IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Karin RETTENHABER-LAGLER als Vorsitzende und die Richterin Mag.a Karin GASTINGER, MAS sowie die fachkundige Laienrichterin Dr.in Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch den KOBV, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 27.01.2025, nach Beschwerdevorentscheidung vom 23.05.2025, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, zu Recht erkannt
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer ist seit 05.07.2024 Inhaber eines Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 von Hundert (in der Folge v.H.) und der Zusatzeintragung „Der Inhaber/die Inhaberin des Passes ist TrägerIn von Osteosynthesematerial“.
2. Am 05.07.2024 stellte er beim Sozialministeriumservice (in der Folge „belangte Behörde“ genannt) einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29 b Straßenverkehrsordnung (StVO) (Parkausweis), der entsprechend dem von der belangten Behörde zur Verfügung gestellten und vom Beschwerdeführer ausgefüllten Antragsformular auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gilt und legte eine Reihe von ärztlichen Befunden vor.
3. Die belangte Behörde holte in weiterer Folge ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Allgemeinmedizin ein. In dem auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 28.08.2024 beruhenden eingeholten Sachverständigengutachten vom 26.10.2024 stellte die medizinische Sachverständige beim Beschwerdeführer die Funktionseinschränkung Degenerative und Posttraumatische Veränderungen der Wirbelsäule, Corpektomie C4/C5, Osteoporose, Position 02.01.03 der Anlage der Einschätzungsverordnung (EVO), Grad der Behinderung (GdB) 50 v.H., fest.
Weiters stellte die medizinische Sachverständige fest, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass aus medizinischer Sicht nicht vorliegen.
4. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 29.10.2024 wurde der Beschwerdeführer über das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens informiert und wurden ihm das eingeholte Gutachten übermittelt sowie die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Erhalt des Schreibens dazu Stellung zu nehmen.
5. Mit Schreiben vom 18.11.2024 brachte der Beschwerdeführer eine Stellungnahme ein und führte darin zusammengefasst aus, dass dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht möglich sei. Auch sei ihm das Zurücklegen einer Wegstrecke von 300-400m aufgrund der von der Osteoporose verursachten Wirbelkörperbrüchen auch unter der Verwendung von Hilfsmitteln nicht möglich. Der Stellungnahme wurden Befunde vom 06.06.2023 und 14.11.2024 beigelegt.
6. In einer daraufhin eingeholten Stellungnahme einer Fachärztin für Orthopädie vom 13.01.2025 wurde ausgeführt, dass die bei der Begutachtung festgestellten Defizite vor allem im Bereich des Stütz- und Bewegungsapparates hinsichtlich Einstufung nach der EVO sowie der der beantragten Zusatzeintragung in vollem Umfang berücksichtigt wurden. Die festgestellten Defizite könnten eine maßgebliche Einschränkung der Gehstrecke jedoch nicht begründen, hochgradige Funktionseinschränkungen im Bereich der Wirbelsäule und des Bewegungsapparates konnten nicht festgestellt werden. Die vorgebrachten Argumente und vorgelegten Befunde würden keine neuen Erkenntnisse beinhalten, die das vorhandene Begutachtungsergebnis entkräften könnten. Auch konnten insbesondere keine motorischen Defizite festgestellt werden, sodass eine Änderung der gutachterlichen Einschätzung nicht vorzunehmen sei.
7. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 27.01.2025 wies die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG ab. Die belangte Behörde schloss dem genannten Bescheid die eingeholte Stellungnahme in Kopie an.
8. Mit Schreiben vom 06.03.2025 erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner bevollmächtigten Vertretung gegen den Bescheid der belangten Behörde das Rechtsmittel der Beschwerde. Darin wurde das Vorbringen der Stellungnahme, wonach der Beschwerdeführer eine kurze Wegstrecke von 300-400m auch unter Verwendung von Hilfsmittel nicht zurücklegen könnte, wiederholt und weiter ausgeführt, dass der Beschwerdeführer neben massiven orthopädischen Beschwerden auch an einer Beeinträchtigung der Lunge leiden würde, es läge eine wechselseitige Leidensbeeinflussung vor. Die belangte Behörde habe bisher kein Lungenfachärztliches Gutachten eingeholt, das Ermittlungsverfahren sei mangelhaft, die Voraussetzungen für die begehrte Zusatzeintragung würden vorliegen. Mit der Beschwerde wurden weitere Befunde vorgelegt.
9. Die belangte Behörde leitete in der Folge ein Beschwerdevorentscheidungsverfahren ein und holte in weiterer Folge ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin ein. In dem auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 11.04.2025 beruhenden eingeholten Sachverständigengutachten vom 14.04.2025 stellte die medizinische Sachverständige beim Beschwerdeführer die Funktionseinschränkungen COPD GOLD II und Hashimoto Thyreoiditis fest. Im Gutachten wurde hinsichtlich des Beschwerdevorbringens ausgeführt, dass eine erhebliche Erschwernis beim Zurücklegen kurzer Wegstrecken oder beim Benützen öffentlicher Verkehrsmittel im Fall des Beschwerdeführers nicht vorliege. Es bestehe eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung, nach den vorliegenden Befunden unter laufender Therapie im durchwegs kardiorespiratorisch kompensiertem Zustand ohne Hinweis auf Exacerbationen, eine Sauerstoffpflicht bestehe nicht, sodass bei hierorts gutem Allgemein- und Ernährungszustand, sowie freiem und unauffälligem Gangbild, eine erhebliche Erschwernis beim Zurücklegen kurzer Wegstrecken oder beim Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel nicht begründbar sei.
10. In einem weiters eingeholten Aktengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Allgemeinmedizin vom 23.04.2025 wurde ausgeführt, dass sich im Vergleich zum Vorgutachten keine Änderungen das vertretene Fach betreffend ergeben würden. Befunde, die neue Tatsachen, noch nicht ausreichend berücksichtigte Leiden oder maßgebliche Verschlimmerungen belegen könnten, seien nicht vorgelegt worden, am bisherigen Ergebnis werde festgehalten.
Weiters stellte die medizinische Sachverständige fest, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass aus medizinischer Sicht nicht vorliegen.
11. In der eingeholten Sachverständigen Gesamtbeurteilung einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Allgemeinmedizin vom 24.04.2025 wurde ausgeführt, dass noch nicht ausreichend berücksichtigte Leiden oder maßgebliche Verschlimmerungen nicht vorliegen würden, am bisherigen Ergebnis der Begutachtung werde festgehalten.
12. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 25.04.2025 wurde der Beschwerdeführer über das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens informiert und wurden ihm die eingeholten Gutachten übermittelt sowie die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Erhalt des Schreibens dazu Stellung zu nehmen.
Eine Stellungnahme langte nicht ein.
13. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 23.05.2025 sprach die belangte Behörde aus, dass das durchgeführte Begutachtungsverfahren ergeben habe, dass die Voraussetzungen für die begehrte Zusatzeintragung im Behindertenpass nicht vorliegen, der Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintrag werde daher abgewiesen. Die belangte Behörde schloss dem genannten Bescheid die eingeholten Sachverständigengutachten in Kopie an.
14. Mit Vorlageantrag vom 16.06.2025 bekämpfte der Beschwerdeführer die Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde und brachte im Wege seiner Vertretung vor, dass er zuvor die Einholung von Sachverständigengutachten aus dem Bereich der Lungenheilkunde und Orthopädie beantragt habe, dem sei nicht entsprochen worden. Weiters wurde auf das übrige Vorbringen in der zuvor erstatteten Beschwerde verwiesen.
15. Die belangte Behörde legte den Aktenvorgang dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 13.06.2025 vor, wo dieser am 16.06.2025 einlangte.
16. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 16.06.2025 eine Abfrage im Zentralen Melderegister durch, wonach der Beschwerdeführer österreichischer Staatsbürger ist, und seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29 b Straßenverkehrsordnung (StVO) (Parkausweis) langte am 05.07.2024 bei der belangten Behörde ein.
Der Beschwerdeführer hat seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland und besitzt einen Behindertenpass mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H.
Dem Beschwerdeführer ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.
Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers:
Begutachtung am 28.08.2024:
Anamnese:
Chronische Rückenschmerzen bei Osteoporose (Movymia-Spritzen-Therapie) Wirbelkörperbrüche Th 12, L1, L3 und L4 TH 10 12 und LWK 1 VS; Zervicalsyndrom; St.p. Spondylodiscitis und Epiduralabzess HWK IV - St.p. Corpektomie C4/C5 Synmesh + Skylineplatte wegen (MRSA) 11/22; chron. Heiserkeit (seit HWS OP 2022);
VGA 28.8.2024 (Orthopädie) vom 28.8.2024: GdB 50vH wegen WS, DZ, Abweisung der ZE UÖVM
Derzeitige Beschwerden:
„Die meisten Beschwerden habe ich im Bereich der Lendenwirbelsäule und HWS, dauernd Schmerzen. Schmerzen habe ich auch im Bereich der Hüftgelenke. Gefühlsstörungen oder Lähmungen habe ich nicht. Bei Facharzt für Orthopädie bin ich in letzter Zeit nicht, werde in AKH Nord betreut. Rehabilitation hatte ich in XXXX . Physiotherapie derzeit nicht Hergekommen bin ich mit dem Auto, wurde gebracht."
"Die öffentlichen Verkehrsmittel kann ich nicht benützen, weil ich keine Luft bekomme, die Pollen gehen den ganzen Sommer, das hören Sie doch eh. Einkaufen, das geht alles nicht. Versuche so wenig wie möglich im Freien zu sein. Öffentlich geht das gar nicht. Muss 17x umsteigen, da brauche ich den ganzen Tag. "
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel: Medikamente:
Novalgin Hydal 4 mg Foster Spiriva Berodual Oleovit D3 Movymia Allergie: Wespe, Gräser Nikotin: 5 -10 Hilfsmittel: 0; Laufende Therapie bei Hausarzt Dr. Pichlhäer, 1210;
Foster, Spiriva, Berodual, Movimia, Hydal, Novalgin, Cal D Vita, Marcoumar (nb), etwas für die Schilddrüse, da wird noch ausprobiert, Marcoumar wegen Thrombosen;
Sozialanamnese:
Geschieden, 1 Tochter, lebt alleine in Wohnung im 3. Stwk. mit Lift Berufsanamnese: Pensionist, Elektrotechniker
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
RZ XXXX 25.03.2024 (Chronische Rückenschmerzen bei Osteoporose (Movymia- Spritzen-Therapie) 2 CT vom 23.05.23: Wirbelkörperbrüche Th 12, L1, L3 und L4 Wirbelkörperhämagiom LKW3;
MRT vom 25.5.23 Wirbelkörperfrakturen bei TH 10 Th 12 und LWK 1 Spinalkanalstenose durch die nach posterior verlagerte Hinterkante des Wirbelkörpers LWK1;
Wirbelkörperfrakturen bei LWK 2, LWK 3, LWK 4 Knochenmarksödem ohne Hinweis auf Fraktur bei TH9, Th 11 Z.n. BWK 12 Fraktur (2018);
Zervicalsyndrom, St.p. Spondylodiscitis und Epiduralabzess HWK IV;
St.p. Corpektomie C4/C5;
Synmesh + Skylineplatte wegen (MRSA) 11/22;
Polyarthrose;
Pulmo vom 19.2.2025: COPD II, Lufu: FEV1%F 65%
Med22 vom 13.5.2024: Hashimoto Thyreoiditis mit Hyperthyreose
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand: gut, 59; Ernährungszustand: gut; Größe: 175,00 cm; Gewicht: 81,00 kg; Blutdruck 130/80
Klinischer Status - Fachstatus:
Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen, sichtbare Schleimhautpartien
unauffällig, Pupillen rund, isocor. Halsvenen nicht gestaut. Heiser;
Thorax: symmetrisch.
Atemexkursion seitengleich, VA. HAT rein, rhythmisch. Keine Dyspnoe, keine Zyanose. Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar.
Integument: unauffällig
Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:
Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, seitengleich mittelkräftig entwickelte Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.
Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig. Kraft, Tonus und Trophik unauffällig.
Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.
Becken und beide unteren Extremitäten:
Freies Stehen sicher möglich, Zehenballen-, Fersen- und Einbeinstand möglich.
Die Beinachse ist im Lot. Seitengleich mittelkräftig entwickelte Muskelverhältnisse. Beinlänge ident.
Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine trophischen Störungen, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.
Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Hüften, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.
Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich. Wirbelsäule:
Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, Streckhaltung der LWS, sonst regelrechte Krümmungsverhältnisse.
Mäßig Hartspann. Kein Klopfschmerz über der Wirbelsäule.
Aktive Beweglichkeit:
HWS: R beidseits 20°, F 5°, KJA 4/14
BWS/LWS: FBA: Kniegelenke werden erreicht, in allen Ebenen frei beweglich Lasegue bds. negativ.
HNAP: frei
Hals: keine Struma, keine pathologischen Lymphknoten Thorax: Pulmo: geringes Giemen expiratorisch v.a. rechts, SKS HT: leise, rhythmisch, normofrequent
Abdomen: Leber und Milz n.p., keine DP, keine Resistenzen, Darmgeräusche: lebhaft UE: Knöchelödeme , Vorfuß frei, Zeichen der CVI, Pulse: beidseits palpabel Untersuchung im Sitzen und Liegen, selbständiges An- und Ausziehen
Gesamtmobilität - Gangbild:
Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen ohne Hilfsmittel, das Gangbild ist hinkfrei und unauffällig.
Bewegungsabläufe beim Hinlegen auf die Untersuchungsliege und Aufstehen nicht eingeschränkt. Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.
Status Psychicus:
Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen, Ductus kohärent
Begutachtung am 11.04.2025:
Anamnese:
VGA 28.8.2024 (Orthopädie) vom 28.8.2024: GdB 50 vH wegen WS, DZ, Abweisung der ZE UÖVM
Derzeitige Beschwerden:
"Die öffentlichen Verkehrsmittel kann ich nicht benützen, weil ich keine Luft bekomme, die Pollen gehen den ganzen Sommer, das hören Sie doch eh. Einkaufen, das geht alles nicht. Versuche so wenig wie möglich im Freien zu sein. Öffentlich geht das gar nicht. Muss 17x umsteigen, da brauche ich den ganzen Tag. "
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Foster, Spiriva, Berodual, Movimia, Hydal, Novalgin, Cal D Vita, Marcoumar (nb), etwas für die Schilddrüse, da wird noch ausprobiert, Marcoumar wegen Thrombosen
Sozialanamnese:
ledig, in Pension
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Pulmo vom 19.2.2025: COPD II, Lufu: FEV1%F 65%
Med22 vom 13.5.2024: Hashimoto Thyreoiditis mit Hyperthyreose
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
gut
Ernährungszustand: leicht adipös
Größe: 180,00 cm Gewicht: 97,00 kg Blutdruck: 130/80
Klinischer Status - Fachstatus:
HNAP: frei
Hals: keine Struma, keine pathologischen Lymphknoten Thorax: Pulmo: geringes Giemen expiratorisch v.a. rechts, SKS HT: leise, rhythmisch, normofrequent
Abdomen: Leber und Milz n.p., keine DP, keine Resistenzen, Darmgeräusche: lebhaft UE: Knöchelödeme, Vorfuß frei, Zeichen der CVI, Pulse: beidseits palpabel Untersuchung im Sitzen und Liegen, selbständiges An- und Ausziehen
Gesamtmobilität - Gangbild:
ausreichend trittsicher, keine Hilfsmittel
Status Psychicus:
allseits orientiert, Ductus kohärent
Der Beschwerdeführer hat folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
- Degenerative und posttraumatische Veränderungen der Wirbelsäule, Corpektomie C4/C5, Osteoporose
- Chronisch obstruktive Lungenerkrankung GOLD II
- Hashimoto Thyreoiditis
Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
Die festgestellten Gesundheitsschädigungen am Stütz- und Bewegungsapparat haben keine erhebliche Einschränkung der Mobilität zur Folge.
Es liegen keine Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten und der Wirbelsäule vor, welche die Mobilität erheblich und dauerhaft einschränkten. Es sind belastungsabhängige Probleme der Wirbelsäule im Vordergrund, welche die Steh- und Gehleistung geringgradig einschränken. Die Gesamtmobilität ist ausreichend, um kurze Wegstrecken von 300-400 m zurücklegen zu können und um Niveauunterschiede zu überwinden; das sichere Aus- und Einsteigen ist möglich. An den oberen Extremitäten sind keine höhergradigen Funktionsbehinderungen fassbar, die Kraft seitengleich und gut. Der sichere Transport im öffentlichen Verkehrsmittel inklusive Festhalten während der Fahrt, Stand- und Gangsicherheit unter den üblichen Transportbedingungen ist nicht erheblich beeinträchtigt. Es liegen keine Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor.
Es besteht eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung, nach den vorliegenden Befunden unter laufender Therapie im durchwegs kardiorespiratorisch kompensiertem Zustand ohne Hinweis auf Exacerbationen, eine Sauerstoffpflicht besteht nicht, sodass bei hierorts gutem Allgemein- und Ernährungszustand, sowie freiem und unauffälligem Gangbild, eine erhebliche Erschwernis beim Zurücklegen kurzer Wegstrecken oder beim Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel nicht begründbar ist.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen, dem Wohnsitz des Beschwerdeführers im Inland und zum Behindertenpass ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.
Die Feststellungen zu den Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers gründen sich auf das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Allgemeinmedizin vom 26.10.2024 (vidiert am 28.10.2024), basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 28.08.2024, auf der eingeholten Stellungnahme einer Fachärztin für Orthopädie vom 13.01.2025 (vidiert am 13.01.2025), auf dem eingeholten Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin vom 14.04.2025 (vidiert am 14.04.2025, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 11.04.2025, auf dem eingeholten Aktengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Allgemeinmedizin vom 23.04.2025 (vidiert am 24.04.2025), basierend auf den zuvor eingeholten Gutachten sowie den im Akt bei der belangten Behörde aufliegenden Unterlagen und Befunden und den vom Beschwerdeführer vorgelegten Befunden und dem Gesamtgutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Allgemeinmedizin vom 24.04.2025 (vidiert am 25.04.2025) welche allesamt schlüssig und nachvollziehbar sind, sie weisen keinerlei Widersprüche auf. Es wird auf sämtliche vorgelegte Befunde sowie die Art der Leiden des Beschwerdeführers auf deren Ausmaß ausführlich eingegangen.
In den eingeholten Gutachten wird auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Die medizinischen Gutachter*innen setzen sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den vorgelegten Befunden sowie mit der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussungen und dem Zusammenwirken der zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen auseinander. Auch auf das Vorbringen in der Beschwerde, wonach der Beschwerdeführer selbst kurze Wegstrecken im Ausmaß von 300-400m auch unter hypothetischer Zuhilfenahme von Gehhilfen nicht zurücklegen könnte, wurde jeweils eingegangen und wurden die dahingehenden Ausführungen umfassend berücksichtigt. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen zweier persönlicher Untersuchungen erhobenen Befunden, den vorgelegten medizinischen Unterlagen und den Akten entsprechen auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen, die Gesundheitsschädigungen sind nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.
Anlässlich des Vorbringens, welches der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Stellungnahme erstattete, wurde seitens der belangten Behörde zunächst eine fachärztliche Stellungnahme der bereits befassten Fachärztin für Orthopädie, basierend auf der Aktenlage und dem Vorbringen in der Stellungnahme sowie der nachträglich vorgelegten Befunde und Unterlagen eingeholt.
Darin wurde schlüssig ausgeführt, dass die bei der Begutachtung festgestellten Defizite, welche vor allem im Bereich des Stütz- und Bewegungsapparates liegen würden, bei der Einstufung nach der EVO bereits in vollem Umfang berücksichtigt worden seien. Die festgestellten Funktionsdefizite könnten eine maßgebliche Einschränkung der Gehstrecke jedoch nicht ausreichend begründen. Auch habe man beim Beschwerdeführer keine höhergradigen Funktionseinschränkungen im Bereich von Wirbelsäule und Bewegungsapparat feststellen können, eine erhebliche Einschränkung der Gesamtmobilität würde daher nicht vorliegen. Die mit der Stellungnahme vorgelegten Befunden könnten überdies keine neuen Tatsachen, noch nicht ausreichend berücksichtigte Leiden oder eine maßgebliche Verschlimmerung belegen, die vorgebrachten Argumente und nachgereichten Befunde beinhalten auch keine neuen Erkenntnisse, die das vorhandene Begutachtungsergebnis entkräften könnten.
Aufgrund der sodann erhobenen Beschwerde, in welcher das Vorbringen aus der Stellungnahme wiederholt und zusätzlich ausgeführt wurde, dass der Beschwerdeführer auch massive Probleme mit der Lunge hätte, holte die belangte Behörde drei weitere Gutachten – ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin, ein Aktengutachten sowie eine gutachterliche Gesamtbeurteilung einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Allgemeinmedizin – ein.
Im Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin vom 14.04.2025 wurden unter dem Punkt Derzeitige Beschwerden die im Rahmen der Persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 11.04.2025 gemachten Angaben festgehalten: „Die öffentlichen Verkehrsmittel kann ich nicht benützen, weil ich keine Luft bekomme, die Pollen gehen den ganzen Sommer, das hören Sie doch eh. Einkaufen, das geht alles nicht. Versuche so wenig wie möglich im Freien zu sein. Öffentlich geht das garnicht. Muss 17 Mal umsteigen, da brauche ich den ganzen Tag“. Unter Einbeziehung der vorgelegten Befunden wurden sodann erstmals die weiteren Leiden Chronisch Obstruktive Lungenerkrankung GOLD II und Hashimoto Thyreoiditis berücksichtigt. Hinsichtlich des Beschwerdevorbringens und der Angaben des Beschwerdeführers wurde seitens der Gutachterin ausgeführt, dass im Fall des Beschwerdeführers keine Funktionseinschränkungen bestehen würden, die diesem die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel oder das Zurücklegen kurzer Wegstrecken im Ausmaß von 300-400m unzumutbar machen würden. Die beim Beschwerdeführer bestehende COPD sei laut den vorgelegten Befunden unter laufender Therapie im durchwegs kardiorespiratorisch kompensierten Zustand ohne Hinweis auf Exacerbationen und eine Sauerstoffpflicht bestehe ebenfalls nicht, sodass bei gutem Allgemein- und Ernährungszustand sowie freiem und auffälligem Gangbild eine erhebliche Erschwernis beim Zurücklegen kurzer Wegstrecken oder beim Benützen öffentlicher Verkehrsmittel aus fachärztlicher Sicht nicht begründbar sei.
Auch im weiters eingeholten Aktengutachten und Gesamtgutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Allgemeinmedizin vom 23.04.2025 und 24.04.2025 wurde festgehalten, dass sich im Bezug auf das gegenständlich vertretene Fach keine Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten ergeben würden. Befunde, die neue Tatsachen, noch nicht ausreichend berücksichtigte Leiden oder eine maßgebliche Verschlimmerung belegen könnten, seien vom Beschwerdeführer nicht vorgelegt worden. Zudem würden die vorgebrachten Argumente keine neuen Erkenntnisse beinhalten, die das Begutachtungsergebnis entkräften könnten, weshalb aus fachärztlicher Sicht daran festzuhalten sei. Hinsichtlich der Zumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wurde im Gutachten vom 23.04.2025 schlüssig dargelegt, dass beim Beschwerdeführer keine Funktionseinschränkungen der oberen und unteren Extremitäten und der Wirbelsäule vorliegen, welche die Mobilität dauerhaft einschränken würden. Im Vordergrund seien Belastungsabhängige Probleme der Wirbelsäule, welche die Steh- und Gehleistung bloß geringfügig einschränken würden. Die Gesamtmobilität des Beschwerdeführers sei ausreichend, um kurze Wegstrecken im Ausmaß von 300-400m zurücklegen und Niveauunterschieden überwinden zu können, auch das sichere Ein- und Aussteigen sei möglich. Der sichere Transport in öffentlichen Verkehrsmittel sei ebenfalls nicht erheblich beeinträchtigt, ausreichendes Festhalten während der Fahrt sowie Stand- und Gangsicherheit seien gegeben. Insgesamt sei eine erhebliche Erschwernis der Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel sohin nicht begründbar.
Insofern der Beschwerdeführer im Vorlageantrag sodann moniert, dass er jeweils ein Sachverständigengutachten aus den Bereichen der Orthopädie und Lungenheilkunde beantragt habe und die Behörde dem Begehren mit den eingeholten Gutachten nicht nachgekommen sei, so ist dem entgegen zu halten, dass die von der belangten Behörde beigezogenen medizinischen Sachverständigen eine Fachärztin für Innere Medizin sowie Orthopädie, Unfallchirurgie und Allgemeinmedizin ist und diese jeweils die notwendige Fachkompetenz haben, um die beim Beschwerdeführer bestehenden Funktionseinschränkungen beurteilen zu können und diese nach den strengen Kriterien der Anlage der EVO entsprechend einzuschätzen. Die medizinischen Sachverständigen haben ihre fachärztlichen Einschätzungen, wie bereits ausführt, richtig nach den Kriterien der EVO vorgenommen. Ein substantiiertes Vorbringen, welches tauglich gewesen wäre, die von den medizinischen Sachverständigen gezogenen Schlüsse zu entkräften, brachte der Beschwerdeführer sohin nicht vor.
Der Beschwerdeführer ist mit dem oben wiedergegebenen Vorbringen in der Beschwerde bzw. im Vorlageantrag dem auf einer persönlichen Untersuchung basierenden Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie, Unfallchirurgie und Allgemeinmedizin vom 26.10.2024 (vidiert am 28.10.2024), basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 28.08.2024, der fachärztlichen Stellungnahme einer Fachärztin für Orthopädie, Unfallchirurgie und Allgemeinmedizin vom 13.01.2025 (vidiert am 13.01.2025), dem auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 11.04.2025 basierenden Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin vom 14.04.2025 (vidiert am 14.04.2025), dem eingeholten Aktengutachten einer Fachärztin für Orthopädie, Unfallchirurgie und Allgemeinmedizin vom 23.04.2025 (vidiert am 24.04.2025) sowie der Gutachterlichen Gesamtbeurteilung einer Fachärztin für Orthopädie, Unfallchirurgie und Allgemeinmedizin vom 24.04.2025 (vidiert am 25.04.2025) im Lichte obiger Ausführungen daher nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner W ahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der oben genannten Sachverständigengutachten und werden diese Sachverständigengutachten in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Sachverständigengutachten in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Zu A)
1. Zur Entscheidung in der Sache:
Der Vollständigkeit halber wird zunächst darauf hingewiesen, dass mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 27.01.2025, der Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 Bundesbehindertengesetz idgF BGBl I Nr. 185/2022 (in der Folge kurz BBG) abgewiesen wurde. Verfahrensgegenstand ist somit nicht die Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung, sondern ausschließlich die Prüfung der Voraussetzungen der Vornahme der beantragten Zusatzeintragung.
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:
§ 42 (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
…
§ 45 (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
…
§ 46 Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.
§ 47 Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.“
§ 1 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, idg F BGBl II Nr. 263/2016 lautet – soweit im gegenständlichen Fall relevant - auszugsweise:
„§ 1 ….
(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:
1. …….
2. ……
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
(6)……“
In den Erläuterungen zu § 1 Abs. 2 Z 3 zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II Nr. 495/2013 wird unter anderem - soweit im gegenständlichen Fall relevant - Folgendes ausgeführt:
"Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (neu nunmehr § 1 Abs. 4 Z. 3, BGBl. II Nr. 263/2016):
…
Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
…
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion – das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen – ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes „dauerhafte Mobilitätseinschränkung“ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe „erheblich“ und „schwer“ werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleichbedeutend.
…
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
- hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
- Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
- COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
- Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
- mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss benützt werden.
…
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
- Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,
- hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,
- schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,
- nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden – Begleitperson ist erforderlich.
Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:
- anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID – sever combined immundeficiency),
- schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),
- fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,
- selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.
…
Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:
- vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystem als Nebenwirkung im Rahmen von Chemo-und /oder Strahlentherapien,
- laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, Abstoßreaktionen von Transplantaten zu verhindern oder die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken,
- Kleinwuchs
- gut versorgte Ileostoma, Colostoma und Ähnliches mit dichtem Verschluss. Es kommt weder zu Austritt von Stuhl oder Stuhlwasser noch zu Geruchsbelästigungen. Lediglich bei ungünstiger Lokalisation und deswegen permanent undichter Versorgung ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar,
- bei Inkontinenz, da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Lediglich bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar.
…“
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist, und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).
Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hierbei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).
Bei der Beurteilung der zumutbaren Wegstrecke geht der Verwaltungsgerichtshof von städtischen Verhältnissen und der durchschnittlichen Distanz von 300 bis 400 Metern bis zur nächsten Haltestelle eines öffentlichen Verkehrsmittels aus (VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).
Wie oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt – auf die diesbezüglichen Ausführungen wird verwiesen -, wurde in dem eingeholten Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Allgemeinmedizin vom 26.10.2024 (vidiert am 28.10.2024), basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 28.08.2024, der eingeholten Stellungnahme einer Fachärztin für Orthopädie vom 13.01.2025 (vidiert am 13.01.2025), dem eingeholten Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin vom 14.04.2025 (vidiert am 14.04.2025, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 11.04.2025, dem eingeholten Aktengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Allgemeinmedizin vom 23.04.2025 (vidiert am 24.04.2025), basierend auf den zuvor eingeholten Gutachten sowie den im Akt bei der belangten Behörde aufliegenden Unterlagen und Befunden und den vom Beschwerdeführer vorgelegten Befunden sowie dem Gesamtgutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Allgemeinmedizin vom 24.04.2025 (vidiert am 25.04.2025) nachvollziehbar verneint, dass im Fall des Beschwerdeführers – trotz der bei ihr vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen – die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass nach wie vor vorliegen. Mit dem Vorliegen der beim Beschwerdeführer objektivierten aktuellen Funktionsbeeinträchtigungen vermag der Beschwerdeführer noch nicht die Überschreitung der Schwelle der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen darzutun.
Die Voraussetzungen für die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung aufgrund von erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sind im Falle des Beschwerdeführers ebenfalls nicht gegeben. Eine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit liegt ebenso wenig vor, wie entscheidungsmaßgebliche Einschränkungen der Sinnesfunktionen. Es kann im vorliegenden Fall außerdem keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, festgestellt werden.
Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß erreichen, welches die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Prüfung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in Betracht kommt.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde, auf die über Veranlassung der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten, welche auf einer persönlichen Untersuchung beruhen sowie einem Sachverständigengutachten auf Aktenbasis, welche auf alle Einwände und vorgelegten Befunde des Beschwerdeführers in fachlicher Hinsicht eingehen, und welchen der Beschwerdeführer im Rahmen des ihm eingeräumten Parteiengehörs nicht substantiiert entgegengetreten ist. Das Ermittlungsverfahren ergab für den erkennenden Senat zweifelsfrei, dass der Beschwerdeführer trotz der beim ihm bestehenden Funktionseinschränkungen in der Lage ist, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung hätte zu keinem anderen Ergebnis führen können. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
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