Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätin sowie die Hofräte Dr. Weber, Mag. Fitz, Mag. Jelinek und MMag. Dr. Dobler als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei Dr. E* W*, vertreten durch Dr. Ingrid Stöger und Dr. Roger Reyman, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen den Gegner der gefährdeten Partei DDr. S* W*, vertreten durch die Lansky, Ganzger, GoethPartner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen einstweiliger Verfügung gemäß § 382b EO, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Gegners der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 25. September 2025, GZ 21 R 162/25g 38, den
Beschluss
gefasst:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 402 Abs 4 EO, § 78 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1]Mit im Jahr 2015 erlassener einstweiliger Verfügung nach § 382b EO wurde dem Gegner der gefährdeten Partei (Antragsgegner) aufgetragen, die Ehewohnung in S*, zu verlassen und ihm die Rückkehr dorthin verboten. Die Geltungsdauer dieser einstweiligen Verfügung wurde mit der rechtskräftigen Beendigung des zwischen den Parteien anhängigen Scheidungsverfahrens festgelegt. Im Scheidungsverfahren wurde zwischen den Parteien am 14. 10. 2021 einfaches Ruhen angezeigt.
[2] Der Antragsgegner beantragt die Aufhebung der einstweiligen Verfügung. Er sei seit deren Rechtskraft und sohin seit fast zehn Jahren nicht mehr in die vormalige Ehewohnung oder deren Umgebung zurückgekehrt. Das Scheidungsverfahren ruhe seit 14. 10. 2021 und mit Ausnahme eines anhängigen Unterhaltsverfahrens und eines damit in Zusammenhang stehenden Rechnungslegungsverfahrens gebe es rechtlich keine Berührungspunkte zwischen den Parteien.
[3] Die Antragstellerin spricht sich gegen eine Aufhebung der einstweiligen Verfügung aus. Die Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung hätten sich nicht verändert. Sie habe ein aufrechtes dringendes Wohnbedürfnis an der ehemaligen Ehewohnung und ein Zusammenleben mit dem Antragsgegner sei aufgrund der massiven Auseinandersetzungen nicht zumutbar.
[4] Die Vorinstanzenwiesen den Antrag ab. Auch wenn es zu keinen weiteren tätlichen Angriffen gekommen sei, setze der Antragsgegner durch sein Verhalten, ungerechtfertigte Gerichtsverfahren einzuleiten und Gerichtsentscheidungen durch Inkaufnahme von Beugestrafen zu ignorieren, die Antragstellerin weiterhin unter massiven Druck und sie befinde sich seit 2015 in psychotherapeutischer/psychoanalytischer Behandlung. Dies gehe über die mit einem Scheidungsverfahren üblicherweise verbundenen Auseinandersetzungen deutlich hinaus, weswegen der Antragstellerin ein Zusammenleben mit dem Antragsgegner weiterhin nicht zuzumuten sei. Es lägen daher keine geänderten Verhältnisse iSd § 399 Abs 1 Z 2 EO vor.
[5] Der Antragsgegner zeigt mit seinem außerordentlichen Revisionsrekurs keine erhebliche Rechtsfrage auf:
[6]1. Gemäß § 399 Abs 1 Z 2 EO kann wegen geänderter Verhältnisse die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung begehrt werden. Die Aufhebung setzt voraus, dass sich die Verhältnisse, in Anbetracht derer die einstweilige Verfügung bewilligt wurde, derart geändert haben, dass sich diese Verfügung zur Sicherung der antragstellenden Partei nicht mehr als erforderlich erweist, dass demnach wegen Änderung der Verhältnisse keine Gefahr für die gefährdete Partei mehr besteht (6 Ob 312/98w). Dies wäre etwa der Fall, wenn sich die Ehegatten nach Bewilligung des abgesonderten Wohnorts versöhnen und beschließen, die Ehe fortzusetzen (vgl RS0005726 – zu § 382 Z 8 EO).
[7]2. Für die Beurteilung der Unzumutbarkeit des Zusammenlebens nach § 382b EO maßgeblich sind Ausmaß, Häufigkeit und Intensität der bereits – auch schon länger zurückliegenden – angedrohten oder gar verwirklichten Angriffe sowie bei – ernst gemeinten und als solche verstandenen – Drohungen die Wahrscheinlichkeit deren Ausführung (RS0110446 [T14]). Die Ausübung von „Psychoterror“ rechtfertigt die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382b EO dann, wenn dadurch die psychische Gesundheit der gefährdeten Partei erheblich beeinträchtigt wird (RS0121302 [T1]). Von Bedeutung ist nicht ein Verhalten, das der Durchschnittsmensch als „Psychoterror“ empfände, sondern die Wirkung eines bestimmten Verhaltens gerade auf die Psyche des Antragstellers ( [T8]). Die mit einem Scheidungsverfahren üblicherweise verbundene nervliche Belastung ist noch keine erhebliche Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit. Die Wegweisung darf in keinem Fall eine unangemessene Reaktion auf das Verhalten des Antragsgegners sein. Die subjektive Auslegung des Begriffs „Psychoterror“ kann nicht so weit gehen, dass jegliches Verhalten, das nicht den normalen Umgangsformen entspricht, aus einer subjektiven Sichtweise heraus die Unzumutbarkeit des Zusammenlebens begründen könnte (). Ob ausgehend von diesen Grundsätzen ein bestimmtes Verhalten einer Person gegenüber unzumutbar ist, stellt als Einzelfallentscheidung grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage iSd iVm dar ( [T7]).
[8] 3.1 Im vorliegenden Fall hat der Antragsgegner seit Erlassung der einstweiligen Verfügung zahlreiche Strafanzeigen gegen die Antragstellerin eingebracht, wobei in einem Fall ein Freispruch erfolgte und alle anderen Ermittlungsverfahren eingestellt wurden. Darüber hinaus leistet er rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidungen, die der Antragstellerin einen Rechnungslegungsanspruch gewähren, keine Folge, sondern bevorzugt es, wie er gegenüber der Antragstellerin kommunizieren ließ, gegen sich Ordnungsstrafen von über 500.000 EUR ergehen zu lassen, statt (Vergleichs )Zahlungen an die Klägerin zu leisten. Zudem wurde die Durchführung notwendiger Reparaturarbeiten an der Ehewohnung und die Schadenregulierung durch die Versicherung durch den Antragsgegner gestoppt.
[9] 3.2 Nach dem von den Vorinstanzen zugrunde gelegten Sachverhalt, befindet sich die Klägerin seit 2015 – und damit bis dato – in psychotherapeutischer/psychoanalytischer Behandlung. Ein sekundärer Feststellungsmangel hinsichtlich des aktuellen Gesundheitszustands der Antragstellerin liegt nicht vor.
[10] 4. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanzen unter diesen Umständen davon ausgegangen sind, dass diese Verhaltensweisen über die mit einem Scheidungsverfahren üblicherweise verbundenen Auseinandersetzungen deutlich hinausgehen. Deren Beurteilung, ein Zusammenleben mit dem Antragsgegner sei der Antragstellerin weiterhin nicht zuzumuten, ist nicht korrekturbedürftig.
[11] 5.Aus welchen Gründen die Unzumutbarkeit des Zusammenlebens weiter besteht, ist nach dem eindeutigen Wortlaut des § 399 Abs 1 Z 2 EO nicht relevant, weil es nur darauf ankommt, ob sich die Verhältnisse derart geändert haben, dass sich die Verfügung zur Sicherung der antragstellenden Partei nicht mehr als erforderlich erweist.
[12] 6. Der Revisionsrekurs war damit zurückzuweisen.
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