IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Christian Baumgartner über die Beschwerde von XXXX , BNr. XXXX , gegen den Bescheid des Vorstandes für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 15.01.2025, AZ II/4-DZ/24-26169050010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2024 zu Recht:
A)
I. Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass XXXX die Zahlung für Junglandwirtinnen und Junglandwirte gewährt wird.
II. Die AMA hat gemäß den Vorgaben in diesem Erkenntnis die entsprechenden Berechnungen durchzuführen und das Ergebnis bescheidmäßig mitzuteilen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Mit Eingabe vom 11.10.2023 zeigte aufgrund des Todes der bisherigen Bewirtschafterin die Beschwerdeführerin als neue Bewirtschafterin einen Bewirtschafterwechsel des Betriebs Nr. XXXX wirksam ab 01.09.2023 an.
2. Am 28.03.2024 stellte die Beschwerdeführerin einen Mehrfachantrag (MFA) 2024 für das Antragsjahr 2024, beantragte die Gewährung von Direktzahlungen, eine Ausgleichszulage sowie eine Zahlung für Junglandwirtinnen und Junglandwirte und spezifizierte zu diesem Zweck in der Internet-Applikation INVEKOS-GIS eine Reihe landwirtschaftlicher Nutzflächen.
3. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 15.01.2025, AZ II/4-DZ/24-26169050010, gewährte die AMA der Beschwerdeführerin Prämien in Höhe von EUR 618,32. Der Antrag auf Zahlung für Junglandwirtinnen und Junglandwirte wurde hingegen abgewiesen, da der Nachweis der Bewirtschaftungsaufnahme der Sozialversicherung der Selbständigen (SVS) nicht anerkannt worden sei.
4. Mit E-Mail vom 22.01.2025 erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid und gab an, dass sie nach dem Bewirtschafterwechsel am 01.09.2023 ab März 2024 erstmalig die landwirtschaftlichen Flächen ihres Betriebes selbst bewirtschaftet habe. Sie werde umgehend den Versicherungsdatenauszug als auch den LAG-Auszug nachsenden.
In der Folge wurde am 18.02.2025 nur der Versicherungsdatenauszug der SVS übermittelt.
5. Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht am 18.09.2025 die Beschwerde und die zugehörigen Unterlagen des Verwaltungsverfahrens vor. Im Rahmen der Aktenvorlage führte die AMA im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass eine Betriebsdatenaufstellung (LAG-Gesamt) als Nachweis der Bewirtschaftungsaufnahme der SVS bisher noch nicht übermittelt worden sei, weshalb der Antrag auf Gewährung der Zahlung für Junglandwirtinnen und Junglandwirte abzuweisen sei.
6. Auf telefonische Nachfrage durch das Bundesverwaltungsgericht übermittelte die Beschwerdeführerin am 29.09.2025 den fehlenden LAG-Auszug.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Am 01.09.2023 übernahm die Beschwerdeführerin als neue Bewirtschafterin die Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Betriebs Nr. XXXX .
Am 28.03.2024 stellte die Beschwerdeführerin einen MFA 2024 für das Antragsjahr 2024 und beantragte unter anderem die Gewährung einer Zahlung für Junglandwirtinnen und Junglandwirte.
Die Beschwerdeführerin hat den Betrieb zumindest ab 1.1.2024 geführt.
2. Beweiswürdigung:
Nach Beschwerdeerhebung hat die Beschwerdeführerin sowohl einen Versicherungsdatenauszug als auch einen LAG-Auszug als Nachweis der Bewirtschaftungsaufnahme der SVS vorgelegt. Daraus ergeben sich die Feststellungen. Aus diesen Auszügen (Betriebsdaten und Unternehmerdaten) ergibt sich eindeutig, dass die Beschwerdeführerin mit Stand 01.2024 ihren landwirtschaftlichen Betrieb auch tatsächlich als Betriebsinhaberin bewirtschaftet hat (Bewirtschaftungsaufnahme nach dem Bewirtschafterwechsel).
Widersprüchlichkeiten liegen somit nicht vor.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für das betroffene Antragsjahr maßgeblichen Fassung:
Verordnung (EU) 2021/2115 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 2. Dezember 2021 mit Vorschriften für die Unterstützung der von den Mitgliedstaaten im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik zu erstellenden und durch den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) zu finanzierenden Strategiepläne (GAP-Strategiepläne) und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 sowie der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013, ABl. L 435 vom 6.12.2021, S. 1, im Folgenden VO (EU) 2021/2115:
„Artikel 4
In den GAP-Strategieplänen festzulegende Begriffsbestimmungen und Bedingungen
(1) Die Mitgliedstaaten legen in ihren GAP-Strategieplänen die Begriffsbestimmungen für „landwirtschaftliche Tätigkeit“, „landwirtschaftliche Fläche“, „förderfähige Hektarfläche“, „aktiver Landwirt“, „Junglandwirt“ und „neuer Landwirt“ sowie die einschlägigen Bedingungen gemäß dem vorliegenden Artikel fest.
[…]
(6) Die Begriffsbestimmung für „Junglandwirt“ ist so festzulegen, dass sie Folgendes enthält:
a) eine Altersobergrenze zwischen 35 und 40 Jahren,
b) die vom „Leiter des Betriebs“ zu erfüllenden Voraussetzungen,
c) die einschlägigen Qualifikationen oder Ausbildungsanforderungen, wie von den Mitgliedstaaten festgelegt.
[…]
Artikel 16
Interventionskategorien in Form von Direktzahlungen
[…]
(2) Bei den entkoppelten Direktzahlungen handelt es sich um
[…]
c) die ergänzende Einkommensstützung für Junglandwirte;
[…]
Artikel 30
Ergänzende Einkommensstützung für Junglandwirte
(1) Die Mitgliedstaaten können nach den in diesem Artikel festgelegten und in ihren GAP-Strategieplänen weiter ausgeführten Bedingungen eine ergänzende Einkommensstützung für Junglandwirte im Sinne der Kriterien gemäß Artikel 4 Absatz 6 vorsehen.
[…]“
Bundesgesetz über die Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen und die Grundsätze der Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik (Marktordnungsgesetz 2021 – MOG 2021), BGBl. I Nr. 55/2007 idFd BGBl. I Nr. 77/2022:
„Gemeinsame Begriffsbestimmungen des GAP-Strategieplans
Berechnungsgrundlage in Bezug auf flächenbezogene Zahlungen
§ 6d. (1) Die „landwirtschaftliche Tätigkeit“, die „landwirtschaftliche Fläche“, die „förderfähige Fläche“, der „Junglandwirt“, der „neue Landwirt“ sowie der „aktive Landwirt“ sind unter Heranziehung der in Art. 4 der Verordnung (EU) 2021/2115 sowie den in den Abs. 2 bis 9 enthaltenen Vorgaben durch Verordnung näher zu konkretisieren.
[…]
(8) Der Junglandwirt darf im Jahr der Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit nicht älter als 40 Jahre sein und muss über eine für die Bewirtschaftung des Betriebs geeignete Ausbildung auf zumindest Facharbeiterniveau verfügen, die spätestens innerhalb einer in der Verordnung festgelegten Frist nachzuweisen ist. Ebenso ist die Frist für die Antragstellung nach Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit festzulegen.
[…]
§ 19. […]
(3) Das Bundesverwaltungsgericht kann der AMA auftragen, gemäß den Vorgaben im Erkenntnis die entsprechenden Berechnungen durchzuführen und das Ergebnis bescheidmäßig mitzuteilen.
[…]“
Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft mit Regeln zur Anwendung des GAP-Strategieplans (GAP-Strategieplan-Anwendungsverordnung – GSP-AV), BGBl II Nr. 409/2022:
„Sonstige Vorgaben
§ 21. (1) Der Junglandwirt muss einen landwirtschaftlichen Betrieb im eigenen Namen und auf eigene Rechnung führen oder eine maßgebliche Einflussnahmemöglichkeit auf die Leitung des Betriebes haben; ferner muss der Junglandwirt spätestens zwei Jahre nach Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit eine für die Bewirtschaftung des Betriebs geeignete Facharbeiterprüfung oder eine einschlägige höhere Ausbildung oder einen einschlägigen Hochschulabschluss nachweisen. Diese Frist kann in begründeten Fällen höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände auf Antrag des Junglandwirts, der vor Ablauf der zwei Jahre nach Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit zu stellen ist, um ein Jahr verlängert werden. Der Antrag auf ergänzende Einkommensstützung für Junglandwirte ist spätestens für das der Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit durch den Junglandwirt folgende Antragsjahr zu stellen. Erfolgte die Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit durch den Junglandwirt vor dem Jahr 2022 aber frühestens im Jahr 2018, so ist der Antrag spätestens für das Antragsjahr 2023 zu stellen.
[…]“
3.2. Rechtliche Würdigung:
Mit 1.1.2023 traten innerhalb der Europäischen Union neue Regeln hinsichtlich der Gemeinsamen Agrarpolitik in Kraft. Es ist aber weiterhin unter dem Titel „Ergänzende Einkommensstützung“ eine Zahlung für Junglandwirte vorgesehen. Gemäß Art. 30 Abs. 1 VO (EU) 2021/2115 obliegt es den Mitgliedstaaten, in deren GAP-Strategieplänen weiter ausgeführte Bedingungen für diese ergänzende Einkommensstützung für Junglandwirte festzulegen. Dabei sind die in Art. 4 Abs. 6 leg.cit. vorgesehenen Kriterien einer Altersobergrenze und die vom Leiter des Betriebs zu erfüllenden Voraussetzungen, insbesondere eine einschlägige Qualifikation oder Ausbildung, zu berücksichtigen. In Österreich geschah dies durch § 6d MOG 2021 und die GSP-AV.
Wie den einschlägigen Normen des § 6d MOG 2021 und des § 21 GSP-AV zu entnehmen ist, muss ein Junglandwirt eine landwirtschaftliche Tätigkeit aufnehmen, um für die Zahlung für Junglandwirtinnen und Junglandwirte anspruchsberechtigt zu sein. Die Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit wird im gegenständlichen Fall durch einen Versicherungsdatenauszug als auch einen LAG-Auszug nachgewiesen. Bis zur Bescheiderlassung sind die geforderten Nachweise nicht vorgelegt worden, weshalb auch der Antrag auf Gewährung der Zahlung für Junglandwirtinnen und Junglandwirte durch die AMA zu Recht abgewiesen wurde.
Nunmehr wurden aber die erforderlichen Nachweise vollständig vorgelegt, sodass die Zahlung für Junglandwirtinnen und Junglandwirte auch gewährt werden kann, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Aufgrund der technisch aufwendigen Berechnungen hat das Gericht von der durch § 19 Abs. 3 MOG 2021 eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, der Behörde aufzutragen, die entsprechenden Berechnungen durchzuführen und das Ergebnis bescheidmäßig mitzuteilen.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war und Art. 47 GRC dem nicht entgegenstand. Letztlich handelte es sich um die Beurteilung reiner Rechtsfragen, die auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Verwaltungsgerichtshofes keiner Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bedürfen (VwGH 21.12.2016, Ra 2016/04/0117).
3.3. Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, da eine klare und eindeutige Rechtslage vorliegt (VwGH 3.7.2015, Ra 2015/03/0041).
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