IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Christian Baumgartner über die Beschwerde von XXXX , BNr. XXXX , gegen den Bescheid des Vorstandes für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 15.01.2025, AZ II/4-DZ/24-26284381010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2024 zu Recht:
A)
I. Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass XXXX die Zahlung für Junglandwirtinnen und Junglandwirte gewährt wird.
II. Die AMA hat gemäß den Vorgaben in diesem Erkenntnis die entsprechenden Berechnungen durchzuführen und das Ergebnis bescheidmäßig mitzuteilen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Mit Eingabe vom 12.04.2024 zeigten die bisherige Bewirtschafterin und die Beschwerdeführerin als neue Bewirtschafterin einen Bewirtschafterwechsel des Betriebs Nr. XXXX wirksam ab 01.03.2024 an.
2. Am 09.04.2024 stellte die Beschwerdeführerin einen Mehrfachantrag (MFA) 2024 für das Antragsjahr 2024, beantragte die Gewährung von Direktzahlungen, eine Almauftriebsprämie, eine Ausgleichszulage sowie eine Zahlung für Junglandwirtinnen und Junglandwirte und spezifizierte zu diesem Zweck in der Internet-Applikation INVEKOS-GIS eine Reihe landwirtschaftlicher Nutzflächen.
3. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 15.01.2025, AZ II/4-DZ/24-26284381010, gewährte die AMA der Beschwerdeführerin Prämien in Höhe von EUR 1.250,85. Der Antrag auf Zahlung für Junglandwirtinnen und Junglandwirte wurde hingegen abgewiesen, da die im Antrag genannte berechtigte Person nicht die langfristige und wirksame Kontrolle über die Betriebsführung der juristischen Person/Personengesellschaft innehabe (Hinweis auf § 21 Abs. 1 GSP-AV).
4. Mit elektronischer Eingabe vom 07.02.2025 erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid und übermittelte in der Anlage die schriftliche Ausfertigung des am 01.03.2024 mündlich abgeschlossenen Gesellschaftsvertrages der Beschwerdeführerin.
5. Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht am 23.09.2025 die Beschwerde und die zugehörigen Unterlagen des Verwaltungsverfahrens vor. Im Rahmen der Aktenvorlage führte die AMA im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass laut Gesellschaftsvertrag die anspruchsberechtigte Person zwar mit 52 % beteiligt sei, die Geschäftsführung und Vertretung aber alle Gesellschafter gemeinsam übernehmen würden und es keine Regelung zur Beschlussfassung gebe. Unter den der Einstimmigkeit der Gesellschafter verlangenden außergewöhnlichen Geschäften seien Kreditaufnahmen sowie Vertragsabschlüsse bis maximal EUR 3.000,- bei einem jährlichen Standardoutputkoeffizienten von ca. EUR 11.400,- angeführt. Diese Bestimmungen würden nicht einer langfristigen und wirksamen Kontrolle durch die Junglandwirtin entsprechen, weshalb eine Gewährung der Zahlung für Junglandwirtinnen und Junglandwirte nicht möglich sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Am 01.03.2024 gründeten XXXX mit mündlich abgeschlossenen Vertrag eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter der Bezeichnung „Personengesellschaft XXXX “, das ist die Beschwerdeführerin, zur gemeinsamen Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Betriebs „Kramer“ mit der BNr. XXXX .
In der am 05.01.2025 abgefassten schriftlichen Ausfertigung dieses mündlich abgeschlossenen Vertrages scheinen folgende Punkte auf:
„§ 4 Einlagen der Gesellschafter
XXXX bringt den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb „Kramer“ und seine Arbeitsleistung ein. XXXX und XXXX bringen ihre Arbeitsleistung ein.
§5 Geschäftsführung und Vertretung
Die Geschäfte werden von den Gesellschaftern gemeinschaftlich geführt. Jeder Gesellschafter ist zur Geschäftsführung alleine berechtigt. Er vertritt die Gesellschaft im Außenverhältnis allein.
Im Innenverhältnis ist die Zustimmung beider Gesellschafter zu nachfolgenden Rechtshandlungen und Rechtsgeschäften erforderlich:
Ankauf, Verkauf und Belastung von Grundstücken;
Abschluss von Miet- und Dienstverträgen jeglicher Art;
Aufnahme von Krediten, Übernahme von Bürgschaften;
Abschluss von Verträgen, deren Wert im Einzelfall den Betrag von € 3.000 je Wirtschaftsjahr übersteigt;
Aufnahme neuer Gesellschafter.
§ 6 Gewinn- und Verlustrechnung
Gewinn und Verlust der Gesellschaft werden nach Maßgabe der Beteiligung der Gesellschafter aufgeteilt. Zwischen den Gesellschaftern wird entsprechend dem Verhältnis der Einlagen folgendes Beteiligungsverhältnis vereinbart.
XXXX : 52 %
XXXX : 24 %
XXXX : 24 %
[…]“
Am gleichen Tag übernahm die Beschwerdeführerin als neue Bewirtschafterin die Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Betriebs Nr. XXXX .
Am 09.04.2024 stellte die Beschwerdeführerin einen MFA 2024 für das Antragsjahr 2024 und beantragte unter anderem die Gewährung einer Zahlung für Junglandwirtinnen und Junglandwirte. Dabei wurde als anspruchsberechtigte Person XXXX angeführt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dieser Antrag abgewiesen, da die anspruchsberechtigte Person nicht die langfristige und wirksame Kontrolle über die Betriebsführung habe.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und wurden von keiner Partei bestritten.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für das betroffene Antragsjahr maßgeblichen Fassung:
Verordnung (EU) 2021/2115 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 2. Dezember 2021 mit Vorschriften für die Unterstützung der von den Mitgliedstaaten im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik zu erstellenden und durch den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) zu finanzierenden Strategiepläne (GAP-Strategiepläne) und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 sowie der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013, ABl. L 435 vom 6.12.2021, S. 1, im Folgenden VO (EU) 2021/2115:
„Artikel 4
In den GAP-Strategieplänen festzulegende Begriffsbestimmungen und Bedingungen
(1) Die Mitgliedstaaten legen in ihren GAP-Strategieplänen die Begriffsbestimmungen für „landwirtschaftliche Tätigkeit“, „landwirtschaftliche Fläche“, „förderfähige Hektarfläche“, „aktiver Landwirt“, „Junglandwirt“ und „neuer Landwirt“ sowie die einschlägigen Bedingungen gemäß dem vorliegenden Artikel fest.
[…]
(6) Die Begriffsbestimmung für „Junglandwirt“ ist so festzulegen, dass sie Folgendes enthält:
a) eine Altersobergrenze zwischen 35 und 40 Jahren,
b) die vom „Leiter des Betriebs“ zu erfüllenden Voraussetzungen,
c) die einschlägigen Qualifikationen oder Ausbildungsanforderungen, wie von den Mitgliedstaaten festgelegt.
[…]
Artikel 16
Interventionskategorien in Form von Direktzahlungen
[…]
(2) Bei den entkoppelten Direktzahlungen handelt es sich um
[…]
c) die ergänzende Einkommensstützung für Junglandwirte;
[…]
Artikel 30
Ergänzende Einkommensstützung für Junglandwirte
(1) Die Mitgliedstaaten können nach den in diesem Artikel festgelegten und in ihren GAP-Strategieplänen weiter ausgeführten Bedingungen eine ergänzende Einkommensstützung für Junglandwirte im Sinne der Kriterien gemäß Artikel 4 Absatz 6 vorsehen.
[…]“
Bundesgesetz über die Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen und die Grundsätze der Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik (Marktordnungsgesetz 2021 – MOG 2021), BGBl. I Nr. 55/2007 idFd BGBl. I Nr. 77/2022:
„Gemeinsame Begriffsbestimmungen des GAP-Strategieplans
Berechnungsgrundlage in Bezug auf flächenbezogene Zahlungen
§ 6d. (1) Die „landwirtschaftliche Tätigkeit“, die „landwirtschaftliche Fläche“, die „förderfähige Fläche“, der „Junglandwirt“, der „neue Landwirt“ sowie der „aktive Landwirt“ sind unter Heranziehung der in Art. 4 der Verordnung (EU) 2021/2115 sowie den in den Abs. 2 bis 9 enthaltenen Vorgaben durch Verordnung näher zu konkretisieren.
[…]
(8) Der Junglandwirt darf im Jahr der Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit nicht älter als 40 Jahre sein und muss über eine für die Bewirtschaftung des Betriebs geeignete Ausbildung auf zumindest Facharbeiterniveau verfügen, die spätestens innerhalb einer in der Verordnung festgelegten Frist nachzuweisen ist. Ebenso ist die Frist für die Antragstellung nach Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit festzulegen.
[…]
§ 19. […]
(3) Das Bundesverwaltungsgericht kann der AMA auftragen, gemäß den Vorgaben im Erkenntnis die entsprechenden Berechnungen durchzuführen und das Ergebnis bescheidmäßig mitzuteilen.
[…]“
Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft mit Regeln zur Anwendung des GAP-Strategieplans (GAP-Strategieplan-Anwendungsverordnung – GSP-AV), BGBl II Nr. 409/2022:
„Sonstige Vorgaben
§ 21. (1) Der Junglandwirt muss einen landwirtschaftlichen Betrieb im eigenen Namen und auf eigene Rechnung führen oder eine maßgebliche Einflussnahmemöglichkeit auf die Leitung des Betriebes haben; ferner muss der Junglandwirt spätestens zwei Jahre nach Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit eine für die Bewirtschaftung des Betriebs geeignete Facharbeiterprüfung oder eine einschlägige höhere Ausbildung oder einen einschlägigen Hochschulabschluss nachweisen. Diese Frist kann in begründeten Fällen höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände auf Antrag des Junglandwirts, der vor Ablauf der zwei Jahre nach Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit zu stellen ist, um ein Jahr verlängert werden. Der Antrag auf ergänzende Einkommensstützung für Junglandwirte ist spätestens für das der Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit durch den Junglandwirt folgende Antragsjahr zu stellen. Erfolgte die Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit durch den Junglandwirt vor dem Jahr 2022 aber frühestens im Jahr 2018, so ist der Antrag spätestens für das Antragsjahr 2023 zu stellen.
(2) Die in Abs. 1 genannten Voraussetzungen müssen bei Personenvereinigungen, eingetragenen Personengesellschaften und juristischen Personen – ausgenommen Aktiengesellschaften und Vereine, die nicht als Junglandwirt förderbar sind – von jener bzw. jenen Personen erfüllt werden, die die langfristige und wirksame Kontrolle über die Betriebsführung des landwirtschaftlichen Betriebs ausübt bzw. ausüben.
[…]“
3.2. Rechtliche Würdigung:
Mit 1.1.2023 traten innerhalb der Europäischen Union neue Regeln hinsichtlich der Gemeinsamen Agrarpolitik in Kraft. Es ist aber weiterhin unter dem Titel „Ergänzende Einkommensstützung“ eine Zahlung für Junglandwirte vorgesehen. Gemäß Art. 30 Abs. 1 VO (EU) 2021/2115 obliegt es den Mitgliedstaaten, in deren GAP-Strategieplänen weiter ausgeführte Bedingungen für diese ergänzende Einkommensstützung für Junglandwirte festzulegen. Dabei sind die in Art. 4 Abs. 6 leg.cit. vorgesehenen Kriterien einer Altersobergrenze und die vom Leiter des Betriebs zu erfüllenden Voraussetzungen, insbesondere eine einschlägige Qualifikation oder Ausbildung, zu berücksichtigen. In Österreich geschah dies durch § 6d MOG 2021 und die GSP-AV.
Wie dem angefochtenen Bescheid zu entnehmen ist, soll die als Junglandwirtin angeführte XXXX nicht wie in § 21 Abs. 2 GSP-AV angeführt die langfristige und wirksame Kontrolle über die Betriebsführung haben.
Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich zweifellos um eine Personenvereinigung im Sinne des § 21 Abs. 2 leg.cit. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts keine Rechtspersönlichkeit besitzt. Sie kann nicht klagen und geklagt werden und auch nicht ins Grundbuch oder Firmenbuch eingetragen werden. Vom Grundsatz der Alleingeschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis jedes Gesellschafters wurde auch im gegenständlichen Gesellschaftsvertrag vom 01.03.2024 nicht abgegangen. Weiters ist dem Gesellschaftsvertrag zu entnehmen, dass die für die Zahlung für Junglandwirtinnen und Junglandwirte anspruchsberechtigte Person als Gesellschafterin um Unterschied zu den beiden anderen Gesellschafterinnen nicht nur ihre Arbeitskraft, sondern auch den landwirtschaftlichen Betrieb einbringt. Dies schlägt dann auch auf die Beteiligung durch, die für die Junglandwirtin mit 52 % angegeben wird. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass die angehende Junglandwirtin eine maßgebliche Einflussnahme auf die Leitung des Betriebs im Sinne des § 21 Abs. 1 GSP-AV hat.
Wenn die belangte Behörde davon ausgeht, dass die in § 5 des Gesellschaftsvertrages angeführten Bestimmungen nicht für eine langfristige und wirksame Kontrolle durch die Junglandwirtin sprechen würden, so ist dem entgegenzuhalten, dass, wie von der AMA zunächst richtig erkannt, es sich dabei vorwiegend um außergewöhnliche Geschäfte handelt. Diese können aber auch weitreichende Konsequenzen bis hin zur Insolvenz des Betriebes haben. Offensichtlich wurde mit diesen Bestimmungen das Ziel verfolgt, dass solche Geschäfte nur im gemeinsamen Einvernehmen der Gesellschafter erfolgen sollen, um sicherzustellen, dass die daraus resultierenden Belastungen auch von allen zusammen getragen werden können und damit der Niedergang des Betriebs verhindert wird. Die Sicherung des Fortbestehens des Betriebes ist aber geradezu eine Voraussetzung dafür, dass überhaupt eine langfristige und wirksame Kontrolle über den Betrieb ausgeübt werden kann.
Auch sonst sind dem Gesellschaftsvertrag keine Bestimmungen zu entnehmen, die eine langfristige und wirksame Kontrolle der Junglandwirtin über den Betrieb ausschließen würden. Die Nichtgewährung der Zahlung für Junglandwirte durch die belangte Behörde erfolgte daher zu Unrecht, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Aufgrund der technisch aufwendigen Berechnungen hat das Gericht von der durch § 19 Abs. 3 MOG 2021 eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, der Behörde aufzutragen, die entsprechenden Berechnungen durchzuführen und das Ergebnis bescheidmäßig mitzuteilen.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war und Art. 47 GRC dem nicht entgegenstand. Letztlich handelte es sich um die Beurteilung reiner Rechtsfragen, die auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Verwaltungsgerichtshofes keiner Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bedürfen (VwGH 21.12.2016, Ra 2016/04/0117).
3.3. Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, da eine klare und eindeutige Rechtslage vorliegt (VwGH 3.7.2015, Ra 2015/03/0041).
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