BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Heinz VERDINO als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Beate WASCHICZEK und Mag. Olivia ARO-WAGERER, MSc, im Verfahren über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch die KLEIN WUNTSCHEK Partner Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid des Finanzamts Österreich vom 23.06.2025, Zl. BMF-00123033/032-FAÖ/2025, den Beschluss gefasst:
A) Das verwaltungsgerichtliche Beschwerdeverfahren wird gemäß § 17 VwGVG iVm § 38 AVG bis zum rechtskräftigen Abschluss des von der Bundesdisziplinarbehörde mit Einleitungsbescheid vom 22.07.2025, Zl. 2025-0.398.209, (rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.10.2025, Zl. W170 2318290-1/8E) eingeleiteten Disziplinarverfahrens ausgesetzt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem im Spruch genannten Bescheid vom 23.06.2025 berief das Finanzamt Österreich (in der Folge: die Behörde) den Beschwerdeführer, einen in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehenden Beamten, aufgrund des Vorliegens eines wichtigen dienstlichen Interesses mit sofortiger Wirksamkeit von seinem Arbeitsplatz als Teamleiter des Teams Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel (Verwendungsgruppe A2 / Funktionsgruppe 6) der Dienststelle Sonderzuständigkeiten (Standort XXXX ) ab, versetzte ihn mit sofortiger Wirksamkeit zur Dienststelle XXXX (Standort XXXX ) und betraute ihn dort auf Dauer mit dem Arbeitsplatz eines Teamexperten Prüfer (A2 / 3) (§ 40 Abs. 2 iVm § 38 BDG 1979). Gleichzeitig stellte die Behörde fest, dass der Beschwerdeführer die für die Versetzung (Abberufung) maßgebenden Gründe selbst zu vertreten habe (§ 141a leg.cit.).
1.1.1. Dazu führte die Behörde aus, dass aufgrund eines anonymen Schreibens vom 12.03.2025 seitens des Büros für interne Angelegenheiten eine Untersuchung betreffend die darin geäußerten Vorwürfe eingeleitet worden sei, zu welchen der Beschwerdeführer und die betroffenen Bediensteten am 17.03.2025 befragt worden seien. Dabei sei hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer als Führungskraft im Jänner 2024 einer Auswahlkommission zur Besetzung einer Planstelle angehört habe, wobei er im Rahmen des Hearings seines Stiefsohns aktiv mit seiner Bewerbung befasst gewesen sei. Laut den Angaben des Beschwerdeführers habe er seinen Stiefsohn zuvor auf den Ablauf dieses Hearings vorbereitet. Der Stiefsohn des Beschwerdeführers sei in der Folge mit Wirksamkeit vom 01.03.2024 mit dieser Planstelle betraut worden, womit er ab diesem Zeitpunkt der Dienst- und Fachaufsicht durch den Beschwerdeführer unterstellt gewesen sei. Der Dienststellenleitung und der Personalabteilung der Behörde sei das bestehende Schwägerschaftsverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Stiefsohn und die Tatsache, dass dieses beim Hearing „bewusst verleugnet und in der Folge aktiv verschwiegen“ worden sei, erst am 17.03.2025 bekannt geworden.
Gemäß § 42 Abs. 2 BDG 1979 dürften Beamte, die bis einschließlich zum dritten Grad der Seitenlinie miteinander verwandt oder verschwägert seien, keine Weisungs- oder Kontrollbefugnis gegenüber einander ausüben. Im Hinblick darauf hätte der Beschwerdeführer dieses Schwägerschaftsverhältnis in seiner Funktion als Teamleiter der Dienststellenleitung unverzüglich melden müssen, was er jedoch unterlassen habe. Abgesehen davon hätte diese Meldung durch den Beschwerdeführer aufgrund von Befangenheit bereits zu jenem Zeitpunkt erfolgen müssen, als er von seiner Teilnahme am Hearing seines Stiefsohns erfahren habe.
1.1.2. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Beendigung eines Dienstverhältnisses einer Bediensteten, die nach Stellungnahmen des Beschwerdeführers keine adäquaten Arbeitsleistungen erbracht habe und nicht teamfähig gewesen sei, in der Folge seine Mitverantwortung zur Beendigung dieses Dienstverhältnisses zurückgewiesen und sich u.a. gegenüber Teammitgliedern abfällig über die dahingehenden Weisungen der Geschäftsleitung geäußert. Auch dieses Vorgehen habe für die Behörde zu einem erheblichen Vertrauensverlust in den Beschwerdeführer in seiner Funktion als Teamleiter geführt.
1.1.3. Schließlich habe der Beschwerdeführer aus Sicht der Behörde seine Funktion als Teamleiter nicht den dafür bestehenden Vorgaben entsprechend ausgeübt, was durch sein fehlendes Verständnis für den bundesweiten Spitzenausgleich und für teamübergreifendes Agieren sowie durch die Missachtung von Weisungen und die von ihm ausgeübte Gegenwehr zum Ausdruck gekommen sei.
1.2. Bei der Aufzählung der Anlassfälle eines wichtigen dienstlichen Interesses in § 38 Abs. 3 BDG 1979 handle es sich lediglich um eine demonstrative und nicht abschließende Aufzählung, womit Versetzungen nicht nur bei Vorliegen von rechtskräftigen straf- bzw. disziplinarrechtlichen Verurteilungen erfolgen könnten. Umstände und Verhaltensweisen, die den Gegenstand eines noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Disziplinarverfahrens bilden würden, seien daher ebenfalls dazu geeignet, die Belassung eines Beamten auf seinem bisherigen Arbeitsplatz objektiv unvertretbar erscheinen zu lassen und ein wichtiges dienstliches Interesse an seiner Versetzung zu begründen. Durch die im Rahmen der durchgeführten Ermittlungen hervorgekommenen Dienstpflichtverletzungen sei das Vertrauen der Behörde in den Beschwerdeführer als Führungskraft verloren gegangen. Im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer durchgeführten Handlungen erscheine die Annahme gerechtfertigt, dass bei ihm der Wille oder die Fähigkeit, die durch die Rechtsordnung vorgegebenen und für einen ordnungsgemäßen und effizienten Dienstbetrieb unerlässlichen Aufgaben zu erfüllen, nicht oder nicht mehr gegeben sei, und dass er seiner Vorbildfunktion, die einer Führungskraft obliege, nicht mehr gerecht werden könne. Da auch keine anderen Arbeitsplätze in Frage kommen würden, die für den Beschwerdeführer eine schonendere Variante iSd ständigen Judikatur darstellen würden, sei er nach § 40 Abs. 2 iVm § 38 leg.cit. auf den o.a. Arbeitsplatz eines Teamexperten Prüfer zu versetzen.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner Rechtsvertreterin fristgerecht Beschwerde, in der er den von der Behörde im Bescheid getroffenen Ausführungen entgegentrat und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragte.
3. Die vorliegende Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der Behörde mit Schreiben vom 10.07.2025 vorgelegt.
4. Die Bundesdisziplinarbehörde gab dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 29.08.2025 gemäß seinem zuvor gestellten Ersuchen den Stand des gegen den Beschwerdeführer hinsichtlich der o.a. Vorfälle geführten Verfahrens bekannt. Dazu legte die Bundesdisziplinarbehörde dem Bundesverwaltungsgericht die von der Behörde mit Schreiben vom 13.05.2025 gegen den Beschwerdeführer erstattete Disziplinaranzeige und den Einleitungsbescheid der Bundesdisziplinarbehörde vom 22.07.2025 samt der dagegen erhobenen Beschwerde vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer ist ein in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehender Beamter.
1.2. Mit Schreiben vom 13.05.2025 erstattete die Behörde gemäß § 110 Abs. 1 Z 2 BDG 1979 eine Disziplinaranzeige gegen den Beschwerdeführer wegen des Verdachts der schuldhaften Begehung von Dienstpflichtverletzungen (Nichtoffenlegung des Angehörigenverhältnisses zu seinem Stiefsohn bei der Teilnahme des Beschwerdeführers am Hearing seines Stiefsohns als Mitglied der Begutachtungskommission für die Besetzung einer Planstelle; missbräuchliche Beeinflussung des Hearings zugunsten seines Stiefsohns; Ausübung der Dienst- und Fachaufsicht über seinen Stiefsohn ab 01.03.2024 trotz vorliegender Verwendungsbeschränkungen).
Daraufhin leitete die Bundesdisziplinarbehörde mit Einleitungsbescheid vom 22.07.2025 gemäß § 123 Abs. 1 BDG 1979 gegenüber dem Beschwerdeführer aufgrund des Verdachts der schuldhaften Begehung der o.a. Dienstpflichtverletzungen ein Disziplinarverfahren ein.
Der gegen diesen Einleitungsbescheid vom Beschwerdeführer im Wege seiner Rechtsvertreterin erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 07.10.2025, Zl. W170 2318290-1/8E, teilweise statt (betreffend den Vorwürfen der missbräuchlichen Beeinflussung des Hearings zugunsten seines Stiefsohns und die Ausübung der Dienst- und Fachaufsicht über seinen Stiefsohn trotz vorliegender Verwendungsbeschränkungen) und wies diese teilweise als unbegründet ab (betreffend den Verdacht der Nichtoffenlegung des Angehörigenverhältnisses zu seinem Stiefsohn bei der Teilnahme des Beschwerdeführers am Hearing seines Stiefsohns für die Besetzung einer Planstelle). Das – somit insoweit eingeleitete – Disziplinarverfahren ist derzeit bei der Bundesdisziplinarbehörde anhängig.
2. Beweiswürdigung:
Die unter Pkt. II.1. getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den im erstinstanzlichen Verwaltungsakt und im Gerichtsakt des vorliegenden Verfahrens (s. die mit Schreiben der Bundesdisziplinarbehörde vom 29.08.2025 vorgelegten Unterlagen [Disziplinaranzeige vom 13.05.2025 und Einleitungsbescheid vom 22.07.2025], den angefochtenen Bescheid und die dagegen erhobene Beschwerde) und im Gerichtsakt des vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Zl. W170 2318290-1 geführten Verfahrens (Erkenntnis vom 07.10.2025) einliegenden und aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes unbedenklichen Aktenteilen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Nach § 31 Abs. 1 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 147/2024, (in der Folge: VwGVG) erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Gemäß § 6 BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idF BGBl. I Nr. 50/2025, (in der Folge: BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Nach § 135a Abs. 1 BDG 1979, BGBl. Nr. 333 idF BGBl. I Nr. 50/2025, (in der Folge: BDG 1979) hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes u.a. in Angelegenheiten des § 38 leg.cit. durch einen Senat zu erfolgen. Da die Aussetzung des Verfahrens ein nicht bloß verfahrensleitender Beschluss ist (vgl. VwGH 20.12.2017, Ra 2017/12/0119), ist bereits über diese in einem Senat zu entscheiden (s. § 9 Abs. 1 erster und zweiter Satz BVwGG).
Zu A) Aussetzung des Verfahrens:
3.1. Nach § 38 AVG ist, sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet, oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.
3.2. Die sich im angeführten – derzeit anhängigen und somit nicht rechtskräftig abgeschlossenen – Disziplinarverfahren stellende Hauptfrage, ob der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen tatsächlich begangen hat und somit disziplinarrechtlich zu verurteilen ist, ist eine im vorliegenden Beschwerdeverfahren, in dem die Rechtmäßigkeit der erfolgten Versetzung des Beschwerdeführers gemäß § 38 BDG 1979 zu beurteilen ist, auftauchende Vorfrage, zumal nach § 38 Abs. 3 Z 5 leg.cit. ein wichtiges dienstliches Interesse an der Versetzung insbesondere auch bei einer rechtskräftig erfolgten disziplinarrechtlichen Verurteilung iVm einer gewissen Art und Schwere der begangenen Dienstpflichtverletzungen gegeben ist.
Im Ergebnis liegt somit eine Vorfrage iSd § 38 AVG vor, weshalb das vorliegende verwaltungsgerichtliche Beschwerdeverfahren mit Beschluss auszusetzen war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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