W164 2286678-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Rotraut LEITNER als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Martin EGGER (aus dem Kreis der Arbeitgeber:innen) und Mag. Reinhold WIPFEL (aus dem Kreis der Arbeitnehmer:innen) als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice vom 17.11.2023, Zl. XXXX , AMS 964- Wien Laxenburger Straße, nach Beschwerdevorentscheidung vom 30.01.2024, GZ: WF 2023-0566-9-044968, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und einer nicht öffentlichen Beratung vom 10.10.2025 zu Recht erkannt:
A)
Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 1, Abs. 2 und Abs 5 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Die nunmehrige Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) stand vor der verfahrensgegenständlichen Zeit ab 29.09.2018 im Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung und bezog ab 20.04.2019 Notstandshilfe. Mit Schreiben vom 10.10.2023 wies das AMS der BF eine Beschäftigung als „Marktmitarbeiterin Feinschmecker“ bei der Dienstgeberin XXXX GmbH zu. Die potentielle Dienstgeberin teilte dem AMS am 03.11.2023 mit, dass die BF die Stelle abgesagt hätte.
Am 16.11.2023 nahm das AMS mit der BF eine Niederschrift auf. Dabei gab die BF an, ihr sei im Zuge des Bewerbungsgesprächs eine Beschäftigung mit drei mal drei Stunden pro Woche angeboten worden. Dies wäre eine geringfügige Beschäftigung gewesen. Die BF habe nicht geringfügig sondern vollversicherungspflichtig arbeiten wollen.
Am 16.11.2023 kontaktierte das AMS eine Mitarbeiterin der potenziellen Dienstgeberin und fertigte eine Gesprächsnotiz folgenden Inhalts an: Die Nachfrage, ob es möglich sei, dass der BF eine geringfügige Beschäftigung im Ausmaß von drei Tagen der Woche zu je drei Stunden angeboten worden sei, obwohl eine Teilzeitstelle im Ausmaß von 20 bis 25 Wochenstunden ausgeschrieben war, verneinte diese. Lediglich wenn eine Bewerberin angebe, sie könne nur vormittags oder nur geringfügig arbeiten, werde ein geringfügiges Dienstverhältnis angeboten.
Mit Bescheid vom 17.11.2023 sprach das AMS aus, dass die BF gemäß § 38 iVm§ 10 AlVG den Anspruch auf Notstandshilfe für den Zeitraum 03.11.2023 bis 14.12.2023 verloren habe. Der angeführte Zeitraum verlängere sich um die in ihm liegenden Zeiträume des Krankengeldbezugs. Begründend wurde ausgeführt, die BF habe eine vom AMS zugewiesene, zumutbare Beschäftigung bei der XXXX GmbH nicht angenommen. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen lägen nicht vor bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.
Gegen diesen Bescheid erhob die BF fristgerecht Beschwerde und führte sinngemäß aus, sie habe am 18.10.2023 ein Vorstellungsgespräch mit dem Filialleiter der betreffenden XXXX Filiale gehabt. In diesem Gespräch sei die Kinderbetreuung thematisiert worden und habe die BF angeführt, dass die Kinderbetreuung ihres Sohnes durch den Kindergarten geregelt sei, ihre Tochter werde von der Familie betreut, bzw. werde diese demnächst beim Kindergarten angemeldet. Die BF habe dann ein geringfügiges Dienstverhältnis im Ausmaß von drei Tagen der Woche zu je drei Stunden angeboten bekommen. Zwischenzeitig habe die BF aufgrund einer anderen Stellenzuweisung ein weiteres Bewerbungsgespräch geführt und habe eine Zusage als Verkaufsmitarbeiterin im Bereich Reha-Hilfsmittel erhalten. Dies habe sie dazu veranlasst, das Stellenangebot der XXXX GmbH abzulehnen. Nachfolgend habe die BF allerdings eine Absage des anderen Dienstgebers erhalten. Die BF bewerbe sich auf Vermittlungsvorschläge des AMS und tätige auch Eigenbewerbungen, sie besuche zudem ein Schulungscenter. Die BF nehme ihrer Verpflichtungen ernst.
Im Zuge des Beschwerdevorverfahrens forderte das AMS die BF mit eAMS Nachricht vom 04.12.2023 auf, den Namen und die Kontaktdaten des Mitarbeiters der XXXX GmbH bekanntzugeben, mit welchem sie das Vorstellungsgespräch geführt habe. Das AMS urgierte am 11.12.2023. Die BF beantwortete diese Anfragen nicht.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 30.01.2024, GZ: WF 2023-0566-9-044968, wies das AMS die Beschwerde ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Angaben der BF, ihr sei lediglich ein geringfügiges Dienstverhältnis angeboten worden, seien vor dem Hintergrund des Vermittlungsvorschlages, der eine vollversicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigung vorgesehen hätte, nicht nachvollziehbar. Die BF habe jenen Mitarbeiter der potenziellen Dienstgeberin, mit dem sie das von ihr geschilderte Vorstellungsgespräch geführt habe, nicht namhaft gemacht. Somit habe nach der Aktenlage entschieden werden müssen.
Dagegen erhob die BF fristgerecht einen Vorlageantrag und wiederholte ihr Beschwerdevorbringen. Ergänzend brachte sie sinngemäß vor, sie wisse von ihrem Gesprächspartner beim Vorstellungsgespräch lediglich, dass dieser der vorübergehende Filialleiter der Filiale XXXX , gewesen sei.
Das AMS legte die Beschwerde samt dem Bezug habenden Akt dem Bundesverwaltungsgericht am 16.02.2024 zur Entscheidung vor.
Am 10.10.2025 wurde beim Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung abgehalten, an der die BF und eine Vertreterin des AMS als Parteien teilnahmen und jener Filialleiter, der mit der BF das Bewerbungsgespräch geführt hatte als Zeuge befragt wurde.
Die BF machte zusammengefasst die folgenden Angaben:
Sie habe das Bewerbungsgespräch noch in Erinnerung. Sie sei mit dem Herrn in das Büro gegangen, habe sich vorgestellt und er habe sich vorgestellt, und gesagt, dass er vorübergehend der Filialleiter sei. Dann sei über die Stelle gesprochen worden und über die Kinderbetreuung und darüber, dass diese geregelt sei. Im Laufe des Gespräches seien ihr dann 3 Mal 3 Stunden pro Woche angeboten worden, da von der Zeit von 6 Uhr bis 9 Uhr jemand für die Feinkost gesucht werde. Auf ihren Einwand, dass laut Stellenausschreibung 20 bis 25 Wochenstunden angeboten waren, habe er ihr vorgeschlagen, sich nach der Kinderpause langsam wieder einzugewöhnen und dass sie mit der Zeit aufstocken könnte. Die BF habe daraufhin nicht mehr versucht zu verhandeln. Man sei so verblieben dass sie mit ihrer AMS-Beraterin sprechen würde und er mit der Feinkostleitung. Er habe gesagt, dass er anrufen werde.
Die BF habe mit ihrer AMS-Beraterin am 20.10.2023 darüber gesprochen und habe diese gemeint, dass mit einer nur geringfügigen Beschäftigung nichts gewonnen wäre.
Nach etwa 10 Tagen habe der Filialleiter die BF angerufen. Die BF habe gesagt, dass sie mit dem AMS gesprochen habe und dass eine 3 Mal 3 Stunden Stelle für sie nicht in Frage komme. Der Filialleiter habe darauf gesagt „OK, Danke“, und habe aufgelegt. Dazu, noch einmal nachzufragen, ob nun die 20-25 Stelle noch frei wäre, sei keine Gelegenheit mehr gewesen. Dem AMS habe der Filialleiter offenbar weitergeleitet, dass die BF die 20-25 Stunden Stelle nicht angenommen hätte.
Die BF habe damals eine weitere Stelle vom AMS zugewiesen bekommen und habe mit dem potentiellen Dienstgeber per E-Mail korrespondiert. Sie legte einen Ausdruck vor. Dieser habe gesagt, dass im Jänner 2024 jemand in Pension gehen würde und dass sie mit Jänner 2024 beginnen könnte. Am 17.11. habe dieser potentielle Dienstgeber mitgeteilt, dass er die Stelle anderweitig vergeben habe.
Seitens des AMS wurde bestätigt, dass sich die BF beim zuletzt genannten potentiellen Dienstgeber ordnungsgemäß für eine 20-Stunden Stelle beworben habe. Dass die BF mit ihrer AMS-Beraterin das hier gegenständliche Bewerbungsgespräch besprochen hätte, sei nicht aktenkundig.
Der als Zeuge befragte Filialleiter der potentiellen Dienstgeberin (im Folgenden Z) machte zusammengefasst die folgenden Angaben:
Er habe in seinen Unterlagen nachgesehen, um sich das verfahrensgegenständliche Bewerbungsgespräch vom 18.10.2023 in Erinnerung zu rufen. Das Gespräch selbst habe er nicht mehr in Erinnerung. Detaillierte Unterlagen seien aus Datenschutzgründen nicht mehr vorhanden. Üblicherweise werde ein Bewerber/eine Bewerberin nach eine on-line-Bewerbung vom Job-Center der potentiellen Dienstgeberin angerufen und nach dem Zeitrahmen gefragt, für den er/sie zur Verfügung stehe. Im Fall der gegenständlichen Bewerbung der BF finde sich im Datensatz noch der Vermerk 06:00 Uhr bis 12:00 Uhr. Der Z ziehe solche Datensätze für seine Bewerbungsgespräche heran. Im Allgemeinen wirke er im Bewerbungsgespräch darauf hin, dass ein Beschäftigungsangebot gemacht werde, welches mit dem angegebenen Zeitrahmen leicht vereinbar sei und gleichzeitig dem Bedarf der potentiellen Dienstgeberin entsprechen würde, denn seitens der potentiellen Dienstgeberin bestehe ein Interesse an langfristigen Beschäftigungen. Der Z erachte es nicht als sinnvoll, jemanden knapp am angegebenen Zeitlimit zu beschäftigen. Dies würde erfahrungsgemäß über kurz oder lang zu Problemen führen. Die beschäftigte Person müsste dann Urlaubstage einsetzen um auch alle notwendigen privaten Termine in ihrem Alltag unterzubringen. Es bestehe die Gefahr, dass die Beschäftigung aufgegeben würde und seitens der potentiellen Dienstgeberin in neue Bewerbungsverfahren investiert werden müsse. Der Z halte es für möglich, dass er der BF das Angebot einer geringfügigen Beschäftigung gemacht haben könnte, insbesondere, da für die ausgeschriebene Stelle eine vormittags und nachmittags flexibel einsetzbare Arbeitskraft gesucht gewesen wäre.
Im Fall einer Absage melde der Z diese dem Job-Center der potentiellen Dienstgeberin und erfolge die entsprechende Mitteilung an das AMS durch das Job-Center zur angegebenen ADG-Nummer.
Die BF gab an, keinen Anruf vom Job-Center der potentiellen Dienstgeberin erhalten zu haben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin wurde XXXX in Wien geboren und hat in Wien XXXX in Wien die Fachschule für wirtschaftliche Berufe besucht. Sie stand vor der verfahrensgegenständlichen Zeit ab 29.09.2018 im Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung und bezog ab 20.04.2019 Notstandshilfe.
Die BF hat einen Sohn geb. XXXX und eine Tochter geb. XXXX . Der Sohn besuchte ab 01.11.2023 den Kindergarten. Die Betreuung beider Kinder war darüber hinaus durch Verwandte und durch den Ehemann der BF abgesichert (07:00 Uhr bis 18:00).
Laut Betreuungsvereinbarung vom 12.09.2023 suchte die BF eine Teilzeitbeschäftigung mit 20 bis 25 Wochenstunden in der Zeit von 07:00 – 18:00 in Wien, Bezirk Mödling oder Bezirk Schwechat.
Am 10.10.2023 erhielt die BF das gegenständliche Stellenangebot für eine Stelle als „Marktmitarbeiterin Feinschmecker“ bei der XXXX GmbH in der Filiale XXXX Wien, mit 20 bis 25 Wochenstunden „im Rahmen der Betriebszeiten“, ohne genaue Zeitangabe, zugewiesen. Die BF bewarb sich auf diese Stelle.
Sie erhielt einen Anruf des Job-Centers der potentiellen Dienstgeberin, mit dem gefragt wurde, an wievielen Tagen der Woche und zu welchen Tageszeiten sie arbeiten wolle. Die BF gab an, dass 06:00 bis 12:00 Uhr an fünf Tagen der Woche für sie passen würde.
Das Jobcenter der potentiellen Dienstgeberin leitete diese Anmerkung entsprechend dem bei der potentiellen Dienstgeberin, einem Großbetrieb mit vielen offenen Stellen, üblichen Ablauf an den Filialleiter der Filiale XXXX weiter.
Am 18.10.2023 hatte die BF beim genannten Filialleiter (Z) ein Vorstellungsgespräch. Die BF nahm diesen Termin wahr. Der Filialleiter zog für dieses Gespräch die vom Job-Center erhaltene Mitteilung, 06:00 Uhr bis 12:00 Uhr an fünf Tagen der Woche, als Basis heran, erörterte mit der BF, ob sie Kinder habe und wie lange sie in der Kinderpause gewesen sei. Der Z war aufgrund seiner Erfahrung als Filialleiter bestrebt ein Bewerbungsangebot zu machen, welches in den vom Job-Center mitgeteilten Arbeitsrahmen passte, ohne diesen Rahmen bis zum Limit auszuschöpfen, da der Z stets schon im Bewerbungsgespräch auf eine langfristige Vertragsbeziehung hinarbeiten wollte. Für die ursprünglich ausgeschriebene Stelle wäre eine flexibel vormittags und nachmittags einsetzbare Arbeitskraft gesucht worden. Da dem Z bekannt war, dass die potentielle Dienstgeberin für die Zeit von 06:00 Uhr bis 09:00 Uhr in der Früh an drei Tagen der Woche eine Kraft für das Herrichten der Brötchen in der Feinkostabteilung benötigte, bot er der BF diese Stelle an und schlug ihr vor, sich nach einer Eingewöhnungsphase um eine sukzessive Ausweitung des Beschäftigungsausmaßes zu bewerben. Man verblieb so, dass ein weiterer Anruf erfolgen werde. In der folgen Woche rief der Z die BF an und fragte erneut, ob sie dem Angebot einer Beschäftigung von drei Stunden an drei Tagen der Woche zustimmen würde. Die BF lehnte ab. Am 25.10.2023 teilte der Z dem Job-Center der potentiellen Dienstgeberin diese Absage mit. Das Job-Centers der potentiellen Dienstgeberin meldete dem AMS, dass die BF die mit ADG-Nummer XXXX zugewiesene Stelle abgelehnt habe.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde und in die Daten des Dachverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger, sowie durch Abhaltung der mündlichen Verhandlung vom 10.10.2025.
Die Feststellung, dass die BF einen Anruf vom Job-Center der potentiellen Dienstgeberin erhielt und dort auf Nachfrage eine Wunscharbeitszeit von 06:00 bis 12:00 an 5 Tagen der Woche (somit 30 Wochenstunden) angegeben hat, gründet sich auf die durchwegs glaubwürdige und nachvollziehbare Aussage des befragten Zeugen, der diese Vorgangsweise als Standardablauf bei Bewerbungen im Rahmen des Großbetriebes der potentiellen Dienstgeberin darlegte und sich auf einen noch vorhandenen internen Datensatz berief. Dass vom Jobcenter der potentiellen Dienstgeberin sinngemäß nach einem Wunscharbeitszeitrahmen gefragt worden sein wird, wird daraus geschlossen, dass die potentielle Dienstgeberin, wie der Z nachvollziehbar darlegte, als Großbetrieb regelmäßig viele offene Stellen hat und bestrebt ist, Mitarbeiter/innen langfristig, zu beschäftigen. Gleichzeitig lässt die geschilderte Struktur des Bewerbungsablaufes erkennen, dass ein genaueres Gespräch über den so erfragten Zeitrahmen (wenn nötig) offensichtlich für das eigentliche Vorstellungsgespräch vorgesehen war.
Soweit die BF verneint, von Job-Center der potentiellen Dienstgeberin einen Anruf erhalten zu haben, war unter Berücksichtigung der inzwischen verstrichenen Zeit von zwei Jahren davon auszugehen, dass sie diesen nicht mehr in Erinnerung hatte.
Aus der Aussage des befragten Zeugen, ergab sich weiters schlüssig dass dieser die Aufzeichnungen des Job-Centers der potentiellen Dienstgeberin hinsichtlich des erfragten Arbeitszeitrahmens in seinen Bewerbungsgesprächen grundsätzlich als Gegebenheit annahm und nicht weiter hinterfragte, da es seiner Erfahrung als Filialleiter entsprach, dass eine langfristige Beschäftigung – eine solcher wurde seitens der potentiellen Dienstgeberin stets angestrebt – dann am besten gelang, wenn das Beschäftigungsangebot in den angegebenen Wunscharbeitszeitrahmen passte, und diesen nicht bis zum Limit ausreizte. Der Z hat ferner nachvollziehbar dargelegt, und es durchaus möglich sei, dass er der BF ein Angebot an drei Tagen der Woche von 06:00 bis 09:00 Uhr gemacht haben könnte – insbesondere, da für die ursprünglich zugewiesene Stelle eine zeitlich flexible Arbeitskraft gesucht wurde.
Der Z hat ferner in nachvollziehbarer Weise dargelegt, dass die Rückmeldung an das AMS regelmäßig vom Jobcenter der potentiellen Dienstgeberin zur zugewiesenen ADG-Nummer erfolge, ohne dass Einzelheiten zum Bewerbungsgespräch kommuniziert werden.
Ob die BF das Bewerbungsgespräch vom 18.10.2023 mit ihrer AMS-Beraterin am 20.10.2023 im Detail besprochen hat – die BF behauptet dies, in der diesbezüglichen Gesprächsnotiz im Akt des findet sich aber kein entsprechender Vermerk - muss im vorliegenden Gesamtzusammenhang nicht mehr ermittelt werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Im vorliegenden Fall war daher Senatszuständigkeit gegeben.
Zu A)
Die im vorliegenden Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) lauten:
Arbeitslosengeld
Voraussetzungen des Anspruches
§ 7. (1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, wer
1. der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht,
2. die Anwartschaft erfüllt und
3. die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat.
(2) Der Arbeitsvermittlung steht zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf (Abs. 3) und arbeitsfähig (§ 8), arbeitswillig (§ 9) und arbeitslos (§ 12) ist.
(3) – (8) (...)
Arbeitswilligkeit
§ 9. (1) Arbeitswillig ist, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes (AMFG), BGBl. Nr. 31/1969, durchführenden Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG anzunehmen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.
(2) Eine Beschäftigung ist zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist, in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll, in angemessener Zeit erreichbar ist oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht sowie gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung. Die zumutbare tägliche Wegzeit für Hin- und Rückweg beträgt jedenfalls eineinhalb Stunden und bei einer Vollzeitbeschäftigung jedenfalls zwei Stunden. Wesentlich darüber liegende Wegzeiten sind nur unter besonderen Umständen, insbesondere wenn am Wohnort lebende Personen üblicher Weise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden, zumutbar.
(3) - (8) (…)
§ 10. (1) Wenn die arbeitslose Person
1. sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden Dienstleister zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, oder
2. (...)
3. (...)
4. (...)
so verliert sie für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft. Die Zeiten des Anspruchsverlustes verlängern sich um die in ihnen liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde.
(2) (...)
(3) Der Verlust des Anspruches gemäß Abs. 1 ist in berücksichtigungswürdigen Fällen wie zB bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.
(4) (...)
Die Bestimmungen der §§ 9 und 10 AlVG sind Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszweckes, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat, existentiell abzusichern und ihn durch Vermittlung einer ihm zumutbaren Beschäftigung wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, d.h. bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein (vgl. z.B. VwGH 23.2.2005, 2003/08/0039; 4.9.2013, 2011/08/0200, mwN).
Während § 9 AlVG den Begriff der Arbeitswilligkeit definiert und Kriterien für die Bestimmung der Zumutbarkeit einer durch das Arbeitsmarktservice bzw. einen von diesem beauftragten Arbeitsvermittler vermittelten Beschäftigung bzw. Nach(Um)schulung oder Wiedereingliederungsmaßnahme enthält, sanktioniert § 10 AlVG durch befristeten Leistungsausschluss das Verhalten desjenigen, der die Beendigung des Zustandes der Arbeitslosigkeit schuldhaft zu vereiteln sucht.
Unter dem Begriff der "Vereitelung" im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein auf das zugewiesene Beschäftigungsverhältnis bezogenes Verhalten des Vermittelten zu verstehen, das - bei gegebener Zumutbarkeit der Beschäftigung - das Nichtzustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses herbeiführt. Das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses muss nicht nur in der Sphäre des Vermittelten, sondern darüber hinaus in einem auf das Nichtzustandekommen gerichteten oder dies zumindest in Kauf nehmenden Tun des Vermittelten seinen Grund haben. Die Vereitelung verlangt daher ein vorsätzliches Handeln des Vermittelten, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung dieses Tatbestandes hingegen nicht hin. Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung zu qualifizieren ist, kommt es demnach zunächst darauf an, ob dieses Verhalten überhaupt für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte im Sinne der obigen Ausführungen vorsätzlich gehandelt hat (VwGH 92/08/0042 vom 20.10.1992).
Um sich in den Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservices vermittelte, zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichteten (und daher unverzüglich zu entfaltenden) aktiven Handelns des Arbeitslosen, andererseits aber auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisse kann vom Arbeitslosen - abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen - somit auf zwei Wege verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wege, vereitelt werden: Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassung der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach der allgemeinen Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichtemacht (vgl. VwGH 26.10.2010, 2008/08/0017 und 2008/08/0244 sowie VwGH 29.01.2014, 2013/08/0265).
Ein Verhalten, das nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, ferner provokantes Verhalten im Rahmen der Bewerbung oder im Rahmen des Vorstellungsgespräches – etwa durch Herausstreichen von Vermittlungshindernissen - hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung als Vereitlungshandlungen im Sinne des § 10 AlVG beurteilt (vgl. VwGH 93/08/0268 vom 30.09.1994, 93/08/0136 vom 20.12.1994).
Wenn der Arbeitslose beim Vorstellungsgespräch – wenn auch wahrheitsgemäß – seine Intention zum Ausdruck bringt, die als Daueranstellung angebotene Beschäftigung nur als Übergangslösung zu betrachten, hat er damit seiner Arbeitswilligkeit bezogen auf den konkret angebotenen Arbeitsplatz in Zweifel gestellt (VwGH 2002/08/0066 vom 04.04.2002). Das gleiche gilt für die Äußerung, noch vor Arbeitsantritt einen Kurs absolvieren zu wollen (VwGH 99/08/0238). Stellt der Arbeitslose beim Bewerbungsgespräch auf die auf eine solche Äußerung folgende ablehnende Reaktion des potentiellen Dienstgebers nicht sofort klar, dennoch bereit zu sein, das angebotene Arbeitsverhältnis auf Dauer zu begründen, nimmt er das Nichtzustandekommen des angebotenen Beschäftigungsverhältnisses in Kauf (VwGH 2003/08/0117 vom 21.12.2005).
Bezogen auf den vorliegenden Fall ergibt sich daraus:
Die angebotene Stellenzuweisung war als zuweisungstauglich zu beurteilen. Die BF hat sich ordnungsgemäß beworben.
Wie festgestellt wurde, hat die BF dem Job-Center der potentiellen Dienstgeberin auf telefonische Anfrage, zu welchen Tageszeiten sie bei der potentiellen Dienstgeberin arbeiten wolle, einen Arbeitszeitrahmen von 06:00 bis 12:00 Uhr an 5 Tagen der Woche bekannt gegeben. Dieses Verhalten hat ihre Chancen, die zugewiesene Stelle zu erhalten, im Ergebnis verringert, war somit kausal, der BF ist aber dennoch keine Vereitelungshandlung vorzuwerfen: Die BF hat dem Jobcenter der potentiellen Dienstgeberin einen Zeitrahmen von 30 Wochenstunden angegeben, somit mehr als den ausgeschriebenen 20 bis 25 Wochenstunden entsprochen hätte. Die Stellenausschreibung hatte weder genaue Arbeitszeiten kommuniziert, noch wurde darin etwa auf das Erfordernis einer Flexibilität für Vormittagsdienste und Nachmittagsdienste hingewiesen. Der BF muss anlässlich des Telefonates mit dem Jobcenter der potentiellen Dienstgeberin – es handelte sich noch nicht um das Vorstellungsgespräch – somit nicht klar gewesen sein, dass sie, um den Job zu erhalten einen flexiblen Einsatz vormittags und nachmittags anzubieten gehabt hätte.
Wie feststellend und beweiswürdigend ausgeführt wurde, hat der Filialleiter der potentiellen Dienstgeberin der BF aus eigenem und ohne den ursprünglich angegebenen Zeitrahmen zu hinterfragen ein Beschäftigungsausmaß angeboten, das nach seiner Erfahrung im Fall der BF – sie hätte den Wiedereinstieg ins Berufsleben nach einer Baby-Pause gestartet – leicht zu bewältigen gewesen wäre. Diese Vorgangsweise entsprach der Erfahrung des Filialleiters und dem Streben der potentiellen Dienstgeberin, ihre Beschäftigten langfristig zu behalten und aufzubauen. Die Vorgangsweise war somit der Sphäre der potentiellen Dienstgeberin zuzurechnen.
Für die BF spricht ferner, dass sie sich nachweislich während der verfahrensgegenständlichen Zeit um eine weitere zugewiesene Stelle ordnungsgemäß bemüht hat.
Zusammenfassend war das Verhalten der BF im Rahmen des gegenständlichen Bewerbungsablaufes nicht bewusst darauf gerichtet, die potentielle Dienstgeberin von ihrer Einstellung abzubringen. Bedingter Vorsatz ist nicht gegeben. Der Tatbestand der Vereitelung iSd § 10 AlVG ist nicht erfüllt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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