IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. SCHERZ als Vorsitzende und die Richterin Mag. TAURER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. HALBAUER als über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (SMS) vom 25.03.2025, Zl. 71298629700102, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß §§ 42 und 47 des Bundesbehindertengesetzes (BBG) iVm § 1 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen idgF als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Vorverfahren:
Mit Erkenntnis des BVwG vom 25.06.2024 wurden die Beschwerden bezüglich der Höhe des Grades der Behinderung sowie der Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in den Behindertenpass abgewiesen. Der Gesamtgrad der Behinderung betrug laut diesem Erkenntnis sowie dem vorangegangen Bescheid 60 Prozent.
Gegenständliches Verfahren:
Die Beschwerdeführerin stellte am 26.11.2024 einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass und begründete dies handschriftlich mit einer Verschlimmerung der Erkrankung.
Dem Antrag angeschlossen war ein Patientenbrief über einen ambulanten Besuch der neurologischen Ambulanz der Klinik Hietzing, ein Bescheid über die weitere Anerkennung der Berufsunfähigkeitspension für die Dauer der Berufsunfähigkeit.
Ein vom SMS eingeholtes Gutachten einer Fachärztin für Neurologie basierend auf einer Untersuchung gestaltete sich folgt:
„Anamnese:
Laut Befund 11/2024 u.a: Va Fibromyalgie Syndrom, Asthma bronchiale, Erythema nodosum, Rezidivierende Angst und Panikattacken, Chronischer Schwankschwindel - zervikogen DD: phobisch; Chron. Cervicalsyndrom, Reaktive Depression, chronische Schlafstörungen
Die letzte Begutachtung erfolgte am 20.03.2024 mit Anerkennung von 60 % GdB Dauerzustand für die Diagnosen „Fibromyalgie, Erythema nodosum, degenerative Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule, Zervikalsyndrom, Bandscheibenschäden, Funktionsstörung beider Kiefergelenke und Akromioklavikulargelenk Arthrosen 40%, rezidivierende depressive Störung, Panikstörung 40%, Asthma bronchiale, Allergieneigung 40%, chronisch entzündliche Veränderungen der Nasenhaupthöhle und der Nasennebenhöhlen 30%.
Derzeitige Beschwerden:
Die AW kommt gehend mit 2 NW Stöcken in der Hand-diese werden abgestellt, sie sei mit dem Gatten (dieser wartet draußen) öffentlich hergekommen. AW beantragt neuerlich die Vornahme einer Zusatzeintragung (Parkausweis).
Seit der Letztbegutachtung hätten sich die Schmerzen verschlechtert. Sie leide am ganzen Körper unter chronischen Schmerzen.
Begonnen hätten die Schmerzen schleichend 2021, diese wären immer mehr geworden. Einen Grund könne sie nicht nennen. Gestürzt sei sie mit einem NW Stock außerhalb der Wohnung, der Sturz wäre aufgrund der Schmerzen erfolgt. Gegen die Schmerzen würde sie Seractil bei Bedarf, Novalgin bei Bedarf oder andere Schmerzmittel einnehmen. In der Schmerzambulanz sei sie bis dato noch nicht vorstellig gewesen, geplant ein Termin in der Klinik Hietzing.
Weiters mache sie immer wieder Kortisonkuren mit Urbason und Infusionskuren. Infusionen mit Schmerzmitteln erhalte sie über den Orthopäden und ihre praktische Ärztin 2x pro Woche. Lyrica hätte sie wegen Wassereinlagerungen absetzen müssen. Rheumatologisch bestünde eine Fibromyalgie, die Biopsie sei 2023 (rechter Unterschenkel) erfolgt (Klinik Hietzing), das Erythema nodosum wäre bestätigt worden. Sie sei auch auf der Dermatologie im AKH in Betreuung.
Psychisch gehe es ihr nicht gut. Eingestellt sei sie seit 3 Jahren auf Duloxetin, letztes Jahr sei die Dosis auf 2x60 mg erhöht worden, zeitweise nehme sie 1x 60 mg und 1x 30 mg. Trittico nehme sie abends 75 mg, sie leide aber unter Durchschlafstörungen. Psychiatrisch sei sie in Betreuung-ein Befund wird vorgelegt.
Psychotherapie mache sie bei ihrem Facharzt für Psychiatrie.
Eine psychosoziale Rehabilitation hätte sie bis dato noch nicht gemacht.
Den Parkausweis hätte sie beantragt, da sie nicht so weit gehen könne-sie hätte Angst vor Stürzen, sie hätte eine Panikstörung.
Im ADL Bereich sei sie üblicherweise selbstständig, wenn es ihr schlecht gehen würde, würde sie Hilfe benötigen.
Es bestehe keine SW, auch kein PG Bezug.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Behandlungen: Psychotherapie beim FA für Psychiatrie, Osteopathie 2x/Monat, Physiotherapie inkl. Massagen je 1x/Woche (Überweisungen werden gezeigt) Medikamente: Dymista Nasenspray, Sultanol, Foster, Desloratadin, Seractil forte bei Bedarf, Novalgin bei Bed., Duloxetin 30 mg und 60 mg bzw. 2x 60 mg, Trittico 75 mg 1x1, Metformin, Vertigoheel bei Bed., Legalon, Nucala 1x/M, Ryaltris Nasenspray, Symbicort bei Bed, Urbason laut Plan laut Liste Dr. Treilter, 08.01.2024 und Dr. XXXX , 07.01.2025
Hilfsmittel: Brille, 2 NW Stöcke
Sozialanamnese:
Verheiratet, wohne mit dem Gatten in einem Einfamilienhaus. keine Kinder.
Beruf: in Pension, vormals Außendienst Nik: 0 Alk: 0
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Klinik Hietzing-Neuro 8/1 Ambulanz, 06.11.2024
Anamnese:
Ko nach NLG, hierbei kein Anhalt für CTS, Sulcus ulnaris Syndrom oder PNP.
Diagnose:
Elektrophysiologie am 6.11.2024: elektrophysiolog. KEIN Anhalt für CTS, Sulcus ulnaris Syndrom oder PNP
Va Fibromyalgie Syndrom
J45.9 - Asthma bronchiale
Allergisches, eosinophiles Asthma Bronchiale (ED 2013), Laufende Therapie mit Tezspire (Tezepelumab) ab 10.01.2023
Z n. Therapie mit Benralizumab (Fasenra) 21.06.201 8- 12/2019
Z.n. Cinqaero-Therapie (Reslizumab, Anti-IL5) 08/2017 bis 04/2018
St.p. 2xige Therapie mit Mepolizumab 06/2017
St p. Xolair-Therapie 2015/2016, 01/2022 bis 02/2022, 04/2022 bis 08/2022
St.p. Dupixent-Therapie 02/2020 bis 12/2021,03/2022, 09/2022 bis 12/2022
Erythema nodosum (unter Lfd. Dupixent-Therapie) ED Sommer 2021, Histo AKH
Rezidivierende Angst und Panikattacken (unter laufender Therapie)
Chronischer Schwankschwindel - zervikogen DD: phobisch, Chron. Cervicalsyndrom
Reaktive Depression, Generalisierte Angststörung mit Panikattacken, Chronische Schlafstörungen, V.a. Erschöpfungssyndrom….
Dekurs:
Pat ist aufgrund der bewegungsabh. Schmerzen eingeschränkt mobil, kann zeitweise kaum weiter als wenige Meter gehen (Schmerzen Fersen, Fußgelenke, Muskulatur OSCH und USCH, die schmerzbedingte Immobilität ist auch psychosozial enorm beeinträchtigend.
Weiteres Schulter/Nacken mit Ausstrahlung in OA bds, teils auch massive Schmerzen Hände/Finger).
Therapie:
Therapie über Schmerzambulanz bei langjährigem chron. Schmerzsyndrom und reaktiver Depressio
Kontrolle: Bei Bed.
Weiteres Procedere:
Empfehle dringend Rehab für Bewegungsapparat und auch im weiteren Verlauf psychosomatische Rehab. Bei depressiver Reaktion bei chron. Schmerzen (Depressio, Ängste, phob. Schwindel).
Pat. kognitiv sehr gut, denkt viel über Gesamtproblematik mit chron Schmerz nach, grundsätzlich sehr geeignet für gesamtheitliche Schmerztherapie.
Vorgelegte Befunde
Dr. XXXX , Ärztin für AM, 08.01.2024
Diagnosen:
V.a. long Covid Syndrom bei St. p. SARS Covid-19-lnfektion 02/22 + 02/23 + 10/24
Erythem nodosum mit Polyarthralgien
rez. depressive Störung gegenwärtig mittelgradig
Panikstörung
allergisches eosinophiles Asthma bronchiale - nicht heilbar
chron. Rhinosinusitis —laut HNO Fachärzten schwerwiegend und nicht heilbar
Nasenmuschelhyperplasie
chron rez. sinubronchiales Syndrom
St. p. FESS 01/2016 und 03/2017
Prolaps C5/C6, C6/C7 und Protrusion C4/C5
chron. CVS
Discusprotrusion L4/L5, Osteochondrosen L5/S1
Osteochondrosen C4/C5 und C5/C6
AC-Arthrose bds....
Dr. XXXX , FA für Psychiatrie, 07.01.2025
Frau XXXX befindet sich bei mir seit Jahren in psychotherapeutisch/psychiatrischer Begleitung.
Dauerdiagnosen
• F33.4 - Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig remittiert
• F41.0- Panikstörung
• J45.0 - Allergisches Asthma bronchiale
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand: Gut, Ernährungszustand: Gut, Größe: 168,00 cm Gewicht: 70,00 kg
Klinischer Status - Fachstatus:
Neurologischer Status:
wach, voll orientiert, kein Meningismus
Caput: Angabe einer Hörstörung rechts, sonst HN unauffällig.
OE: Rechtshändigkeit, Trophik unauffällig, Tonus unauffällig, grobe Kraft proximal und distal 5/5, Vorhalteversuch der Arme: unauffällig, Finger-Nase-Versuch: Vorbeizeigen beidseits, MER (RPR, BSR, TSR) seitengleich mittellebhaft auslösbar, Bradydiadochokinese beidseits, Pyramidenzeichen negativ.
UE: Trophik unauffällig, Tonus seitengleich unauffällig, grobe Kraft proximal und distal 5/5, Positionsversuch der Beine: unauffällig, Knie-Hacke-Versuch: keine Ataxie, MER (PSR, ASR) seitengleich mittellebhaft auslösbar, Pyramidenzeichen negativ.
Sensibilität: intakte Angabe. Sprache: unauffällig Romberg: unauffällig Unterberger: unauffällig
Fersengang: wegen Schmerzen abgebrochen. Zehengang: mit Anhalten kurz möglich Verdeutlichungen.
Gesamtmobilität - Gangbild:
Mobilitätsstatus: Gangbild: sicher ohne Hilfsmittel mit verkürzter Schrittlänge und Blick zu Boden, Verdeutlichungen. Beim Verlassen des Zimmers und auf dem Gang unauffällige Schrittlänge. Standvermögen: sicher, prompter Lagewechsel.
Status Psychicus:
wach, in allen Qualitäten orientiert, Duktus kohärent, Denkziel wird erreicht, Aufmerksamkeit unauffällig, keine kognitiven Defizite, Affekt dysthym, Stimmungslage unter Therapie depressiv, Antrieb unauffällig, Konzentration normal, keine produktive Symptomatik, Durchschlafstörungen.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Verglichen mit dem Vorgutachten 03/2024: Besserung aller Leiden, insgesamt deutliche Besserung des Gesamtzustandes.
(…)
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine. Maßgebliche Paresen konnten im Rahmen der Untersuchung nicht objektiviert werden. Weiters besteht der Verdacht auf eine Somatisierungsstörung bei bekannter Depression. Verdeutlichungen sind im Fachstatus objektivierbar. Klaustrophobie und phobische Angst vor Kontrollverlust sind nicht führende Bestandteile des Leidens und auch die diesbezüglichen Behandlungsoptionen sind nicht ausgeschöpft; Orientierung und Gefahreneinschätzung im öffentlichen Raum sind gegeben. Die beantragte Zusatzeintragung ist gutachterlicherseits nicht begründbar.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt ein Immundefekt vor im Rahmen dessen trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit und wiederholt außergewöhnliche Infekte wie atypische Pneumonien auftreten?
Nein“
Im dazu gewährten Parteiengehör legte die Beschwerdeführerin einen neurologischen Patientenbrief vom 27.02.2025 über eine Erstordination am 27.02.2025 vor sowie eine Stellungnahme, in der moniert wurde, dass das Gutachten der bestellten Fachärztin für Neurologie nicht im Einklang mit den logischen Denkgesetzen stünde. Es fehle die Begründung, warum die vorliegende Funktionsbeeinträchtigung nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung bedinge.
Die dazu abgegebene fachliche Stellungnahme der befassten Neurologin gestaltete sich wie folgt:
„Vorgebracht wird: „..[..,]Das vorliegende Gutachten Dris XXXX steht nicht im Einklang mit den logischen Denkgesetzen. Es fehlt jegliche Begründung, warum die vorliegende Funktionsbeeinträchtigung nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung bedingen.
Das Gutachten erfüllt nicht die von der einschlägigen Judikatur geforderten Mindestanforderungen und leidet daher an einem wesentlichen Mangel und ist als Beweismittel unbrauchbar[...].."
Es wird ein neuer Befund vorgelegt:
Dr. XXXX , Fachärztin für Neurologie, 27.02.2025 Frau G. Kommt heute zur Erstordination. Sie ist mir aus der Neuroambulanz Hietzing bekannt. Dort längere ambulante neurologische Betreuung wegen Depression, GAT mit Panikattacken, chronische Schlafstörungen. Chronische Schmerzen im Bereich der OE und UE "wie ständige Muskelkater"..
Diagnosen: Erythema nodosum seit 09.2021
St. p. iatrogenes Cushing-Syndrom bei wiederkehrender Cortison-Behandlung Eosinophiles allergisches Asthma bronchiale, Dauertherapie mit Nucala seit 12.2024 Chronische Sinusitis, St. p. 3xOPs und rez. Antibiotika Behandlung
Chronische reaktive Depression, Generalisierte Angststörung mit rez. Panikattacken Klaustrophobie, Chronische Ein- und Durchschlafstörung, Chronischer Schwindel, HWS- Syndrom
Procedere: Duloxetin 90 mg tgl. weiter einzunehmen, Trittico 75 mg tgl. zur Nacht weiter -Analgetika bei Bedarf z.B. Novalgin 30° Trpf bis max zum 3x30° Trpf. tgl.
- Wiedervorsteilung bei Bedarf
Maßgeblich für die Einstufung behinderungsrelevanter Leiden sind anhand der klinischen Untersuchung objektivierbare Funktionseinschränkungen unter Beachtung sämtlicher vorgelegter Befunde. Dabei konnte insgesamt eine deutliche Besserung des Gesamtzustandes objektiviert werden (siehe dazu auch Neurologischer Status vom GA mit Verdeutlichungen).
Im Rahmen der klinischen Untersuchung stellten sich ein guter Allgemeinzustand und ein guter Ernährungszustand dar. Erhebliche funktionelle Einschränkungen der Gelenke der oberen und unteren Extremitäten lagen nicht vor. Greif- und Haltefunktion beidseits insgesamt gegeben. Das Gangbild stellte sich ohne Verwendung von Hilfsmitteln mit verkürzter Schrittlänge und Blick zu Boden mit Verdeutlichungen dar. Beim Verlassen des Zimmers und unbeobachtet unauffällige Schrittlänge.
Zusammenfassend ist die Mobilität aber für das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300-400 m aus eigener Kraft, ohne fremde Hilfe und ohne maßgebende Unterbrechung ausreichend; das Überwinden von Niveauunterschieden, das Be- und Entsteigen sind nicht auf erhebliche Weise erschwert. Insgesamt ist daher, unter Berücksichtigung der objektivierbaren Funktionsdefizite, eine erhebliche Erschwernis der Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel nicht begründbar.
Stellungnahme:
Das Wesen eines Gutachtens ist die objektive Beurteilung und Einschätzung.
Aus gutem Grund sieht der Gesetzgeber vor, dass behandelnde Ärzte/Ärztinnen kein objektiv-neutrales Gutachten über ihre eigene Behandlung bzw. ihre eigenen Patienten erstellen dürfen.
Aus fachärztlich-neurologischer Sicht ist eine deutliche Besserung des Gesamtzustandes eingetreten.
Maßgebliche Paresen konnten jedenfalls im Rahmen der klinisch-neurologischen Untersuchung nicht objektiviert werden.
Bezogen auf die im Beschwerdeschreiben angegebenen Schmerzen wird keine analgetische Dauertherapie eingenommen, sodass hier die Therapieoptionen noch unausgeschöpft sind.
Ein öffentliches Verkehrsmittel kann somit erreicht, bestiegen und unter den üblichen Transportbedingungen sicher benützt werden.
Die vorgebrachten Argumente beinhalten keine neuen Erkenntnisse, welche das vorhandene Begutachtungsergebnis entkräften könnten, sodass daran festgehalten wird.
Insbesondere wird auf das Ergebnis der klinischen Untersuchung, vor allem das Gangbild, verwiesen.
Neue Erkenntnisse konnten durch den nachgereichten Befund nicht objektiviert werden, sodass an getroffener Beurteilung festgehalten wird.
Nach nochmaliger Durchsicht sämtlicher Befunde, des Untersuchungsergebnisses und der im Beschwerdeschreiben vom 10.03.2025 angeführten Einwendungen kommt es zu keiner Änderung der getroffenen Einschätzung.“
Mit Bescheid vom 25.03.2025 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin abgewiesen.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wurden die Ausführungen der bereits erstatteten Stellungnahme wiederholt. Weiters wurde in dieser Beschwerde vorgebracht, dass die Erythema nodosum Läsionen im Bereich der Fußsohlen beidseits chronisch beim Gehen einschränken würden. Die pannikulären Unebenheiten auf der Fußsohle beidseits würden im Stehen und beim Gehen eine pathologische und schonende Stellung der Füße bereiten. Das Auftreten sei somit mit einer unvorhersehbaren Unsicherheit mit einer Sturzgefahr verbunden. Dadurch liege eine erhebliche Erkrankung der Funktionen der unteren Extremitäten vor, welche in einer neurologischen Zusammenschau mit dem chronischen Schwindel, der Klaustrophobie und der generalisierten Störung mit rezidivierenden Panikattacken zu bewerten sei. Es wurde ausdrücklich vom BVwG die Einholung eines zusätzlichen neurologischen Sachverständigengutachtens beantragt, um schon den bloßen Anschein einer Voreingenommenheit und Befangenheit ausschließen zu können.
Weiters wurde angeregt, dass ein nichtamtlicher Sachverständiger mit Befund und Gutachten seiner Stellung beauftragt werde – die Beschwerdeführerin erkläre sich ausdrücklich zur Kostenübernahme bereit.
Der Beschwerde angeschlossen waren ein Patientenbrief der die Beschwerdeführerin behandelnden Neurologin sowie eine ärztliche Bestätigung des AKH Wien, Universitätsklinik für Dermatologie vom 24.03.2023.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die Beschwerdeführerin ist im Besitz eines Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung in der Höhe von 60 vom Hundert (vH).
1.2. Der Beschwerdeführerin ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.
1.2.1. Art und Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen:
Klinischer Status - Neurologischer Fachstatus:
Allgemeinzustand: Gut, Ernährungszustand: Gut, Größe: 168,00 cm Gewicht: 70,00 kg
wach, voll orientiert, kein Meningismus
Caput: Angabe einer Hörstörung rechts, sonst HN unauffällig.
OE: Rechtshändigkeit, Trophik unauffällig, Tonus unauffällig, grobe Kraft proximal und distal 5/5, Vorhalteversuch der Arme: unauffällig, Finger-Nase-Versuch: Vorbeizeigen beidseits, MER (RPR, BSR, TSR) seitengleich mittellebhaft auslösbar, Bradydiadochokinese beidseits, Pyramidenzeichen negativ.
UE: Trophik unauffällig, Tonus seitengleich unauffällig, grobe Kraft proximal und distal 5/5, Positionsversuch der Beine: unauffällig, Knie-Hacke-Versuch: keine Ataxie, MER (PSR, ASR) seitengleich mittellebhaft auslösbar, Pyramidenzeichen negativ.
Sensibilität: intakte Angabe. Sprache: unauffällig Romberg: unauffällig Unterberger: unauffällig
Fersengang: wegen Schmerzen abgebrochen. Zehengang: mit Anhalten kurz möglich Verdeutlichungen.
Gesamtmobilität - Gangbild:
Mobilitätsstatus: Gangbild: sicher ohne Hilfsmittel mit verkürzter Schrittlänge und Blick zu Boden, Verdeutlichungen. Beim Verlassen des Zimmers und auf dem Gang unauffällige Schrittlänge. Standvermögen: sicher, prompter Lagewechsel.
Status Psychicus:
wach, in allen Qualitäten orientiert, Duktus kohärent, Denkziel wird erreicht, Aufmerksamkeit unauffällig, keine kognitiven Defizite, Affekt dysthym, Stimmungslage unter Therapie depressiv, Antrieb unauffällig, Konzentration normal, keine produktive Symptomatik, Durchschlafstörungen.
Funktionseinschränkungen: - Erythema nodosum, degenerative Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule, Zervikalsyndrom, Bandscheibenschäden, Funktionsstörung beider Kiefergelenke und Akromioklavikulargelenk. Arthrosen, V.a. Fibromyalgie laut Befund 11/2024, - Rezidivierende Depression, Panikstörung. Ambulantes Setting möglich. Inkludiert V.a. Somatisierung, - Asthma bronchiale, klinisch respiratorisch unter Therapie stabil, - Chronisch entzündliche Veränderungen der Nasenhaupthöhle und der Nasennebenhöhlen, keine Eiterabsonderung, keine Trigeminusreizung
1.2.2. Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
Die festgestellten Funktionseinschränkungen wirken sich – auch in einer Zusammenschau – nicht in erheblichem Ausmaß negativ auf die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel aus.
Die Beschwerdeführerin weist zwar Funktionseinschränkungen an der Wirbelsäule, Erythema nodosum und einen V a Fibromyalgie auf, erhebliche funktionelle Einschränkungen der Gelenke der oberen und unteren Extremitäten liegen jedoch nicht vor. Greif- und Haltefunktion beidseits insgesamt gegeben. Das Gangbild stellte sich ohne Verwendung von Hilfsmitteln mit verkürzter Schrittlänge und Blick zu Boden (mit Verdeutlichungen) dar.
Im Anhand des beobachteten Gangbilds und der objektivierbaren sicheren Gesamtmobilität, des aktuellen Untersuchungsergebnisses mit ausreichender Beweglichkeit sämtlicher Gelenke der unteren Extremitäten und der derzeitigen Therapieerfordernis (Schmerzmedikation als Bedarfsmedikation: Seractil 400mg, Novalgin – also Schmerzmittel der WHO-Stufe 1) ergibt sich kein Hinweis auf höhergradige Schmerzzustände, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Überwinden von Niveauunterschieden und das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschwerten.
Das Zurücklegen einer Wegstrecke von 300 bis 400 m, Ein- und Aussteigen sowie der sichere Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel ist nicht erheblich erschwert. Es liegen keine Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor.
Der Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln ist daher gesichert durchführbar. Die Geh-, Steh- und Steigfähigkeit der Beschwerdeführerin sowie die Möglichkeit Haltegriffe zu erreichen und sich festzuhalten sind ausreichend.
Bei der Beschwerdeführerin liegen auch keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten vor, die das Zurücklegen einer angemessenen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen oder die Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel beeinträchtigen. Neurologische Ausfälle konnten nicht festgestellt werden, insbesondere keine maßgeblichen Paresen objektiviert werden.
Es ist bei der Beschwerdeführerin auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vorhanden.
Relevante Einschränkungen von Sinnesfunktionen konnten nicht festgestellt werden.
2. Beweiswürdigung:
Zur Klärung des Sachverhaltes holte die belangte Behörde ein neurologisches Sachverständigengutachten vom 31.01.2025, basierend auf einer Untersuchung am selben Tag, ein. Darin wurde kein Hindernis für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgestellt.
Zwar liegen Probleme im Bereich der Wirbelsäule, Arthrosen, und ein V a Fibromylgie vor, die Beschwerdeführerin kann sich aber im öffentlichen Raum selbständig fortbewegen und eine kurze Wegstrecke (ca. 300 bis 400 m) aus eigener Kraft, allenfalls unter Verwendung von Nordic Walking Stecken oder einer einfachen Gehhilfe, und ohne fremde Hilfe und ohne maßgebende Unterbrechungen zurücklegen.
Hinsichtlich des Gangbildes ist im schlüssigen Gutachten festgehalten, dass sich dieses sicher ohne Hilfsmittel mit verkürzter Schrittlänge und Blick zu Boden darstellt. Die Gutachterin weist explizit auf Verdeutlichungen hin, sowie, dass die Beschwerdeführerin beim Verlassen des Zimmers und auf dem Gang eine unauffällige Schrittlänge aufweist. Es wurde im Status ein sicheres Standvermögen und ein prompter Lagewechsel festgehalten.
Im Status sind die oberen und unteren Extremitäten wie folgt beschrieben:
„UE: Trophik unauffällig, Tonus seitengleich unauffällig, grobe Kraft proximal und distal 5/5, Positionsversuch der Beine: unauffällig, Knie-Hacke-Versuch: keine Ataxie, MER (PSR, ASR) seitengleich mittellebhaft auslösbar, Pyramidenzeichen negativ.“
„OE: Trophik unauffällig, Tonus unauffällig, grobe Kraft proximal und distal 5/5, Vorhalteversuch der Arme: unauffällig“
Die Beschwerdeführerin leidet nachvollziehbar an Erythem nodosum mit Polyarthralgien:
Dabei handelt es sich lt. Online-Pschyrembel um folgende Erkrankung:
„Akut-entzündliche hyperergische Hauterkrankung der Subkutis mit schmerzhaften Knoten meist an den Unterschenkelstreckseiten, besonders bei Frauen im Frühjahr und Herbst. Das Erythema nodosum ist die häufigste septale Pannikulitis.“
In der Beschwerde wird vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin Läsionen im Bereich der Fußsohlen beidseits aufweist, die sie beim Gehen chronisch einschränken würden.
Laut dem vorgelegten Patientenbrief vom 10.05.2025 hat die Beschwerdeführerin knotige, umschriebene Läsionen im Bereich der Ferse bds..
Im gleichen Patientenbrief wird auch festgehalten, dass die beim Auftreten entstehenden Schmerzen mittels Analgetika (Novalgin 30 Tropfen bis zu 3x/Tag) beeinflusst werden können, wenngleich die Schmerzmittel keinen Einfluss auf die Dynamik des Gehens bringen.
Die in der Untersuchung der Neurologin gegenüber genannte Bedarfs-Schmerzmedikation (Seractil Forte, Novalgin) ist eine der WHO-Stufe 1 (Nicht-Opioidanalgetika bzw. nicht-steroidalen Antirheumatika). Wie oftmalig in Gutachten zum Thema „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ erläutert wird, stehen in diesem Fall den Beschwerdeführern Therapieoptionen offen – konkret auch der Beschwerdeführerin – beispielsweise auch der im Patientenbrief der Klinik Hietzing, Neurologie angeregte Besuch einer Schmerzambulanz.
Die Beschwerdeführerin leidet an einer rez. Depression, Panikstörung, wobei ein ambulantes Setting möglich ist, und einem V a Somatisierung.
Diese stellen jedoch keine erhebliche Einschränkung psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen im Sinne der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen dar.
In den Erläuterungen zur genannten Verordnung werden Krankheitsbilder psychischer, neurologischer oder intellektueller Natur, die im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder relevant sind, aufgelistet:
- Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,
- hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,
- schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,
- nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden – Begleitperson ist erforderlich.
Die Beschwerdeführerin erfüllt keines dieser Krankheitsbilder.
Ein stabiles Asthama bronchiale zieht ebensowenig eine Unmöglichkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nach sich wie eine chronisch entzündliche Veränderung der Nasenhaupthöhle und der Nasennebenhöhlen.
Die festgestellten Leiden lassen somit laut dem plausiblen Gutachten nachvollziehbar das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel zu. Die Gutachterin hält insbesondere nachvollziehbar fest, dass das Zurücklegen einer Wegstrecke von 300 bis 400 m, das Ein- und Aussteigen sowie der sichere Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht erheblich erschwert ist. Im Rahmen der Begutachtung mit Untersuchung konnte keine relevante Gangbildbeeinträchtigung festgestellt werden, es ist eine gute Kraftentfaltung im Bereich der unteren und oberen Extremitäten gegeben. Die Greiffunktionen sind erhalten, um sich festhalten zu können.
Es ist bei der Beschwerdeführerin auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vorhanden.
Aus dem Gutachten ergeben sich keinerlei Hinweise auf erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen. Ebenso wenig sind daraus relevante Einschränkungen von Sinnesfunktionen ableitbar.
Dem Gutachten sind Verdeutlichungstendenzen zu entnehmen, d.h. dass die Beschwerdeführerin versucht vom Vorliegen ihrer Beschwerden zu überzeugen und versucht diese durch Hervorhebung, Illustration oder Betonung besonders eindrücklich darzustellen, wobei gleichzeitig darauf hinzuweisen ist, dass die befasste Neurologin eine deutliche Besserung aller Leiden im Vergleich zum Zeitpunkt des Vorgutachtens im März 2024 feststellt und explizit darauf hinweist.
Es ist zu betonen, dass es dem Bundesverwaltungsgericht bewusst ist, dass bei der Beschwerdeführerin Funktionseinschränkungen vorliegen. Für die Beurteilung, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar ist, müssen aber bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Diese sind aber nicht gegeben. Dass sie Schmerzen hat, wird nicht bestritten, dennoch ist dazu festzuhalten, dass sie - nur bei Bedarf - Schmerzmedikation der WHO Stufe 1 einnimmt, der Besuch einer Schmerzambulanz bzw. die Einnahme stärkerer Medikamente stellen jedenfalls eine zumutbare Therapieoption dar.
Die beauftrage Sachverständige ist ausführlich auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin eingegangen und hat dieses einer Beurteilung unterzogen.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen in Gesamtbetrachtung keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten samt Stellungnahme. Der in der Beschwerde geäußerte Verdacht der Voreingenommenheit der neurologischen Gutachterin entbehrt jeder Grundlage. Auch kann der entscheidende Senat nicht erkennen, dass das erstattete Gutachten nicht mit den Denkgesetzen im Einklang steht und unbrauchbar sein sollte. Es drängt sich vielmehr der Verdacht auf, dass diese Behauptung nur deshalb erfolgt, weil den Ausführungen der Beschwerdeführerin nicht gefolgt wird bzw. sogar eine Besserung des Zustandes der Beschwerdeführerin - verglichen zum Gesundheitszustand im März 2024 - festgestellt wurde.– Damals wurde ebenfalls der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel abgewiesen (W218 2290712-1/5E). Das eingeholte Gutachten wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Zu A)
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG).
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu (§ 45 Abs. 2 BBG).
Zur Frage der Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel:
Gemäß § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (kurz: VO über die Ausstellung von Behindertenpässen und Parkausweisen), BGBl II 495/2013, zuletzt geändert durch BGBl II 263/2016, ist die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist, auf Antrag des Menschen mit Behinderung einzutragen; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
– erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
– erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
– erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
– eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
– eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
- hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
- Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
- COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
- Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
- mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
- Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,
- hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,
- schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,
- nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden – Begleitperson ist erforderlich.
Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:
- anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID – severe combined immunodeficiency),
- schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z. B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),
- fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,
- selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.
Gemäß § 1 Abs. 5 der VO über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigten.
Entscheidend für die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist, wie sich eine bestehende Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH vom 20.10.2011, 2009/11/0032).
In den Erläuterungen zur Stammfassung der VO über die Ausstellung von Behindertenpässen und Parkausweisen wird betreffend § 1 Abs. 2 Z 3 (in der geltenden Fassung geregelt in § 1 Abs. 4 Z 3) ausgeführt:
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Alle therapeutischen Möglichkeiten sind zu berücksichtigen. Therapierefraktion – das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen – ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes „dauerhafte Mobilitätseinschränkung“ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt. Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080). Nicht außer Acht gelassen werden dürfen dabei laut ständiger VwGH-Judikatur die durch die Gesundheitsschädigungen entstehenden Schmerzen.
Betreffend das Kalkül „kurze Wegstrecke“ wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer – unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse – durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 bis 400 m ausgeht (vgl. u.a. Ro 2014/11/0013 vom 27.05.2014, 2012/11/0186 vom 27.01.2015).
Bei der Beschwerdeführerin liegen weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten noch der körperlichen Belastbarkeit vor bzw. konnten keine maßgebenden Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder von Sinnesfunktionen festgestellt werden, die das Zurücklegen einer angemessenen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen oder die Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel beeinträchtigen. Es ist auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vorhanden.
Die allfällige Verwendung eines Hilfsmittels zur Fortbewegung außer Haus bzw. die Einnahme von Bedarfsmedikation ist zumutbar und bedingt kein relevantes Hindernis bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
Es ist bei der Beschwerdeführerin von einer ausreichenden Funktionsfähigkeit des Bewegungsapparates auszugehen, die vorgebrachte Einschränkung der Gehstrecke konnte nicht in einem Ausmaß festgestellt werden, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschwert.
Auch die vorliegenden Schmerzzustände bewirken ebenfalls keine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
Das Festhalten beim Ein- und Aussteigen ist möglich, der Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln ist daher gesichert durchführbar. Die Geh-, Steh- und Steigfähigkeit des Beschwerdeführers sowie die Möglichkeit, Haltegriffe zu erreichen und sich festzuhalten, sind ausreichend.
Wiewohl unzweifelhaft Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, welche auch die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren mögen, vermag die Beschwerdeführerin aktuell nicht die Überschreitung der Schwelle der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der VO über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen darzutun.
Es wird daher im Beschwerdefall zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass nicht vorliegen.
Die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid war daher abzuweisen.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG).
Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist (§ 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG).
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden (§ 24 Abs. 3 VwGVG).
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen (§ 24 Abs. 4 VwGVG).
Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden (§ 24 Abs. 5 VwGVG).
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein,) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
Zur Klärung des Sachverhaltes war von der belangten Behörde bereits im Verfahren ein neurologisches Gutachten eingeholt worden.
In den vorzitierten Gutachten wurde der Zustand der Beschwerdeführerin im Detail dargelegt und das Nichtvorliegen der Voraussetzungen – konkret das Nichtvorliegen erheblicher Funktionseinschränkungen – für die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung festgestellt. Den Ausführungen in der Beschwerde, dass im Gutachten die Begründung fehle, warum die vorliegenden Funktionseinschränkungen nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bedingen, kann der erkennende Senat – insbesondere unter Hinweis auf die Möglichkeit der Beschwerdeführerin Bedarfsmedikation einzunehmen bzw. eine Schmerzambulanz aufzusuchen - nicht erkennen.
Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurde das Sachverständigengutachten als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt, dem Bundesverwaltungsgericht liegt kein Beschwerdevorbringen vor, das mit der Beschwerdeführerin mündlich zu erörtern gewesen wäre. Angesichts der plausiblen Beschreibung des medizinischen Zustandes der Beschwerdeführerin konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die nicht beantragt wurde, unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.
Rückverweise