Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Dr. Annerl als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Stefula, Mag. Schober und Dr. Vollmaier und die Hofrätin Dr. Wallner Friedl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. (FH) M*, vertreten durch die Poduschka Partner Anwaltsgesellschaft mbH in Linz, gegen die beklagte Partei V* AG, *, vertreten durch die Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 7.164 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis als Berufungsgericht vom 31. Juli 2024, GZ 6 R 62/24w 48, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Schärding vom 19. März 2024, GZ 2 C 416/21s 42, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 745,65 EUR (darin 119,05 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Der Kläger erwarb am 14. März 2018 einen von der Beklagten produzierten, damals etwas weniger als zwei Jahre alten Gebrauchtwagen der Marke VW Sharan von einem Fahrzeughändler. Im Fahrzeug ist ein von der Beklagten hergestellter Dieselmotor des Typs EA288 verbaut. Das Fahrzeug unterliegt unstrittig dem Anwendungsbereich der VO 715/2007/EG.
[2] Im Fahrzeug (Motor) kommt ein „SCR System“ (Selektive Katalytische Reduktion) mit „AdBlue Einspritz ung“ zum Einsatz. Die AdBlue Dosierung hat zwei Betriebsmodi: Den Speichermodus, der auf die bestmögliche Entstickung abzielt, und den Onlinemodus, bei dem die Vermeidung des sogenannten NH 3 -Schlupfs im Vordergrund steht. Der Wechsel zwischen den Modi findet sowohl im Realbetrieb als auch am Prüfstand (NEFZ) statt.
[3] Zusätzlich wird die Abgasrückführung gesteuert: Ein „Thermofenster“ bewirkt, dass sie nur zwischen 24 Grad Celsius und +70 Grad Celsius voll aktiv ist. Zudem ist eine „Höhenabschaltung“ verbaut, die die Abgasrückführungsrate über 1.300 Metern Seehöhe reduziert.
[4] Die beiden Systeme (Abgasnachbehandlung und Abgasrückführung) interagieren ständig miteinander. Sobald der SCR Katalysator seine Betriebstemperatur erreicht hat, erfolgt die Entstickung (NO x Reduktion) hauptsächlich über diesen. Bei Betriebszuständen, bei denen dies nicht mehr zur Gänze möglich ist (bei Betriebstemperaturen des Katalysators unter 180 Grad Celsius und über 400 Grad Celsius), kommt es zu einer Erhöhung der Abgasrückführungsrate und umgekehrt.
[5] Der Kläger begehrt – gestützt auf List, Irrtum und Schadenersatz – einen Betrag von 7.164 EUR (30 % des Kaufpreises) sA von der Beklagten.
[6] Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab.
[7] Die Revision des Klägers ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts mangels Darlegung einer Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig, was nur einer kurzen Begründung bedarf (§ 510 Abs 3 ZPO):
[8] 1. Nach der ständigen Rechtsprechung kann eine im Berufungsverfahren unterlassene (prozessordnungsgemäße) Rechtsrüge in der Revision nicht mehr nachgeholt werden ( RS0043573 ; RS0043480 ). Das gilt (partiell) auch dann, wenn das Ersturteil nur in einem bestimmten Punkt wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten wurde (RS0043573 [T29, T31, T36]; RS0043480 [T22]).
[9] 2. Das Erstgericht ist davon ausgegangen, dass es auf die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems in seiner Gesamtheit ankomme, die aufgrund der Interaktion zwischen den Systemen der Abgasrückführung und Abgasreinigung im Anlassfall durchgehend sichergestellt sei; der abwechselnde Einsatz der beiden Systeme sei emissionsneutral. Dem ist der Kläger in der Rechtsrüge lediglich insoweit entgegengetreten, als das „Thermofenster“ und der Einsatz der zwei Modi der AdBlue Einspritzung nicht schon für sich als unzulässige Abschalteinrichtungen qualifiziert wurden. Zudem wandte er sich im Rahmen einer Beweisrüge gegen die Feststellungen zur „Höhenabschaltung“.
[10] 3. Diese Bereiche spricht der Kläger in seiner Revision aber nicht mehr (entsprechend) an.
[11] 3.1. Auf das „Thermofenster“ kommt er nicht mehr zurück. Abgesehen davon hat der O berste Gerichtshof zu 3 Ob 179/24f (Rz 19) und 1 Ob 189/24m (Rz 11) mittlerweile ausgesprochen, dass es sich bei Temperaturen außerhalb von 24 Grad Celsius und +70 Grad Celsius nicht mehr um Bedingungen handelt, die im Unionsgebiet bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind.
[12] 3.2. Zum Online und Speichermodus ging das Berufungsgericht davon aus, die Rechtsrüge des Klägers weiche vom festgestellten Sachverhalt ab und sei deshalb nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl RS0043603 [T9]; RS0043231 ). Diese Beurteilung bekämpft der Kläger in der Revision nicht als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, sodass dem Obersten Gerichtshof eine dahingehende materiell-rechtliche Überprüfung verwehrt ist ( RS0043231 ).
[13] 3.3. Die zur „Höhenabschaltung“ erhobene Beweisrüge hat das Berufungsgericht verworfen. Dass das Erstgericht die „Höhenabschaltung“ auf Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen als zulässige Abschalteinrichtung eingestuft hat, hat das Berufungsgericht mangels als Rechtsrüge zu wertender Ausführungen in der Berufung als unbekämpften Streitpunkt erachtet. Auch diese Beurteilung bekämpft der Kläger nicht. Er zeigt demgemäß auch nicht auf, warum diese einzelfallbezogene Auslegung des Berufungsvorbringens im konkreten Fall einer Korrektur bedürfte (vgl
[14] 4. Die in der Revision weiters angesprochenen Fragen unterliegen mangels Geltendmachung in der Berufung dagegen nicht (mehr) der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof. Das betrifft nicht nur die – trotz der emissionsneutralen Interaktion – reduzierte Wirksamkeit der Abgasrückführung ab der optimalen Betriebstemperatur des SCR Katalysators, sondern vor allem die Maßgeblichkeit der Wirksamkeit des Gesamtsystems (und nicht bloß einzelner Konstruktionsteile) und die Frage, ob die NO x Grenzwerte im Realbetrieb einzuhalten sind, auch wenn im Fahrzeug (gar) keine Abschalteinrichtungen verbaut sind. Der Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens wie zu 7 Ob 163/24g und 8 Ob 99/24b bedarf es hier somit nicht.
[15] 5 . Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen ( RS0112296 ; RS0035979 [T16]).
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