Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Mag. Wurzer als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Painsi, Dr. WeixelbraunMohr, Dr. Steger und Dr. Pfurtscheller als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1. R* E*, 2. K* E*, beide vertreten durch Mag. Sabine Fürst, Mietervereinigung Österreichs, Reichsratsstraße 15, 1010 Wien, gegen den Antragsgegner Ing. W* B*, vertreten durch Dr. Bertram Broesigke, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 iVm § 16 MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 17. Februar 2025, GZ 38 R 5/25d 36, den
Beschluss
gefasst:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Antragsteller waren Mieter und der Antragsgegner Vermieter einer Wohnung in einem Haus in Wien.
[2] Gegenstand des Verfahrens ist die Überprüfung der Zulässigkeit des vereinbarten und vorgeschriebenen Hauptmietzinses für die von den Antragstellern gemietete Wohnung.
[3] Das Erstgericht stellte den gesetzlich zulässigen Hauptmietzins, die Teilunwirksamkeit der diesen Mietzins übersteigenden Mietzinsvorschreibung und – nach Zeiträumen getrennt – die Tatsache sowie die Höhe der Überschreitung des zulässigen Hauptmietzinses fest.
[4] Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragsgegners nicht Folge, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteige, und ließ den Revisionsrekurs nicht zu.
[5]Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragsgegners zeigt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf.
[6]1.1. Nach der Rechtsprechung des Fachsenats sind im Hinblick darauf, dass im außerstreitigen Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG an die Bestimmtheit des Begehrens keine allzu strengen Anforderungen zu stellen sind, Mietzinsüberprüfungsanträge so auszulegen, dass nach Möglichkeit – im Rahmen des äußersten Wort- und Bedeutungssinns des Begehrens – eine Überprüfung der gesetzlichen Zulässigkeit des vereinbarten (oder begehrten) Hauptmietzinses in sachlich notwendigem Umfang gewährleistet ist (RS0116684 [T3]). Der Antragsteller hat die Möglichkeit, die Feststellung der zulässigen Höhe des Hauptmietzinses pro futuro oder aber zu bestimmten Zinsterminen zu begehren (RS0102514). Das Begehren auf Feststellung der Überschreitung des zulässigen Mietzinses durch Vorschreibung (Vereinbarung) eines bestimmten Hauptmietzinses beinhaltet, wenn dieses Begehren nicht auf bestimmte Monate eingeschränkt wurde, das Begehren auf Feststellung der gesetzlichen Unzulässigkeit des vereinbarten oder begehrten Hauptmietzinses. Ein solcher Antrag lässt sich also – wenn nicht auf bestimmte Zinsperioden eingeschränkt – nicht zum Nachteil des Antragstellers als Begehren auf Feststellung der Überschreitung nur zu bestimmten Zinsterminen reduzieren (5 Ob 148/18b; 5 Ob 134/24b).
[7]1.2. Die Frage, ob der – die „Sache“ iSd § 39 MRG bestimmende (vgl 5 Ob 134/24b) – Entscheidungsantrag (Sachantrag) im Schlichtungsstellenverfahren auf bestimmte Zinsperioden eingeschränkt war, betrifft dessen Auslegung im Einzelfall; diese wirft daher nur dann eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf, wenn der zweiten Instanz eine Fehlbeurteilung unterlaufen wäre, die der Oberste Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit zu korrigieren hat (RS0042828).
[8] Eine solche Fehlbeurteilung zeigt der Revisionsrekurswerber nicht auf. Eine Einschränkung des Antrags auf eine bestimmte Zinsperiode ist weder dem allgemein formulierten Antragsbegehren noch dem Vorbringen zum verfahrenseinleitenden Antrag vor der Schlichtungsstelle zu entnehmen. Die Antragsteller haben zwar im Zuge einer Verhandlung vor der Schlichtungsstelle – im Zusammenhang mit der Bekanntgabe einer auf die Wertsicherung zurückzuführenden Erhöhung der Mietzinsvorschreibung – erklärt, der Antrag werde „bis dato“ ausgedehnt. Die Beurteilung des Rekursgerichts, diese Erklärung allein habe keine Einschränkung des Antrags auf die vergangenen Zinsperioden bewirkt, ist aber nicht zu beanstanden.
[9] 2.1. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Fachsenats ist eines der relevanten Lagekriterien für die Beurteilung der (Über)Durchschnittlichkeit vor allem einer innerstädtischen Lage (Wohnumgebung) des Hauses iSd § 16 Abs 2 Z 3 MRG der Umstand, ob die zu beurteilende Liegenschaft – gemessen an vergleichbaren Lagen – eine besondere (Grün-)Ruhelage aufweist oder im Gegenteil über das zu erwartende Ausmaß von Verkehr, Abgasen und Lärm belastet wird (5 Ob 110/24y; 5 Ob 27/23s mwN; 5 Ob 177/22y; 5 Ob 83/22z; 5 Ob 20/22k; 5 Ob 104/21m mwN).
[10]2.2. Der Antragsgegner bestreitet dies zusammengefasst mit dem Argument, dass eine Lärmbeeinträchtigung ausschließlich im Wege eines wohnungsspezifischen Abschlags iSd § 16 Abs 2 Z 1 MRG und nicht (auch) als Lagekriterium iSd § 16 Abs 2 Z 3 MRG zu berücksichtigen sei.
[11]Zu dieser Frage hat der Fachsenat bereits zu 5 Ob 104/21m Stellung genommen und ausführlich begründet, dass und warum die erhöhte Beeinträchtigung der Wohnumgebung durch Lärm bei der Gesamtbetrachtung aller Lagecharakteristika als negative Eigenschaft unabhängig davon zu berücksichtigen ist, ob wegen der Lärmbelastung der konkreten Wohnung (auch) ein Abschlag vom Richtwert nach § 16 Abs 2 Z 1 MRG berechtigt ist (vgl RS0133742). Richtig ist, dass diese Entscheidung in der Literatur auf Kritik gestoßen ist. Der Fachsenat hat jedoch bereits in mehreren – oben zu 2.1. zitierten – Folgeentscheidungen daran festgehalten, dass die Lärmbelastung der Liegenschaft ein Lagekriterium iSd § 16 Abs 2 Z 3 MRG bildet, sodass der Revisionsrekurswerber durch die bloße Wiederholung dieser Kritik keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG aufzuzeigen vermag.
[12]3. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).
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