Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Dampf als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. a Hagen und Mag. a Obwieser als weitere Mitglieder des Senats in der Strafvollzugssache des A*wegen bedingter Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG über die Beschwerde des Strafgefangenen gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Vollzugsgericht vom 17.6.2025, **-6, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Der Beschwerde wird n i c h t Folge gegeben.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug n i c h tzu (§ 89 Abs 6 StPO iVm § 17 Abs 1 Z 3 StVG).
BEGRÜNDUNG:
Der am ** geborene A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Innsbruck die über ihn im Verfahren ** des Landesgerichts für Strafsachen Graz wegen des Verbrechens des „schweren und gewerbsmäßig schweren Betrugs nach den §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 2a, Abs 3, 148 zweiter Fall StGB“ verhängte Freiheitsstrafe von 30 Monaten. Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach Verbüßung der Hälfte der Freiheitsstrafe werden am 25.9.2025 erfüllt sein (IVV-Auszug ON 2.2).
Im Zuge amtswegiger Prüfung der bedingten Entlassung zum Hälftestichtag erklärte er, die bedingte Entlassung unter Hinweis auf eine Wohnmöglichkeit in Serbien anzustreben. Zusammengefasst brachte er vor, zum ersten Mal im Gefängnis zu sein und seine Taten zutiefst zu bereuen. Er bitte um Nachsicht und die Möglichkeit einer vorzeitigen Entlassung, damit er zu seiner Frau und seinen vier Kindern zurückkehren könne (ON 2.3).
Die Staatsanwaltschaft Innsbruck sprach sich aus generalpräventiven Erwägungen gegen eine bedingte Entlassung zum Hälftestichtag aus (ON 5).
Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss hat das Erstgericht die bedingte Entlassung zum Hälftestichtag aufgrund der Schwere „und Art“ der Tat, deren der Angeklagte verurteilt wurde, aus generalpräventiven Gründen abgelehnt.
Gegen diesen Beschluss richtet sich eine rechtzeitige Beschwerde des Strafgefangenen (ON 11), die er entgegen seiner Ankündigung auf eine inhaltliche Ausführung zu verzichten und die sofortige Vorlage an das Oberlandesgericht zu beantragen, mit Eingabe vom 30.6.2025, beim Oberlandesgericht Innsbruck am 4.7.2025 eingelangt, schriftlich ausführte. Unter Hinweis auf sein sehr gutes Verhalten und seine Arbeitsleistung in der Justizanstalt sowie den Umstand, dass es sich um seine erste Straftat handle, ersucht er um eine Chance.
Die Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft einer Stellungnahme enthielt, ist nicht berechtigt.
§ 46 Abs 1 StGB schreibt die bedingte Entlassung frühestens nach der Hälfte vor, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB (Anm.: Weisungen, Bewährungshilfe) anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Diese Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere der Art der Tat(en), des privaten Umfelds des Verurteilten, seines Vorlebens und seiner Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit ( Jerabek/Ropper in WK 2StGB § 46 Rz 15/1). Dabei ist gemäß § 46 Abs 4 StGB auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe, insbesondere auch durch eine während des Vollzugs begonnene freiwillige Behandlung im Sinne von § 51 Abs 3 StGB, die der Verurteilte in Freiheit fortzusetzen bereit ist, eine Änderung der Verhältnisse, unter denen die Tat(en) begangen wurde(n), eingetreten ist, oder durch Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB erreicht werden kann.
Hat ein Verurteilter die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel der Strafe verbüßt, so ist er gemäß § 46 Abs 2 StGB trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs 1 solange nicht bedingt zu entlassen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat(en) ausnahmsweise des weiteren Vollzugs der Strafe bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Gewichtige Umstände, welche sich aus der Sicht der Allgemeinheit von den regelmäßig vorkommenden Begleiterscheinungen strafbaren Verhaltens auffallend abheben, müssen ein Absehen von der vorzeitigen Entlassung unumgänglich erscheinen lassen. Dabei ist nicht nur der bloße Abschreckungseffekt bei potentiellen Tätern, sondern (iS positiver Generalprävention) auch das Interesse an der Festigung genereller Normtreue in der Bevölkerung zu beachten. Diese Aspekte generalpräventiver Natur müssen aus der Schwere der Tat ableitbar sein; liegen sie vor, sind sie gleichrangig mit den Erfordernissen der Spezialprävention zu berücksichtigen. Eine aus spezialpräventiver Sicht durchaus zulässige bedingte Entlassung kann demnach auch allein wegen eines in der Schwere der Tat gelegenen (besonderen) generalpräventiven Grundes verweigert werden (
Die tadellose Aufführung des sich im Erstvollzug befindlichen Strafgefangenen ist positiv zu vermerken. Dessen ungeachtet liegt dem derzeitigen Strafvollzug die eingangs referierte Verurteilung des Strafgefangenen zu Grunde, wonach er „im Zeitraum April 2024 bis Juni 2024 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit noch unbekannten Mittätern, die unter verschiedenen Aliasidentitäten (B*, NN C*, D*) vorab die Geschäftsanbahnung zu den Opfern per Telekommunikation oder Internet übernahmen, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz sowie in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung des schweren Betruges längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, andere durch Täuschung über Tatsachen, wobei er als Mitglied einer kriminellen Vereinigung zur Täuschung falsche Identitätsurkunden und Beweismittel verwendete, zu Handlungen verleitet, die die Geschädigten in einem EUR 300.000,00 übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, und zwar
A) nachangeführte Vermieter von Wohnmobilen durch die Vorgabe ein rückstellungswilliger Mieter zu sein,
1. am 03.04.2024 in ** (Stmk, Faktum 3), wobei er zum Nachweis seiner Identität einen gefälschten kroatischen Führerschein lautend auf E* benützte, F* als Verfügungsberechtigten über die Firma G* zur Überlassung eines Wohnmobils (Renault Ahorn, Kz ** (A), FIN **, Bj **) im Wert von EUR 75.000,00;
2. am 12.04.2024 in ** (Ktn, Faktum 4), wobei er zum Nachweis seiner Identität den gefälschten kroatischen Führerschein und die gefälschte kroatische ID-Card jeweils lautend auf E* benützte, H* und I* als Verfügungsberechtigte über die Firma J* GmbH zur Überlassung eines Wohnmobils (Volkswagen California Beach, Kz ** (A), FIN **, Bj **) im Wert von EUR 80.000,00;
3. am 12.04.2024 in ** (Faktum 6), wobei er zum Nachweis seiner Identität den gefälschten kroatischen Führerschein und eine gefälschte kroatische ID-Card jeweils lautend auf E* benützte, K* zur Überlassung eines Wohnmobils (Knaus R62, Kz **, (A), FIN **, Bj **) im Wert von EUR 74.000,00;
4. am 14.06.2024 in ** (Sbg, Faktum 8), wobei er zum Nachweis seiner Identität einen gefälschten kroatischen Personalausweis sowie einen gefälschten österreichischen Meldezettel, jeweils lautend auf L* C* benützte, M* zur Überlassung eines Wohnmobils (VW Grand California Camper, Kz ** (A) FIN: **, Erstzulassung **) im Wert von EUR 80.000,00;
B) am 07.06.2024 in ** (Stmk) N* durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorgabe ihm das rechtmäßige Eigentum an einem PKW Marke BMW 530d zu verschaffen, wobei er zur Täuschung falsche Urkunden, nämlich eine total gefälschte Zulassung, total gefälschte Kennzeichen, sowie eine am Verkaufsgegenstand aufgebrachte falsche FIN benützte, zu einer Handlung, nämlich zur Übergabe des baren Kaufpreises in Höhe von EUR 25.500,00 verleitet, die den Genannten mit diesem Betrag am Vermögen schädigte.
Mit Blick auf diese, im Rahmen einer kriminiellen Vereinigung zum Nachteil mehrerer Opfer begangenen vom Schuldspruch A) und B) wegen des Verbrechens gewerbsmäßig schweren Betrugs nach den §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 2a, Abs 3, 148 zweiter Fall StGB umfassten Tathandlungen, ergibt sich eine derartige Schwere der Tat, die fallaktuell trotz günstiger spezialpräventiver Aspekte (tadellose Aufführung im Erstvollzug sowie vorhandener sozialer Empfangsraum bei seiner Familie in Serbien) ausnahmsweise den weiteren Vollzug der Strafe über die Hälfte hinaus erfordert, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.
Weil damit schon generalpräventive Erwägungen einer bedingten Entlassung zum Hälftestichtag entgegenstehen, erübrigt sich ein Eingehen auf die im Antrag und in der Beschwerde des Strafgefangenen angeführten Argumente die Spezialprävention betreffend.
Die Beschwerde musste daher erfolglos bleiben.
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