G312 2301665-1/17E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Manuela WILD als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Dr. Peter Josef DEMSCHAR und Dr. Katharina URLEB als Beisitzer über den Vorlageantrag vom 16.10.2024 des XXXX XXXX SVNR XXXX , vertreten durch die Arbeiterkammer Steiermark, gegen die Beschwerdevorentscheidung der regionalen Geschäftsstelle XXXX des Arbeitsmarktservice vom XXXX , GZ: XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 16.04.2025, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.
B)Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle XXXX des Arbeitsmarktservice (im Folgenden: belangte Behörde) vom XXXX wurde dem Antrag des XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer oder kurz BF) auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes vom 01.07.2024 gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 iVm 12 AlVG 1977 mangels Arbeitslosigkeit keine Folge gegeben.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen nach Darlegung der gesetzlichen Bestimmungen aus, dass der BF aufgrund seines Studiums dem Arbeitsmarkt nicht mit 20 Wochenstunden zur Verfügung stehe.
Gegen den oben genannten Bescheid der belangten Behörde richtet sich die Beschwerde des BF vom 29.07.2024 und wurde diese im Wesentlichen damit begründet, dass er dem Arbeitsmarkt sehr wohl für 20 Wochenstunden zur Verfügung stehe. Seine zuvor ausgeübte Beschäftigung bei der Firma XXXX beweise dies, da er dort bis zu 25 Stunden pro Woche Teilzeit gearbeitet habe. Seine diesbezüglichen Angaben zum zukünftigen Entgegenkommen des potentiellen Arbeitgebers sei lediglich ein Wunschszenario von ihm gewesen, dass seine Arbeit und sein Studium sich in der Woche fügen und die Stunden persönlich in der Form von Gleitzeit planbar bleiben würden.
Die belangte Behörde wies die angeführte Beschwerde im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung, datiert mit XXXX , ab und änderte den Bescheid dahingehend, dass der Antrag des BF vom 01.07.2024 gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 AlVG mangels Verfügbarkeit abgelehnt wird.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass von der Montanuniversität Leoben bestätigt worden sei, dass es sich beim Studium des BF um ein Vollzeitstudium handle. Zudem habe der BF selbst angegeben, dass er wöchentlich 40 Stunden für sein Studium aufbringe und an Freitagen überhaupt nicht arbeiten könne. Er habe zudem angegeben, dass er nicht wisse, wann er sonst arbeiten könne. Ein Dienstgeber müsse flexibel sein und sich nach den Lehrveranstaltungen, die der BF unbedingt besuchen müsse, richten.
Dagegen brachte der BF am 16.10.2024 unter gleichzeitiger Vertretungsvollmacht seiner Rechtsvertretung einen Vorlageantrag ein.
Der Vorlageantrag wurde samt Beschwerde und maßgeblichen Verwaltungsakte von der belangten Behörde am 30.10.2024 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
Am 16.04.2025 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche, mündliche Verhandlung unter Beisein des BF sowie seines Rechtsvertreters statt. Die belangte Behörde erklärte ihren Teilnahmeverzicht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Am XXXX meldete sich der BF an der Montanuniversität Leoben zum Bachelorstudium „Industrielogistik“ (Studienkennzahl: UG 033 214) an. Er ist seitdem bis laufend (ohne Unterbrechung) an der angeführten Hochschule als ordentlicher Studierender zugelassen und durchgehend an der Montanuniversität Leoben inskribiert.
Das Bachelorstudium „Industrielogistik“ an der Montanuniversität Leoben ist als Vollzeitstudium ausgelegt und umfasst einen Arbeitsaufwand von 210 ECTS-Punkten. Das entspricht einer Studiendauer von 6 Semester (und 1 Semester Praxis). Für den BF gilt mangels inzwischen erfolgtem Studienabschluss das aktuelle Curriculum.
Im Sommersemester 2024 (zweites Semester) belegte der BF folgende Lehrveranstaltungen:
Aufgrund des seitens des BF vorgelegten Studienerfolgsnachweises sowie seiner Angaben war davon auszugehen, dass er im Sommersemester 2024 an jedenfalls an folgenden Lehrveranstaltungen teilgenommen hat:
Montag 08.04.2024 18:00 bis 20:15 Uhr MINT – Mechanik
Dienstag 09.04.2024 12:30 bis 14:00 Uhr MINT – Chemie
Mittwoch 10.04.2024 16:00 bis 18:00 Uhr Technische Mechanik 1
19:30 bis 21:30 Uhr Universitäre Grundkompetenzen: Präsentieren und Visualisierern
Donnerstag 11.04.2024 09:00 bis 11:00 Uhr MINT – Mechanik
12:00 bis 14:00 Uhr Matrixalgebra
14:00 bis 16:00 Uhr MINT – Mechanik
Freitag 12.04.2024 08:00 bis 10:00 Uhr Technische Mechanik 1
10:00 bis 12:00 Uhr Mech-Peer
12:00 bis 13:00 Uhr Technische Mechanik 1
13:00 bis 14:00 Uhr Einführung in die MINT-Fächer 14:00 bis 16:00 Uhr Universitäre Grundkompetenzen
Montag 15.04.2024 18:00 bis 20:15 Uhr MINT – Mathematik
Dienstag 16.04.2024 12:30 bis 14:00 Uhr MINT-Chemie
Mittwoch 17.04.2024 16:00 bis 18:00 Uhr Technische Mechanik 1
Donnerstag 18.04.2024 08:00 bis 10:00 Uhr Simulation of Production Planning and Logistics
12:00 bis 14:00 Uhr Matrixalgebra
14:15 bis 15:45 Uhr Chemie 2 VU
18:30 bis 19:30 Uhr MINT – Mathematik
Freitag 19.04.2024 08:00 bis 10:00 Uhr Technische Mechanik 1
12:00 bis 13:00 Uhr Technische Mechanik 1
14:00 bis 16:00 Uhr Universitäre Grundkompetenzen
Dienstag 23.04.2024 12:30 bis 14:00 Uhr MINT – Chemie
Mittwoch 24.04.2024 11:00 bis 12:00 Uhr Technische Mechanik 1
16:00 bis 18:00 Uhr Technische Mechanik 1
Donnerstag 25.04.2024 08:00 bis 10:00 Uhr Simulation of Production Planning and Logistics
12:00 bis 14:00 Uhr Matrixalgebra
Freitag 26.04.2024 08:00 bis 10:00 Uhr Technische Mechanik 1
12:00 bis 13:00 Uhr Technische Mechanik 1
16:00 bis 18:00 Uhr Technische Mechanik 1
Donnerstag 02.05.2024 08:00 bis 10:00 Uhr Simulation of Production Planning and Logistics
12:00 bis 14:00 Uhr Matrixalgebra
Freitag 03.05.2024 08:15 bis 09:45 Uhr Physik 2 VU
Montag 06.05.2024 11:00 bis 12:30 Uhr MINT-Chemie
Mittwoch 08.05.2024 16:00 bis 18:00 Uhr Technische Mechanik 1
Freitag 10.05.2024 08:15 bis 09:45 Uhr Physik 2 VU
12:30 bis 13:00 Uhr Technische Mechanik 1
Dienstag 14.05.2024 08:15 bis 10:00 Uhr Physik 2 VU
Mittwoch 15.05.2024 16:00 bis 18:00 Uhr Technische Mechanik 1
Donnerstag 16.05.2024 08:00 bis 10:00 Uhr Technische Mechanik 1
12:00 bis 14:00 Uhr Matrixalgebra
Freitag 17.05.2024 08:15 bis 09:45 Uhr Physik 2 VU
12:00 bis 13:00 Uhr Technische Mechanik 1
Mittwoch 22.05.2024 11:00 bis 12:00 Uhr Technische Mechanik 1
16:00 bis 18:00 Uhr Technische Mechanik 1
Donnerstag 23.05.2024 08:00 bis 10:00 Uhr Simulation of Production Planning and Logistics
12:00 bis 14:00 Uhr Matrixalgebra
Freitag 24.05.2024 08:15 bis 09:45 Uhr Physik 2 VU
12:00 bis 13:00 Uhr Technische Mechanik 1
Mittwoch 29.05.2024 08:15 bis 10:00 Uhr Physik 2 VU
11:00 bis 12:00 Uhr Technische Mechanik 1
Freitag 31.05.2024 08:15 bis 09:45 Uhr Physik 2 VU
Mittwoch 05.06.2024 16:00 bis 18:00 Uhr Technische Mechanik 1
Freitag 07.06.2024 08:15 bis 09:45 Uhr Physik 2 VU
12:00 bis 13:00 Uhr Technische Mechanik 1
Mittwoch 12.06.2024 16:00 bis 18:00 Uhr Technische Mechanik 1
Donnerstag 13.06.2024 11:00 bis 14:00 Uhr Matrixalgebra
Freitag 14.06.2024 08:15 bis 09:45 Uhr Physik 2 VU
12:00 bis 13:00 Uhr Technische Mechanik 1
13:00 bis 17:00 Uhr Simulation of Production Planning and Logistics
Mittwoch 19.06.2024 08:15 bis 10:00 Uhr Physik 2 VU
11:00 bis 12:00 Uhr Technische Mechanik 1
16:00 bis 18:00 Uhr Technische Mechanik 1
Donnerstag 20.06.2024 08:00 bis 10:00 Uhr Simulation of Production Planning and Logistics
12:00 bis 14:00 Uhr Matrixalgebra
Freitag 21.06.2024 08:15 bis 09:45 Uhr Physik 2 VU
12:00 bis 13:00 Uhr Technische Mechanik 1
Dienstag 25.06.2024 08:15 bis 10:00 Uhr Physik 2 VU
Donnerstag 27.06.2024 12:00 bis 14:00 Uhr Matrixalgebra
Der BF absolvierte im Sommersemester 2024 erfolgreich nachfolgende Lehrveranstaltungen bzw. schloss nachfolgende Prüfungen im Gesamtausmaß von 12 ECTS bzw. 9,33 Semesterstunden ab (vgl. Bestätigung des Studienerfolges vom XXXX ):
- Integrierte Lehrveranstaltung - LV Einführung in die MINT-Fächer (8 ECTS; 6 Semesterstunden), absolviert am XXXX
- Integrierte Lehrveranstaltung - Universitäre Grundkompetenzen (2 ECTS; 1,33 Semesterstunden), absolviert am XXXX
- Seminar - Simulation of Production Planning and Logistics (2 ECTS; 2 Semesterstunden), absolviert am XXXX
Zusätzlich zu den oben angeführten Lehrveranstaltungen absolvierte der BF im Rahmen des Bachelorstudiums „Industrielogistik“ 2024 zudem bei der Materials Center Leoben Forschung GmbH die im Curriculum vorgesehene verpflichtende Praxis als wissenschaftlich-technische Hilfskraft im Gesamtausmaß von 30 ECTS ab.
Der BF meldete sich (während seines laufenden Studiums) am XXXX bei der belangten Behörde als arbeitslos.
Am XXXX beantragte er bei der regionalen Geschäftsstelle Leoben des Arbeitsmarktservices die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes.
In der Betreuungsvereinbarung vom 02.07.2024 (gültig bis 02.01.2025) wurde festgehalten, dass der BF durch die belangte Behörde bei der Suche nach einer Stelle als Bürokraft und Lagerlogistiker im Arbeitsausmaß von 20 bis 25 Wochenstunden (Teilzeit) in den möglichen Arbeitsorten Leoben, Bruck an der Mur und Kapfenberg unterstützt werde. Er spreche Englisch, könne mit seinem PKW den Arbeitsort erreichen und verfüge über den Führerschein der Klasse A und B.
Am 02.07.2024 gab der BF bei der niederschriftlichen Befragung gegenüber der belangten Behörde an, dass der durchschnittliche Zeitaufwand seines Studiums 40 Wochenstunden betrage. Er könne nicht sagen, wann er einer Beschäftigung nachgehen könne. In der Früh besuche er immer Lehrveranstaltungen und müsse jede dritte Woche einen Kenntnisnachweis erbringen, weshalb er an Freitagen keine Arbeit annehmen könne. Er wisse zudem nicht, wann er die restliche Woche arbeiten könne. Schließlich gab der BF an, dass er nur dann arbeiten könne, wenn gerade keine Lehrveranstaltungen stattfinden. Die Ausbildung finde zu festen Terminen und zu fix festgelegten Zeiten wie folgt statt:
Montag: 16:00 bis 20:00 Uhr
Dienstag: 12:00 bis 14:00 Uhr
Mittwoch: 16:00 bis 18:00 Uhr
Donnerstag: 12:00 bis 14:00 Uhr
Freitag: 08:00 bis 10:00 Uhr
Die Ausbildung des BF enthalte keine geblockten Zeiten.
Dem BF wäre demnach die Aufnahme einer Beschäftigung zu folgenden Zeiten (ohne Fahrtbewegungen) möglich:
Montag: 07:00 bis 15:30 Uhr 7,5 Stunden abzüglich verpfl.Praxis mind. 4 h = 3,5
Dienstag: 07:00 bis 11:30 Uhr 4,5 Stunden abzüglich vP mind. 4 h = 1,5
Mittwoch: 07:00 bis 15:30 Uhr 7,5 Stunden abzüglich vP mind. 4 h = 3,5
Donnerstag: 07:00 bis 11:30 Uhr 4,5 Stunden abzüglich vP mind. 4 h = 1,5
Freitag: 10:30 bis 18 Uhr 8 Stunden abzüglich vP mind. 4 h = 4
Das ergibt rein rechnerisch eine Verfügbarkeit von 14 Wochenstunden.
Aufgrund seiner Einbindung in das Studium der Industrielogistik an der Montanuniversität samt absolvierter verpflichtender Praxis war der BF zum Zeitpunkt der Antragstellung ( XXXX ) nicht in der Lage, neben seinem Hochschulstudium eine Beschäftigung im Ausmaß von mindestens 20 Wochenstunden aufzunehmen.
Der BF war von XXXX bis XXXX bei der XXXX im Ausmaß von 20 Wochenstunden als Hilfskraft beschäftigt.
Er bezog ab XXXX bis XXXX Arbeitslosengeld und ist derzeit seit XXXX bei der XXXX beschäftigt.
2. Beweiswürdigung:
Die oben getroffenen Feststellungen resultieren aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Beweis wurde erhoben durch den Verwaltungsakt und die darin enthaltenen Schriftstücke der belangten Behörde und das Schriftsatzvorbringen des BF, durch die Einholung aktueller Auszüge aus dem AJ-Web sowie den seitens des BF vorgelegten Unterlagen (Studienerfolgsnachweis, Bestätigung über die verpflichtende Praxis). Vor diesem Hintergrund waren die Feststellungen zu treffen.
Die Feststellungen zu den vom BF im Sommersemester 2024 besuchten Lehrveranstaltungen, den abgelegten Prüfungen, etc. ergeben sich aus seinen eigenen Angaben im Zusammenhalt mit dem von ihm übermittelten Stundenplan. Die Anzahl der den jeweiligen Lehrveranstaltungen zugeordneten ECTS-Punkten ergibt sich aus der im Internet abrufbaren und im Akt einliegenden Auflistung der Lehrveranstaltungen samt zugehöriger ECTS der Montanuniversität Leoben.
Die Feststellungen zur zeitlichen Auslastung des BF durch sein Studium beruhen insbesondere auch auf seinen diesbezüglichen Angaben in der Niederschrift mit der belangten Behörde. Soweit der BF nunmehr in der Beschwerde vorbringt, sein Studium ermögliche es ihm, eine versicherungspflichtige Beschäftigung nachzugehen, ist festzuhalten, dass diese Angaben im Widerspruch zu den vor der belangten Behörde getätigten Angaben stehen. Die Angaben im Rahmen der Niederschrift sind detailliert und nachvollziehbar, daraus ergibt sich, dass der BF im Wesentlich von Montag bis Freitag ganztägig an der Universität sei, wenn auch mit wechselnden Vorlesungszeiten. Dies ergab sich schließlich ebenso aus den Terminen der seitens des BF vorgelegten Lehrveranstaltungen im Sommersemester 2024.
Bereits aus rein rechnerischer Betrachtung sowie aufgrund der eigenen Angaben des BF war somit davon auszugehen, dass dieser einen tatsächlichen durchschnittlichen Studienaufwand von rund 40 Wochenstunden im verfahrensgegenständlichen Zeitraum erbringen muss. Aufgrund dieser intensiven Einbindung in das Studium war es ihm zum Zeitpunkt der Antragstellung ( XXXX ) nicht möglich, eine Beschäftigung im gesetzlich geforderten Mindestumfang von 20 Wochenstunden auszuüben. Wie dazu in der rechtlichen Beurteilung noch näher darzustellen sein wird, ist weiters davon auszugehen, dass der BF die für das Sommersemester 2024 in seinem Curriculum vorgesehenen Lehrveranstaltungen und Vorlesungen auch tatsächlich besucht hat, wobei – entgegen seinen Angaben – das Bestehen einer formalen Anwesenheitspflicht nicht maßgeblich ist.
Es ist letztlich auffällig, dass der BF seine Angaben zur zeitlichen Verfügbarkeit erst aufgrund der nicht erfolgten Zuerkennung des Arbeitslosengeldes mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid abänderte (vgl. dazu ausführlich in der rechtlichen Würdigung).
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchteil A):
3.1.1. Gegenständlich ist strittig, ob die belangte Behörde den Antrag auf Arbeitslosengeld vom 01.07.2024 gemäß § 7 AlVG zu Recht mangels Verfügbarkeit am Arbeitsmarkt abgelehnt hat bzw. ob der BF trotz Absolvierung einer Ausbildung (ordentliches Studium) dem Arbeitsmarkt im Zeitpunkt der Antragstellung zur Verfügung stand.
Die belangte Behörde ist der Ansicht, dass der BF im Zeitpunkt seiner Antragstellung der Arbeitsvermittlung aufgrund seines Studiums nicht zur Verfügung gestanden sei.
Aus Sicht des BF lag in seinem Fall sehr wohl eine Verfügbarkeit im Sinne des AlVG vor, da er sich lediglich ein Entgegenkommen des potentiellen Arbeitgebers gewünscht habe, wonach die 20 Wochenstunden so zu setzen seien, dass seine Arbeit und sein Studium sich der Woche fügen könnten.
Beschwerdegegenständlich ist daher prüfen, ob und inwieweit der BF mit den von ihm im Sommersemester 2024 besuchten Lehrveranstaltungen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stand.
Gemäß § 7 Abs. 1 AlVG hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer
1. der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht,
2. die Anwartschaft erfüllt und
3. die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat.
Der Arbeitsvermittlung steht gemäß Abs. 2 leg. cit. zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf (Abs. 3) und arbeitsfähig (§ 8), arbeitswillig (§ 9) und arbeitslos (§ 12) ist.
Als auf dem Arbeitsmarkt üblicherweise angebotene, den gesetzlichen und kollektivvertraglichen Voraussetzungen entsprechende Beschäftigung gilt ein Arbeitsverhältnis gemäß Abs. 7 mit einer wöchentlichen Normalarbeitszeit von mindestens 20 Stunden. Personen mit Betreuungsverpflichtungen für Kinder bis zum vollendeten zehnten Lebensjahr oder behinderte Kinder, für die nachweislich keine längere Betreuungsmöglichkeit besteht, erfüllen die Voraussetzung des Abs. 3 Z 1 auch dann, wenn sie sich für ein Arbeitsverhältnis mit einer wöchentlichen Normalarbeitszeit von mindestens 16 Stunden bereithalten.
Gemäß § 12 Abs. 1 AlVG ist arbeitslos, wer eine (unselbständige oder selbständige) Erwerbstätigkeit (Beschäftigung) beendet hat, nicht mehr der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterliegt oder dieser ausschließlich auf Grund eines Einheitswertes, der kein Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze erwarten lässt, unterliegt oder auf Grund des Weiterbestehens der Pflichtversicherung für den Zeitraum, für den Kündigungsentschädigung gebührt oder eine Ersatzleistung für Urlaubsentgelt oder eine Urlaubsabfindung gewährt wird (§ 16 Abs. 1 lit. k und l), unterliegt und keine neue oder weitere (unselbständige oder selbständige) Erwerbstätigkeit (Beschäftigung) ausübt.
Als arbeitslos im Sinne der Abs. 1 und 2 gilt gemäß Abs. 3 insbesondere nicht:
(…)
f) wer in einer Schule oder einem geregelten Lehrgang – so als ordentlicher Hörer einer Hochschule, als Schüler einer Fachschule oder einer mittleren Lehranstalt – ausgebildet wird oder, ohne dass ein Dienstverhältnis vorliegt, sich einer praktischen Ausbildung unterzieht.
Unstrittig ist, dass der BF die Voraussetzung des § 12 Abs. 4 iVm § 14 Abs. 1 erster Satz AlVG ("große Anwartschaft") erfüllt. Dies wurde ebenso durch die belangte Behörde selbst eingeräumt (vgl. hierzu S. 7 der Beschwerdevorentscheidung).
Der BF gilt während seiner Ausbildung somit als arbeitslos, sodass fallgegenständlich nur seine Verfügbarkeit im engeren Sinn gemäß § 7 Abs. 3 Z 1 AlVG zu prüfen ist.
Angesichts dieser Ausgangslage ist daher zu prüfen, ob und inwieweit der BF im beschwerdegegenständlichen Zeitpunkt der Antragstellung auf Gewährung von Arbeitslosengeld (trotz des von ihm betriebenen Hochschulstudiums) am Arbeitsmarkt verfügbar war.
3.1.2. Verfügbarkeit im engeren Sinn liegt gemäß § 7 Abs. 3 Z 1 AlVG nur dann vor, wenn sich der Arbeitslose zur Aufnahme und Ausübung einer auf dem Arbeitsmarkt üblicherweise angebotenen, den gesetzlichen und kollektivvertraglichen Vorschriften entsprechenden zumutbaren versicherungspflichtigen Beschäftigung bereithält. Was unter einer "auf dem Arbeitsmarkt üblicherweise angebotenen" Beschäftigung zu verstehen ist, wurde mit BGBl I 2007/104 konkretisiert: Gemäß § 7 Abs. 7 AlVG ist darunter ein Arbeitsverhältnis mit einer wöchentlichen Normalarbeitszeit von mindestens 20 Stunden zu verstehen.
Das Fehlen der Verfügbarkeit ergibt sich dabei aus Umständen, wonach in aller Regel angenommen werden kann, dass der Arbeitslose nicht an einer entsprechenden neuen Beschäftigung, sondern vorwiegend an anderen Zielen interessiert ist. (VwGH 23.06.2017, Ra 2016/08/0179, mwN). Verfügbarkeit im engeren Sinn ist somit nicht gegeben, wenn eine Bindung rechtlicher oder faktischer Art besteht, die erst beseitigt werden müsste, um eine dem zeitlichen Mindestausmaß entsprechende (die Arbeitslosigkeit beendende) Beschäftigung anzutreten (VwGH vom 01.06.1999, Zl. 97/08/0443 sowie vom 22.02.2012, Zl. 2011/08/0050).
Den Feststellungen zufolge geht der BF seit Jänner 2024 einem Bachelorstudium als ordentlicher Student an der Montanuniversität Leoben nach.
In seiner Entscheidung 2010/08/0092 vom 18.01.2012 führte der VwGH in solchen Fallkonstellationen im Wesentlichen aus, dass im Hinblick auf das Erfordernis einer ausreichenden Verfügbarkeit im Sinne des § 7 AlVG und das vom Arbeitsmarktservice verstärkt umgesetzte Prinzip einer frühzeitigen Intervention und Aktivierung der Arbeitslosen davon ausgegangen werden kann, dass der Bezug von Arbeitslosengeld durch in Ausbildung stehende Personen nur bei ernsthaftem Interesse an einer Beschäftigung möglich ist.
Entscheidend für die Frage der Verfügbarkeit ist hierbei, ob die Ausbildung zu den üblichen Arbeitszeiten stattfindet und durch die Intensität der Ausbildung die Aufnahme einer Beschäftigung wesentlich erschwert wird (Sdoutz/Zechner in Sdoutz/Zechner (Hrsg.), Arbeitslosenversicherungsgesetz: Praxiskommentar (18. Lfg 2021) zu § 12 AlVG Rz 326). Zu prüfen ist somit eine umfassende Inanspruchnahme des Studierenden, bei der er aufgrund seiner zeitlichen Beanspruchung ungeachtet grundsätzlicher Arbeitswilligkeit ein Dienstverhältnis nur ausnahmsweise eingehen kann (VwGH 22.10.1996, 96/08/0125; VwGH 16.03.1999, 97/08/0011).
Die Frage, ob eine umfassende Inanspruchnahme vorliegt, ist laut Rechtsprechung durch die Ausbildung, so wie sie nach den jeweiligen Ausbildungsvorschriften üblicherweise erfolgt, und nicht nach der konkret-individuellen Art, wie der Auszubildende der Ausbildung obliegt, zu beantworten. Dabei ist weiters davon auszugehen, dass die in einem Lehrplan vorgesehenen Semesterstunden auch besucht werden. Auf eine "Anwesenheitspflicht" des Studenten kommt es jedoch nicht an (VwGH 15.02.2006, 2004/08/0062 sowie Sdoutz/Zechner in Sdoutz/Zechner (Hrsg.), Arbeitslosenversicherungsgesetz: Praxiskommentar (18. Lfg 2021) zu § 12 AlVG Rz 326).
Gegenständlich betreibt der BF seit dem XXXX das Bachelorstudium „Industrielogistik“ an der Montanuniversität Leoben. Im Sommersemester 2024 belegte er im Rahmen des zweiten Semesters Lehrveranstaltungen im Ausmaß von 27,08 Semesterstunden bzw. 35 ECTS-Punkten.
Den belegten Kursen zufolge hatte der BF während des Sommersemesters 2024 Lehrveranstaltungen von Montag bis Freitag in einem Zeitraum von frühestens 08:15 Uhr bis spätestens 20:15 Uhr zu besuchen. Neben diesen Anwesenheitszeiten waren entsprechend den Anforderungen der Lehrveranstaltungen auch Lern- und Vorbereitungszeiten durch den BF zu erbringen.
Soweit der BF dazu schriftlich vorbrachte, bei einzelnen Lehrveranstaltungen habe überwiegend keine Anwesenheitspflicht bestanden, ist ihm entgegenzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge der formalen Anknüpfung des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG das Fehlen einer Anwesenheitspflicht unbeachtlich ist (vgl. dazu nochmals VwGH 15.02.2006, 2004/08/0062).
Die lehrveranstaltungsfreien Zeiten des BF, zu denen er allenfalls einer Beschäftigung nachgehen könnte, sind somit derart verteilt, dass auf dem Arbeitsmarkt üblicherweise keine Beschäftigungen mit zumindest 20 Wochenstunden und entsprechenden Arbeitszeiten angeboten werden.
Schließlich ist festzuhalten, dass auch das Nichtablegen bzw. Nichtbestehen von Prüfungen durch den BF über die von ihm belegten Lehrveranstaltungen den tatsächlichen Arbeitsaufwand nicht zu mindern vermag, da auch ein Prüfungsantritt regelmäßig eine entsprechende Vorbereitung erfordert.
Nach den getroffenen Feststellungen sind die lehrveranstaltungsfreien Zeiten des BF derart verteilt, dass auf dem Arbeitsmarkt üblicherweise keine Beschäftigung mit zumindest 20 Wochenstunden in diesen Zeiträumen angeboten wird.
Der BF brachte im Wesentlichen vor, er habe – entgegen der Ansicht der belangten Behörde – dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden. Diesen Ausführungen war jedoch nicht zu folgen. Nach seinen eigenen Angaben vor der belangten Behörde benötigte der BF für seine Ausbildung wöchentlich rund 40 Stunden, wodurch es ihm tatsächlich nicht möglich war, unter der Woche einer Beschäftigung im Ausmaß von zumindest 20 Wochenstunden nachzugehen. Zudem führte der BF darin selbst aus, dass er an Freitagen überhaupt nicht arbeiten könne, da er jede dritte Woche einen Kenntnisnachweis zu erbringen habe. Darüber hinaus wäre aus seiner Sicht ein potenzieller Dienstgeber gehalten, sich hinsichtlich der Arbeitszeiteinteilung nach den vom BF verpflichtend zu besuchenden Lehrveranstaltungen zu richten, was eine kontinuierliche Beschäftigung zusätzlich erschwert.
Neben den festgestellten abgelegten Lehrveranstaltungen durch den BF im Sommersemester 2024 war somit auch ausgehend von dem vom BF im Verfahren ursprünglich angegebenen Studienaufwand anzunehmen, dass er nicht primär an einer entsprechenden neuen Beschäftigung, sondern vorwiegend an anderen Zielen, nämlich dem erfolgreichen Abschluss des Studiums interessiert war (vgl. VwGH 15.05.2019, Ra 2019/08/0053; VwGH 23.06.2017, Ra 2016/08/0179).
Soweit der BF im gesamten somit Verfahren vorbringt, sehr wohl 20 Wochenstunden zur Verfügung gestanden zu haben, zielen diese Angaben auf seine Arbeitswilligkeit ab und ist diesbezüglich auszuführen, dass das Fehlen der Verfügbarkeit nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch durch die ausdrückliche Bekundung der Arbeitswilligkeit nicht ausgeglichen werden kann (VwGH 23.04.2003, 2002/08/0275). Damit erweist sich auch die vom BF behauptete überdurchschnittliche Verfügbarkeit am Arbeitsmarkt als unbeachtlich.
Im Übrigen war auch dem Vorbringen des BF, wonach seine Tätigkeit bei der XXXX XXXX beweise, dass er dem Arbeitsmarkt im Ausmaß von zumindest 20 Wochenstunden zur Verfügung stehe, nicht zu folgen. Bei dieser arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung handelte es sich vielmehr um eine im Rahmen seines Studiums verpflichtend zu absolvierende Praxis, welche schließlich auch durch seinen vorgelegten Studienerfolgsnachweis Niederschlag fand. Derartige Pflichtpraktika sind erfahrungsgemäß so ausgestaltet, dass eine Arbeitszeitgestaltung möglich ist, die sich mit dem Studienbetrieb vereinbaren lässt. Dies wird auch durch die vorgelegten Unterlagen bestätigt, wonach es sich hierbei eine Tätigkeit im unmittelbaren beruflichen Umfeld der Montanuniversität handelte. Darüber hinaus ist auch der Homepage der Montanuniversität Leoben zu entnehmen, dass die im Rahmen des Studiums vorgesehenen Praktika in der Regel so zu absolvieren sind, dass Kollisionen mit den Lehrveranstaltungen vermieden werden (vgl. Praktika).
Im Ergebnis kann der belangten Behörde somit nicht entgegengetreten werden, wenn sie ausführt, dass der BF aufgrund seiner unterschiedlich gelagerten Unterrichtseinheiten den Anforderungen eines potenziellen Dienstgebers nicht in ausreichendem Maß entsprechen kann. Vielmehr müsste sich – so wie auch durch den BF eingeräumt – ein solcher Dienstgeber nach dem Stundenplan des BF richten, was einer betriebsinternen Einsatzplanung entgegensteht. Das Hauptaugenmerk des BF war somit eindeutig nicht auf die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt gerichtet, sondern vielmehr auf die Absolvierung seiner Ausbildung. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist es jedoch nicht üblich, Beschäftigungsverhältnisse nach den individuellen Zeitplänen oder Wünschen der Arbeitnehmer auszurichten. Die Aufnahme einer auf dem Arbeitsmarkt üblichen Beschäftigung mit geregelten, wöchentlichen Arbeitszeiten im Ausmaß von zumindest 20 Stunden und einer üblichen Arbeitszeitverteilung (im Regelfall zwischen 07:00 und 19:00 Uhr) war dem BF daher im Zeitpunkt seiner Antragstellung tatsächlich nicht möglich.
Insgesamt war daher im Fall des BF davon auszugehen, dass ihn sein Studium in tatsächlicher Hinsicht derart gebunden hat, dass ihm die Aufnahme einer relevanten Erwerbstätigkeit im Sinne des § 7 Abs. 7 AlVG tatsächlich nicht möglich war.
Die Beschwerde war daher mangels objektiver Verfügbarkeit am Arbeitsmarkt abzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG im vorliegenden Fall nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, abhängt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus uneinheitlich zu beurteilen und es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Rückverweise