Der Oberste Gerichtshof hat am 19. November 2024 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als Vorsitzende sowie die Hofräte und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.Prof. Dr. Oshidari, Dr. Haslwanter LL.M., Dr. Sadoghi und Dr. Farkas in Gegenwart des Schriftführers Richteramtsanwärter Karnaus LL.M. (WU) in der Strafsache gegen * K* und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten * K* und * A* gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Jugendschöffengericht vom 6. Mai 2024, GZ 162 Hv 22/24d66.6, sowie über deren Beschwerden gegen zugleich gefasste Beschlüsse gemäß § 494 Abs 1 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
1./ In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten K* werden das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen B./ und C./, demgemäß auch im diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch, sowie der ihn betreffende Beschluss auf Anordnung von Bewährungshilfe aufgehoben, insoweit eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde im Übrigen wird zurückgewiesen.
Mit seiner Berufung und Beschwerde wird dieser Angeklagte auf die Aufhebung verwiesen.
2./ Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A* wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde kommt dem Oberlandesgericht Wien zu.
3./ * K* und * A* fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1]Mit dem angefochtenen Urteil wurden – soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung – * K* des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB (A./), des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB (B./I./) und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (C./) sowie * A* des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB (A./; vgl dazu US 4 iVm US 10; ON 66.5 S 78 f; RISJustiz RS0116669 [T2, T5]) schuldig erkannt.
[2] Danach haben am 27. Mai 2023 in S*
A./ * K*, * A* und * Al* in einverständlichem Zusammenwirken mit einem weiteren im Urteil genannten Mittäter mit Gewalt gegen eine Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, * K* unter Verwendung einer Waffe, nämlich eines Klappmessers, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz * B*, * Bu* und * Bus* fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld, weggenommen, „indem sie die Genannten umzingelten, A* dem * Bus* eine Ohrfeige versetzte, * Al* ihn aufforderte herzuzeigen, was sich in seiner Tasche befindet und aus dessen Geldbörse EUR 2,-- von ihm entgegennahm, diese nochmals durchsuchte und anschließend wieder zurückgab, * A* anschließend von * Bus* seinen Gürtel forderte, und dieser ihn auch übergab, bevor A* den Gürtel gefordert hatte, * K* – nur für A* sichtbar – ein Klappmesser zog und auf * Bu* und * B* damit bedrohlich zuging, * Al* währenddessen * B* aufforderte, ihm den Inhalt seiner Tasche zu zeigen und dieser ihm daraufhin seine Geldbörse übergab und * Al* EUR 2,-- daraus an sich nahm, sie anschließend auch * Bu* aufforderten seine Geldbörse und seine Tasche zu übergeben, diese durchsuchten, zunächst die Geldbörse zurückgaben weil sie leer war, und kurz darauf auch dessen Tasche“;
B./ * K* im Anschluss an die zu A./ beschriebene Handlung * Bu* und * B* durch gefährliche Drohung mit dem Tod zu einer Unterlassung, nämlich der Abstandnahme von einer polizeilichen Anzeige, zu nötigen versucht, indem er sagte, dass er sie abstechen werde, wenn sie jemandem von der Tat erzählen, während er das Klappmesser mit der Spitze voran gegen den Bauch des Bu* hielt;
C./ * K* * Bus* im Anschluss an die zu A./ beschriebene Tat gefährlich mit zumindest einer Verletzung am Körper bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er zu ihm wegen einer vermeintlichen Annäherung eines Polizeifahrzeugs sagte: „Wenn das jetzt die Polizei wäre, stechen wir euch ab. Ihr wärt nicht die Ersten!“
[3]Dagegen richten sich Nichtigkeitsbeschwerden, die * K* auf Z 5, 5a, 9 lit a und 10 und * A* auf Z 5 und 10, jeweils des § 281 Abs 1 StPO, stützen. Nur jene des Angeklagten K* ist – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – teilweise berechtigt.
[4]Die (augenfällig umständliche) Fassung des Urteilsspruchs zu A./ gibt zunächst erneut (vgl jüngst 14 Os 82/23z mwN = RISJustiz RS0134501) Anlass zur Bemerkung, dass das Referat der entscheidenden Tatsachen gemäß § 260 Abs 1 Z 1 StPO nicht den Zweck hat, die im Anklagetenor vorgenommene Individualisierung der Tat (§ 211 Abs 1 Z 2 StPO) unverändert wiederzugeben, sondern die Urteilsfeststellungen in dem für die Subsumtion (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) entscheidenden Umfang deklarativ und resümierend darzustellen.
I./ Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten K*:
[5]Der gegen den Schuldspruch A./ gerichteten Mängelrüge (Z 5 erster und dritter Fall) zuwider ist es für die Lösung der Schuldfrage nicht entscheidend, ob der Beschwerdeführer sein Klappmesser gegen die Opfer B* und Bu* „hielt“ (US 6) oder damit auf die Genannten „zuging“ (US 3). Ebenso wenig von Bedeutung ist der Umstand, welcher der Mittäter (§ 12 erster Fall StGB) die Wegnahmehandlung gegen das Opfer setzte.
[6] Im Übrigen gingen die Tatrichter deutlich genug (vgl Ratz , WK-StPO § 281 Rz 19) davon aus, dass den Opfern B* und Bu* der Einsatz des Klappmessers bewusst wurde (vgl US 9). Dem steht auch der Umstand nicht entgegen, dass (nur – US 3) der Angeklagte A* das Hervorziehen dieser als Gürtelschnalle getarnten Waffe beobachtete (US 6).
[7]Ob sich der Beschwerdeführer gegenüber den Mitangeklagten dahin äußerte, dass die Opfer „abgezogen“ werden würden (US 6), ist nicht erheblich. Entsprechend dem Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) musste sich der Schöffensenat daher nicht mit gegenteiligen Verfahrensergebnissen befassen.
[8] Entgegen dem weiteren Rechtsmittelvorbringen (Z 5 vierter Fall) hat das Erstgericht die Konstatierung, wonach der Beschwerdeführer die Opfer B* und Bu* aufforderte, ihm den Inhalt ihrer Taschen zu zeigen, nicht unbegründet gelassen, sondern auf die Angaben der Mitangeklagten gestützt (US 8).
[9] Dies übergeht auch der auf Z 5 fünfter Fall gestützte Einwand, die genannten Zeugen hätten Derartiges nicht ausgesagt.
[10]Die weitere Beschwerde (Z 5 vierter Fall) übersieht, dass die Ableitung der subjektiven Tatseite aus dem objektiven Geschehen unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (idR und auch hier) nicht zu beanstanden ist (RIS-Justiz RS0116882).
[11] Die Tatsachenrüge (Z 5a) wiederholt im Wesentlichen bloß die Kritik der Mängelrüge in Bezug auf die Äußerung des Beschwerdeführers hinsichtlich des „Abziehens“ der Opfergruppe, des Messereinsatzes und seiner Aufforderung, Geld herauszugeben und verknüpft diese mit eigenständigen beweiswürdigenden Überlegungen. Erhebliche Bedenken gegen den Ausspruch über die Schuld erweckt sie solcherart nicht.
[12]Die Rechtsrüge (Z 9 lit a, der Sache nach auch Z 10) verlässt prozessordnungswidrig die Sachverhaltsebene des angefochtenen Urteils (RIS-Justiz RS0099810), indem sie die Konstatierungen zum Waffeneinsatz (US 3, 6) ebenso ignoriert wie jene zum Bereicherungsvorsatz (US 7). Weshalb diese subjektive Innentendenz dadurch in Frage gestellt sein soll, dass „einige der zuvor genommenen Wertgegenstände wieder (sogleich) zurückgegeben wurden“ und daher Feststellungen zum Bereicherungsvorsatz im Hinblick auf die „einzelnen in Frage kommenden Tatobjekte“ zu treffen gewesen wären, erklärt die Beschwerde nicht.
[13]Insoweit war daher die Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
[14]Hingegen wendet die weitere Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zutreffend ein, dass die Feststellungen in Bezug auf die Schuldsprüche B./ und C./ zur Gänze unbegründet geblieben sind. In diesem Umfang ist Urteilskassation wie im Spruch ersichtlich die Folge (§ 285e StPO). Darauf war der Angeklagte mit seiner Berufung und seiner Beschwerde zu verweisen.
II./ Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A*:
[15]Die Mängelrüge (Z 5 erster Fall) unterlässt mit ihrer Behauptung, die Feststellungen zum Schuldspruch A./ seien undeutlich, die gebotene Gesamtbetrachtung der Entscheidungsgründe (vgl RIS-Justiz RS0119370, RS0117995). Danach ergibt sich unzweifelhaft, welche konkrete Tat dem Beschwerdeführer zur Last gelegt wurde (vgl US 6 f iVm US 10).
[16]Weshalb die Konstatierungen (US 4 iVm US 10) die Subsumtion der Tat nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB nicht tragen sollten, macht die weitere Rüge (nominell Z 5 dritter Fall, der Sache nach Z 10) nicht deutlich.
[17] Der weiteren Beschwerde (Z 5 vierter Fall) zuwider kann mit Blick auf die Feststellungen zum gemeinsamen Tatentschluss aller Angeklagten und der daraus folgenden Mittäterschaft ( Fabrizy in WK 2StGB § 12 Rz 26 ff) – zufolge wechselseitiger Zurechnung der jeweiligen Beitragshandlungen – dahin gestellt bleiben, welche der Angeklagten welchem Opfer welchen Gegenstand wegnahmen oder abnötigten (RISJustiz RS0089835).
[18]Die Subsumtionsrüge (Z 10) orientiert sich prozessordnungswidrig (RIS-Justiz RS0099810) nicht an den – auch die Verwendung einer Waffe umfassenden – Konstatierungen des Schöffengerichts zur subjektiven Tatseite (US 7).
[19]Die Nichtigkeitsbeschwerde dieses Angeklagten war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über dessen Berufung und die (implizite) Beschwerde (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
[20]Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.
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