W136 2315561-1/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Brigitte HABERMAYER-BINDER über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Riedl Partner Rechtsanwälte GmbH, gegen das Disziplinarerkenntnis des Kommandanten des XXXX als Disziplinarvorgesetzen vom 11.06.2024, Zl. S91551/3- XXXX /Kdo/S1Grp/2025, nach mündlicher Verhandlung zu Recht:
A) Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, als der Spruch des Disziplinarerkenntnisses wie folgt abgeändert wird:
XXXX ist schuldig, er hat
1. am XXXX ohne jemanden vorher zu informieren, einen geplanten dienstlichen Termin im XXXX nicht wahrgenommen und
2. seinen Fachvorgesetzten dadurch, dass er diesen am 26.05.2025 in einem E-Mail an den Ltr StbArb/ XXXX als „Pfosten“ bezeichnete, beleidigt.
Er hat dadurch vorsätzlich gegen die §§ 43 Abs. 1 (zu 1.) und 43a (zu 2.) des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 verstoßen und Dienstpflichtverletzungen gemäß § 2 Abs. 1 des Heeresdisziplinargesetzes 2014 begangen, weshalb gemäß § 51 HDG 2014 die Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von Euro 350,- verhängt wird.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zum bisherigen Verfahrensgang:
Mit Disziplinarerkenntnis des Disziplinarvorgesetzen vom 17.06.2025 wurde über den Beschwerdeführer eine Geldbuße in der Höhe von € 500,- verhängt. Der Spruch lautet (auszugsweise) wörtlich (Anonymisierung durch das Bundeverwaltungsgericht):
„Sie haben am XXXX um circa 17:30 Uhr zumindest grob fahrlässig den Befehl nicht befolgt, die Dienstbesprechung der XXXX persönlich anwesend in Ihrer Funktion als Photograph zu unterstützen. Weiters haben Sie in einem eMail an den LtrStbArb/ XXXX am 26.05.2025 Ihren Fachvorgesetzten vorsätzlich herabwürdigend betitelt und persönlich beleidigt. Diese Art der Herabwürdigung und Beleidigung beeinflusst das negative Arbeitsverhältnis im Fachbereich nachhaltig.
Sie haben dadurch vorsätzlich gegen § 43 (1) des BDG 1979 verstoßen und eine Pflichtverletzung gemäß § 2 Abs. 1 des Heeresdisziplinargesetzes 2014 (HDG 2014), BGBl. I Nr. 2, begangen. Über Sie wird daher gemäß § 51 HDG 2014 die Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von 500 Euro verhängt.“
Dagegen wurde rechtzeitig Beschwerde erhoben. Zur ersten Anlastung wurde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer keinen Befehl erhalten und keine Pflicht zur persönlichen Anwesenheit bestanden habe. Zur zweiten Anlastung wurde angeführt, dass der Begriff „Pfosten“ nicht öffentlich verbreitet wurde und außerdem nicht als bewusste Kränkung oder Herabwürdigung gemeint war. Außerdem habe sich der Beschwerdeführer umgehend aus eigenem entschuldigt.
Mit Note vom 07.07.2025 wurde die Beschwerde und der Verfahrensakt vom Disziplinarvorgesetzen dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
Am 05.09.2025 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung im Beisein des Beschwerdeführers, seiner Rechtsvertreterin und einem Vertreter der Bundesministerin für Landesverteidigung nach § 35 Abs. 3 HDG 2014 statt, bei der die Rechtssache umfassend erörtert wurde.
1.2. Zum relevanten Sachverhalt wird festgestellt:
1.2.1. Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Republik Österreich und ist Unteroffizier für Öffentlichkeitarbeit und Kommunikation beim Bundesheer. Zu seinen Aufgaben gehört ua. die Erstellung der Truppenzeitung, die Betreuung der Social-Media-Kanäle des Bataillons und Unterstützungsleistungen bei (öffentlichen) Veranstaltungen des Bataillons oder des Bundesheeres
1.2.2. Am 23.04.2025 wandte sich eine Mitarbeiterin des Bundesministeriums für Landesverteidigung (BMLV) über die dienstliche E-Mail-Adresse an den Beschwerdeführer, und fragte, ob dieser am XXXX um ca. 17:30 Uhr ein Gruppenfoto der Teilnehmer einer Dienstbesprechung in einem Seminarzentrum des Bundesheeres machen könne. Der Beschwerdeführer antwortete von seiner dienstlichen E-Mail-Adresse am selben Tag, dass [aus heutiger Sicht] nichts dagegen spräche, er sich jedoch noch mit dem Leiter der Stabsarbeit abstimmen werde und spätestens am 28.04.2025 Bescheid geben werde. In weiterer Folge teilte der Beschwerdeführer mit, dass er den Fototermin wahrnehmen werde. Der Beschwerdeführer gab diesen vereinbarten Fototermin keinem Vorgesetzten bekannt. Am XXXX fühlte der Beschwerdeführer aufgrund einer chronischen Erkrankung unwohl und nahm den vereinbarten Fototermin nicht wahr. Der Beschwerdeführer tätigte an diesem Tag einen Anrufversuch bei der Mitarbeiterin des BMLV, um den Termin abzusagen, der jedoch fehlschlug, weil die Mitarbeiterin in einem ihrer Mails eine unrichtige Handyvorwahl ihrer dienstlichen Handynummer ( XXXX … statt richtig XXXX …) angegeben hatte.
Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer die Handyvorwahl als unrichtig hätte erkennen müssen, denn seit Jahrzehnten lauten die Diensthandynummern des BMLV bzw. des Bundesheeres „ XXXX und hat auch der Beschwerdeführer ein Diensthandy. Weiters wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer auch durch einen Anruf beim Seminarzentrum den vereinbarten Termin absagen hätte können.
Festgestellt wird weiters, dass es sich bei dem vereinbarten Termin nicht um eine private Gefälligkeit, sondern einen dienstlichen Termin des Beschwerdeführers gehandelt hat.
1.2.3. Am 23.05.2025 schrieb der Kommandant des XXXX an den Beschwerdeführer eine E-Mail, in der ua. Probleme in der Stabsarbeit thematisiert wurde. Der Beschwerdeführer leitete diese Nachricht, versehen mit einigen Kommentaren an den Leiter der Stabsarbeit weiter. Darin wird die Frage des Kommandanten „Warum haben wir eine Verzögerung?“ mit „Warum? …weil der Pfosten von ÖAO nicht in der Lage lebt!“ (Hervorhebung im Original) durch den Beschwerdeführer kommentiert. Die Bezeichnung „Pfosten“ zielt erkennbar auf den Fachvorgesetzten des Beschwerdeführers, XXXX , ab. Der Beschwerdeführer hat sich am nächsten Tag mit einem E-Mail bei seinem Fachvorgesetzten für diese Bezeichnung entschuldigt.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zum Verfahrensgang beruhen auf der unbestrittenen Aktenlage.
2.2. Die Feststellungen zu dem unter Punkt 1.2.2. festgestellten Sachverhalt beruhen auf der Aktenlage und dem damit übereinstimmenden Vorbringen des Beschwerdeführers. Die Ausführungen des Beschwerdeführers, wonach es sich bei dem geplanten Fototermin nicht um eine dienstliche Aufgabe, sondern um eine private Gefälligkeit für eine Mitarbeiterin des BMLV gehandelt habe, war als reine Schutzbehauptung zu werten und wurde letztlich vom Beschwerdeführer in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht mehr aufrecht erhalten. Wenn der Beschwerdeführer ausführt, dass er die Mitarbeiterin des BMLV nicht über seine Absage informieren habe können, weil diese eine unrichtige dienstliche Handynummer genannt habe, ist dies als Schutzbehauptung zu werten. Für Mitarbeiter des BMLV oder des Bundesheeres darf als notorisch bekannt vorausgesetzt werden, dass alle dienstlichen Handynummern mit der Vorwahl „ XXXX “und den Ziffern „ XXXX “ beginnen, weil dies bereits seit Jahrzehnten so ist. Auch verfügt der Beschwerdeführer über ein Diensthandy, das mit diesen Ziffern beginnt. Es ist somit kein Grund ersichtlich, dass der Beschwerdeführer, der seit Jahrzehnten Unteroffizier ist, die Absage des Fototermins nicht an die Bedarfsträger oder das Seminarzentrum hätte kommunizieren können.
2.3. Die Feststellungen zu dem unter Punkt 1.2.2. festgestellten Sachverhalt beruhen auf der Aktenlage und dem diesbezüglich übereinstimmenden Vorbringen des Beschwerdeführers.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Die im Gegenstand maßgeblichen Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 – BDG 1979 lauten:
„§ 43. (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.
[…]
§ 43a. Beamtinnen und Beamte haben als Vorgesetzte ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und als Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter ihren Vorgesetzten sowie einander mit Achtung zu begegnen und zu einem guten Funktionieren der dienstlichen Zusammenarbeit beizutragen. Sie haben im Umgang mit ihren Vorgesetzten, Kolleginnen und Kollegen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Verhaltensweisen oder das Schaffen von Arbeitsbedingungen zu unterlassen, die deren menschliche Würde verletzen oder dies bezwecken oder sonst diskriminierend sind.“
3.2. Wenn der Beschwerdeführer einwendet, dass die spruchgemäße Anlastung, er habe einen Befehl nicht befolgt, unrichtig ist, weil er niemals einen Befehl den Fototermin im Seminarzentrum betreffend bekommen hat, so ist dem zu folgen und war der Tatvorwurf entsprechend dem festgestellten Sachverhalt neu zu formulieren. Allerdings ist damit für ihn nichts gewonnen, war doch im gesamten Verfahren (vgl. die Vernehmung des Beschwerdeführers als Disziplinarbeschuldigter vom 10.06.2025 und die Verhandlungsschrift im Kommandantenverfahren vom 11.06.2025) klar zu erkennen, welcher Sachverhalt ihm als Pflichtverletzung angelastet wird. Im Übrigen wurde der Beschwerdeführer spruchgemäß gemäß § 43 Abs. 1 BDG 1979 und nicht wegen Nichtbefolgung einer als Weisung zu qualifizierenden Befehls gemäß § 44 Abs. 1 BDG 1979 schuldig gesprochen. Ohne Zweifel stellt das vom Beschwerdeführer an den Tag gelegte Verhalten im Zusammenhang mit dem Nichterscheinen zu einem vereinbarten dienstlichen Termin eine Pflichtverletzung nach § 43 Abs. 1 BDG 1979 dar. Denn wenn der Beamte einen dienstlichen Termin wegen eines plötzlich auftretenden Unwohlseins nicht wahrnehmen kann, ist ihm zuzumuten, mit einem kurzen Anruf für eine entsprechende Absage zu sorgen oder den Bedarfsträger durch einen anderen Mitarbeiter seiner Dienststelle informieren zu lassen. Denn der Beschwerdeführer ist noch am selben Tag mit dem KFZ von der Dienststelle nach Hause gefahren, woraus sich erschließ, dass bei ihm kein medizinischer Notfall vorlag, durch den ein entsprechendes Alternativverhalten unzumutbar oder gar unmöglich gewesen wäre.
3.3. Dass die Bezeichnung seines Fachvorgesetzten in einer dienstlichen Mail an seinen nächsthöheren Vorgesetzten als „Pfosten“ eine Beleidigung darstellt und deswegen dem Gebot zum achtungsvollen Umgang widerspricht, ist unzweifelhaft. Wenn der Beschwerdeführer einwendet, dass er den so Bezeichneten keinesfalls beleidigen wollte ist für ihn nichts gewonnen, weil es hier auf einen objektiven Maßstab ankommt. Selbst wenn wie der Beschwerdeführer glaubhaft vorbringt, zwischen ihm und seinen Vorgesetzten bisweilen ein handfesterer oder robusterer Umgangston herrscht, ist gerade bei schriftlichen Äußerungen ein strengerer Maßstab anzuwenden als bei verbalen Äußerungen, wo allenfalls eine gewisse Unbesonnenheit als mildernd zu berücksichtigen sein kann. Im gegenständliche Fall kann dem Beschwerdeführer jedoch eine Unbesonnenheit nicht als mildernd angerechnet werden, hat er doch die angelastete Äußerung offenbar aufgrund seines Ärgers durchaus bewusst gewählt.
3.3. Zur Strafbemessung
Gemäß § 51 Abs 1 HDG 2014 sind Disziplinarstrafen für Soldaten, die weder den Grundwehrdienst noch im Anschluss an diesen den Aufschubpräsenzdienst leisten, (1.) der Verweis, (2.) die Geldbuße, (3.) die Geldstrafe und (4.) bei Soldaten, die dem Bundesheer auf Grund eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses angehören, die Entlassung bzw. bei anderen Soldaten die Unfähigkeit zur Beförderung und die Degradierung. Gemäß § 52 Abs 1 HDG ist die Geldbuße höchstens mit 15 vH der Bemessungsgrundlage – das sind gemäß § 52 Abs 2 HDG die Dienstbezüge des Beschuldigten im Monat der Erlassung des Disziplinarerkenntnisses durch die Disziplinarbehörde – festzusetzen.
Die belangte Behörde hat weder zu der für die Höhe einer Disziplinarstrafe maßgeblichen Schwere der vorliegenden Pflichtverletzungen noch zum Verschulden des Beschwerdeführers nachvollziehbare Ausführungen getroffen, allerdings lässt bereits die oben angeführte Divergenz zwischen spruchgemäßer Anlastung und rechtlicher Zuordnung den Schluss zu, dass die Strafzumessung nicht korrekt erfolgte.
Denn nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes begründet der Verstoß gegen eine Weisung bzw. die Verletzung der Gehorsamspflicht im militärischen Bereich grundsätzlich den Verdacht einer nicht geringfügigen Pflichtverletzung (vgl. VwGH 26.06.1997, Zl. 95/09/0265, 12.11.2013, Zl. 2013/09/0044), allerdings ist dem Beschwerdeführer, wie bereits ausgeführt, die Nichtbefolgung eines Befehls nicht anzulasten.
Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes hat der Beschwerdeführer die nunmehr unter 1.) angelastete Dienstpflichtverletzung fahrlässig, die unter 2.) angelastete Dienstpflichtverletzung jedoch vorsätzlich begangen, weshalb die vorsätzlich begangene Dienstpflichtverletzung als die schwerere zu betrachten ist.
Als Erschwerungsgrund ist gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 HDG 2014 iVm § 33 Abs. 1 Z 1 StGB dem Beschwerdeführer die Begehung von zwei Pflichtverletzungen anzulasten, als Milderungsgrund gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 HDG 2014 iVm § 34 Abs. 1 Z 15 StGB, dass sich der Beschwerdeführer hinsichtlich der Beleidigung seines Vorgesetzten am nächsten Tag schriftlich beim diesem entschuldigt hat; weiters ist dem Beschwerdeführer seine disziplinäre Unbescholtenheit als mildernd anzurechnen. Schließlich hat der Beschwerdeführer in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ein Tatsachengeständnis abgegeben, weshalb insbesondere nach dem vom Beschwerdeführer gewonnen persönlichen Eindruck von einer positiven Zukunftsprognose auszugehen ist.
Insgesamt war daher die verhängte Strafe von € 500,- auf € 350,- zu mildern, aus generalpräventiven Gründen war unter Bedachtnahme auf die Dienstpflichtverletzung nach § 43a BDG 1979 jedoch mit einer geldwerten Strafe vorzugehen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es finden sich im Lichte der unter A) zitierten Rechtsprechung und im Lichte des im wesentlichen unstrittigen Sachverhalts keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung.
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