W200 2287602-2/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. SCHERZ als Vorsitzende und durch die Richterin Mag. TAURER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. HALBAUER als Beisitzende über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich (SMS), vom 16.04.2025, OB: 33789844100030, betreffend die Abweisung der beantragten Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß §§ 42 und 47 des Bundesbehindertengesetzes (BBG) iVm § 1 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen idgF als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer ist im Besitz eines Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung (GdB) von 60% und stellte am 26.05.2023 einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung“ unter Anschluss eines Konvolutes medizinischer Befunde.
Das auf einer Untersuchung basierende orthopädische Gutachten vom 20.09.2023 ergab zur Fragestellung, welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zulassen würden und warum, Folgendes:
„Eine relevante Mobiliätseinschränkung besteht nicht. Die Gehstrecke ist ausreichend, das sichere Ein- und Aussteigen und der sichere Transport sind gewährleistet.“
In der gutachterlichen Stellungnahme führte der Orthopäde aus:
„Es bestehen keine dauerhaften erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder gleichzusetzende neurologische Ausfälle. Ein Aktionsradius von 10 Minuten ist ihm möglich. Das dauerhafte Verwenden von 2 Stützkrücken ist nicht indiziert.“
Zuvor hatte wurde vom begutachtenden Arzt unter „Derzeitige Beschwerden“ wie folgt vermerkt:
„Der rechte Fuß schmerzt immer stärker, ich brauche seit 3 Jahren Krücken. Der letzte Eingriff hat nichts gebracht, ich soll versteift werden. Jetzt habe ich starke Schmerzen in der linken Hüfte, auch das Kreuz schmerzt stark.“
Im gewährten Parteiengehör zum erstatteten Gutachten ersuchte der Beschwerdeführer unter Vorlage weiterer orthopädischer und radiologischer Befunde diese einer Überprüfung zu unterziehen (Röntgen Becken und Hüfte bds, CT Sprunggelenk rechts).
Dazu führte der Gutachter am 02.12.2023 wiederum aus, dass die vorgelegten Befunde keine neuen Erkenntnisse beinhalten würden, die das vorhandene Begutachtungsergebnis entkräften könnten.
Mit nicht verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 11.12.2023 wies die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ ab.
Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, da die vielfältigen orthopädischen Beschwerden nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Angeschlossen waren ein bereits im Akt aufliegender orthopädischer Befundbericht sowie neue radiologische Befunde (Röntgen der gesamten Wirbelsäule vom 04.01.2024, MRT, BWS und LWS vom 09.02.2024).
Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.06.2024, W200 2287602-1/4E, wurde der Bescheid des SMS vom 11.12.2023 gemäß § 28 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das SMS zurückverwiesen.
Aufgrund des Antrages des Beschwerdeführers wurde ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin und Facharztes für Neurologie vom 29.08.2024, basierend auf einer Untersuchung des Beschwerdeführers am 22.08.2024, eingeholt, welches auszugsweise lautet wie folgt:
„(…) Anamnese:
[…] Aktuell gehe zur Physiotherapie, sonst habe er keine Behandlungen.
Derzeitige Beschwerden:
Auf das rechte Sprunggelenk könne er nicht auftreten, deswegen gehe er noch auf Krücken. Er habe 2 Schrauben drinnen, die Beschwerden seien schlechter, als vor der Versteifung im Februar 2024. Die Schrauben werden auch vermutlich vorzeitig entfernt werden müssen. Er habe Schmerzen im Rücken, in der Hüfte, er habe eine Skoliose im Bereich der LWS und BWS, er könne sich da nicht abbiegen, oder bei längeren Sitzen habe er sowieso Beschwerden, länger gehen gehe auch nicht. Er habe vor allem auch Schmerzen in der Hüfte, in XXXX (Rehabilitationszentrum) sei das ein bisschen besser gewesen. Die Schulter rechts sei irreparabel und er bekomme sie nicht da hinauf. Er sei schon zu alt für eine Operation, das glaube er zumindest.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Med. Liste. Lt XXXX 23.05.2023: Novalgin.
Rezept vom 09.03.2023 über Xyloneural Amp und Volon A Amp.
Sozialanamnese: 67-jähriger Antragsteller, seit 2006 geschieden, kinderlos. Schulbildung: 4 Klassen Volksschule, 4 Klassen Hauptschule, Pensionist. Lehre zum Elektriker. Führerschein vorhanden, Auto wird gelenkt.
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten mit Untersuchung vom 3.10.2022:
1) Funktionseinschränkung Sprunggelenke rechts nach Fersenbeinzertrümmerung. Oberer Rahmensatz, da Belastungseinschränkung, sekundär degenerative Veränderungen beschrieben sind. 02.05.32. 40%.
2) Schultergürtel - Funktionseinschränkung mittleren Grades beidseitig. Fixer Rahmensatz.: 02.06.04. 30%.
3) Wirbelsäule - Funktionseinschränkungen mittleren Grades. Unterer Rahmensatz, da rezidivierende Beschwerden bei multisegmentalen degenerativen Veränderungen und Neuroforamenstenose, Belastungseinschränkung, keine neurologischen Ausfallserscheinungen. 02.01.02. 30%.
4) Aufbraucherscheinungen Hüftgelenke beidseits bei Dysplasie, Kniegelenk rechts nach Meniskus-Operation. Oberer Rahmensatz, da leichte Beschwerden mit geringer Bewegungs - und Belastungseinschränkung, Analgetika bei Bedarf. 02.02.01. 20%.
Gesamtgrad der Behinderung: 60 v. H.
Stellungnahme vom 24.10.2022
Orthopädisches Sachverständigengutachten mit Untersuchung vom 20.9.2023:
1) Traumatisches Funktionsdefizit rechter Fuß nach Fersenbeinbruch und sekundärer Abnutzung.
2) Schulterabnutzung bds.
3) Degenerative Wirbelsäulenveränderungen.
4) Aufbrauchserscheinungen Hüftgelenke bds. bei Dyplasie, Kniegelenk rechts nach Meniskusoperation.
5) Eine relevante Mobiliätseinschränkung besteht nicht. Die Gehstrecke ist ausreichend, das sichere Ein-und Aussteigen und der sichere Transport sind gewährleistet.
Orthopädische Stellungnahme vom 2.12.2023.
LWS MRT vom 2.9.2022: Degenerative Veränderungen.
Entlassungsbefund orthopädischen Abteilung XXXX vom 15.11.2022:
Dorsales Impingement bei posttraumatischer Subtalararthrose-Arthroskopie. Sprunggelenksoperation rechts posttraumatisch 08/2022.
Neurochirurgische Ambulanz Krankenhaus XXXX : 10.6.2023: Wurzelblockade L5 links.
MRT Sprunggelenk rechts vom 16.3.2022: Degenerative Veränderungen mit Randzackenanbauten.
MRT linke Hüfte vom 11.4.2023: Geringe Koxarthrose.
Entlassungsbefund Rehazentrum XXXX vom 19.5.2023: Diagnosen: Lumboischialgie L5 links, relevante Vertebrostenose L5/S1 und Rotationsskoliose. Z.n. mehreren Schulteroperationen bds., Bandscheibenschäden, Arthrose unteres Sprunggelenk rechts nach operierter Fersenbeinfraktur 2020.
MRT rechte Schulter vom 24.5.2023: Degenerative Veränderungen.
Vorlage von Physiotherapieterminen.
Entlassungsbefund XXXX vom 24.5.2023: Doppelt vorliegend.
NLG von 14.4.2022: Keine Polyneuropathie. Amplitudenreduktion des Nervus ulnaris rechts nach OP. Amplitudenreduktion Nervus peronaeus links radikulär bedingt.
LWS MRT vom 2.9.2022: Degenerative Veränderungen.
MRT Sprunggelenk rechts vom 16.3.2023: Degenerative Veränderungen.
MRT Hüfte links vom 11.4.2023: Geringe Koxarthrose.
MRT Schulter rechts vom 24.5.2023: Degenerative Veränderungen.
Orthopädischer Befundbericht vom 16.8.2023: Diagnose Ansatztendinopathie der Glutealsehnen links, Ruptur des gluteus minimus links, Z.n. Fersenbein Fraktur rechts.
Entlassungsbefund der orthopädischen Abteilung Krankenhaus XXXX aus dem Jahr 2020.
Röntgen-Becken und Hüfte bds. vom 10.8.2023: Beckenschiefstand 0,3 cm. Osteochondrose der LWS, beginnende Coxarthrose bds.
CT Sprunggelenk rechts vom 17.10.2023: Unverändert zum 07/2022. Bohrkanäle remineralisiert. Gelenksflächen im oberen Sprunggelenk ohne relevante Arthrosezeichen.
Einwand des Antragstellers vom 18.10.2023.
MRT linke Hüfte vom 11.4.2023: Geringe Koxarthrose.
Orthopädischer Befundbericht vom 16.8.2023 Diagnosen: Ansatztendinopathie Glutealsehnen links, Ruptur des gluteus minimus, Z.n. Fersenbeinfraktur rechts. Doppelt vorliegend.
Röntgen der gesamten Wirbelsäule vom 4.1.2024: Rechtskonvexe Skoliose der BWS und links der LWS. Osteochondrose.
Einwand des Antragstellers vom 22.1.2024.
3 mal Arztrezept vom 9.8.2023.
MRT der BWS und LWS vom 9.2.2024: Geringe Fehlhaltung der BWS, geringe Spondylosis deformans. Leichte degenerative Veränderungen. Spondylosis deformans im LWS-Bereich, Bandscheibenprotrusionen. Relative Stenose Höhe L3/4.
Schreiben des Antragstellers vom 9.2.2024.
Entlassungsbefund XXXX vom 22.02.2024: USG-Arthrose nach Calcaneusfraktur, Supraduzierte 2. Zehe nach PIP Arthrothese, Gallenblasenpolyp, Steatosis hepatis, Schulter-OP 2005, und 2007, Osteoporose. USG-Arthrothese rechts. Med: Inhixa bis Mobilisation, Pantoprazol, Naprobene für 7 Tage, Novalgin für 3 Tage, Oleovit, Cerebrokan. Volle Belastung des operierten Beines im USCH-Gips für 2 Wochen.
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand: Gut, Harn: Nachts öfter, Stuhl unauffällig, Nikotin und Alkohol negiert.
Ernährungszustand: Gut, Größe: 173,00 cm, Gewicht: 73,00 kg
Klinischer Status – Fachstatus:
Caput: bland
Collum: bland, Schilddrüse o.B.
Cor: HT rein, rhythmisch, normofrequent
Thorax: unauffällig
Pulmo: VA, sonorer Klopfschall
Abdomen: Hepar und Milz n.p., keine Defence oder Druckdolenz.
OE: Schulter endlagig schmerzhaft. Ellenbogen, Handgelenke und Finger frei beweglich, Faustschluss bds möglich.
Wirbelsäule: Skoliose, FBA n.p., SN und RT n.p., Lasegue negativ, Zehen- und Fersengang sei nicht möglich, Beine können von der UL gehoben werden. Einbeinstand sei nicht möglich.
Hüftgelenke: bds bland, normaler Bewegungsumfang
Kniegelenke: bds bland
Sprunggelenke: Flexion/Extension normal, keine Schwellung, geringe Bewegungseinschränkung, Gegenhalten.
Haut: keine Auffälligkeiten
Neurologisch: unauffällig
Sonstiges: keine Auffälligkeiten
Gesamtmobilität – Gangbild:
Der Antragsteller ist in gutem AZ und EZ, kommt sauber und adäquat gekleidet pünktlich ohne Begleitung zur Untersuchung, geringe Einschränkung der Mobilität. Gangbild: Das Gehen sei ausschließlich mit zwei Krücken möglich, auch die Überwindung vom Sessel zur Liege (1m).
Status Psychicus:
Voll orientiert, Antrieb normal, Affizierbarkeit ausschließlich im neg. Bereich. Gedankeninhalt auf die Beschwerden fixiert, Stimmung klagend. Somatisierung.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten: Im Vergleich zu dem VGA aus dem September 2023 ist es bezüglich Leiden 1 bis 4 zu keiner wesentlichen Änderung gekommen. Sowohl aus dem aktuellen allgemeinmedizinischen und neuropsychiatrischen Status als auch den vorgelegten Befunden ist keine Veränderung ableitbar. Lt Befund des KH XXXX wurde im Februar eine Versteifungs-OP des rechten Sprunggelenkes durchgeführt, dies habe jedoch lt AS eine Verschlechterung der Beschwerden gebracht.
Dauerzustand (…)
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine. Bezüglich der Mobilität und der körperlichen Belastbarkeit ist aus den vorliegenden
Befunden und dem aktuellen medizinischen Status keine erhebliche Einschränkung ableitbar. Die Verwendung von Hilfsmittel wie insbesondere geeignetes Schuhwerk und Walkingstöcke ist möglich. Die Notwendigkeit von 2 Unterarmstützkrücken lässt sich weder aus den vorliegenden Befunden (siehe insbesondere Entlassungsbefund KH XXXX aus dem Februar 2024) noch dem aktuellen Untersuchungsbefund ableiten. Es besteht keine Schmerztherapie vom WHO Typ II oder III. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel sind dem Antragsteller zumutbar.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt ein Immundefekt vor im Rahmen dessen trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit und wiederholt außergewöhnliche Infekte wie atypische Pneumonien auftreten?
Nein.
Gutachterliche Stellungnahme:
Keine Änderung zum Vorgutachten. Zwischenzeitlich wurde im Februar 2024 eine Versteifungs-OP des rechten Sprunggelenkes durchgeführt (komplikationsloser postoperativer Verlauf), lt Angaben des AS sei es sogar zu einer Verschlechterung der Beschwerden gekommen. Die vom AS angegebenen Schmerzen sind in der Art und im Ausmaß aus dem aktuellen medizinischen Status und den vorliegenden Befunden nicht ableitbar. Die Darstellung der körperlichen Schmerzen steht in deutlichen Kontrast zu den erhobenen Befunden. Lt Unterlagen besteht eine Schmertherapie nach WHO Typ 1 (Novalgin). Die Notwendigkeit der Verwendung von 2 Unterarmstützkrücken ist nicht ableitbar.
• ZVW: ...auf die vom Beschwerdeführer im Rahmen der Untersuchung geäußerten Schmerzen vom Sachverständigen überhaupt nicht eingegangen. ... Die Auswirkungen der Gesundheitsschädigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurden nicht in nachvollziehbarer Weise dargestellt. Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. ...
Punkt 1) Es bestehen keine erheblichen Einschränkungen der Funktion der UE. Die vom AS angegebenen Schmerzen sind in der Art und im Ausmaß aus dem aktuellen medizinischen Status und den vorliegenden Befunden nicht ableitbar. Die Darstellung der körperlichen Schmerzen steht in deutlichen Kontrast zu den erhobenen Befunden.
Punkt 2) Siehe auch Punkt 1. Es besteht eine Schmerztherapie nach WHO Typ I (Nichtopioid-Analgetika). Das Tragen von Hilfsmittel – wie geeignetes Schuhwerk zur Entlastung des Sprunggelenkes – ist dem AS zumutbar.
Punkt 3) Novalgin (Nichtopioid-Analgetika). Lt Rezept vom 09.03.2023 Xyloneural Amp und Volon A Amp. (zur Infiltration).
Punkt 4) Bezüglich der Mobilität und der körperlichen Belastbarkeit ist aus den vorliegenden Befunden und dem aktuellen medizinischen Status keine erhebliche Einschränkung ableitbar. Die Verwendung von Hilfsmittel wie insbesondere geeignetes Schuhwerk ist möglich. Die Notwendigkeit von 2 Unterarmstützkrücken lässt sich weder aus den vorliegenden Befunden, noch dem aktuellen Untersuchungsbefund ableiten. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel sind dem Antragsteller zumutbar. Die Darstellung der körperlichen Schmerzen steht in deutlichem Kontrast zu den erhobenen Befunden.
Punkt 5) Es können keine neurologischen Ausfallserscheinungen objektiviert werden. (…)“
In einer Stellungnahme zum Parteiengehör unter Anschluss von Befunden rügte der Beschwerdeführer, dass ihm in November 2024 frühzeitig zwei Schrauben aus dem Sprunggelenk genommen worden seien, die die Schmerzen beim Gehen verursacht hätten. Er könne den rechten Fuß ohne UA-Stützkrücken nicht belasten, die Walkingsstöcke würden das Fersenbein nicht entlasten. Aus dem Entlassungsbefund des KH XXXX gehe nicht hervor, wie lange er die UA-Krücken verwenden müsse. Auf der Reha in XXXX hätte man versucht eine UA-Krücke wegzulassen. Die Feststellung „Sprunggelenk geringe Bewegungseinschränkung“ könne beim rechten unteren Sprunggelenk aufgrund der Versteifung nicht stimmen. Die rechte Schulter sei im August 2024 operiert worden, weil die Sehnen gerissen seien.
In der dazu ergangenen Stellungnahme führte der befasste Neurologe und Allgemeinmediziner aus wie folgt:
„Stellungnahme zum Einspruch des Antragstellers vom 19.9.2024 bezüglich des allgemeinmedizinischen und neurologischen Sachverständigengutachtens mit Untersuchung vom 22.8.2024: Vom Antragsteller werden neue Befunde vorgelegt:
Entlassungsbefund Rehabilitationszentrum XXXX vom 26. Juni 2024 unter den Diagnosen Fortgeschrittene untere Sprunggelenksarthrose nach Kalkaneusfraktur mit Indikation zur USG-Arthrodese rechts (19.2.2024). “ Das Abtrainieren von einer Stütz-Krücke war möglich-weitere Physiotherapie zum Muskelaufbau und Verbesserung der Beweglichkeit ist notwendig“. Es werden Besserungstendenzen beschrieben, das Ziel, komplett ohne Hilfsmittel gehen zu können, konnte teilweise erreicht werden (wahlweise eine Krücke).
Weiters wird ein orthopädischer Befundbericht vom 5.8.2024 vorgelegt: „Heute insgesamt 3 Stoßwellenbehandlungen“. Honorarnote eines Physiotherapeuten vom 19.8.2024, eine Medikamentenverordnung des Hausarztes vom 17.9.2024, sowie Therapietermine im Zeitraum von März bis Mai 2024.
Weiters ein Entlassungsbefund Krankenhaus XXXX vom 28. August 2024 unter den Diagnosen: Re-Rup.tend.musc.supraspin.dext. non rec. - Arthroskopie rechte Schulter, dazugehörige Operationsbericht (ASK) vom 26.8.2024. Die vom Antragsteller eingebrachten Angaben sind schon bei der Untersuchung berichtet und in das aktuelle Gutachten aufgenommen worden. Die im aktuellen medizinischen Status objektivierten Einschränkungen wurden in der Auswahl der Positionsnummern ausreichend abgebildet und führen zu keiner Erweiterung. Die Einschränkungen im Bereich der Schulter wurden in Leiden 2 berücksichtigt. Aus den neu vorgelegten Befunden ist im Hinblick auf die Unzumutbarkeit keine Änderung ableitbar.“
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 27.11.2024 wurde der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ abgewiesen und dem Beschwerdeführer postalisch übermittelt.
Am 02.04.2025 gab der Beschwerdeführer bekannt, den Bescheid vom 27.11.2024 nie erhalten zu haben, weswegen ihm am 16.04.2025 ein identer, inhaltsgleicher Bescheid übermittelt wurde.
Im Rahmen der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde wurde vorgebracht, dass der befasste Sachverständige das versteifte rechte Sprunggelenk des Beschwerdeführers untersucht und in seinem Befund mit „Flexion/Extension normal mit geringer Bewegungseinschränkung“ befand, obwohl es seit 19.02.2024 im KH XXXX versteift worden sei. Er habe den Gutachter über seinen momentanen Gesundheitszustand informieren wollen, aber dieser sei überhaupt nicht darauf eingegangen und habe gesagt, es stehe alles in den Befunden. Die Untersuchung habe fünf Minuten gedauert. Ihm seien am 19.11.2024 vorzeitig beide Schrauben im rechten USPG wegen anhaltender Schmerzen und Feststellung einer Pseudoarthrose vorzeitig nach 9 Monaten entfernt worden. Der Gelenkspalt sei noch immer vorhanden und nicht knöchern durchgebaut. Die Schmerzen seien nach der Schraubenentfernung noch stärker geworden. Der Beschwerdeführer verwies auf einen Befund vom 28.03.2024 und führte aus, dass dies das endgültige Ergebnis seines Unfalls vom August 2020 nach einem 5-jährigem Leidensweg mit drei Operationen sei. Eine vierte Operation würden seine körperliche Verfassung und das dreimal operierte, lädierte Sprunggelenk nicht mehr zulassen und es sei auch nicht sicher, ob dies klappe, da er auch spröde Knochen durch seine Osteoporose habe. Er habe Dauerschmerzen im rechten Fuß, die rechte Schulter sei nach einer OP im August 2024 auch nicht schmerzfrei und in der Bewegung eingeschränkt, dadurch verwende er nur eine Gehhilfe für den rechten Fuß. Zurzeit verwende er nur eine Gehhilfe zur Entlastung des rechten Beines, weswegen die Schmerzen in der linken Hüfte auch wieder mehr würden. Gegen die Schmerzen in der Hüfte bekomme er Infiltrationen. Es liege eine Vielzahl von Befunden bei der belangten Behörde vor. Er glaube, dass diese Befunde nicht beachtet würden und fühle sich als Simulant hingestellt. Indem er mehrmals im Jahr zur physikalischen Therapie und mehreren Ärzten fahren und nachweislich wegen seiner nicht unbeträchtlichen Leiden (60% Behinderung) mit dem Auto fahren müsse, benötige er die Parkgenehmigung dringend, da er zu Fuß keine langen Wegstrecken zurücklegen könne. Er lebe alleine in einem Haus und sei schon lange auf fremde Hilfe im Haushalt und Garten angewiesen. Ohne Auto sei er praktisch von der Umwelt abgeschnitten. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nütze in seiner Gegend gar nicht.
Das SMS legte am 23.05.2025 dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor. Diese langten am 26.05.2025 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer ist im Besitz eines Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 60 von Hundert (vH).
1.2. Dem Beschwerdeführer ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.
1.2.1. Art und Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung(en):
beschwerderelevanter Status:
klinischer Status – Fachstatus:
Caput: bland
Collum: bland, Schilddrüse o.B.
Cor: HT rein, rhythmisch, normofrequent
Thorax: unauffällig
Pulmo: VA, sonorer Klopfschall
Abdomen: Hepar und Milz n.p., keine Defence oder Druckdolenz.
OE: Schulter endlagig schmerzhaft. Ellenbogen, Handgelenke und Finger frei beweglich, Faustschluss bds möglich.
Wirbelsäule: Skoliose, FBA n.p., SN und RT n.p., Lasegue negativ, Zehen- und Fersengang sei nicht möglich, Beine können von der UL gehoben werden. Einbeinstand sei nicht möglich.
Hüftgelenke: bds bland, normaler Bewegungsumfang
Kniegelenke: bds bland
Sprunggelenke: Flexion/Extension normal, keine Schwellung, geringe Bewegungseinschränkung, Gegenhalten.
Haut: keine Auffälligkeiten
Neurologisch: unauffällig
Sonstiges: keine Auffälligkeiten
Gesamtmobilität – Gangbild:
Der Antragsteller ist in gutem AZ und EZ, kommt sauber und adäquat gekleidet pünktlich ohne Begleitung zur Untersuchung, geringe Einschränkung der Mobilität. Gangbild: Das Gehen sei ausschließlich mit zwei Krücken möglich, auch die Überwindung vom Sessel zur Liege (1m).
Status Psychicus:
Voll orientiert, Antrieb normal, Affizierbarkeit ausschließlich im neg. Bereich. Gedankeninhalt auf die Beschwerden fixiert, Stimmung klagend. Somatisierung.
Funktionseinschränkungen: traumatisches Funktionsdefizit rechter Fuß nach Fersenbeinbruch und sekundärer Abnutzung, Schulterabnutzung bds, degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Aufbrauchserscheinungen Hüftgelenke bds. bei Dyplasie, Kniegelenk rechts nach Meniskusoperation.
1.2.2. Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigung auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
Die festgestellte Funktionseinschränkung wirkt sich nicht in erheblichem Ausmaß negativ auf die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel aus.
Beim Beschwerdeführer liegen zwar ein Funktionsdefizit des rechten Fußes nach einem Fersenbeinbruch und sekundärer Abnutzung, degenerative Wirbelsäulenveränderung und Aufbrauchserscheinungen der Hüftgelenke beidseits bei Dysplasie vor; jedoch ist die Verwendung von Hilfsmitteln wie insbesondere geeignetes Schuhwerk und Walkingstöcke möglich. Die Notwendigkeit von zwei Unterarmstützkrücken lässt sich weder aus den vorliegenden Befunden (siehe insbesondere Entlassungsbefund KH XXXX aus dem Februar 2024), noch dem aktuellen Untersuchungsbefund ableiten. Es besteht keine Schmerztherapie vom WHO Typ II oder III. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie der sichere Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel sind dem Beschwerdeführer zumutbar.
Es besteht keine erhebliche Einschränkung der Mobilität durch die festgestellte Funktionseinschränkung. Es besteht auch keine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit, es besteht keine schwere Erkrankung des Herz-Kreislaufsystems oder der Lunge. Es sind keine Behelfe erforderlich, die das Ein- und Aussteigen sowie die sichere Beförderung unter Verwendung von Ausstiegshilfen und Haltegriffen in einem öffentlichen Verkehrsmittel wesentlich beeinträchtigen.
Beim Beschwerdeführer liegen keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen vor, die das Zurücklegen einer angemessenen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen oder die Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel beeinträchtigen.
Relevante Einschränkungen von Sinnesfunktionen liegen nicht vor.
Es ist keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vorhanden.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Behindertenpass ergeben sich zweifelsfrei aus dem Verwaltungsakt der belangten Behörde.
Zur Klärung des Sachverhaltes hatte die belangte Behörde zunächst ein Gutachten eines Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie vom 22.09.2023, basierend auf einer Untersuchung des Beschwerdeführers am 20.09.2023, eingeholt und auf Basis dieses Gutachtens mit Bescheid vom 11.12.2023 den Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ abgewiesen. Dieser Bescheid wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.06.2024 behoben und gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG an die belangte Behörde zurückverwiesen.
Das SMS holte in weiterer Folge ein Gutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin und Facharztes für Neurologie vom 29.08.2024, basierend auf einer Untersuchung des Beschwerdeführers am 22.08.2024, ein. Darin wurde unter Berücksichtigung der festgestellten Funktionseinschränkungen „traumatisches Funktionsdefizit rechter Fuß nach Fersenbeinbruch und sekundärer Abnutzung, Schulterabnutzung bds, degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Aufbrauchserscheinungen Hüftgelenke bds. bei Dyplasie, Kniegelenk rechts nach Meniskusoperation“ kein Hindernis für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgestellt. Im Vergleich zum Gutachten aus September 2023 sei es bezüglich der Funktionseinschränkungen zu keinen wesentlichen Änderungen gekommen. Aus dem allgemeinmedizinischen und neuropsychiatrischen Status und den vorliegenden Befunden sei keine Änderung ableitbar. Im Februar 2024 wurde eine Versteifungs-OP des rechten Sprunggelenks durchgeführt, dies habe aber laut Beschwerdeführer zu einer Verschlechterung geführt. In der Beschwerde bringt der Beschwerdeführer nunmehr vor, dass die Versteifung fehlgeschlagen sei.
Der befasste Gutachter führt nachvollziehbar und schlüssig aus, dass die Notwendigkeit der Verwendung der beiden Unterarmstützkrücken aus den Befunden nicht ableitbar ist. Dem Beschwerdeführer ist das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie der sichere Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel zumutbar. Weiters legt der Gutachter ausführlich dar, dass die Darstellung der körperlichen Schmerzen in deutlichem Kontrast zu den erhobenen Befunden stehe. Es werde eine Schmerztherapie nach WHO-Typ I (Novalgin) durchgeführt. Dem Beschwerdeführer sei auch das Tragen von Hilfsmitteln (beispielsweise geeignetes Schuhwerk zur Entlastung des Sprunggelenks) zumutbar. Der Gutachter verwies erneut darauf, dass keine erheblichen Einschränkungen der unteren Extremitäten bestehen und die angegebenen Schmerzen in Art und Ausmaß aus dem medizinischen Status und den Befunden nicht ableitbar sind.
Auf die ihm Rahmen des Parteiengehörs vorgebrachten Einwendungen zum Gutachten gab der befasste Sachverständige eine Stellungnahme ab, in der er darbrachte, dass neue Befunde vorgelegt wurden, in denen Besserungstendenzen beschrieben werden. Das Ziel, komplett ohne Hilfsmittel gehen zu können, konnte teilweise erreicht werden (wahlweise eine Krücke). Die Einschränkungen im Bereich der Schulten wurden bereits im Gutachten berücksichtigt. In Hinblick auf die Zusatzeintragung war nach den plausiblen Ausführungen des Gutachters keine Änderung ableitbar. Auch in der Beschwerde wird vorgebracht, dass der Beschwerdeführer derzeit nur mehr eine Gehhilfe zur Entlastung des rechten Beins verwende und auch aus den vorgelegten Befunden ergibt sich eine Besserung (beispielsweise Verbesserung der Beweglichkeit und Kraft durch Physiotherapie und Ergotherapie laut Entlassungsberief des Rehazentrums XXXX ). Der Beschwerdeführer vermochte daher die nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen des befassten Gutachters im Gutachten sowie der Stellungnahme nicht zu entkräften.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen in Gesamtbetrachtung daher keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten samt Stellungnahm. Dieses wurde daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Vorliegend ist somit Senatszuständigkeit gegeben.
Zu A)
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG).
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3), der Behindertenpass gemäß § 43 Abs. 1 oder der Parkausweis für Menschen mit Behinderungen gemäß § 43 Abs. 1a eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu (§ 45 Abs. 2 BBG, auszugsweise).
Zur Frage der Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel:
Gemäß § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (kurz: VO über die Ausstellung von Behindertenpässen und Parkausweisen), BGBl II 2013/495, zuletzt geändert durch BGBl II 2016/263, ist die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist, auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
– erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
– erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
– erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
– eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
– eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
Gemäß § 1 Abs. 5 der VO über die Ausstellung von Behindertenpässen und Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
Entscheidend für die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist, wie sich eine bestehende Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.10.2011, 2009/11/0032).
In den Erläuterungen zur Stammfassung der VO über die Ausstellung von Behindertenpässen und Parkausweisen wird betreffend § 1 Abs. 2 Z 3 (in der geltenden Fassung geregelt in § 1 Abs. 4 Z 3) ausgeführt:
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion – das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen – ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes „dauerhafte Mobilitätseinschränkung“ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
- hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
- Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
- COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
- Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
- mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt. Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080).
Betreffend das Kalkül „kurze Wegstrecke“ wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer – unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse – durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 bis 400 m ausgeht (vgl. u.a. VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013; 27.01.2015, 2012/11/0186).
Beim Beschwerdeführer liegen – wie sich aus den getroffenen Feststellungen ergibt – weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten noch der körperlichen Belastbarkeit vor bzw. konnten keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen festgestellt werden. Es ist auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vorhanden. Ebenso wenig liegen eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d der VO über die Ausstellung von Behindertenpässen und Parkausweisen vor.
Es ist beim Beschwerdeführer von einer ausreichenden Funktionsfähigkeit des Bewegungsapparates auszugehen, die vorgebrachte Einschränkung der Gehstrecke konnte nicht in einem Ausmaß festgestellt werden, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschwert. Der Gutachter hat nachvollziehbar dargelegt, dass kurze Wegstrecken vom Beschwerdeführer aus eigener Kraft, ohne fremde Hilfe und ohne maßgebende Unterbrechung, allenfalls unter Verwendung von Hilfsmitteln wie geeigneten Schuhwerk oder Walkingstöcken, zurückgelegt werden können.
Das Festhalten beim Ein- und Aussteigen ist möglich. Die Geh-, Steh- und Steigfähigkeit des Beschwerdeführers sowie die Möglichkeit, Haltegriffe zu erreichen und sich festzuhalten, sind genügend. Der Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln ist daher gesichert durchführbar.
Es wird im Beschwerdefall zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt somit davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass nicht vorliegen.
Der Vollständigkeit halber wird auch darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO nicht vorliegen, zumal die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ im Behindertenpass nach dem Bundesbehindertengesetz Voraussetzung für die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO ist.
Die belangte Behörde hat den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ mit Bescheid vom 27.11.2024 abgewiesen und diesem dem Beschwerdeführer postalisch übermittelt. Am 02.04.2025 gab der Beschwerdeführer an, diesen Bescheid nicht erhalten zu haben. Das SMS wies daher den Antrag mit gegenständlichem Bescheid vom 16.04.2025 ab. Dazu ist festzuhalten, dass die Erlassung eines schriftlichen Bescheides dessen Zustellung (oder Ausfolgung gemäß § 24 ZustG) zur Voraussetzung hat. Erst wenn eine rechtswirksame Zustellung vorliegt, ist der Bescheid erlassen (vgl. VwGH 29.04.2010, 2008/21/0589; 09.06.2017, Ra 2017/02/0060). Ein Bescheid gilt dann als erlassen und damit als rechtlich existent, wenn er verkündet oder rechtswirksam zugestellt wurde (vgl. VwGH 29.04.2010, 2008/21/0589, mwN).
Zwar verletzt die Erlassung von zwei inhaltsgleichen Bescheiden den in § 68 Abs. 1 AVG normierten Grundsatz des „ne bis in idem“. Dadurch würde eine nicht bestehende Kompetenz in Anspruch genommen, sodass die ersatzlose Aufhebung des zweiten Bescheides geboten wäre (vgl. VwGH 29.04.2010, 2008/21/0589). Allerdings wurde im vorliegenden Fall der erste Bescheid vom 27.11.2024 dem Beschwerdeführer nicht zugestellt, weswegen dieser nie rechtlich existent wurde. Auf Ersuchen des Beschwerdeführers wurde diesem ein zum ersten Bescheid inhaltsgleicher Bescheid übermittelt und zugestellt. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vom Beschwerdeführer fristgerecht erhobene Beschwerde.
Somit war spruchgemäß zu entscheiden.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG).
Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist (§ 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG).
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden (§ 24 Abs. 3 VwGVG).
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen (§ 24 Abs. 4 VwGVG).
Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden (§ 24 Abs. 5 VwGVG).
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (vgl. VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).
Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Gesamtgrad der Behinderung sind die Art und Schwere der bei der beschwerdeführenden Partei festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.
Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher ein ärztliches Gutachten eingeholt. Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Die beschwerdeführende Partei hat mit der Beschwerde keine Beweismittel vorgelegt, welche mit der gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang stünden.
Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt, dem Bundesverwaltungsgericht liegt kein Beschwerdevorbringen vor, das mit der beschwerdeführenden Partei mündlich zu erörtern gewesen wäre. Wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, ist das Beschwerdevorbringen nicht geeignet darzutun, dass ein höherer Gesamtgrad der Behinderung vorliege und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Im Übrigen wurde eine solche auch nicht beantragt.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die Entscheidung hängt von Tatsachenfragen ab. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.
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