **) nach § 57a Abs 4 KFG samt Begutachtungsplakette (**) ausstellte, obwohl er wusste, dass das Fahrzeug aufgrund vorhandener schwerer Mängel, und zwar massiven Durchrostungen und einer nicht funktionsfähige Scheibenwaschanlage nicht den Erfordernissen der Verkehrs- und Betriebssicherheit entsprach.
Diesen Sachverhalt subsumierte die Staatsanwaltschaft dem Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB.
Zum näheren, der Anklage zugrunde liegenden Sachverhalt und zu den beweiswürdigenden Erwägungen der Anklagebehörde wird zur Vermeidung einer bloß referierenden Wiederholung auf die Begründung der dem Angeklagten bekannten Anklageschrift identifizierend verwiesen (ON 12, 2ff; RIS-Justiz RS0124017).
Gegen diese richtet sich ein rechtzeitiger, vom Angeklagten selbst verfasster Einspruch, der sich mit der Behauptung, „dass der Sachverhalt nicht hinreichend geklärt“ sei, auf den Einspruchsgrund des § 212 Z 3 StPO stützt (ON 16).
Die Oberstaatsanwaltschaft vertritt in ihrer schriftlichen Stellungnahme, zu welcher sich der Angeklagte nicht äußerte, den Standpunkt, dass dem Einspruch keine Berechtigung zukommt.
Der Einspruch ist nicht berechtigt.
Gemäß § 212 StPO hat das Oberlandesgericht im Einspruchsverfahren zu prüfen, ob 1. die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat mit gerichtlicher Strafe bedroht ist oder sonst ein Grund vorliegt, der die Verurteilung des Angeklagten aus rechtlichen Gründen ausschließt, 2. Dringlichkeit und Gewicht des Tatverdachts trotz hinreichend geklärten Sachverhalts nicht ausreichen, um eine Verurteilung des Angeklagten auch nur für möglich zu halten und von weiteren Ermittlungen eine Intensivierung des Verdachts nicht zu erwarten ist, 3. der Sachverhalt nicht so weit geklärt ist, dass eine Verurteilung des Angeklagten naheliegt, 4. die Anklageschrift sonst an wesentlichen formellen Mängeln leidet (§ 211 StPO), 5. die Anklageschrift ein für die angeklagte Straftat sachlich nicht zuständiges Gericht anruft, 6. die Anklageschrift ein örtlich nicht zuständiges Gericht anruft, 7. der nach dem Gesetz erforderliche Antrag eines hiezu Berechtigten fehlt oder 8. die Staatsanwaltschaft das Verfahren zu Unrecht nachträglich gemäß § 205 Abs 2 StPO oder nach § 38 Abs 1 oder 1a SMG fortgesetzt hat.
Entgegen dem unsubstantiierten Vorbringen des Einspruchswerbers ist der Sachverhalt fallbezogen soweit geklärt, dass seine Verurteilung nahe liegt. Dazu muss bei Gegenüberstellung der belastenden und der entlastenden Indizien und unter Berücksichtigung etwaiger durch die Verfahrens- oder Beweisergebnisse indizierter Strafaufhebungs- und Strafausschließungsgründe mit einfacher Wahrscheinlichkeit ein Schuldspruch zu erwarten sein. Wenn die Ermittlungen so weit gediehen sind, dass sie die Anordnung einer Hauptverhandlung rechtfertigen, weil alle relevanten Beweismittel so vorbereitet sind, dass sie in der Hauptverhandlung ohne wesentliche Verzögerung unmittelbar durchgeführt werden können, liegt der genannte Einspruchsgrund nicht vor ( Birklbauer in Fuchs/Ratz, WK StPO § 212 Rz 15, 16).
Anders als die dem erkennenden Gericht vorbehaltene endgültige Wertung der Beweise, beschränkt sich die Würdigung seitens des Oberlandesgerichtes darauf, ob daraus ein die Anklage rechtfertigender Verdacht ableitbar ist. Dabei ist die Beweisfrage durch das Einspruchsgericht nur so weit zu lösen, wie die Prüfung der Zulässigkeit der Anklage dies erfordert, nämlich im Hinblick auf das Vorliegen eines bloß einfachen Tatverdachtes. Dem Einspruchsgericht ist es dagegen verwehrt, die Beweisergebnisse im Einzelnen und/oder in ihrer Gesamtheit weitergehend auszuwerten und insbesondere seine eigene Überzeugung auszudrücken (
Gegenständlich wurden sowohl der – eine Tatbegehung leugnende – Angeklagte als Beschuldigter (ON 10.5 und 10.6) als auch die Zulassungsbesitzerin (ON 10.7) und deren sich um „Fahrzeugangelegenheiten“ sorgende Mann (ON 10.8) als Zeugen vernommen und überdies ein Sachverständigengutachten aus dem Bereich Verkehr und Fahrzeugtechnik (ON 7) eingeholt. Die gegen den Angeklagten und für eine Anklageerhebung ausreichende Verdachtslage ergibt sich in erster Linie aus dem von der Staatsanwaltschaft eingeholten Sachverständigengutachten vom 12.4.2025. Der Sachverständige gelangte nach der am 28.3.2025 stattgefundenen Befundaufnahme – soweit relevant – zur Einschätzung, dass der in Rede stehende PKW der Marke **, FIN: **, amtliches Kennzeichen **, zum Zeitpunkt der am 8.10.2024 vom Angeklagten durchgeführten § 57a KFG-Begutachtung aufgrund – bereits zu diesem Zeitpunkt – erkennbarer schwerer Mängel im Sinne der Prüf- und Begutachtunsstellenverordnung (PBStV), nämlich angesichts der nicht funktionsfähigen Scheibenwaschanlage und der bereits zu diesem Zeitpunkt vorgelegenen (massiven) Durchrostungen des Radhauses im hinteren links- und rechtsseitigen Bereich, der Reserveradmulde, des linken und rechten Seitenschwellers sowie des Bodens, sich mit Sicherheit nicht in einem verkehrs- und betriebssicheren Zustand befunden habe, wobei der Sachverständige in diesem Zusammenhang auch die seit dem Tatzeitpunkt (8.10.2024) bis zur Befundaufnahme (28.3.2025) verstrichene Zeit von 171 Tagen und die in dieser Zeit vom inkriminierten Fahrzeug zurückgelegte Gesamtwegstrecke von 18.254 km mitberücksichtigte und letztlich darlegte, dass selbst für den Fall, dass die Durchrostungen noch nicht in der nunmehrigen Form vorgelegen wären, derartige als schwere Mängel zu beurteilende Durchrostungen mit Hilfe einer „Klangprobe“ ermittelt und festgestellt hätten werden können (ON 7).
Der Verdacht hinsichtlich der subjektiven Tatseite stützt sich auf eine lebensnahe Betrachtung des äußeren Tatgeschehens.
Der Sachverhalt, aus dem der erforderliche Tatverdacht gegen den Einspruchswerber abzuleiten ist, wurde von der Staatsanwaltschaft nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens aktenkonform, nachvollziehbar und formell mängelfrei dargestellt. Aufgrund der bisherigen Ermittlungsergebnisse ist von einem ausreichend geklärten Sachverhalt und von einer einfachen Verurteilungswahrscheinlichkeit wegen der dem Angeklagten vorgeworfenen Tat auszugehen. Daran vermögen auch dessen Depositionen, wonach aufgrund der hohen Kilometerleistung in den Wintermonaten sowie Salz und Nässe eine schnellere – zum Zeitpunkt der Begutachtung nicht vorhandene bzw. für ihn nicht erkennbare – Durchrostung stattfinden habe können (ON 10.6, 4), sowie die beweiswürdigenden Erwägungen im Abschlussbericht (ON 10.2, 4: „Entlastende Hinweise“) nichts zu ändern. Dem Angeklagten bleibt es unbenommen, in der Hauptverhandlung ohne wesentliche Verzögerungen entsprechende Fragen an den Sachverständigen und/oder Beweisanträge zu seiner Verteidigung zu stellen.
Ob sich dieser Verdacht in der Hauptverhandlung zu einem Schuldnachweis verdichten lässt, hat das Einspruchsgericht nicht zu prüfen. Die Klärung der Schuldfrage obliegt vielmehr dem mit erhöhten Garantien ausgestatteten erkennenden Gericht, das die Tatfrage in freier Würdigung der Beweise nach Abführung der in der Hauptverhandlung vorgekommenen Beweise zu beurteilen haben wird.
Die Anklageschrift ruft das sachlich und örtlich zuständige Landesgericht Feldkirch als Schöffengericht an (§ 31 Abs 3 Z 6 StPO iVm § 36 Abs 3 StPO). Sie leidet auch an keinen formellen Mängeln iSd § 212 Z 4 StPO. Weil demnach insgesamt weder der vom Angeklagten geltend gemachte noch sonstige vom Oberlandesgericht geprüfte ( Hinterhofer/Oshidari, System des österreichischen Straverfahrens RZ 8.31) Einspruchsgründe iSd § 212 StPO vorliegen, war der Einspruch abzuweisen und die Rechtswirksamkeit der Anklageschrift festzustellen (§ 215 Abs 6 StPO).
Verbleibt letztlich anzumerken, dass das Gesetz die vom Einspruchswerber unter Hinweis auf „offenbare Missverständnisse“ sowie eine „nicht korrekte Wiedergabe von Umständen“ geforderte Möglichkeit, sich im Rahmen einer mündlichen Hauptverhandlung umfassend zu erklären, ungeachtet eines Einspruchs ohnehin vorsieht (§§ 213 Abs 4, 221ff und 245 StPO).
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