L512 2308884-1/17E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Marlene JUNGWIRT über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, vertreten durch Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom XXXX , Zl. XXXX ,
I. den Beschluss gefasst:
A)
Das Beschwerdeverfahren wird hinsichtlich Spruchpunkt I., II. und III. gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
II. zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV., V. und VII. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und diese ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Türkei, stellte am 05.06.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Der Beschwerdeführer wurde am 06.06.2023 im Zuge seiner Erstbefragung und anschließend am 10.01.2025 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (kurz: BFA) zu seinen Fluchtgründen, seinen Rückkehrbedingungen und seiner Integration in Österreich befragt.
Der BF brachte zusammengefasst vor, dass er verheiratet sei. Seine Frau sei schwanger. Er habe die Türkei verlassen, da sich sein Bruder von seiner Frau scheiden lassen wollte. Die Familie der Frau seines Bruders sei jedoch dagegen gewesen. Der Bruder sowie dessen Ehefrau hätten sich aber trotzdem scheiden lassen. Die Familie der Ex-Frau des Bruders habe daraufhin die Familie des BF bedroht, hätte das Familienhaus des BF und das Geschäftslokal seines Vaters demoliert. Die Familie der Schwägerin habe den BF töten wollen, sodass er schlussendlich ausreiste.
2. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom XXXX , Zl. XXXX , gemäß § 3 Abs 1 AsylG abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Absatz 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in die Türkei gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutzwurde gemäß § 18 Absatz 1 Ziffer BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 55 Absatz 1a FPG wurde keine Frist zur freiwilligen Ausreise gewährt (Spruchpunkt VII.).
3. Der Beschwerdeführer hat gegen den oa. Bescheid fristgerecht vollumfänglich Beschwerde erhoben.
4. Mit Schreiben vom 17.07.2025 gab der BF bzw. seine rechtsfreundliche Vertretung bekannt, dass der BF die Beschwerde gegen den Bescheid vom XXXX , Zl. XXXX gegen die Spruchpunkte I. bis III. zurückzieht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Beim BF handelt es sich um einen türkischen Staatsbürger, der am 05.06.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Die Identität des BF steht fest.
Dem BF wurde seitens der Bezirkshauptmannschaft XXXX ein Aufenthaltstitel Familienangehöriger gültig vom XXXX bis XXXX ausgestellt.
Der BF ist strafrechtlich unbescholten.
Mit Schreiben vom 17.07.2025 gab der BF bzw. seine rechtsfreundliche Vertretung bekannt, dass der BF die Beschwerde gegen den Bescheid vom XXXX , Zl. XXXX , gegen die Spruchpunkte I. bis III. zurückzieht.
2. Beweiswürdigung:
Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage sowie dem Beschwerdeschreiben sowie dem Schriftsatz der Vertretung des BF vom 17.07.2025 fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.
Die Feststellung zur Staatsangehörigkeit und Identität des BF ergibt sich aus dem vom BF vorgelegten Reisepass und den aus seinen in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben.
Die Feststellung, dass dem BF seitens der Bezirkshauptmannschaft XXXX ein Aufenthaltstitel Familienangehöriger gültig vom XXXX bis XXXX ausgestellt wurde, lässt sich anhand der im Schriftsatz vom 17.07.2025 übermittelten Kopie der Aufenthaltskarte und einer Abfrage im Zentralen Fremdenregister entnehmen.
Aus dem Strafregister der Republik Österreich lässt sich die strafgerichtliche Unbescholtenheit des BF entnehmen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Zu Spruchpunkt A. I. (Einstellung des Verfahrens wegen Zurückziehung der Beschwerde):
Gemäß § 28 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.
Eine bloß formlose Beendigung (etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerk) eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens kommt nicht in Betracht, handelt es sich doch bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, ein bei ihm anhängiges Verfahren nicht weiterzuführen, um eine Entscheidung iSd. § 31 Abs. 1 VwGVG. Eine Verfahrenseinstellung ist unter anderem dann vorzunehmen, wenn die Beschwerde rechtswirksam zurückgezogen wurde (VwGH 29.04.2015, Zl. Fr. 2014/20/0047).
Die beschwerdeführende Partei hat mit Schreiben der rechtsfreundlichen Vertretung vom 17.07.2025 die Beschwerde gegen den Bescheid vom XXXX , Zl. XXXX gegen die Spruchpunkte I. II. und III. zurückgezogen.
Gemäß § 7 Abs. 2 VwGVG ist eine Beschwerde nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach der Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat. Für einen Rechtsmittelverzicht bestehen grundsätzlich keine besonderen Formerfordernisse, daher ist auch die Zurückziehung der Beschwerde einem Beschwerdeverzicht gleichzuhalten. Eine solche Zurückziehung ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (§ 17 iVm. § 13 Abs. 7 AVG). Mit der Zurückziehung ist das Rechtsschutzinteresse der beschwerdeführenden Partei weggefallen, womit einer Sachentscheidung die Grundlage entzogen ist, sodass die Einstellung des betreffenden Verfahrens – in dem von der Zurückziehung betroffenen Umfang – auszusprechen ist (siehe Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte [2015], Rz 20 zu § 7 VwGVG; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte [2013], K 5 ff. zu § 7 VwGVG).
Da im gegenständlichen Fall eine ausdrückliche und unmissverständliche Erklärung der beschwerdeführenden Partei frei von Willensmängeln vorliegt, war das Beschwerdeverfahren hinsichtlich der Spruchpunkte I. II. und III. spruchgemäß gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG einzustellen.
Zu Spruchpunkt A. II. (Behebung der Spruchpunkte IV, V. und VII.):
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG 2005) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.
Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Zudem sieht § 52 Abs. 2 letzter Satz FPG vor, da dass „(d)ies nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige“ gilt.
Die belangte Behörde hat den Antrag auf internationalen Schutz des BF vollumfänglich abgewiesen und wurde die angefochtene Rückkehrentscheidung auf die Bestimmungen des § 10 Abs. 1 AsylG 2005, des § 52 Abs. 2 FPG sowie § 55 Absatz 1a FPG gestützt.
Mit XXXX – und damit erst nach Erlassung der angefochtenen Rückkehrentscheidung – wurde dem BF eine Aufenthaltsbewilligung Familienangehöriger ausgestellt. Dies führt dazu, dass gemäß § 31 Abs. 1 Z 2 FPG der Aufenthalt jedenfalls zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts als rechtmäßig anzusehen ist.
Daraus folgt, dass die Erlassung einer auf § 52 Abs. 2 FPG gestützten Rückkehrentscheidung im vorliegenden Fall, in dem der BF jedenfalls über ein auf das NAG gegründetes Aufenthaltsrecht verfügt, nicht zulässig ist, da die Voraussetzungen des § 52 Abs. 2 FPG nicht (mehr) erfüllt sind (VwGH 14.11.2017, Ra 2017/20/0274, Rn. 46f).
Die angefochtene Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides) ist daher ersatzlos zu beheben.
Da die Spruchpunkte V. und VII. des im Spruch bezeichneten Bescheides voraussetzen, dass eine Rückkehrentscheidung erlassen wird (vgl. VwGH 28.01.2020, Ra 2019/20/0404), sind diese ohne weitere Prüfung ersatzlos zu beheben und ist insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Die Verhandlung kann nach Abs. 2 entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (Z 1) oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist (Z 2).
In Bezug auf Spruchpunkt I., II. und III. wurde die Beschwerde zurückgezogen und war das Verfahren demnach einzustellen. Da die übrigen Spruchpunkte zu beheben waren, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zur Einstellung eines Verfahrens abgeht. Entsprechende einschlägige Judikatur wurde bereits zitiert.
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