W229 2312059-1/11E
Schriftliche Ausfertigung des am 15.10.2025 mündlich verkündeten Erkenntnisses:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Elisabeth WUTZL sowie die fachkundigen Laienrichter Ing. Robert FODROCZI und Peter STATTMANN über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Johnstraße vom 28.10.2024, nach Beschwerdevorentscheidung vom 05.12.2024, GZ: XXXX , betreffend Ausschluss des Bezuges von Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 09.10.2024 – 05.11.2024 gemäß § 11 AlVG, wobei Nachsicht nicht erteilt wurde, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Arbeitsmarktservice Johnstraße (im Folgenden: AMS) vom 28.10.2024 wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer gemäß § 11 AlVG für den Zeitraum von 09.10.2024 bis 05.11.2024 kein Arbeitslosengeld erhalte. Nachsicht wurde nicht erteilt.
Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sein Dienstverhältnis bei XXXX GmbH während der Probezeit freiwillig gelöst habe. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen würden nicht vorliegen bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und führte aus, dass der Dienstgeber alles falsch gemacht habe, aber der Beschwerdeführer bestraft werde. Die Firma XXXX habe ihn auf 16 Stunden falsch angemeldet und habe dies nicht ändern wollen, weshalb er gekündigt habe.
3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 05.12.2024 wies das AMS die Beschwerde ab. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in einem voll- und arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis im Ausmaß von 16 Wochenstunden gestanden sei, welches er in der Probezeit selbst gelöst habe, da er eine geringfügige Beschäftigung gewünscht habe. Der Wunsch, weiterhin Arbeitslosengeld beziehen zu können, stelle keinen Nachsichtsgrund iSd § 11 Abs. 2 AlVG dar.
4. Der Beschwerdeführer beantragte rechtzeitig die Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
5. Der Vorlageantrag und die Beschwerde wurden gemäß § 15 Abs. 2 letzter Satz VwGVG dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens beim Bundesverwaltungsgericht am 05.05.2025 einlangend vorgelegt.
6. Am 15.10.2025 fand zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts eine mündliche Verhandlung statt, an der der Beschwerdeführer und ein Vertreter des AMS teilnahmen.
Nach Schluss der Verhandlung erfolgte eine mündliche Verkündung des im Spruch wiedergegebenen Erkenntnisses.
Der Beschwerdeführer beantragte die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer war zuletzt von 01.09.2021 bis 18.02.2022 bei der XXXX GmbH vollversichert beschäftigt und bezog danach eine Urlaubsersatzleistung. Von 01.03.2022 bis 28.02.2023 befand er sich in einem vollversicherten Dienstverhältnis mit der XXXX KG. Nach dem Bezug von Arbeitslosengeld und Krankengeld befand sich der Beschwerdeführer von 06.09.2023 bis 29.03.2024 in einem vollversicherten Dienstverhältnis und bezog von 30.03.2024 bis 14.04.2024 eine Urlaubsersatzleistung.
Ab dem 20.04.2024 bezog der Beschwerdeführer neuerlich Arbeitslosengeld, häufig unterbrochen durch den Bezug von Krankengeld. Zur Berechnung des Arbeitslosengeldes wurde eine Bemessungsgrundlage von € 3.697,80 herangezogen.
Dem Beschwerdeführer wurde mit 21.08.2024 eine Stelle bei der XXXX GmbH im XXXX . Bezirk für 30 Stunden zugewiesen. Im Zuge dieses Bewerbungsverfahrens lernte der Beschwerdeführer den Gebietsleiter der Filiale in XXXX kennen. Dieser bot ihm eine Stelle als Küchenplaner in der Filiale in XXXX an.
Der Beschwerdeführer hat hinsichtlich der Filiale in XXXX zwei Bewerbungsgespräche mit den zuständigen Personen der XXXX GmbH geführt. Aufgrund des aus seiner Sicht langen Anfahrtsweges von ca. 1 Stunde von seinem Wohnort im XXXX . Bezirk wollte der Beschwerdeführer zunächst die Stelle für eine geringe Stundenanzahl, respektive für eine geringfügige Beschäftigung, eingehen, um zu sehen, wie die Anfahrt für ihn ist. Auch wollte der Beschwerdeführer diese Zeit dazu nutzen, das Küchenplanungsprogramm zu erlernen. Eine Ausdehnung der Stundenanzahl auf 30 bis 40 Stunden wäre nach zwei, drei Monaten geplant gewesen. Die zunächst geringe Stundenanzahl wurde auf Betreiben des Beschwerdeführers vereinbart.
Der Beschwerdeführer wurde vom Dienstgeber als vollversicherter Dienstnehmer zur Sozialversicherung gemeldet, dies zunächst ab 01.10.2024, was jedoch nach Hinweis des Beschwerdeführers auf 03.10.2024 korrigiert wurde. Nachdem der Beschwerdeführer erkannt hatte, dass der Vertrag über 16 Stunden vereinbart war, und dies von der Firma nicht auf eine geringfügige Beschäftigung geändert wurde, kündigte er mit 08.10.2024. Er versuchte davor nicht, die Stelle doch als Vollzeitstelle zu erhalten, obwohl dies grundsätzlich möglich war. Am 09.10.2024 meldete sich der Beschwerdeführer wieder beim AMS.
Das monatliche sozialversicherungspflichtige Entgelt der gegenständlichen Beschäftigung betrug € 1.684,45.
Die XXXX GmbH meldete mit XXXX Insolvenz an.
Von 17.02.2025 bis 21.02.2025 befand sich der Beschwerdeführer in einem vollversicherten Dienstverhältnis.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des AMS und des Bundesverwaltungsgerichts und insbesondere aus den Erörterungen in der mündlichen Beschwerdeverhandlung. Die Feststellungen zum bisherigen Leistungsbezug des Beschwerdeführers sowie seinen Dienstverhältnissen beruhen auf den Auszügen aus den Sozialversicherungsdaten.
Der Dienstvertrag für Handelsangestellte mit Provision zwischen dem Beschwerdeführer und XXXX GmbH vom 25.09.2024 wurde vom Beschwerdeführer vorgelegt. Daraus ist ersichtlich, dass ein Stundenausmaß von 16 Wochenstunden mit einem Monatsgehalt in Höhe von € 986,67 brutto sowie Provisionsakonto in Höhe von € 533,33 vereinbart wurde. Der Vertrag weist die Unterschrift des Beschwerdeführers auf. Der Beschwerdeführer führt dazu aus, dass die während des Vorstellungsgesprächs getroffene Vereinbarungen über die geringfügige Beschäftigung handschriftlich auf dem Vertrag vermerkt worden sei, dieses Original sich aber beim Dienstgeber befinde.
Die Feststellungen dazu, wie die gegenständliche Beschäftigung zustande kam, beruhen insbesondere auf den Schilderungen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung (vgl. Verhandlungsschrift S. 3 f.). Ebenso erläutert der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung seine Motive dafür, weshalb er zunächst eine Beschäftigung im geringeren Stundenausmaß wollte (Verhandlungsschrift S. 4: „BF: Für mich ist die Reise nach XXXX vom XXXX Bezirk relativ weit. Ich habe kein Auto und fahre ca. eine Stunde. Das ist die Erklärung für das, was ausgemacht worden ist. Ich habe dann mit einem Herrn ausgemacht, dass die Stelle zuerst als geringfügig ist, und ich schaue wie die Anreise für mich ist, ob der Arbeitsaufwand so ist wie ich das erlernt habe. Ich habe ein gewisses Planungsprogramm gelernt, das ich sehr gut kann. Firma XXXX benutzt aber ein ganz anderes. Ich muss das lernen und wie schnell ich das lernen kann und wie gut ich das lernen kann hängt davon ab, wie gut ich Küchen verkaufen kann. VR: Was war hinsichtlich der Anreise gedacht? BF: Ich wollte schauen, ob ich eine schnellere Möglichkeit finde und es war ein Gespräch, ob ich eine andere Stelle in einer anderen Filiale in Wien finden kann. VR: Was haben Ihre Gesprächspartner zu Ihrer Vorstellung, dass Sie das Programm erst erlernen wollen, gesagt? BF: Das ist ein normaler Prozess bei jedem Küchenplanungsverkauf. Das ist unterschiedlich. Es sind auch die internen Abläufe immer ein bisschen anders.”). Dass die geringfügige Beschäftigung nach einigen Monaten in eine Beschäftigung mit 30 Wochenstunden ausgeweitet hätte werden sollen, ergibt sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, insbesondere der Stellungnahme an das AMS vom 05.11.2024 sowie seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung. Auf Nachfrage bestätigt der Beschwerdeführer, dass es sein Wunsch gewesen sei, zunächst eine geringfügige Beschäftigung einzugehen, und die Vereinbarung darüber auf sein Betreiben zurückging (Verhandlungsschrift S. 5: „VR: Auf wessen Betreiben wollten Sie geringfügig beginnen und nicht gleich ein 30 Stunden Dienstverhältnis, was nach drei Monaten gewesen wäre? BF: Auf mein Betreiben, aber das war im gegenseitigen Einverständnis, damit wir uns kennenlernen können, damit wir schauen können wie gut ich bin und damit ich schauen kann, wie gut die Arbeitsstelle dort ist. Im Küchenverkauf ist es in der Regel soll, dass man relativ wenig Grundgehalt hat und eine Provision erhält. Wenn der Standort schlecht ist, fällt das Gehalt geringer aus, deshalb ist es so, dass man sich das meistens ansieht.”).
Soweit der Beschwerdeführer auf Vorhalt, dass gerade der Probemonat dem Kennenlernen von Dienstnehmer und Dienstgeber diene, erstmals vorbringt, dass er bereits über die schlechte wirtschaftliche Situation des Dienstgebers Bescheid gewusst habe und von bei XXXX GmbH beschäftigten Bekannten gewarnt worden sei, er solle vorsichtig sein bei einem neuen Vertrag (vgl. Verhandlungsschrift S. 5), so widerspricht das dem zuvor erläuterten Plan, die geringfügige Beschäftigung zum Kennenlernen, Einarbeiten und zur Evaluierung des Arbeitsweges zu nutzen und nach einigen Monaten die Stunden zu erhöhen, mag die Insolvenz des Dienstgebers schließlich unstrittigerweise tatsächlich eingetreten sein. Dass der Beschwerdeführer einen sofortigen Vertrag über 30 Wochenstunden aufgrund einer im Raum stehenden Insolvenz abgelehnt, dies aber einige Monate später sehr wohl in Betracht gezogen habe, erscheint nicht nachvollziehbar, zumal sich der Beschwerdeführer auch erhoffte, eventuell in einer Filiale näher an seinem Wohnort arbeiten zu können (vgl. Verhandlungsschrift S. 4). Dass die im Nachhinein bekannt gewordene Insolvenz den Beschwerdeführer bereits zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung abgeschreckt hätte, kann somit nicht gesehen werden. Überdies ist anzuführen, dass er gegebenenfalls seine Forderungen über den Insolvenz-Entgelts-Fonds hätte begleichen können. Zudem antwortet der Beschwerdeführer auf die Frage, was aus seiner Sicht dagegen gesprochen habe, die mögliche Stundenerhöhung ab sofort zu machen, ausweichend, indem er die Kommunikationsprobleme mit dem Dienstgeber ausführt und darauf hinweist, dass dies kein Vertrauensverhältnis sei (vgl. Verhandlungsschrift S. 6).
Insgesamt wurde aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers deutlich, dass er trotz Unterzeichnung des Dienstvertrages, aus welchem das Stundenausmaß und die Entlohnung ersichtlich ist, davon ausging, geringfügig bei der XXXX GmbH beschäftigt zu sein und weiter Arbeitslosengeld beziehen zu können, und er deshalb kündigte, als er erkannt hat, dass die Stelle nicht geringfügig war (vgl. insbesondere E-Mail des Beschwerdeführers an den Dienstgeber vom 08.10.2024; Schreiben des Beschwerdeführers an das AMS vom 08.10.2024). Dies ergibt sich auch daraus, dass der Beschwerdeführer den Beginn der Beschäftigung von 01.10.2024 auf 03.10.2024 korrigieren lies.
Dass der Beschwerdeführer nicht versucht hat, die Stelle in eine Vollzeitstelle umzuwandeln bzw. die Stundenzahl sogleich zu erhöhen, obwohl dies vom Arbeitgeber aus bereits zu Beginn möglich gewesen wäre, gibt er in der mündlichen Verhandlung an (vgl. Verhandlungsschrift S. 6). Dass gleich zu Beginn der Beschäftigung eine Vollzeitstelle möglich gewesen ist, ergibt sich daraus, dass die Stundenzahl erst auf Betreiben des Beschwerdeführers reduziert wurde.
Das monatliche sozialversicherungspflichtige Entgelt der gegenständlichen Beschäftigung ergibt sich u.a. aus dem vorgelegten Dienstvertrag (€ 986,67 x 14 /12 + € 533,33).
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die XXXX GmbH ist notorisch.
Die Feststellung des Dienstverhältnis des Beschwerdeführers im Februar 2025 ergibt sich aus dem Versicherungsverlauf vom 05.05.2025.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt gemäß §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG Senatszuständigkeit vor.
3.2. Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 idgF, lauten:
“§ 9. (1) Arbeitswillig ist, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes (AMFG), BGBl. Nr. 31/1969, durchführenden Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG anzunehmen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.
(2) Eine Beschäftigung ist zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist, in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll, in angemessener Zeit erreichbar ist oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht sowie gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung. Die zumutbare tägliche Wegzeit für Hin- und Rückweg beträgt jedenfalls eineinhalb Stunden und bei einer Vollzeitbeschäftigung jedenfalls zwei Stunden. Wesentlich darüber liegende Wegzeiten sind nur unter besonderen Umständen, insbesondere wenn am Wohnort lebende Personen üblicher Weise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden, zumutbar.
(3) In den ersten 100 Tagen des Bezuges von Arbeitslosengeld auf Grund einer neu erworbenen Anwartschaft ist eine Vermittlung in eine nicht dem bisherigen Tätigkeitsbereich entsprechende Tätigkeit nicht zumutbar, wenn dadurch eine künftige Beschäftigung im bisherigen Beruf wesentlich erschwert wird. In den ersten 120 Tagen des Bezuges von Arbeitslosengeld auf Grund einer neu erworbenen Anwartschaft ist eine Beschäftigung in einem anderen Beruf oder eine Teilzeitbeschäftigung nur zumutbar, wenn das sozialversicherungspflichtige Entgelt mindestens 80 vH des der letzten Bemessungsgrundlage für das Arbeitslosengeld entsprechenden Entgelts beträgt. In der restlichen Zeit des Bezuges von Arbeitslosengeld ist eine Beschäftigung in einem anderen Beruf oder eine Teilzeitbeschäftigung nur zumutbar, wenn das sozialversicherungspflichtige Entgelt mindestens 75 vH des der letzten Bemessungsgrundlage für das Arbeitslosengeld entsprechenden Entgelts beträgt. Entfällt im maßgeblichen Bemessungszeitraum mindestens die Hälfte der Beschäftigungszeiten auf Teilzeitbeschäftigungen mit weniger als 75 vH der Normalarbeitszeit, so ist während des Bezuges von Arbeitslosengeld eine Beschäftigung in einem anderen Beruf oder eine Teilzeitbeschäftigung nur zumutbar, wenn das sozialversicherungspflichtige Entgelt mindestens die Höhe des der letzten Bemessungsgrundlage für das Arbeitslosengeld entsprechenden Entgelts erreicht. Der besondere Entgeltschutz nach Teilzeitbeschäftigungen gilt jedoch nur, wenn die arbeitslose Person dem Arbeitsmarktservice Umfang und Ausmaß der Teilzeitbeschäftigungen durch Vorlage von Bestätigungen ehemaliger Arbeitgeber nachgewiesen hat. Ist die Erbringung eines solchen Nachweises mit zumutbaren Bemühungen nicht möglich, so genügt die Glaubhaftmachung.
(4) – (8) […]
§ 11. (1) Arbeitslose, deren Dienstverhältnis in Folge eigenen Verschuldens beendet worden ist oder die ihr Dienstverhältnis freiwillig gelöst haben, erhalten für die Dauer von vier Wochen, gerechnet vom Tage der Beendigung des Dienstverhältnisses an, kein Arbeitslosengeld. Dies gilt auch für gemäß § 3 versicherte Personen, deren Erwerbstätigkeit in Folge eigenen Verschuldens oder freiwillig beendet worden ist.
(2) Der Ausschluss vom Bezug des Arbeitslosengeldes ist in berücksichtigungswürdigen Fällen, wie zB wegen Aufnahme einer anderen Beschäftigung, freiwilliger Beendigung eines Dienstverhältnisses oder einer Erwerbstätigkeit aus zwingenden gesundheitlichen Gründen oder Einstellung der Erwerbstätigkeit wegen drohender Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit oder bei Saisonabhängigkeit wegen Saisonende, nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.”
3.3. Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.3.1. Eine freiwillige Lösung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 11 Abs. 1 AlVG 1977 liegt an sich vor, wenn der Arbeitnehmer selbst gekündigt, einen vorzeitigen Austritt erklärt oder eine einvernehmliche Auflösung initiiert hat. Dies führt zum Ausschluss vom Bezug des Arbeitslosengeldes für eine bestimmte Dauer. § 11 Abs. 2 legcit sieht allerdings berücksichtigungswürdige Gründe vor, die zu einer Nachsicht von der Sperre des Arbeitslosengeldes gemäß Abs. 1 führen. Als Nachsichtsgründe sind zunächst die Austrittsgründe im Sinne des Arbeitsvertragsrechtes zu verstehen (§ 82a GewO 1994, § 26 AngG), darüber hinaus aber auch „triftige“ Gründe, also Gründe von zureichendem Gewicht (vgl. VwGH 22.04.20215, 2012/10/021).
Ist die Initiative für die einvernehmliche Auflösung eindeutig (und nachweisbar) von der nun arbeitslosen Person ausgegangen, ist der zweite Tatbestand für eine Sperre nach § 11 Abs. 1 erfüllt. Die meisten Fälle einer freiwilligen Lösung werden freilich vorliegen, wenn der Dienstnehmer selbst gekündigt oder einen vorzeitigen Austritt erklärt hat. Diese führen aber nur dann zur Sperre, wenn kein berücksichtigungswürdiger Fall vorliegt, in dem der Ausschluss vom Leistungsbezug nach Abs. 2 ganz oder teilweise nachzusehen ist. Gleiches gilt für eine von der nun arbeitslosen Person erklärten Auflösung des Dienstverhältnisses während der Probezeit (vgl. Pfeil in Pfeil/Auer-Mayer/Schrattbauer, AlV-Komm § 11 AlVG Rz 11).
Im gegenständlichen Fall befand sich der Beschwerdeführer von 03.10.2024 bis 08.10.2024 in einem vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnis mit der XXXX GmbH. Er hat das Beschäftigungsverhältnis in der Probezeit gekündigt und somit freiwillig im Sinne des § 11 Abs. 1 AlVG gelöst. Daher tritt grundsätzlich die im Gesetz vorgesehene Sperrfrist von vier Wochen ein.
3.3.2. Zu prüfen bleibt, ob ein berücksichtigungswürdiger Grund vorliegt, aus dem die Rechtsfolge der Sperre gemäß § 11 Abs. 2 AlVG nachzusehen ist:
Gemäß § 11 Abs. 2 AlVG ist der Ausschluss vom Leistungsbezug in berücksichtigungswürdigen Fällen ganz oder teilweise nachzusehen. Als Nachsichtsgründe werden im Gesetz ausdrücklich die Aufnahme einer anderen Beschäftigung sowie gesundheitliche Gründe demonstrativ angeführt. Neben diesen im Gesetz ausdrücklich genannten Nachsichtsgründen kommen vor allem jene Gründe in Betracht, die den Dienstnehmer zum vorzeitigen Austritt aus einem Dienstverhältnis berechtigen.
Für die Beurteilung des Vorliegens von Nachsichtsgründen im Sinne des § 11 Abs. 2 AlVG sind insbesondere Zumutbarkeitsgesichtspunkte maßgebend, wie sie etwa § 9 Abs. 2 und 3 AlVG auch für den arbeitslos gewordenen Versicherten im Hinblick auf dessen Verpflichtung, eine vom Arbeitsmarktservice vermittelte oder sich bietende Arbeitsgelegenheit zu ergreifen, vorsieht. Soweit das Arbeitsverhältnis betreffende Umstände für die Auflösung eines Dienstverhältnisses in Betracht kommen, wird es sich zwar nicht nur um Vorfälle handeln müssen, die einen Austrittsgrund im Sinne des Arbeitsvertragsrechtes (etwa im Sinne des § 26 Angestelltengesetz und verwandter Rechtsvorschriften) darstellen, zumindest aber um solche, die einem solchen wichtigen Grund zumindest nahe kommen (VwGH 09.05.2023, Ro 2022/08/0004 mit Hinweis auf VwGH 19.01.2011, 2009/08/0272). Jedenfalls hat die bei Anwendung des § 11 AlVG vorzunehmende Zumutbarkeitsprüfung die gänzlich anders geartete Situation des in Beschäftigung Stehenden (zum Unterschied zu dem bereits arbeitslos Gewordenen) zu berücksichtigen (VwGH 22.02.2012, 2009/08/0096 mwN.).
Auch im Anwendungsbereich des § 11 AlVG ist – ähnlich wie in Zusammenhang mit dem Anspruchsverlust wegen Nichtannahme oder Vereitelung einer Beschäftigung nach § 10 AlVG – die Unzumutbarkeit einer Beschäftigung im Allgemeinen nicht anzunehmen, wenn davon ausgegangen werden kann, dass durch eine Anpassung der Arbeitsbedingungen eine Herstellung der Zumutbarkeit herbeigeführt werden hätte können (vgl. nochmals VwGH 09.05.2023, Ro 2022/08/0004).
3.3.2.1. Zur Frage der Entlohnung:
Wie festgestellt betrug das das monatliche sozialversicherungspflichtige Entgelt der gegenständlichen Beschäftigung € 1.684,45 und ist somit niedriger als 75 vH der letzten zur Berechnung des Arbeitslosengeldes herangezogenen Bemessungsgrundlage von € 3.697,80 (€ 2.773,35). Die Beschäftigung mit 16 Stunden zwar somit zu gering entlohnt, jedoch kann aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung, wonach die Beschäftigung in dem geringen Stundenausmaß auf sein Betreiben erfolgte und er die Möglichkeit gehabt hätte, eine Vollzeitstelle bzw. eine Stelle mit deutlich höherem Stundenausmaß zu erhalten, nicht gesehen werden, dass er durch eine Anpassung der Arbeitsbedingungen nicht die Zumutbarkeit der Stelle hätte herstellen können. Dabei können auch seine Angaben betreffend den Vertrauensverlust aufgrund des ersten Vertrages nicht nachvollzogen werden, zumal er selbst angibt, dass von Anfang an eine vollversicherungspflichtige Beschäftigung mit höheren bzw. Vollzeitstundenausmaß möglich gewesen wäre. Die Herstellung der Zumutbarkeit durch die Erhöhung des Stundenausmaßes – welche im Übrigen nach einigen Monaten ohnehin angedacht war – und somit der Entlohnung wäre gegenständlich somit möglich gewesen und gibt der Beschwerdeführer selbst an, sich darum nicht bemüht, sondern die Kündigung vorgezogen zu haben.
3.3.2.2. Zur Wegzeit:
Bei einer Vollzeitbeschäftigung liegt eine Wegzeit erst dann „wesentlich“ über der in § 9 Abs. 2 AlVG genannten Grenze von „jedenfalls zwei Stunden“ - und sie ist daher erst dann „nur unter besonderen Umständen“ zumutbar -, wenn diese Grenze um etwa 50 % überschritten wird. Ab einer Wegzeit von drei Stunden täglich bedürfte es einer näheren Prüfung, ob derartige besondere Umstände vorliegen, auf Grund derer die festgestellten Wegzeiten ausnahmsweise zumutbar sind (VwGH 03.09.2024, Ra 2023/08/0078 mwN.).
Vorliegend ergibt sich schon aus den Angaben des Beschwerdeführers zur Wegzeit, dass er unter jener genannten Grenze läge, welche für eine Vollzeitstelle, hinsichtlich derer die Zumutbarkeit zu prüfen ist, angesehen zumutbar angesehen wird.
3.3.2.3. Auch in dem Insolvenzverfahren der XXXX GmbH ab XXXX kann kein Nachsichtgrund gesehen werden, zumal zum verfahrensgegenständlichen Zeitpunkt dies noch nicht absehbar war und der Beschwerdeführer dies auch erstmals in der mündlichen Verhandlung vorbringt. Wie bereits ausgeführt, ergibt sich aus dem übrigen Vorbringen des Beschwerdeführers, dass er sehr wohl bereit war, nach einigen Monaten der Geringfügigkeit seine Stunden aufzustocken oder in eine andere Filiale zu wechseln, dies ungeachtet der immer wieder kolportierten wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Dienstgebers.
Die in § 11 Abs. 2 AlVG als berücksichtigungswürdiger Fall angeführte (drohende) Zahlungsunfähigkeit bezieht sich auf selbständige Erwerbstätigkeiten, welche gegenständlich nicht vorlag.
3.3.2.4. Die vollversicherte Beschäftigung des Beschwerdeführers von 17.02.2025 bis 21.02.2025 vermag aufgrund der zeitlichen Distanz von fast vier Monaten die negative Konsequenzen der Kündigung für die Versichertengemeinschaft nicht auszugleichen.
Insgesamt sind somit keine Nachsichtsgründe im Sinne des § 11 Abs. 2 AlVG ersichtlich.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.4. Zum Antrag auf schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses:
Binnen zwei Wochen nach Ausfolgung oder Zustellung der Niederschrift gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG kann eine Ausfertigung gemäß § 29 Abs 4 VwGVG beantragt werden. Ein solcher Antrag auf Ausfertigung des bereits mündlich verkündeten Erkenntnisses ist damit zwar ab Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift über die mündliche Verkündung befristet, kommt aber auch schon davor in Betracht, sobald der Antragsteller Kenntnis vom Erkenntnis erlangt hat (§ 29 Abs. 2b erster Satz VwGVG) (vgl. Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG § 29 VwGVG Rz 86 (Stand 15.2.2017, rdb.at).
Ergibt sich aus der Niederschrift der mündlichen Verhandlung, dass das BVwG – offensichtlich in Übereinstimmung mit den revisionswerbenden Parteien – bereits von einem Verlangen auf Ausfertigung der revisionswerbenden Parteien im Sinne des § 29 Abs. 2a Z 1 VwGVG 2014 ausgegangen ist und dessen Entsprechung zu einem späteren Zeitpunkt in Aussicht gestellt hat, war ein gesonderter neuerlicher expliziter Antrag auf Ausfertigung vor diesem Hintergrund nicht mehr erforderlich und stellte somit im Revisionsfall keine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Erhebung einer Revision an den VwGH mehr dar (VwGH 12.05.2021, Ra 2021/02/0059 RS 1).
Der Beschwerdeführer beantragte nach der mündlichen Verkündung des Erkenntnisses sowie der Belehrung gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG die schriftliche Ausfertigung und wurde dies in der Niederschrift der mündlichen Verhandlung protokolliert (vgl. Verhandlungsschrift S. 12). Das erkennende Gericht konnte daher von einem Verlangen des Beschwerdeführers auf Ausfertigung ausgehen und war ein gesonderter neuerlicher expliziter Antrag auf Ausfertigung vor diesem Hintergrund nicht mehr erforderlich, dies auch deshalb, weil der Beschwerdeführer die Entsprechung seines Antrages erwarten konnte.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht weder inhaltlich noch bezüglich des Ausfertigungsantrages von der bisherigen, im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Ebensowenig fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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