Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Dezember 2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger als Vorsitzende sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Oshidari, Dr. SetzHummel LL.M., Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi PMM in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Strubreiter in der Strafsache gegen O* A* und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der gesetzlichen Vertreterin des Genannten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Jugendschöffengericht vom 3. September 2025, GZ 142 Hv 39/25h71.9, sowie über der Beschwerde gegen einen zugleich ergangenen Beschluss nach § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde kommt dem Oberlandesgericht Wien zu.
Dem Angeklagten O* A* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1]Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier relevant – O* A* der Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB (II) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er am 2. Juni 2025 in W* Nachgenannte absichtlich schwer am Körper zu verletzen versucht, und zwar
(a) A* A*, indem er mit einem Messer auf ihn einstach, wodurch dieser eine Stichverletzung an der linken Schulter erlitt;
(b) K* A*, indem er mit einem Messer auf ihn einstach, wodurch dieser eine Stichverletzung an der Wade erlitt;
(c) M* A*, indem er ihm mehrere Faustschläge ins Gesicht versetzte, ihm in den rechten Ring- und Mittelfinger biss und mit einem Messer auf seinen linken Oberarm einstach, wodurch der Genannte eine oberflächliche Stichverletzung am Oberarm und eine Wunde am rechten Ring- und Mittelfinger erlitt.
[3]Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der gesetzlichen Vertreterin des Angeklagten O* A* (§ 38 Abs 3 JGG), der keine Berechtigung zukommt.
[4] Bezugspunkt der Mängelrüge (Z 5) und der Tatsachenrüge (Z 5a) ist der Ausspruch des Schöffengerichts über entscheidende Tatsachen (dazu Ratz , WKStPO § 281 Rz 398 bis 408), also – soweit hier von Interesse (Sanktionsfragen werden insoweit nicht angesprochen) – über schuld oder subsumtionsrelevante Tatumstände (RISJustiz RS0106268 [T7], RS0117499). Zudem erfordert die deutliche und bestimmte Bezeichnung eines Begründungsmangels die konkrete Bezugnahme auf die davon betroffene Feststellung (RISJustiz RS0130729).
[5]Diesen Anforderungen wird die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) nicht gerecht, soweit sie kritisiert, dass das Erstgericht (gemeint:) den protokollierten Inhalt eines (undatierten) Videos des M* Al* von Verletzungen des Angeklagten (ON 71.8, 85), dessen Verantwortung zu einer früheren Auseinandersetzung mit K* A* sowie die Aussagen des Letzteren und des M* A* über mehrere zur Tatzeit anwesende Personen mit Waffen und über die Person des Angreifers nicht erörtert habe. Denn gegen welche Feststellungen sich dieser Einwand richtet, benennt die Rüge nicht. Stattdessen bekämpft sie größtenteils die Erwägungen des Erstgerichts zum Beweiswert dieser Verfahrensergebnisse (US 19 ff [zur Aussage des K* A* und des M* A*], US 21 f [zur Verantwortung des Angeklagten]) und weiters der Aussage des M* Al* (US 21 f) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung.
[6] Die weitere Kritik (Z 5 zweiter Fall), das Erstgericht habe bei der Negativfeststellung zur Frage, in welchem Stockwerk die Auseinandersetzung stattfand, Verfahrensergebnisse nicht berücksichtigt, bezieht sich auf keine entscheidende Tatsache im eingangs geschilderten Sinn.
[7] Entgegen der weiteren Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) ist die Ableitung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 12) aus dem äußeren Tatgeschehen (US 22) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (RISJustiz RS0116882). Dass diese Gründe die Beschwerdeführerin nicht überzeugen, vermag keine Nichtigkeit herzustellen (vgl RISJustiz RS0118317 [T9] und RS0098471 [zur Forderung nach zwingenden Schlüssen]). Lediglich der Vollständigkeit halber sei bemerkt, dass sich die von der Rüge angesprochenen Ausführungen der Tatrichter zur Intensität und Art der Tätlichkeiten des O* A* auf die Schläge und nicht auf die Stiche beziehen (US 22).
[8] Soweit sich die Tatsachenrüge (Z 5a) zu Schuldspruch II/c gegen die Feststellung wendet, dass der Angeklagte M* A* mit dem Messer in den rechten Oberarm stach (US 11), bekämpft sie lediglich einen von mehreren im Rahmen einer tatbestandlichen Handlungseinheit begangenen Angriffen ( Ratzin WK² StGB Vorbemerkungen zu §§ 28–31 Rz 89) und spricht solcherart keine entscheidende Tatsache an (RISJustiz RS0127374).
[9] Zu Schuldspruch II/b weckt der Umstand, dass das Opfer in der Hauptverhandlung von seinen bisherigen Angaben abwich und O* A* entlastete, keine erheblichen Bedenken gegen die Feststellung seiner Täterschaft (US 12). Gleiches gilt für die gegen sämtliche Schuldspruchpunkte ins Treffen geführten Aussagen, wonach mehrere Angreifer in die Auseinandersetzung involviert gewesen seien, sowie für die eigenständigen Beweiswerterwägungen der Beschwerdeführerin zur subjektiven Tatseite (vgl RISJustiz RS0119583).
[10]Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die (implizierte) Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
[11]Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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