IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Sabine FILZWIESER-HAT als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX alias XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Eritrea, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.02.2024, Zahl XXXX , nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am XXXX , zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein eritreischer Staatsangehöriger, stellte am 08.06.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Am nächsten Tag erfolgte eine Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes.
Am 14.02.2024 fand unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Tigrinisch die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt.
2. Mit im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Ihm wurde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).
3. Gegen Spruchpunkt I. des rechtswirksam zugestellten Bescheids erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
4. Am XXXX fand eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertretung statt. Mit Stellungnahme vom Tag danach langten weitere Unterlagen beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist eritreischer Staatsangehöriger und wurde am XXXX geboren. Er gehört zur Volksgruppe der Tigrinya, bekennt sich zum orthodoxen Christentum und spricht muttersprachlich Tigrinya.
Er ist im Dorf XXXX (auch „ XXXX “ oder „ XXXX “), in der Nähe der Stadt XXXX , im Bezirk XXXX , Region XXXX (Südregion) geboren und bei seinen Eltern und Geschwistern aufgewachsen. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. Zuletzt hat er mit seiner Frau und seinen Kindern im gemeinsamen Haushalt gelebt. Seine Familienangehörigen (konkret sein Vater, ein Bruder, eine Schwester, eine Halbschwester und seine Tochter) leben in Eritrea. Seine Frau und seine beiden Söhne leben in Kenia. Seine Mutter ist bereits verstorben. Drei weitere Schwestern des Beschwerdeführers leben in England, Äthiopien und in den Vereinigten Staaten. Einer seiner Brüder lebt in Malta.
Der Beschwerdeführer besuchte in Eritrea ca. elf Jahre eine Grundschule. Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden physischen oder psychischen Erkrankungen.
Der Beschwerdeführer verließ Eritrea im Oktober 2021, reiste irregulär ins Bundesgebiet ein und stellte am 08.06.2022 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
1.2. Zur Rückkehrmöglichkeit nach Eritrea:
Der Beschwerdeführer hat seinen Militärdienst im Herkunftsland geleistet. Er hat keinen Wehrdienst verweigert. Er ist keinen Verfolgungshandlungen wegen behaupteter Desertation aus dem Militärdienst ausgesetzt (gewesen). Er ist in seinem Herkunftsstaat nicht vorbestraft und drohen ihm weder aufgrund seines Religionsbekenntnisses noch seiner Volksgruppenzugehörigkeit oder aus politischen Gründen Probleme bzw. eine Verfolgung durch das eritreische Militär bzw. den eritreischen Behörden.
Dem Beschwerdeführer kommt in Österreich der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zu.
1.3. Zur maßgeblichen Lage in Eritrea werden nachfolgende Feststellungen getroffen:
Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation (Stand: 02.01.2024):
[…]
Politische Lage
Die Bertelsmann Stiftung (BS) beschreibt Eritrea als Überwachungsstaat samt Planwirtschaft wie autokratischem politischen System (BS 23.2.2022), das deutsche Auswärtige Amt spricht von einer „Einparteiendiktatur“ (AA 3.1.2022), und Freedom House (FH) von einem militarisierten autoritären Staat (FH 2023). Offiziell ist das Land eine Präsidialrepublik. Nachdem Eritrea, vormals italienische Kolonie, britisches Mandatsgebiet und autonome Region innerhalb des äthiopischen Kaiserreichs (CIA 6.12.2023), 1962 von Äthiopien annektiert wurde, entbrannte ein Unabhängigkeitskrieg für 30 Jahre, der am 24.5.1993 in die formelle sowie völkerrechtlich anerkannte Unabhängigkeit mündete (AA 3.1.2022; vgl. BS 23.2.2022, CIA 6.12.2023). Anschließend wurde Isayas Afewerki, damals der Generalsekretär der „Eritrea People’s Liberation Front“ (EPLF), die seit den frühen 1980er-Jahren den Freiheitskampf dominiert hatte (BS 23.2.2022), von einer Übergangsnationalversammlung, die nicht gewählt wurde, zum Präsidenten ernannt, bis Wahlen nach der Verabschiedung einer neuen Verfassung abgehalten werden konnten (FH 2023). Eine liberaldemokratische Verfassung wurde zwar von der provisorischen Nationalversammlung angenommen, sie ist aber bis dato nicht in Kraft getreten (AA 3.1.2022; vgl. BS 23.2.2022, FH 2023, HRW 12.1.2023, USDOS 20.3.2023). Indessen wurden seit dem Unabhängigkeitsreferendum von 1993 keine Wahlen mehr auf nationaler Ebene abgehalten (USDOS 20.3.2023; vgl. AA 3.1.2022, FH 2023). Seit dem Grenzkrieg mit Äthiopien (Mai 1998 bis Juni 2000) ist der demokratische Prozess Eritreas zum Stillstand gekommen (AA 3.1.2022). Nach diesem ging Afewerki gegen führende Reformisten der „People’s Front for Democracy and Justice“ (PFDJ), wie die EPLF seit 1994 genannt wird, vor (BS 23.2.2023). Elf Mitglieder dieser G-15 genannten Gruppe altgedienter Politiker wurden damals verhaftet, nachdem sie den Präsidenten in einem offenen Brief aufgefordert hatten, die Verfassung zu vollziehen und freie Wahlen abzuhalten (AI 27.3.2023). Über ihr Schicksal, die sich seit 2001 in Isolationshaft befinden, gibt es keine Informationen, wobei angenommen wird, dass mehrere von ihnen im Gefängnis verstorben sind (UNHRC 6.5.2022; vgl. UNHRC 9.5.2023). Präsident Afewerki ist daher bis heute ohne Wahlmandat im Amt (FH 2023; vgl. BS 23.2.2022), und seine Herrschaft, besonders seit 2001, ist durch ein sehr autokratisches und repressives Vorgehen gekennzeichnet (CIA 6.12.2023). Seitdem hat er seine Macht weiter gefestigt, indem er den ganzen Staatsapparat unter seine Kontrolle gebracht hat (BS 23.2.2022). Afewerki regiert ohne demokratische Kontrolle, gestützt auf die Sicherheitsbehörden und den Apparat der PFDJ (AA 3.1.2022), welche als einzige Partei zugelassen ist (FH 2023; vgl. AA 3.1.2022, USDOS 20.3.2023) und die gesamte politische Führung des Landes stellt. Andere politische Parteien sind verboten. Oppositionelle befinden sich, BFA-Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 6 von 49 soweit sie nicht ins Ausland fliehen konnten, ohne Gerichtsverfahren wie Kontakt zur Außenwelt an unbekannten Orten in Haft [siehe Kapitel 12. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition und 13. Haftbedingungen, Anm.] (AA 3.1.2022), auch, weil es der gut organisierten Exilopposition weitgehend nicht gelungen ist, das Regime in Eritrea selbst herauszufordern (C24 8.4.2022). Afewerki ist gleichzeitig Staats- wie Regierungschef, und steht dem Staatsrat, dessen Minister er ernennt, und der Nationalversammlung vor (CIA 6.12.2023). Allerdings regiert er Berichten zufolge nur mithilfe eines informellen Beraterzirkels, während der Staatsrat sowie die Sicherheitsbehörden seine Entscheidungen lediglich ausführen (FH 2023; vgl. BS 23.2.2022). Laut der BS verwandelte er Eritrea in eine autoritäre Alleinherrschaft, wie z.B. durch eine systematische Militarisierung der Gesellschaft, instabile persönliche Netzwerke, eine Teile-und-herrsche-Politik entlang ethnischer, regionaler Linien [Cleavages, Anm.] oder seinen harten autoritären Regierungsstil samt totalitären Tendenzen. Der handverlesene Staatsrat hat grundsätzlich nur sehr wenig Entscheidungsbefugnis und das Amt des Verteidigungsministers ist seit 2014 unbesetzt, aber das Militär verfügt weiterhin über erhebliche politische Macht [siehe Kapitel 5. Sicherheitsbehörden, Anm.] (BS 23.2.2022). Die stillgelegte Übergangsnationalversammlung ist seit 2022 nicht mehr zusammengekommen (BS 23.2.2022; vgl. AA 3.1.2022), ungeachtet dessen, dass die Verfassung von 1997 eine 150-köpfige Nationalversammlung vorsehen würde, welche den Präsidenten aus ihrer Mitte per Mehrheitswahl bestimmen sollte. Überdies würde sie einen Wahlausschuss verlangen, aber die Wahlgesetze sind ebenfalls noch nicht verabschiedet (FH 2023). Seit 1993 setzte die Regierung zweimal Wahlen an, sagte sie jedoch ohne Erklärung ab (USDOS 20.3.2023). Wahlen zur Nationalversammlung sind ob des Kriegs mit Äthiopien bis auf Weiteres verschoben (CIA 6.12.2023), Präsidentschaftswahlen wegen einer Gefährdung der nationalen Sicherheit (C24 8.4.2022). Kommunal- wie Wahlen zu den Regionalversammlungen finden regelmäßig statt (FH 2023). Gewählt werden hierbei Verwalter, Geschäftsführer und Dorfkoordinatoren. Alle Staatsbürger über 18 Jahren sind wahlberechtigt, und jene Wahlen werden in geheimer Abstimmung durchgeführt (USDOS 20.3.2023). Sie werden aber von der PFDJ sorgfältig inszeniert und bieten den Wählern daher keine echte Wahlmöglichkeit (FH 2023). Die PDFJ ist innenpolitisch nur begrenzt gefordert, vornehmlich, da sie alle Formen des Dissenses unterdrückt (C24 14.4.2022). Eine Parteimitgliedschaft ist zwar nicht verpflichtend, wobei manche Personen, insbesondere diejenigen mit öffentlichen Ämtern, unter Druck gesetzt werden, der PDFJ beizutreten. Es wird berichtet, dass die Behörden Rekruten nach Beendigung des Wehrdienstes zu Hause aufsuchen und sie zuweilen zwingen, der Partei beizutreten, um die dann fälligen Gebühren einzutreiben. Ganz grundsätzlich sind eritreische Bürger verpflichtet, hin und wieder an politischen Indoktrinierungsveranstaltungen teilzunehmen, ansonsten werden ihnen Vergünstigungen, wie z.B. .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 7 von 49 Lebensmittelgutscheine entzogen. Auch an eritreischen Botschaften soll es solche Treffen geben, die u.a. Auswirkungen auf Reisepassausstellungen haben können (USDOS 20.3.2023). Die PDFJ bestimmt über Parteiunternehmen außerdem das gesamte wirtschaftliche Leben des Landes (AA 3.1.2022), eine andere Quelle spricht diesbezüglich von einer „Mafiawirtschaft“ (BS 23.2.2022). Das Algier-Friedensabkommen vom 12.12.2000 beendete offiziell den Krieg zwischen Eritrea und Äthiopien. Spannungen zwischen den beiden Nachbarn bestanden aber zunächst fort und führten von 2012 bis 2016 mehrmals zu bewaffneten Zusammenstößen an der gemeinsamen Grenze. Im Juli 2018 wurde diese Fehde durch die Unterzeichnung der „Gemeinsamen Erklärung über Frieden und Freundschaft“ praktisch beendet (AA 3.1.2022). Eine Umsetzung scheiterte erst einmal an der Regionalregierung von Tigray [eine äthiopische Region an der Grenze zu Eritrea, Anm.], die gegen eine Grenzfestlegung agitierte. Anstatt die Armee zu demobilisieren, trat Asmara somit 2020 an der Seite der äthiopischen Streitkräfte in den nicht deklarierten Bürgerkrieg gegen die „Tigray People’s Liberation Front“ (TPLF) ein (BS 23.2.2022). Zwar wurde im November 2022 ein Waffenstillstand zwischen Addis Abeba und der TPFL geschlossen (BAMF 25.9.2023), es kommt aber noch immer zu schweren Menschenrechtsverstößen in Tigray, für welche vor allem die amharische Fano-Miliz und die eritreische Armee verantwortlich sind. Berichtet wird u.a. von sexueller Gewalt, Tötungen, willkürlichen Festnahmen, Plünderungen und Vertreibungen (BAMF 25.9.2023; vgl. FH 2023, HRW 12.1.2023, WP 1.3.2023). Die eritreischen Truppen sind auch noch nicht aus Äthiopien abgezogen (BAMF 25.9.2023). Außerdem gibt es Stimmen, die vor einem neuen Krieg zwischen Äthiopien und Eritrea warnen, trotz der gegenwärtigen Allianz (FP 7.11.2023). Grundsätzlich diente die Fixierung auf den äthiopisch-eritreischen Konflikt dem eritreischen Regime bisher als Rechtfertigung für die Beschränkungen im politischen und gesellschaftlichen Leben, aber auch für den Rückstand in der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes (AA 3.1.2022)
Wehrdienst und Rekrutierungen
Die eritreische Gesellschaft wird vom Militär stark dominiert, und die meisten Bürger müssen einen unbefristeten Militär- oder anderweitigen Nationaldienst leisten (FH 2023; vgl. CIA 6.12.2023). Alle Eritreer im Alter von 18 bis 40 Jahren sind ex lege verpflichtet, den 18-monatigen Nationaldienst, hiervon vier bis sechs Monate militärische Ausbildung sowie zwölf Monate Militär- oder Zivildienst, abzuleisten (CIA 6.12.2023). Das gilt für taugliche Männer wie Frauen in gleicher Weise (FH 2023), weshalb der Frauenanteil des eritreischen Militärs Stand 2020 auf bis zu 30 % geschätzt wird (CIA 6.12.2023). Für Frauen dauert die Dienstpflicht bis zum 27., für Männer bis zum 50. Lebensjahr, laut einer anderen Quelle bis zum 47. bzw. 57. Lebensjahr (AA 3.1.2022). Eine Mobilisierung ist bis zum 55. Lebensjahr jederzeit möglich (CIA 6.12.2023) und seit 2012 soll es die sog. „Volksmiliz“ geben, eine Art weiterführender Militärdienst, bei dem die obere Altersgrenze wahrscheinlich bei 60 Jahren für Frauen und 70 für Männer liegt (HO 9.2021). Asmara verfolgt eine Politik des unbefristeten Nationaldienstes, der eine Art Zivildienst und einen obligatorischen Militärdienst umfasst (UNHRC 9.5.2023; vgl. HO 9.2021), d.h., dass die Dauer des Nationaldienstes in der Praxis unbefristet und dadurch stets auf unbestimmte Zeit verlängerbar ist (CIA 6.12.2023; vgl. AA 3.1.2022, FH 2023). Neben dem Militärdienst, der am häufigsten vorkommt (CIA 6.12.2023) und für den das Verteidigungsministerium zuständig ist, können Wehrpflichtige je nach Tauglichkeit auch in zivilen Bereichen eingesetzt und somit anderen Ministerien zugeteilt werden. Ein Teil von ihnen wird in einem der rund 30 Unternehmen eingesetzt, die der PFDJ oder der Armee gehören und in Branchen wie in z.B. der Landwirtschaft, Bauwesen, Verkehr, Tourismus oder Handel operieren (HO 9.2021; vgl. FH 2023). Ergo ist der Nationaldienst für das Regime nach wie vor eines der wichtigsten Instrumente zur sozialen bzw. wirtschaftlichen Kontrolle. Gemäß dem UN-Sonderberichterstatter ist er aber in seiner derzeitigen Form untrennbar mit Zwangsarbeit und sklavereiähnlichen Praktiken verbunden (SFH 25.8.2023; vgl. FH 2023). Hunderttausende Eritreer, vornehmlich Männer und unverheiratete Frauen, leisten jedes Jahr ihren Militär- und Zivildienst auf unbestimmte Zeit, für einen Hungerlohn und ohne freie Berufswahl (SFH .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 18 von 49 25.8.2023; vgl. HRW 12.1.2023). Verweigerung aus Gewissensgründen wird nicht anerkannt, sondern bestraft. Wehrpflichtige sind häufig unmenschlichen und erniedrigenden Strafen, u.a. Folter, ausgesetzt, ohne dass dagegen Beschwerde eingereicht werden kann (HRW 12.1.2023; vgl. SFH 25.8.2023). Sexuelle Gewalt wird von hochrangigen Offizieren als Bestrafungsmethode gegen Wehrpflichtige genehmigt (GCR2P 31.8.2023; vgl. SFH 25.8.2023). Im Allgemeinen fehlt eine Rechenschaftspflicht bzgl. der im Rahmen des Nationaldienstes begangenen Übergriffe völlig (SFH 25.8.2023). Die Wehrpflicht beginnt im Militärlager Sawa, in dem Schüler, manche erst 16 Jahre alt, das letzte Oberstufenjahr absolvieren und gleichzeitig eine militärische Ausbildung durchlaufen [siehe Kapitel 16.2. Kinder, Anm.] (HRW 12.1.2023; vgl. AA 3.1.2022). Die Entlassung aus dem Nationaldienst erfolgt willkürlich und die diesbezüglichen Modalitäten sind unklar (HRW 12.1.2023). Frauen werden in der Regel bei Heirat oder Schwangerschaft aus dem Militär- bzw. Nationaldienst entlassen. In erster Linie betrifft das aber das Militär selbst, keineswegs ausgeschlossen bleibt eine zivile Weiterarbeit (AA 3.1.2022). Stand 2020 wurde der Frauenanteil des eritreischen Militärs auf bis zu 30 % geschätzt (CIA 6.12.2023). Jedes Jahr fliehen Tausende junge Eritreer aus dem Land, um sich dem Nationaldienst zu entziehen. Der Konflikt in Tigray hat diese Situation noch verschärft, da eritreische Männer, Frauen und Kinder versuchen, nicht an die Front in Äthiopien eingezogen zu werden (SFH 25.8.2023). Seit der Beteiligung Eritreas am Tigray-Konflikt wird regelmäßig über Massenverhaftungen von Deserteuren berichtet, die sich dem Dienst entzogen haben sollen, um die Reihen der Armee aufzufüllen, wobei nach Angaben des UN-Sonderberichterstatters auch Kinder rekrutiert wurden. Im August und September 2022 nahmen die Razzien zu, als die Kämpfe in Äthiopien wieder aufflammten; auch die Familien von Wehrdienstverweigerern waren mit Repressalien konfrontiert, darunter willkürliche Verhaftungen und Zwangsräumungen ihrer Häuser. Im September berichteten die Medien, dass auch Reservisten, d. h. Männer unter 55 Jahren, die aus der Armee entlassen worden waren, aber noch Wachdienst leisten sollten, einberufen wurden. Die Familien erhalten keine offiziellen Informationen über das Schicksal ihrer Angehörigen, die zum Kampf geschickt wurden (HRW 12.1.2023).
[…]
2. Beweiswürdigung:
2.1. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf seinen Angaben im Verfahren vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht. Die Feststellungen unter 1.1. zu seiner Person stützen sich überwiegend auf seine Aussagen im Verfahren sowie die von ihm vorgelegten Unterlagen wie Heiratsurkunde in Kopie und Taufscheine seiner Kinder in Kopie.
Dass der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat im Oktober 2021 verließ, irregulär ins Bundesgebiet einreiste und am 08.06.2022 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte, ergibt sich aus seinen dazu im Verfahren getätigten Angaben. Die Feststellungen zu seiner Einreise und seinem Aufenthalt in Österreich ergeben sich zudem unstrittig aus dem Zeitpunkt seiner Asylantragstellung.
2.2. Das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaates ist nicht glaubhaft.
Der Beschwerdeführer änderte seine Angaben zu zentralen Punkten seines Fluchtvorbringens im Laufe des Verfahrens mehrfach und stellte diese einander widersprechend dar. So gab er hinsichtlich der Begegnungen mit Militärangehörigen in der Erstbefragung an, dass Soldaten zu ihm nach Hause gekommen seien und ihn zum Militärdienst aufgefordert hätten, während er sowohl in der Einvernahme vor dem Bundesamt als auch in der mündlichen Verhandlung erklärte, dass er die Soldaten nie persönlich gesehen habe und diese ausschließlich seine Frau aufgesucht hätten. Widersprüchlich sind zudem seine Angaben zur Dauer des Militärdienstes. Zwar gab er übereinstimmend an, diesen im Jahr 1999 begonnen zu haben, doch variierten seine Angaben zum Ende. Während er in der Einvernahme vor dem Bundesamt erklärte, er habe den Militärdienst bis 2012 verrichtet, gab er kurz darauf an, dass es bereits 2011 gewesen sei, und in der mündlichen Verhandlung führte er ebenso aus, er habe das Militärcamp Anfang 2011 verlassen. Selbst wenn man von einer Verwechslung ausgehen würde und unter Berücksichtigung, dass der Beschwerdeführer im Oktober 2021 Eritrea verlassen hat, steht doch auch diese Aussage in keinem nachvollziehbaren zeitlichen Verhältnis zu seinem behaupteten Desertionszeitpunkt, da nicht plausibel ist, weshalb er fast zehn Jahre lang im Land verblieben sei, ohne entdeckt zu werden, und vermochte er dies auch nicht kohärent und schlüssig darzutun.
Ebenso widersprach sich der Beschwerdeführer hinsichtlich der Frage, ob und in welchem Ausmaß er während seines Militärdienstes Kontakt zu seiner Familie gehabt habe. In der Einvernahme vor dem Bundesamt erklärte er, dass er während seiner Dienstzeit alle drei bis vier Jahre Urlaub gehabt und seine Familie besuchen habe dürfen. In der mündlichen Verhandlung hingegen bestritt er dies ausdrücklich und führte aus, er habe niemals Urlaub erhalten oder die Möglichkeit gehabt, seine Familie zu sehen. Noch deutlicher treten die Widersprüche im Zusammenhang mit seiner behaupteten Tätigkeit als Soldat hervor: Zunächst erklärte er, er habe Bauarbeiten verrichtet, später gab er an, politische Schulungen erhalten und Schießunterricht gehabt zu haben, sei aber nie im Krieg gewesen; in der mündlichen Verhandlung behauptete er wiederum, in den Krieg geschickt worden zu sein. Diese Aussagen schließen einander aus und zeigen eindeutig, dass sein Vorbringen nicht auf tatsächlich erlebten Ereignissen beruhen. Gleiches gilt für seine nicht übereinstimmenden Angaben darüber, wo er sich nach der Desertion aufgehalten habe: Vor dem Bundesamt meinte er, er habe sich tagsüber irgendwo beschäftigt und sich nachts versteckt, während er in der mündlichen Verhandlung erstmals angab, sich im Dorf seines Vaters versteckt und diesen bei der Arbeit unterstützt zu haben. Zusätzlich widersprach er sich hinsichtlich der Frage, ob sein Vater von Militärangehörigen befragt worden sei. Während er zunächst erklärte, dass sein Vater mehrmals nach ihm ge- bzw. befragt worden sei, bestritt er dies später und behauptete, sein Vater sei nie kontaktiert oder befragt worden. Ebenso unklar und widersprüchlich sind seine Erzählungen zur Häufigkeit der Nachforschungen durch das Militär: Einmal sprach er von drei Besuchen im Jahr 2021, ein anderes Mal davon, dass seine Ehefrau ständig aufgesucht worden sei, und wiederum an anderer Stelle davon, dass sie nur zweimal im Jahr 2021 gekommen seien.
Zur Untermauerung seines Vorbringens legte der Beschwerdeführer Unterlagen vor, darunter Fotos seines angeblichen eritreischen Militärausweises, aus welchem hervorgeht, dass dieser seinen Grundwehrdienst am 15.04.1999 angetreten habe und dieser bis 15.10.2000 laufe, und zwei Fotos in Kopie, angeblich aus seinem Militärdienst, welche eine Gruppe von (jungen) Männern zeigen. Es wird nicht bestritten, dass der Beschwerdeführer den (obligatorischen) Militärdienst in Eritrea absolviert hat, dieser Umstand allein ist jedoch nicht geeignet, sein Fluchtvorbringen glaubhaft zu machen. Aus dem bloßen Nachweis, sofern eine Kopie bzw. ein Foto überhaupt als Nachweis dienen kann, einer Ableistung des Militärdienstes ergibt sich auf Basis der Berichtslage weder eine individuelle Verfolgungshandlung von hinreichender Intensität noch eine begründete Furcht vor weiterer Verfolgung. Wenn in der Stellungnahme überdies vorgebracht wird, dass in der Praxis die Dauer des Nationaldienstes unbefristet sei und auf unbestimmte Zeit verlängert werden könne, so ändert dies nichts daran, dass, wie dargelegt, der Beschwerdeführer dies in seinem konkreten Fall nicht glaubhaft gemacht hat. Er hat auch weder eine allfällige sich daraus ergebende Gefährdung noch eine Desertion glaubhaft gemacht. Weitere Belege oder substantiierte Nachweise, die einen Zusammenhang zwischen seiner Militärdienstzeit und seinem behaupteten Fluchtgrund herstellen würden, legte er nicht vor. Die eingereichten Unterlagen, welche überdies ein Ende des Militärdienstes mit 15.10.2000 zeigen, sind daher nicht geeignet, sein Vorbringen zu stützen; dies gilt auch für die beiden Fotos in Kopie, aus welchen sich keine Schlüsse zum Zeitpunkt und dem Ort der Aufnahmen schließen lassen und ob diese tatsächlich aus einem Militärdienst stammen.
Darüber hinaus weist das gesamte Fluchtvorbringen inhaltliche Implausibilitäten auf. Es ist nicht nachvollziehbar, wie es dem Beschwerdeführer gelungen sein soll, sich über einen Zeitraum von rund zehn Jahren erfolgreich zu verstecken, ohne von den Militärbehörden aufgefunden zu werden, obwohl diese seinen Angaben zufolge wiederholt nach ihm gesucht hätten. Ebenso wenig ist erklärbar, weshalb er erst nach einem derart langen Zeitraum die Entscheidung traf, das Land zu verlassen, wenn er sich bereits im Jahr 2011 bzw. 2012 dem Militärdienst entzogen habe. Eine stichhaltige oder nachvollziehbare Begründung für dieses Verhalten ließ sich seinen Schilderungen nicht entnehmen. Wenn in der Stellungnahme nach der mündlichen Verhandlung ins Treffen geführt wird, dass sich der Personalbedarf des Militärs infolge des Konflikts in Tigray stark erhöht habe und aus diesem Grund erst ab 2021 intensiv nach dem Beschwerdeführer gesucht worden sei und er sich bis dahin erfolgreich verstecken habe könne, so wird dies als erstmals im Beschwerdeverfahren geltend gemachte bloße Schutzbehauptung und unglaubhafte Steigerung seines Vorbringens gewertet.
Im Übrigen vermag diese nachgeschobene Begründung die Widersprüchlichkeiten und Implausibilitäten in seinen Erzählungen insgesamt nicht aufzulösen und weder die angenommene Unglaubhaftigkeit seines Vorbringens zu erschüttern noch eine andere Einschätzung bzw. Beurteilung zu begründen.
Gesamthaft betrachtet ist nicht davon auszugehen, dass sich die Geschehnisse und die Bedrohungslage tatsächlich so wie von ihm aufgezeigt ereignet haben und darstellt und er eine Verfolgung durch das Militär bzw. den eritreischen Staat zu gewärtigen hätte.
Es steht unstrittig fest, dass dem Beschwerdeführer mit im Spruch angefochtenen Bescheid der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde.
2.3. Die fallbezogenen Feststellungen zur Lage in Eritrea stützen sich auf die vom Bundesverwaltungsgericht im Zuge der Beschwerdeverhandlung ins Verfahren eingeführten Länderinformationen der Staatendokumentation vom 02.01.2024. Die Länderfeststellungen gründen sich auf Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes und schlüssiges Gesamtbild der Situation in Eritrea ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Ausführungen zu zweifeln. Der Beschwerdeführer konnte diese nicht erschüttern und eine andere Einschätzung nicht untermauern. Fallrelevante Änderungen zur Berichtslage sind nicht hervorgekommen und wurden nicht geltend gemacht.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
Zur Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten:
3.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatssicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention – GFK), droht.
Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
3.2. Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die „wohlbegründete Furcht vor Verfolgung“ (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH 24.11.1999, Zl. 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; 23.09.1998, Zl. 98/01/0224; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 06.10.1999, Zl. 99/01/0279 mwN; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).
Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 05.11.1992, Zl. 92/01/0792; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; 27.06.1995, 94/20/0836; 23.07.1999, 99/20/0208; 21.09.2000, 99/20/0373; 26.02.2002, 99/20/0509 m.w.N.; 12.09.2002, 99/20/0505; 17.09.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 m.w.N.).
Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH 01.06.1994, Zl. 94/18/0263; 01.02.1995, Zl. 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht – diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann –, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256).
Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 22.10.2002, Zl. 2000/01/0322).
Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. „inländische Fluchtalternative“ vor. Der Begriff „inländische Fluchtalternative“ trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503 und Zl. 98/01/0648).
3.3. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass der Beschwerdeführer eine ihm in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen landesweit drohende Verfolgung nicht glaubhaft gemacht hat:
Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.
Wie in der Beweiswürdigung dargelegt, war das Fluchtvorbringen nicht glaubhaft. Der Beschwerdeführer hat nicht glaubhaft gemacht, dass er einer konkreten, individuellen Bedrohung, Suche oder Verfolgung durch Angehörige des eritreischen Militärs bzw. einer Zwangseinberufung ausgesetzt war und ist und eine aktuelle Verfolgungsgefahr asylrelevanter Intensität vorliegt.
Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX verwies, in der einem eritreischen Staatsangehörigen aufgrund seiner Wehrdienstverweigerung der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde. Dieser Verweis ist jedoch nicht geeignet, sein eigenes gegenständliches Vorbringen zu stützen. Aus der Beweiswürdigung des herangezogenen Erkenntnisses ergibt sich, dass der dortige Beschwerdeführer seine Fluchtgründe glaubhaft gemacht hat, was im gegenständlichen Fall nicht der Fall war und wird diesbezüglich auf die Feststellungen und beweiswürdigenden Erwägungen im konkreten Fall des Beschwerdeführers verwiesen.
Da eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, war in der Folge davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgung nicht existiert.
Demnach war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. als unbegründet abzuweisen.
Zu Spruchteil B)
Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. dazu die zu Spruchpunkt A zitierte Rechtsprechung), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die in Bezug auf einen Antrag auf internationalen Schutz vom Bundesverwaltungsgericht im Einzelfall vorzunehmende Beweiswürdigung ist – soweit diese nicht unvertretbar ist – nicht revisibel (z.B. VwGH 19.04.2016, Ra 2015/01/0002, mwN).
Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
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