I421 2318105-1/5Z
TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. TÜRKEI, vertreten durch RA Mag. Dr. Marc GOLLOWITSCH, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion XXXX vom 17.07.2025, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG wird der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt und Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
1. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Verfahrensgegenstand ist die fristgerecht erhobene Beschwerde eines türkischen Staatsangehörigen (in Folge Beschwerdeführer) gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: belangte Behörde) vom 17.07.2025, XXXX . In ihrer Entscheidung erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 5 FPG (Spruchpunkt I), erklärte, dass seine Abschiebung in Türkei zulässig sei (Spruchpunkt II), erließ gegen ihn ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt III), aberkannte einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung (Spruchpunkt IV) und gewährte dem Beschwerdeführer keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt V).
Der Beschwerdeführer ist in Österreich geboren und verbrachte sein bisheriges gesamtes Leben in Österreich. Er verfügte und verfügt in Österreich über einen gültigen Aufenthaltstitel. Zuletzt wurde dem Beschwerdeführer vom Magistrat der Stadt XXXX über Antrag des Beschwerdeführers vom 02.10.2024 der Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ am 19.03.2025 unbefristet ausgestellt (IZR-Auszug vom 25.08.2025).
Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Unterhaltspflichten.
Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich nicht unbescholten. Sein Strafregister weist beginnend mit 2010 sieben strafgerichtliche Verurteilungen auf. Zuletzt wurde der Beschwerdeführer vom Landesgericht XXXX mit Urteil vom 18.11.2022, rechtskräftig seit 23.05.2023 zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 2 Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Laut Haftbestätigung der Justizanstalt XXXX vom 27.08.2025 befindet sich der Beschwerdeführer seit 09.2022 in Haft und wird voraussichtlich am 25.11.2025 aus der Haft entlassen. Aus der von der Justizanstalt vorgelegten Besucherliste wird der Beschwerdeführer in Haft von Eltern, Geschwistern und Bekannten besucht.
Aus dem Sozialversicherungsdatenauszug des Beschwerdeführers ist ersichtlich, dass er beginnend mit 07.2011 immer wieder sozialversicherungspflichtige Tätigkeiten als geringfügig Beschäftigter oder Arbeiter ausübte und auch Arbeitslosengeld, Krankengeld bezog bzw. Notstandshilfe erhielt.
In der Beschwerde wird unteranderem vorgebracht, der Beschwerdeführer sei durch den angefochtenen Bescheid unter anderem auch im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK verletzt. Der Beschwerdeführer habe ganzes Leben in Österreich verbracht, wo seine Kernfamilie und auch sein Bekannten- und Freundeskreis lebe. Der Beschwerdeführer sein in Österreich sozialisiert und spreche fließend Deutsch. Zur Türkei bestehen keine sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Bindungen und spreche der Beschwerdeführer nur rudimentär Türkisch.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht mit dem Antrag vor, diese als unbegründet abzuweisen. Der Behördenakt langte am 27.08.2025 in der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichts in der Außenstelle Innsbruck ein.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der für die Frage der aufschiebenden Wirkung maßgebliche Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens, dem Beschwerdevorbringen sowie aus dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Strafregister und dem Fremdenregister (IZR), der Haftauskunft und Besucherliste der Justizanstalt und dem Sozialversicherungsdatenauszug. Dass der Beschwerdeführer in Österreich geboren wurde und sein gesamtes bisheriges Leben in Österreich verbrachte, ist unstrittig. Da die Beweisergebnisse keine entscheidungswesentlichen Widersprüche aufweisen, erübrigt sich eine eingehendere Beweiswürdigung.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung
Mit Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids wurde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Das Bundesverwaltungsgericht hat darüber gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden.
Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung dann abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf - insbesondere angesichts der weitreichenden damit verbundenen Konsequenzen - einer entsprechend sorgfältigen, einzelfallbezogenen Begründung. Die Behörde muss nachvollziehbar darlegen, warum darüber hinaus die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers geboten ist.
Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit stützt, genau zu bezeichnen.
Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben der beschwerdeführenden Partei als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.
Im vorliegenden Fall steht fest, dass der Beschwerdeführer sein bisheriges gesamtes Leben in Österreich verbrachte und seine Kernfamilie in Österreich lebt. Im Sinne einer Grobprüfung, erscheint es von vornherein nicht ausgeschlossen, dass die Angaben der beschwerdeführenden Partei als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind und durch den angefochtenen Bescheid in unzulässiger Weise in das durch Art 8 EMRK geschützte Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingegriffen wird. Daher war Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids ersatzlos zu beheben und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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