Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Richter Dr. Sutter (Vorsitz), Mag. Wieland und Mag a . Tröster in der Strafsache gegen A *wegen des Verbrechens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB nach öffentlicher Verhandlung am 5. November 2025 in Anwesenheit des Oberstaatsanwalts Mag. Liensberger, LL.M, sowie der Angeklagten und ihres Verteidigers Rechtsanwalt Mag. Steinwandter über die Berufungen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft Klagenfurt gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 12. November 2024, GZ **-31, zu Recht erkannt :
Der Berufung der Angeklagten wird dahin Folge gegeben, dass die rechtliche Unterstellung der Tat unter die Verbrechen des Widerstands gegen die Staatsgewalt sowie der Strafausspruch aufgehoben werden und insoweit selbst erkannt wird:
A* hat das Verbrechen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs1 StGB begangen und wird hiefür nach dem zweiten Strafsatz des § 269 Abs 1 StGB zur gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt.
Die Staatsanwaltschaft wird mit ihrer Berufung darauf verwiesen
Der Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am ** geborene österreichische Staatsbürgerin A* „der Verbrechen“ des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 „zweiter Fall“ StGB schuldig erkannt, „in Anwendung des § 28 (Abs 1) StGB“ nach dem zweiten Strafsatz des § 269 Abs 1 StGB zur gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt und gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Verfahrenskostenersatz verpflichtet.
Dem Schuldspruch zufolge hat die Angeklagte zwischen 28. Juli 2023 und 2. August 2023 in ** die Staatsanwältin Mag a. B* durch die an sie gerichteten schriftlichen, inhaltsgleichen Aufforderungen, das gegen sie und weitere Beschuldigte zu AZ ** geführte Ermittlungsverfahren wegen § 247a StGB „selber aus der Welt zu schaffen“, da im Besatzungsrecht (gemeint des Bundesstaats Preußen) darauf die Todesstrafe steht, verbunden mit der Mitteilung, dass „ihr entehrendes Benehmen nicht mehr hinzunehmen ist“ und die Militärregierung Anzeigen vorbereitet und sie zu gegebener Zeit abgeholt werde, sohin eine Beamtin durch Drohung mit dem Tod und mit der Verletzung an der Freiheit, an einer Amtshandlung, und zwar der gesetzmäßigen Führung des genannten Ermittlungsverfahrens, zu hindern versucht.
Auf die Konstatierungen des Erstgerichts, seine Beweiswürdigung und die rechtliche Beurteilung (US 2 bis 12) wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen (RIS-Justiz RS0124017 [T 3]).
Gegen dieses Urteil richten sich die Berufungen der Angeklagten wegen vorliegender Nichtigkeit sowie wegen der Aussprüche über die Schuld und die Strafe (ON 34.1) und der Staatsanwaltschaft wegen des Ausspruchs über die Strafe (ON 33.1). Die Angeklagte strebt mit ihrer Berufung einen Freispruch, in eventu die Kassation des Urteils und die Zurückverweisung des Verfahrens an das Erstgericht zumindest jedoch die Herabsetzung der Freiheitsstrafe an. Die Staatsanwaltschaft zielt auf eine tat- und schuldangemessene Erhöhung der Freiheitsstrafe in eventu die zusätzliche Verhängung einer unbedingten Geldstrafe „in Anwendung des § 44 Abs 1 StGB“ ab.
Die Oberstaatsanwaltschaft trat in ihrer Stellungnahme vom 21. Mai 2025 dem Rechtsmittel der Angeklagten entgegen, ging jedoch davon aus, dass der Berufung der Staatsanwaltschaft Berechtigung zuerkannt werden könnte.
Nur die Berufung der Angeklagten ist im spruchgemäßen Umfang erfolgreich.
Bei der Behandlung der Berufungspunkte und Nichtigkeitsgründe geht eine wegen des Ausspruchs über die Schuld erhobene Berufung einer Rechtsrüge (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO) vor, jener wegen formellen Nichtigkeitsgründen (§ 281 Abs 1 Z 5 StPO) jedoch nach ( Ratz in WK-StPO § 476 Rz 9). Die Berufungsausführungen zur Strafe sind am Ende zu behandeln.
Zunächst verfehlt die auf § 489 Abs 1 iVm § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsberufung ihr Ziel.
Geltend gemacht wird im Rechtsmittel zunächst eine Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) der Beweiswürdigung hinsichtlich der subjektiven Tatseite, weil nach der erstgerichtlichen Wendung „angezweifelt werden könne, ob die Angeklagte bei einer Diskussion zwischen C* und D* über den im Schreiben enthaltenen Passus über die Todesstrafe anwesend war “ (US 9), unklar bleiben würde, ob die Angeklagte bei dieser Diskussion nun anwesend war oder nicht.
Undeutlich im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5 erster Fall StPO ist ein Urteil, wenn den Feststellungen nicht klar zu entnehmen ist, welche entscheidendeTatsache das Gericht sowohl auf der objektiven als auch auf der subjektiven Tatseite als erwiesen angenommen hat und aus welchen Gründen dies geschehen ist, wobei stets die Gesamtheit der Entscheidungsgründe und das Erkenntnis in den Blick zu nehmen sind (RIS-Justiz RS0089983 [T2]).
Mit Blick auf die Gesamtheit der Entscheidungsgründe insbesondere auch die weiteren unter B. 1. im Rechtsmittel angeführten Auszüge aus der Urteilsbegründung ergibt sich unzweideutig, aufgrund welcher Beweisergebnisse das Erstgericht die subjektive Tatseite der Angeklagten feststellte (US 7 iVm [disloziert:] 9 f) und die Anwesenheit der Angeklagten bei der relevierten Diskussion zwischen C* und D* dafür nach dessen Ansicht – wenn auch sprachlich nicht gelungen dargestellt – ohne Relevanz war.
§ 281 Abs 1 Z 5 vierter Fall StPO (unzureichende Begründung) stellt auf einen – unter dem Aspekt tauglicher Begründung anzustellenden – Vergleich der Feststellungsebene mit der Begründungsebene ab. Die tatrichterlichen Beweiserwägungen alleine ohne jegliche Bezugnahme auf die Feststellungsbasis sind nicht – wie dies in der Berufung unternommen wird (ON 34.1, B. 1. bis 3.) – als „unbegründet oder offenbar unzureichend begründet“ bekämpfbar. Soweit die Mängelrüge im Übrigen Beweisergebnisse eigenständig würdigt und auf dieser Basis von jenen des Erstgerichts abweichende Schlüsse gezogen wissen will, erschöpft sie sich in einer Kritik an der Beweiswürdigung nach Art der Schuldberufung, die an dieser Stelle jedoch nicht zulässig ist.
Die vom Erstgericht unter dem Aspekt der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) vermisste Auseinandersetzung mit den Zeugenaussagen von C*, D* und E*, dass am Tattag nicht über den Inhalt des zu versendenden Schreibens gesprochen wurde bzw die Angeklagte während der Diskussion zwischen C* und D* über den Passus mit der Todesstrafe nicht anwesend war, findet sich auf den Urteilsseiten 9 und 10. Dass das Erstgericht den Aussagen dieser Zeuginnen jedoch nur in Teilen gefolgt ist, kann unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit – wie bereits oben dargelegt – nicht kritisiert werden.
Auch die im Rechtsmittel relevierte Widersprüchlichkeit (Z 5 dritter Fall) der Urteilsbegründung liegt nicht vor. Bei diesem Nichtigkeitsgrund geht es um Aussagen zu entscheidenden Tatsachen im Urteil, die nach logischen Kriterien nicht nebeneinander bestehen können.
Bei verständiger Lesart stehen die zu den getroffenen Feststellungen über entscheidende Tatsachen angestellten Beweiserwägungen hinsichtlich einer von Anfang an erfolgten Einbindung der Angeklagten in den Versand der inkriminierten Schreiben zueinander nicht in Widerspruch. Die Verteidigungslinie der Angeklagten, lediglich hilfsweise zur Beschriftung von Briefkuverts hinzugezogen worden zu sein und nur die Kuverts der im Namen der D* und in ihrem eigenen Namen versendeten Schreiben beschriftet zu haben, lehnte das Erstgericht vor dem Hintergrund ihres Zugeständnisses (ON 30, 6), zumindest noch vier weitere Kuverts beschriftet zu habe sowie der am 30. Juli 2023 von D* an C* übermittelten (codierten) Nachricht (ON 17.2,2), wonach die Angeklagte sehr wohl von Anfang an in die Erstellung und den Versand der Schreiben eingebunden war und die Aussage der C*, dass sie gemeinsam mit der Angeklagten das Kuvertieren der von D* personalisierten Schreiben und Beschriften der Umschläge übernommen habe, aktenkonform argumentierend begründet ab. Eine Widersprüchlichkeit der Beweiserwägungen ist nicht ersichtlich.
Auch die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld versagt.
Die freie Beweiswürdigung ist ein kritisch-psychologischer Vorgang, bei dem durch Subsumierung der Gesamtheit der durchgeführten Beweise in ihrem Zusammenhang unter allgemeine Erfahrungssätze logische Schlussfolgerungen zu gewinnen sind ( Kirchbacherin StPO 15 § 258 Rz 8). Wenn aus dem vom Erstgericht aus den vorliegenden Beweisergebnissen folgerichtig abgeleiteten Urteilsannahmen auch andere, für die Angeklagte günstigere Schlussfolgerungen möglich sind, tut dies nichts zur Sache. Die Frage der Glaubwürdigkeit der Angeklagten und der Zeugen sowie die Beweiskraft ihrer Aussage sind der freien richterlichen Beweiswürdigung vorbehalten.
In Anwendung dieser Prämissen ist die erstrichterliche Beweiswürdigung nicht zu beanstanden. Die Erstrichterin unterzog, nachdem sie sich von der Angeklagten wie auch den Zeugen einen persönlichen Eindruck verschaffen konnte, die wesentlichen Verfahrensergebnisse einer denkrichtigen sowie lebensnahen Würdigung.
Die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen und damit verbunden die Ablehnung der leugnenden Verantwortung der Angeklagten als Schutzbehauptung (ON 2.8, ON 12.1, 2ff, ON 16, 2 und ON 30, 2ff) - die (zusammengefasst) eine inhaltliche Kenntis des inkriminierten Schreibens und eine Teilnahme an der Vorbereitung der Versendung an die betroffene Staatsanwältin in Abrede stellte - sind gestützt auf die Zeugenaussagen von C* (ON 4, 4 und 10 [ „Wir haben [...] im Geschäftslokal der D* getroffen. Beim Treffen waren [...] A* und ich dabei; D* bereitete die Schreiben vor. A* und ich kuvertierten diese. A* brachte die Schreiben in ** größtenteils zur Post“ ], ON 16, 13, ON 19, 6f), D* (ON 2.15, 15 [„ Wir haben uns alles durchgelesen“] , ON 15.1, 6 ([ „Wir haben für alle aus der Donnerstags-Gruppe mit deren Einverständnis die Schreiben weggeschickt“ ]), ON 16, 8 [ „C* hat meine Mutter geholt und gesagt, ob sie das fertig machen könne und hat ihr erklärt, dass sie nur die Adresse da vorne raufschreiben solle. Es ist dies auch nur bei ihrem eigenen Kuvert passiert und bei meinem Kuvert“ ] und E* (ON 2.16, 6 [ „Weitere Personen waren noch anwesend, C* und die Mama von der D* (A*)“ ]), die (aus den Aussagen von D* und der Angeklagten ersichtliche) enge Beziehung von Tochter und Mutter, die nach den gegen sie gesetzten Ermittlungsmaßnahmen (Durchsuchung der Räumlichkeiten der D* in Anwesenheit der Angeklagten und Vorführung von beiden zur Einvernahme) die Erörterung dieser staatlichen Maßnahmen und der „Gegenmaßnahme“ in Form des Drohschreibens im Vorfeld lebensnah macht, und die Ermittlungsergebnisse in Bezug auf den zeitnahen Versand von korrespondierenden Schreiben (ON 24.20), insoweit unbedenklich und gut nachvollziehbar.
Die Feststellungen zur Ernstlichkeit (US 7 und 11), Sinn und Bedeutungsgehalt (US 7 und 10) konnten aus dem Wortlaut des Drohschreibens (ON 2) in Kombination mit den äußeren Tatumständen, insbesondere daraus, dass sich die Gruppierung aufgrund der staatlichen Zwangsmaßnahmen unter Druck (siehe ON 15.1, 4 [ „Wir waren ja massiv geschockt betreffend dieser Hausdurchsuchungen oder Vorführungen zu Vernehmungen.“ ], ON 15.2, 3 [ ... wurden alle aus dieser Gruppe einvernommen, dann ist Panik ausgebrochen“ ]) sah und dadurch versuchte, die staatliche Strafverfolgung abzuwehren, abgeleitet werden.
Auch die Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 7, 9 und 11) und deren nachvollziehbare Ableitung aus dem objektiven Geschehensablauf, aus welchem ohne Weiteres Rückschlüsse auf das Wissen und Wollen der Angeklagten gezogen werden können (RIS-Justiz RS0098671; RS0116882), sind methodisch unbedenklich und nicht zu kritisieren.
Wenn nun in der Schuldberufung die Gründe aufgelistet werden, aus welchen das Erstgericht den Schluss gezogen hat, weshalb die Angeklagte in Kenntnis des Inhalts des inkriminierten Schreibens war und dann behauptet wird, es lägen keine Beweisergebnisse vor, die diese Annahme rechtfertigen, weil keine der Zeuginnen explizit aussagte, dass mit der Angeklagten über den Inhalt des Schreibens gesprochen wurde, verkennt das Rechtsmittel, dass das Erstgericht auch berechtigt ist, – wie fallbezogen zutreffend erfolgt – logisch vertretbare Schlüsse zu ziehen.
Der Verweis auf die Einlassung der Angeklagten, sie habe sich um „nichts gekümmert“ und „alles ihrer Tochter D* überlassen“, ist gerade mit Blick auf die wiederholte persönliche Teilnahme an Veranstaltungen, die enge Beziehung der Angeklagten zu D* und den Eindruck, den die gerade stattgefundene Durchsuchung und Vorführung zur Einvernahme bei der Angeklagten hinterlassen haben muss, als Schutzbehauptung zu werten, mit der sie lediglich versucht, ihre Teilnahme und Mitwisserschaft hinsichtlich der Versendung der als Gegenmaßnahme dazu konzipierten Drohschreiben zu relativieren. Ihre nunmehr wiederholte Behauptung, gerade nur für die Beschriftung von zwei Kuverts beigezogen worden zu sein, die die Zeugin C* in kürzerer Zeit selber beschriften hätte können, bevor sie sich der Aufgabe unterzieht, die Angeklagte, die sich zu diesem Zeitpunkt in einer anderen Räumlichkeit des Geschäftes der Zeugin D* aufgehalten haben soll, aufzusuchen und ihr zu erklären, was sie konkret zu tun hätte, ist nicht nur lebensfremd, sondern steht auch im Gegensatz zur Mehrzahl der von ihr tatsächlich beschrifteten Kuverts.
Der Schuldberufung kommt daher keine Berechtigung zu.
Die auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützte Rechtsrüge, die inhaltlich einen Subsumtionsfehler (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO) geltend macht, weil das Erstgericht, obwohl es nicht feststellen konnte, dass das Schreiben der Angeklagten sowohl am 28. Juli 2023 als auch am 2. August 2023 an die Staatsanwältin übermittelt wurde, mehrere Verbrechen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB angenommen habe, ist im Ergebnis berechtigt.
Gegenstand der Subsumtionsrüge ist ausschließlich eine andere – ausdrücklich zu bezeichnende – rechtliche Unterstellung einer Tat bei akzeptierter (gerichtlicher) Strafbarkeit ( Ratzin WK StPO § 281 Rz 644).
Voranzustellen ist, dass auch bei einer auf Basis einer einheitlichen Motivlage innerhalb kürzester Zeit erfolgten Versendung oder einem erbrachten Tatbeitrag zum Versand mehrerer Schreiben durch die Angeklagte nicht von mehreren realkonkurrierenden Taten, sondern von einer tatbestandlichen Handlungseinheit, somit von einer einzigen Tat im prozessualen und materiellen Sinn auszugehen wäre, die wiederum nur einem Verbrechen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB zu unterstellen ist (s RIS-Justiz RS0122006).
Fallbezogen stellte das Erstgericht die Mitwirkung der Angeklagten auch an der Kuvertierung weiterer im Namen von anderen Mitgliedern der Gruppierung erstellten Drohschreiben und Beschriftung der Briefumschläge fest (US7). Konstatierungen zu einem Vorsatz der Angeklagten, über das im eigenen Namen versendete Drohschreiben hinaus auch dazu beizutragen, durch im Namen der weiteren Mitglieder versendete Schreiben die aktenführende Staatsanwältin einzuschüchtern und dadurch an der gesetzmäßigen Führung des Ermittlungsverfahrens zu hindern, sind dem Urteil (US 7 und 10) nicht zu entnehmen. Es ist daher – ohne Annahme einer tatbestandlichen Handlungseinheit – nur von einem Verbrechen auszugehen.
Im Rahmen der erforderlichen Strafneubemessung ist der zweite Strafsatz des § 269 Abs 1 StGB mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren strafbestimmend.
Die Drohung mit der Verletzung mehrerer Rechtsgüter (Leib, Leben und Freiheit) wirkt sich schuldsteigernd aus (OLG Graz, AZ 9 Bs 245/22f). Die Drohung mit einer Verletzung am Vermögen - welche auch gar nicht in das Erkenntnis nach § 260 Abs 1 Z 1 StPO aufgenommen (zur mangelnden Relevanz siehe aber RIS-Justiz RS0098607 [T 6 und T 10]) wurde (siehe aber die Feststellungen in US 7) - konnte jedoch nicht schulderhöhend gewertet werden, weil die getroffenen Feststellungen die Annahme einer Verletzung am Vermögen nicht tragen (siehe 17 Os 25/17f).
Mildernd sind der bisher ordentliche, mit der Tatbegehung in auffallendem Widerspruch stehende Lebenswandel (§ 34 Abs 1 Z 2 StGB) der im 75. Lebensjahr stehenden Angeklagten und dass es beim Versuch blieb (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB), ins Kalkül zu ziehen.
Anhaltspunkte dafür, dass nur eine untergeordnete Tatbeteiligung, welche sich strafmildernd auswirken könnte (vgl Riffelin WK² StGB § 34 Rz 16), vorlag, werden in der Berufung der Angeklagten nicht aufgezeigt und ergeben sich auch nicht aus dem Akt.
Entgegen der Berufung der Staatsanwaltschaft (ON 33, 1) ist eine fehlende Schuldeinsicht kein Erschwerungsgrund ( Riffelin WK² StGB § 32 Rz 43/1). Zu den relevierten, bereits vor den anklagegegenständlichen Drohschreiben versandten Schreiben, durch welche sich die Angeklagte bei verschiedensten Ämtern „eindeutig positioniert“ hat, ist anzumerken, das diese nicht Gegenstand des Schuldspruchs sind und damit auf die fallbezogene Strafbemessung keinen Einfluss haben.
Ausgehend von diesen Strafzumessungsgründen (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) erweist sich auf Grundlage der Schuld der Angeklagten (§ 32 Abs 1 StGB) und mit Blick darauf, dass die ablehnende Haltung und der Widerspruch gegen ihrem gesetzlichen Auftrag gemäß handelnde Beamte in Form von Nötigungen ein in den letzten Jahren verstärkt auftretendes Fehlverhalten ist, die Verhängung einer Freiheitsstrafe von neun Monaten als schuld- und tatangemessen, die auch Belangen der Generalprävention hinreichend Rechnung trägt.
Allerdings ist der besondere Milderungsgrund des § 34 Abs 2 StGB heranzuziehen, weil das Verfahren bloß durchschnittlicher Komplexität aus nicht von der Angeklagten oder ihrem Verteidiger zu vertretenden Gründen aufgrund eines mehr als fünfmonatigen Verfahrensstillstands zwischen den Terminen der Hauptverhandlung vom 28. Mai 2024 (ON 19) und dem 12. November 2024 (ON 30) und einer durch Übergabe der schriftlichen Ausfertigung des am 12. November 2024 mündlich verkündeten Urteils am 14. April 2025 an die Geschäftsabteilung [ON 1.20]) mehrmonatigen Überschreitung der Urteilsausfertigungsfrist des § 270 Abs 1 StPO und der Durchführung der Berufungsverhandlung am 5. November 2025 übermäßig lange gedauert hat. Die in der langen Verfahrensdauer gelegene Grundrechtsverletzung (Art 6 Abs 1 erster Satz EMRK) wird anerkannt und im Rahmen der Strafneubemessung durch eine ausdrückliche und messbare Reduktion der Strafe um ein Monat Rechnung getragen. Die Strafe beträgt daher acht Monate.
In Anbetracht des bisherigen ordentlichen Lebenswandels der mittlerweile 75-jährigen Angeklagten ist jedoch davon auszugehen, dass die bloße Androhung der Vollziehung der Freiheitsstrafe genügen wird, um sie von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten.
Die Voraussetzungen für ein Vorgehen nach § 43a Abs 2 StGB liegen im Hinblick darauf nicht vor. Die in der Berufung der Staatsanwaltschaft geforderte Anwendung des § 44 Abs 1 StGB ist zudem ausgeschlossen, da sich diese Bestimmung nur auf Konstellationen bezieht, in denen eine strafbare Handlung mit Freiheits- und Geldstrafe bedroht ist oder sich auf mehrere strafbare Handlungen bezieht, von denen die eine mit Freiheitsstrafe, die andere mit Geldstrafe bedroht ist, was bei der maßgeblichen Bestimmung des § 269 Abs 1 StGB, der ausschließlich die Verhängung einer Freiheitsstrafe vorsieht, nicht der Fall ist.
Die Verpflichtung der Angeklagten zum Ersatz der Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet auf § 390a Abs 1 StPO.
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