IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Elisabeth MAYER-VIDOVIC als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Armin KLAUSER und Peter STATTMANN als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 17.12.2024, betreffend die Abweisung des Antrages auf Zuerkennung von Notstandshilfe vom 03.12.2024 mangels Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung gemäß § 33 Abs. 2 und § 38 iVm § 7 AlVG zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführerin, einer serbischen Staatsangehörigen, wurde zuletzt eine Aufenthaltskarte, gültig bis 23.10.2022, ausgestellt. Unter Vorlage dieses Aufenthaltstitels bezog sie in den Jahren 2018 bis 2023 wiederholt Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.
2. Mit Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, vom 23.07.2024, AZ: XXXX , wurde das rechtskräftig abgeschlossene Verfahren betreffend den Antrag vom 17.10.2017 auf Ausstellung einer „Aufenthaltskarte (Angehöriger eines EWR- oder Schweizer Bürgers)“ gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 iVm § 69 Abs. 3 AVG wiederaufgenommen (Spruchpunkt I.). Weiters wurde ausgesprochen, dass die Anträge der Beschwerdeführerin vom 24.10.2022 und vom 17.10.2017 auf Ausstellung einer „Aufenthaltskarte (Angehöriger eines EWR- oder Schweizer Bürgers)“ zurückgewiesen werden. Zugleich wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts falle (Spruchpunkt II.).
Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien.
3. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX (im Folgenden: AMS) vom 17.12.2024 wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung von Notstandshilfe vom 03.12.2024 gemäß § 33 Abs. 2 und § 38 iVm § 7 AlVG mangels Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung keine Folge gegeben. Begründend wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin verfüge derzeit über keinen gültigen Aufenthaltstitel und stehe sohin der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung.
4. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und führte darin im Wesentlichen aus, dass sie sich im Sinne des § 7 Abs. 3 Z 2 AlVG berechtigt im Bundesgebiet aufhalte, um eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen und auszuüben. Sie sei von 2018 bis 23.10.2022 aufgrund ihrer Ehe mit einem EU-Bürger im Besitz einer unionsrechtlichen Aufenthaltskarte gewesen. Am 24.10.2022 habe sie einen Antrag auf eine weitere unionsrechtliche Dokumentation gestellt. Da es sich nicht um einen Aufenthaltstitel, sondern um eine deklaratorische unionsrechtliche Dokumentation handle, sei es für das Aufenthaltsrecht nicht Voraussetzung, dass der Verlängerungsantrag vor Ablauf der Karte gestellt werde. Das Verlängerungsverfahren sei nach wie vor beim Landesverwaltungsgericht anhängig. Solange keine rechtskräftige Entscheidung über den Verlängerungsantrag vorliege, verfüge sie über ein Aufenthaltsrecht und damit auch über einen Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Sie sei zu Unrecht vom Leistungsbezug abgemeldet worden und beantrage daher die Zuerkennung von Arbeitslosengeld.
5. Am 24.03.2025 wurde der Beschwerdeakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. In einer Stellungnahme zur Beschwerdevorlage teilte das AMS mit, dass bislang keine Entscheidung im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht eingelangt sei. Das AMS gehe aufgrund des vorliegenden Bescheides der MA 35 davon aus, dass die Beschwerdeführerin nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltes falle und liege die Voraussetzung der Verfügbarkeit in Ermangelung eines anderen Aufenthaltstitels nicht vor.
6. Mit Schreiben vom 26.03.2025 wurde der Beschwerdeführerin das Vorlageschreiben der belangten Behörde übermittelt und ihr die Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt. Es langte keine Stellungnahme beim Bundesverwaltungsgericht ein.
7. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 23.05.2025, Zl. XXXX , wurde die Beschwerde gegen Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, vom 23.07.2024 als unbegründet abgewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Das Bundesverwaltungsgericht geht von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt aus:
Die Beschwerdeführerin wurde am XXXX in XXXX , Serbien, geboren.
Am 27.09.2017 schloss die Beschwerdeführerin vor dem Standesamt in XXXX , Serbien, eine Ehe mit einem ungarischen Staatsangehörigen und wurde diese im Standesamts- und Staatsbürgerschaftsverband XXXX unter der Nummer XXXX in das Ehebuch eingetragen.
Unter Berufung auf diese Ehe beantragte die Beschwerdeführerin am 17.10.2017 die Ausstellung einer Aufenthaltskarte (Angehöriger eines EWR- oder Schweizer Bürgers). Am 06.11.2017 wurde ihr die Aufenthaltskarte (Angehöriger eines EWR- oder Schweizer Bürgers) mit Gültigkeit bis 23.10.2022 ausgestellt.
Am 24.10.2022 stellte die Beschwerdeführerin einen weiteren Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte.
Die Beschwerdeführerin bezog in den Jahren 2018 bis 2023 wiederholt Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Mit 01.10.2023 wurde der Leistungsbezug vorläufig eingestellt.
Mit Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, vom 23.07.2024, AZ: XXXX , wurde das rechtskräftig abgeschlossene Verfahren betreffend den Antrag vom 17.10.2017 auf Ausstellung einer „Aufenthaltskarte (Angehöriger eines EWR- oder Schweizer Bürgers)“ wegen Erschleichung durch eine Aufenthaltsehe gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 iVm § 69 Abs. 3 AVG wiederaufgenommen (Spruchpunkt I.). Weiters wurde ausgesprochen, dass die Anträge der Beschwerdeführerin vom 24.10.2022 und vom 17.10.2017 auf Ausstellung einer „Aufenthaltskarte (Angehöriger eines EWR- oder Schweizer Bürgers)“ zurückgewiesen werden. Zugleich wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts falle (Spruchpunkt II.).
Die dagegen gerichtete Beschwerde der Beschwerdeführerin wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 23.05.2025, Zl. XXXX , als unbegründet abgewiesen. Es wurde gegen diese Entscheidung keine außerordentliche Revision erhoben.
Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 17.12.2024 wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung von Notstandshilfe vom 03.12.2024 gemäß § 33 Abs. 2 und § 38 iVm § 7 AlVG mangels Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung keine Folge gegeben.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde und den nunmehr dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Gerichtsakt.
Die Feststellungen zum Geburtsdatum und Geburtsort der Beschwerdeführerin basieren auf dem vorliegenden Akteninhalt.
Die Feststellungen zur Eheschließung und zum Erwerb der Aufenthaltskarte (Angehöriger eines EWR- oder Schweizer Bürgers) ergeben sich ebenfalls aus dem vorliegenden Akteninhalt.
Die Feststellungen zum Bezug der Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung basieren auf dem Versicherungsverlauf sowie dem Datenauszug des AMS.
Die Feststellungen zur Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Erteilung des Aufenthaltstitels sowie die rechtskräftige Zurückweisung der diesbezüglichen Anträge stützen sich auf die Einsichtnahme in die dem Akt einliegende Kopie des Bescheides des Amtes der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, vom 23.07.2024, AZ: XXXX , sowie das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 23.05.2025, Zl. XXXX . Laut Auskunft des Verwaltungsgerichtes Wien wurde gegen diese Entscheidung keine außerordentliche Revision erhoben.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig, sie ist jedoch nicht begründet.
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.2. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AlVG) lauten auszugsweise:
„Arbeitslosengeld
Voraussetzungen des Anspruches
§ 7. (1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, wer
1. der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht,
2. die Anwartschaft erfüllt und
3. die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat.
(2) Der Arbeitsvermittlung steht zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf (Abs. 3) und arbeitsfähig (§ 8), arbeitswillig (§ 9) und arbeitslos (§ 12) ist.
(3) Eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf eine Person,
1. die sich zur Aufnahme und Ausübung einer auf dem Arbeitsmarkt üblicherweise angebotenen, den gesetzlichen und kollektivvertraglichen Vorschriften entsprechenden zumutbaren versicherungspflichtigen Beschäftigung bereithält,
2. die sich berechtigt im Bundesgebiet aufhält, um eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen und auszuüben sowie, wenn ihr eine unselbständige Beschäftigung nur nach Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung gestattet ist, keine dieser gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975, entgegenstehenden wichtigen Gründe wie insbesondere wiederholte Verstöße infolge Ausübung einer Beschäftigung ohne Beschäftigungsbewilligung während der letzten zwölf Monate vorliegen.
(4) – (8) …
Allgemeine Bestimmungen
§ 38. Soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, sind auf die Notstandshilfe die Bestimmungen des Abschnittes 1 sinngemäß anzuwenden.“
3.3. Den Feststellungen folgend wurde das Verfahren betreffend den der Beschwerdeführerin erteilten Aufenthaltstitel amtswegig wiederaufgenommen und die Anträge vom 24.10.2022 und vom 17.10.2017 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels rechtskräftig zurückgewiesen. Infolge der Wiederaufnahme wurde das Verfahren in den Stand vor Erteilung der Aufenthaltstitel zurückversetzt und mit Wirkung ex tunc neuerlich entschieden (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 70, Rz 89; Stand 1.1.2020, rdb.at).
Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie sei zum Aufenthalt und zur Aufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt gewesen, kann daher im Hinblick auf die Rückwirkung der bereits rechtskräftigen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wien, womit die Wiederaufnahme und die Zurückweisung der Anträge auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte bestätigt wurden, nicht gefolgt werden.
Die Beschwerdeführerin hält sich somit mangels aufrechtem Aufenthaltstitel nicht berechtigt im Bundesgebiet auf, um eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen, und erfüllt deshalb die Anspruchsvoraussetzung des § 7 Abs. 3 Z 2 AlVG nicht.
Die belangte Behörde gab daher dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung von Notstandshilfe vom 03.12.2024 zu Recht keine Folge.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
3.4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat die beschwerdeführende Partei die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, entgegenstehen.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen, da der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde und dem Vorlageantrag hinreichend geklärt schien. Die belangte Behörde hat diesbezüglich ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt war damit weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante Neuerungen wurden in der Beschwerde nicht vorgetragen und es liegt keine Rechtsfrage von besonderer Komplexität vor, weshalb die Verhandlung unterbleiben konnte. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch nicht als uneinheitlich anzusehen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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