GZ: 2021-0.474.768 vom 8. September 2021 (Verfahrenszahl: DSB-D124.2434)
[Anmerkung Bearbeiter/in: Dieser Bescheid wird wegen § 23 Abs. 2 DSG teilweise überwiegenden schutzwürdigen Interessen der beschwerdeführenden Partei, eines Mitarbeiters des früheren Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), nur in stark gekürzter Form (insbesondere ohne wörtliche Wiedergabe des Spruchs, der Parteienvorbringen und der
Sachverhaltsfeststellungen) im RIS zugänglich gemacht.]
B E S C H E I D
S P R U C H
[Anmerkung Bearbeiter/in: Einer Beschwerde gegen das Bundesministerium für Inneres, BVT, wurde Folge gegeben und eine Verletzung des Rechts auf Geheimhaltung durch Offenlegung von Daten gegenüber dem BVT-Untersuchungsausschuss des Nationalrats (BVT-UA) festgestellt.]
Rechtsgrundlagen : Art. 51 Abs. 1, Art. 57 Abs. 1 lit. f, sowie Art. 77 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung, im Folgenden: DSGVO), ABl. Nr. L 119 vom 4.5.2016 S. 1; Art. 52a, Art. 53 und Art. 138b des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF; §§ 1, 18 Abs. 1 sowie 24 Abs. 1 und Abs. 5 des Datenschutzgesetzes (DSG), BGBl. I Nr. 165/1999 idgF.
B E G R Ü N D U N G
A. Vorbringen der Parteien und Verfahrensgang
[Anmerkung Bearbeiter/in: nicht wiedergegeben, siehe Begründung oben]
B. Beschwerdegegenstand
[Anmerkung Bearbeiter/in: nicht wiedergegeben, siehe Begründung oben]
C. Sachverhaltsfeststellungen
[Anmerkung Bearbeiter/in: nicht wörtlich wiedergegeben, siehe Begründung oben. Zusammenfasst wurde die berufliche Stellung der beschwerdeführenden Partei im Jahr 2018 durch Offenlegung von Details ihrer Aufgaben im Zuge einer Aktenvorlage unter der Klassifizierungsstufe „Vertraulich“ an den BVT-UA kompromittiert, wodurch die Daten jedenfalls an 18 Personen - die 18 Mitglieder des BVT-UA - verteilt wurden und 183 Personen - nämlich alle Abgeordneten zum Nationalrat - in ihre personenbezogenen Daten Einsicht nehmen konnten.]
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
D.1. Rechtsgrundlagen
§ 1. Grundrecht auf Datenschutz
(1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.
(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen , die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.
D.2. Zum vorliegenden Fall:
Im vorliegenden Fall geht es darum, dass der Beschwerdegegner ungeschwärzte, den Beschwerdeführer betreffende Akten in der Klassifizierungsstufe „Vertraulich“ (Stufe 2) an den BVTUA übermittelt und somit dessen personenbezogene Daten [Anmerkung Bearbeiter/in: hier gekürzt] offengelegt hat.
D.2.a: Verletzung des Rechts auf Geheimhaltung im Umfang des Verstoßes gegen Art. 53 Abs. 3 letzter Satz B-VG
In diesem Zusammenhang ist auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtes UA 2/2015 vom 15.06.2015 hinzuweisen, in dem sich dieser bereits mit der Schwärzung von Akten, die einem Untersuchungsausschuss vorzulegen sind, und dem Verhältnis des im Verfassungsrang stehenden Art. 8 EMRK und des § 1 DSG einerseits und des Art. 53 B-VG andererseits beschäftigt und wie folgt ausgeführt hat (Hervorhebungen durch Datenschutzbehörde):
„2. In der Sache
2.2. Der Bundesminister für Finanzen vertritt zusammengefasst die Meinung, dass im Rahmen der Vorlage von Akten und Unterlagen an einen Untersuchungsausschuss die "verfassungs- und grundrechtlichen" Schranken zu beachten seien. Alle Verfassungsbestimmungen (Art. 53 B-VG, § 1 DSG 2000 und Art. 8 EMRK [sowie Art. 8 GRC]) würden systematisch auf derselben Stufe stehen und seien kumulativ (nebeneinander) anzuwenden. Mit den (verfassungs-)gesetzlichen Maßnahmen zur Reform des Untersuchungsausschusses habe der (Verfassungs-)Gesetzgeber keine Änderungen bei den davor von aufgeforderten Organen zu beachtenden (gesetzlichen) Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitsverpflichtungen (§ 38 BWG, § 48a BAO) verbunden. Art. 53 B-VG idF BGBl. I Nr. 101/2014 habe den anderen genannten Bestimmungen nicht (materiell) derogiert.
2.3. Das antragstellende Viertel der Mitglieder des Hypo-Untersuchungsausschusses vertritt demgegenüber zusammengefasst die Meinung, dass Art. 53 Abs. 3 erster Satz B-VG eine umfassende Übermittlungsverpflichtung für alle Akten im Umfang des Untersuchungsgegenstandes vorsehe, um eine effektive Kontrolle gemäß dem verfassungsgesetzlich vorgesehenen Auftrag eines Untersuchungsausschusses, der jeweils durch den Untersuchungsgegenstand der Einsetzung konkretisiert werde, zu gewährleisten (Ausnahmen seien lediglich die in Art. 53 Abs. 3 letzter Satz und Abs. 4 B-VG abschließend geregelten Fälle). Den Schutzinteressen des Art. 8 EMRK und des § 1 DSG 2000 werde dadurch Rechnung getragen, dass der Untersuchungsausschuss selbst die erforderliche Geheimhaltung beachte und die entsprechenden Interessenabwägungen vornehme. Zu diesem Zweck seien eine Reihe von gesetzlichen Bestimmungen für alle Stadien des Verfahrens neu beschlossen worden (so seien besonders schutzwürdige Informationen – bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen – zu klassifizieren).
2.4. Nach Art. 53 Abs. 1 B-VG kann der Nationalrat durch Beschluss Untersuchungsausschüsse einsetzen; ein solcher ist auch auf Verlangen eines Viertels seiner Mitglieder einzusetzen. Gegenstand der Untersuchung ist gemäß Art. 53 Abs. 2 B-VG ein bestimmter abgeschlossener Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes (eine Überprüfung der Rechtsprechung ist ausgeschlossen), inklusive aller Tätigkeiten von Organen des Bundes, durch die der Bund, unabhängig von der Höhe der Beteiligung, wirtschaftliche Beteiligungs- und Aufsichtsrechte wahrnimmt. Die bereits oben erwähnte Verpflichtung u.a. aller Organe des Bundes, einem Untersuchungsausschuss auf Verlangen im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung ihre Akten und Unterlagen vorzulegen, gilt gemäß Art. 53 Abs. 3 B-VG nicht für die Vorlage von Akten und Unterlagen, deren Bekanntwerden Quellen iSd Art. 52a Abs. 2 B-VG gefährden würde. Sie besteht nach Art. 53 Abs. 4 B-VG auch nicht, soweit die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt wird.
2.5. Der Umfang der Verpflichtung zur Vorlage von Akten und Unterlagen lässt sich aus Art. 53 B-VG ableiten:
Dem Nationalrat werden in Art. 53 B-VG (Abschnitt "E. Mitwirkung des Nationalrates und des Bundesrates an der Vollziehung des Bundes" des zweiten Hauptstückes des B-VG ["Gesetzgebung des Bundes"]) besondere Möglichkeiten eingeräumt, durch die Tätigkeit eines Untersuchungsausschusses Informationen zu erlangen, die zur Wahrnehmung der der gesetzgebenden Körperschaft von der Verfassung übertragenen Kontroll- und Gesetzgebungsfunktion notwendig sind. Ziel des Untersuchungsausschusses ist die Aufklärung von Vorgängen zu politischen Zwecken (AB 439 BlgNR 25. GP, 2). Die Aufgabe, die die Bundesverfassung dem Nationalrat damit überträgt, begrenzt die Rechte und Pflichten des Untersuchungsausschusses. Mit seiner Einsetzung wird auch der Untersuchungsgegenstand festgelegt.
2.6. Ohne Kenntnis aller Akten und Unterlagen "im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung" (Art. 53 Abs. 3 B-VG) ist die Erfüllung des dem Untersuchungsausschuss verfassungsgesetzlich übertragenen Kontrollauftrages nicht möglich (vgl. im Zusammenhang mit dem Prüfauftrag des Rechnungshofes schon VfSlg. 4106/1961). Die einzigen Ausnahmen von der Vorlageverpflichtung normieren Art. 53 Abs. 3 letzter Satz und Abs. 4 B-VG selbst: Die Vorlage von Akten und Unterlagen, deren Bekanntwerden Quellen im Sinne des Art. 52a Abs. 2 B-VG gefährden würde, ist nicht von der Verpflichtung nach Abs. 3 erfasst; Abs. 4 sieht überdies vor, dass die Verpflichtung gemäß Abs. 3 nicht besteht, "soweit die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt wird".
2.7. In diesem durch die Aufgaben des Untersuchungsausschusses begrenzten Umfang des Untersuchungsgegenstandes stehen der Übermittlung der vom Untersuchungsausschuss angeforderten Akten und Unterlagen somit weder die Bestimmung des § 1 DSG 2000 noch jene des Art. 8 EMRK (sowie des Art. 8 GRC) entgegen. Das gleiche muss umso mehr für die – verfassungskonform zu interpretierenden – einfachgesetzlichen Bestimmungen des § 38 Abs. 1 bis 4 BWG und des § 48a BAO gelten (hätten sie einen anderen Inhalt, wären sie wegen Verstoßes gegen Art. 53 B-VG verfassungswidrig; vgl. VfSlg 15.130/1998 zu einem Verfahren nach Art. 144 B-VG).
2.8. Das informationspflichtige Organ hat daher ohne Rücksicht auf sonst bestehende Verschwiegenheitspflichten die angeforderten Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes ungeschwärzt (unabgedeckt) vorzulegen (vgl. VfSlg 17.065/2003 und 19.834/2013 zu Verfahren nach Art. 126a B-VG). Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen sind besonders schutzwürdige Informationen jedoch nach den Bestimmungen des InfOG zu klassifizieren, das auf der Grundlage von Art. 30a B-VG erlassen und gleichzeitig mit der Reform der Grundlagen und des Verfahrens von Untersuchungsausschüssen geschaffen wurde.
[…]
2.10. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass eine Vorlageverpflichtung nach Art. 53 Abs. 3 B-VG – abgesehen von den in Abs. 3 letzter Satz und Abs. 4 normierten Ausnahmen – nur insoweit nicht besteht, als Akten und Unterlagen nicht vom Untersuchungsgegenstand erfasst sind. Die Beurteilung dieser Frage obliegt zunächst dem informationspflichtigen Organ. Besteht darüber eine Meinungsverschiedenheit zwischen dem Untersuchungsausschuss, einem Viertel seiner Mitglieder und dem informationspflichtigen Organ, so kann – bei Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen – der Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 138b Abs. 1 Z 4 B-VG angerufen werden, der diese Frage letztgültig zu entscheiden hat (…)“.
Legt man diese Judikatur auf den vorliegenden Fall um, bedeutet dies, dass der Beschwerdegegner gemäß Art. 53 Abs. 3 erster Satz B-VG (verfassungs) gesetzlich verpflichtet war, dem BVT-UA seine Unterlagen auf Verlangen und im Rahmen des Untersuchungsgegenstandes ungeschwärzt vorzulegen. Gemäß Art. 53 Abs. 3 letzter Satz B-VG gilt dies jedoch nicht für Akten und Unterlagen, deren Bekanntwerden Quellen im Sinne des Art. 52a Abs. 2 gefährden würde.
Soweit es daher personenbezogene Daten des Beschwerdeführers betrifft, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang zu seiner Tätigkeit als [Anmerkung Bearbeiter/in: hier gekürzt] stehen, erfolgte die Vorlage an den BVT-UA daher rechtmäßig.
Art. 53 Abs. 3 letzter Satz B-VG normiert das Geheimhaltungsinteresse von „Quellen“ und stellt somit eine Ausnahme von der sonst geltenden Vorlagepflicht an einen Untersuchungsausschuss da r. Nun handelt es sich im Fall des Beschwerdeführers aber, wie festgestellt, um einen [Anmerkung Bearbeiter/in: hier gekürzt] des BVT, somit um eine nachrichtendienstliche Quelle im Sinne dieser Bestimmung.
Art. 53 Abs. 3 letzter Satz B-VG enthält eine objektive Verpflichtung, welche das vorlegende Organ einzuhalten hat. Ein subjektives Recht eines Betroffenen, dass diese Bestimmung eingehalten wird, kann daraus aber nicht abgeleitet werden. Der Rechtsschutz richtet sich diesfalls nach Art. 138b B-VG, welcher aber ein individuelles Beschwerderecht einer von einer Vorlage betroffenen Person nicht vorsieht (siehe dazu VfSlg. 20.303/2018).
Werden personenbezogene Daten entgegen dieser Bestimmung vorgelegt, bewirkt diese objektive Rechtsverletzung eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten und subjektiven Rechts auf Geheimhaltung gemäß § 1 DSG, welche von Betroffenen mittels Beschwerde nach § 24 DSG gegen das vorlegende Organ geltend gemacht werden kann (siehe nochmals VfSlg. 20.303/2018).
Es kann also festgehalten werden, dass die ungeschwärzte Übermittlung der unter C.3 festgestellten personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers, soweit sie dessen Tätigkeit als [Anmerkung Bearbeiter/in: hier gekürzt] betreffen, gegen die in Art. 53 Abs. 3 letzter Satz B-VG normierten Geheimhaltungsinteressen von Quellen verstößt. Somit stellt die verfassungswidrige, weil ungeschwärzte, Übermittlung der unter C.3 festgestellten personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers eine Verletzung des Rechts auf Geheimhaltung gemäß § 1 DSG im Umfang des Verstoßes gegen Art. 53 Abs. 3 letzter Satz B-VG dar.
Wie in der Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 2 letzter Satz DSG statuiert ist, darf „auch im Falle zulässiger Beschränkungen (…) der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten , zum Ziel führenden Art vorgenommen werden .“
Wie unter C.2. festgestellt, wurden die den Beschwerdeführer betreffenden Akten aber ungeschwärzt in der klassifizierungsstufe „Vertraulich“ an den BVT-UA übermittelt. Somit wurde die gegenständliche Übermittlung aber nicht in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen.
Vielmehr erweist sich die gegenständliche Übermittlung iSd § 1 Abs. 2 letzter Satz DSG als unverhältnismäßig : Das vom Beschwerdegegner verfolgte Ziel – im Hinblick auf den Beschwerdeführer getroffene, personelle Maßnahmen nachzuweisen , dass diese rational begründet und frei von politischer Einflussnahme erfolgten – hätte nämlich, soweit sie dessen Tätigkeit als [Anmerkung Bearbeiter/in: hier gekürzt] betreffen, auch durch Übermittlung geschwärzter Akten, dh. ohne personenbezogene Daten des Beschwerdeführers, an den BVT-UA erreicht werden können.
D.2.b: Anwendungsvorrang von Art. 5 Abs. 1 lit. a und c DSGVO
Im Hinblick auf unmittelbar anwendbares Unionsrecht, welches im Hinblick auf entgegenstehendes nationales (Verfassungs)Recht Anwendungsvorrang genießt (vgl. dazu etwa Mayer/KucskoStadlmayer/Stöger , Bundesverfassungsrecht 11 (2015), Rz 246/9), ist im vorliegenden Fall insbesondere auf den unmittelbar anwendbaren Art. 5 Abs. 1 lit a und c DSGVO - die Grundsätze der Rechtmäßigkeit, Verarbeitung nach Treu und Glauben, Transparenz einerseits und Datenminimierung andererseits - hinzuweisen.
Art. 5 Abs. 1 lit. a DSGVO normiert, dass personenbezogene Daten auf rechtmäßige Weise, nach Treu und Glauben und in einer für die betroffene Person nachvollziehbaren Weise verarbeitet werden müssen . Die Verarbeitung nach Treu und Glauben erfordert insbesondere, dass bei der Rechtsanwendung in bestimmten Verarbeitungssituationen auf die „vernünftigen Erwartungen“ der betroffenen Person abzustellen ist. Treu und Glauben widerspricht es deshalb, wenn die Verarbeitung ohne oder unzureichende Kenntnis des Betroffenen erfolgt oder ihrer Art oder ihrem Umfang nach mit dessen durch den Verantwortlichen geweckten Erwartungen nicht im Einklang steht (vgl. dazu Heberlein in Ehmann/Selmayr (Hrsg), Datenschutz-Grundverordnung 2 , Art 5 lit a, Rz 10 (2018)). Im vorliegenden Fall war es für den betroffenen Beschwerdeführer wohl nicht nachvollziehbar und musste er auch nicht „vernünftigerweise erwarten“, dass seine unter C.2 festgestellten personenbezogenen Daten ungeschwärzt an den BVT-UA übermittelt werden.
Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO statuiert wiederum, dass personenbezogene Daten dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein müssen . Nach diesem Grundsatz dürfen personenbezogene Daten nur verarbeitet werden, wenn der Zweck der Verarbeitung nicht in zumutbarer Weise durch andere Mittel erreicht werden kann. Daraus ergibt sich, dass auf personenbezogene Daten nur dann zurückgegriffen werden darf, wenn keine alternative Methode zur Verfügung steht, um den mit der Verarbeitung angestrebten Zweck zu erreichen (vgl. dazu Heberlein in Ehmann/Selmayr (Hrsg), Datenschutz-Grundverordnung 2 , Art 5 lit a, Rz 22 (2018)). Nun lag, wie unter C.2 und D.2.a ausgeführt, der angestrebte Zweck der Übermittlung darin, im Hinblick auf den Beschwerdeführer getroffene, personelle Maßnahmen nachzuweisen , dass diese rational begründet und frei von politischer Einflussnahme erfolgt sind. Dieser Zweck hätte auch, soweit es die Tätigkeit des Beschwerdeführers als [Anmerkung Bearbeiter/in: hier gekürzt] betrifft, durch Übermittlung geschwärzter Akten und unter Wahrung der Geheimhaltungsinteressen des Beschwerdeführers erreicht werden können.
D.2.c: Beschluss des deutschen Bundesverfassungsgerichtes 2 BvE 4/18 vom 16.12.2020
Abschließend sei noch auf den Beschluss des deutschen Bundesverfassungsgerichtes zur GZ 2 BvE 4/18 vom 16.12.2020 hingewiesen, in dem dieses im Rahmen eines Organstreitverfahrens einen Antrag bestimmter Fraktionen im Untersuchungsausschuss zum Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt am 19. Dezember 2016 zurückgewiesen hat.
Um die Hintergründe dieses Anschlags und etwaige Versäumnisse der zuständigen Behörden aufzuklären, setzte der Deutsche Bundestag einen Untersuchungsausschuss ein. Mit Blick auf Medienberichte, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz mindestens eine Vertrauensperson (VPerson) im Umfeld einer vom Attentäter regelmäßig besuchten Moschee geführt habe, forderte der Untersuchungsausschuss das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat zur Benennung derjenigen Mitarbeiter auf, die mit der V-Person-Führung in diesem Fall befasst waren. Das Bundesministerium verweigerte die Benennung des V-Person-Führers insbesondere unter Berufung auf die erheblichen nachteiligen Auswirkungen, die dessen Vernehmung im Untersuchungsausschuss auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz habe. Diese Weigerung verletzt nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts das Beweiserhebungsrecht des Untersuchungsausschusses aus Art. 44 Abs. 1 Satz 1 GG nicht, da das parlamentarische Aufklärungsinteresse unter Berücksichtigung der Besonderheiten des spezifischen verfahrensgegenständlichen Quelleneinsatzes ausnahmsweise hinter den Belangen des Staatswohls zurückstehen muss.
Nach dem Gesagten war der Beschwerde im genannten Umfang stattzugeben und eine Verletzung des Rechts auf Geheimhaltung des Beschwerdeführers festzustellen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
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