W200 2311606-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. SCHERZ als Vorsitzende und durch die Richterin Mag. GREBENICEK sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. HALBAUER als Beisitzende über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (SMS), vom 17.03.2025, OB: 79085417200137, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
XXXX ist aufgrund des in Höhe von fünfzig (50) von Hundert (vH) festgestellten Grades der Behinderung dem Kreis der begünstigten Behinderten gemäß §§ 2 und 14 Abs. 2 BEinstG weiterhin zugehörig.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer war seit 21.12.2020 dem Kreis der begünstigten Behinderten zugehörig.
Kausal dafür war ein allgemeinmedizinisches Gutachten vom 25.01.2021 (Gesamt-GdB: 60 Prozent). Folgende Funktionseinschränkungen gehen daraus hervor:
1. Discopathie lumbal und cervikal 02.01.03, 60 %
eine Stufe über unterem Rahmensatz bei radiologischen Veränderungen, chronischer Dauerschmerz berücksichtigt Fußheberschwäche links, Opiattherapie, neurogene Blasenentleerungsstörung und erektile Dysfunktion
2. Depressio 03.06.01, 20 %
eine Stufe über unterem Rahmensatz, da unter Medikation stabil
Laut Gutachten sei beim Beschwerdeführer von einem Dauerzustand auszugehen gewesen.
Im Jahr 2022 wurde der Gesamt-GdB auf 70 Prozent in einem Verfahren nach dem BBG erhöht. Das zugrundeliegende Gutachten wurde dem Bundesverwaltungsgericht nicht vorgelegt. Darin wurde – wie sich aus dem Akteninhalt ergibt (AS 25) – ein Nachuntersuchungs-Termin für März 2024 vorgeschlagen.
Gegenständliches Verfahren:
Der Beschwerdeführer stellte einen (nicht verfahrensgegenständlichen) Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses. Im Zuge dieses Verfahrens wurden vom Sozialministeriumservice (im Folgenden: SMS; belangte Behörde) ein HNO-Gutachten, ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten sowie ein allgemeinmedizinisches und unfallchirurgisches Gutachten vom 01.07.2024 eingeholt. Das Leiden 2 des allgemeinmedizinischen und unfallchirurgischen Gutachtens wurde darin mit 20 Prozent eingeschätzt („Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Lumboischialgie rechts, Oberer Rahmensatz, da rezidivierende Beschwerden mit geringgradigen funktionellen Einschränkungen, inkludiert Osteoporose“; Positionsnummer: 02.01.01).
Eine erste Zusammenfassung der Gutachten (Gesamtbeurteilung vom 03.07.2024) ergab einen Gesamtgrad der Behinderung von 30 Prozent und folgende Funktionseinschränkungen:
Das SMS leitete daher amtswegig ein Verfahren zur Aberkennung der Begünstigteneigenschaft ein. Im Rahmen des Parteiengehörs räumte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit ein, dazu Stellung zu nehmen.
In einer Stellungnahme schilderte der Beschwerdeführer seinen Leidensweg und monierte starke Schmerzen sowie, dass keine Besserung vorliege. Angeschlossen war ein Konvolut medizinischer Unterlagen.
Das SMS holte von den drei befassten Gutachtern bzw. der Gutachterin dazu noch weitere Stellungnahmen ein. Alle Gutachter/innen blieben bei ihrer Einschätzung.
In weiterer Folge entschied das SMS mit (gegenständlichem) Bescheid vom 17.03.2025 amtswegig, dass der Beschwerdeführer mit einem GdB von 30 vH die Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten nicht mehr erfülle. Es werde daher festgestellt, dass er mit Ablauf des Monats, der auf die Zustellung des Bescheides folge, nicht mehr zum Kreis der begünstigten Behinderten gehöre.
Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Der Beschwerdeführer bringt darin im Wesentlichen vor, dass sich seine Situation verschlechtert habe und verweist insbesondere auf den Zustand der Wirbelsäule, Osteoporose, Schmerzen, Depression, Panikattacken und Inkontinenz.
Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Akt im vorliegenden Verfahren nach dem BEinstG vor.
Das Bundesverwaltungsgericht holte aufgrund der Beschwerde ein Gutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie vom 19.07.2025 (mit Untersuchung am 14.07.2025) ein. Daraus ergibt sich ein Gesamt-GdB von 50 vH:
„Vorgutachten: Altgutachten 1/2021 […];
Letztgutachten (HNO, Neuro, Unfallchir.-Allgemeinmed.) zusammen 30%. Keine Änderung nach STN.
Vorgelegte, neue orthopädisch/unfallchirurgisch relevante Befunde:
Arztbrief Dr. XXXX 3.7.2025; MRT gesamte Wirbelsäule Gänserndorf 11.6.2025: mehrsegmentale Osteochondrosen, Neuroforameneinengungen C5/6 links, Vorwölbungen ohne Einengung thorakal, Wurzeltangierung L3/4/5 links, Bulging der Bandscheibe L5/S1 rechts, Vorfall L4/5.
Relevante orthopädische Anamnese: Wirbelsäulenabnützung, Blasenstimulator.
Jetzige Beschwerden:
„Die Wirbelsäule ist beschädigt, ich habe Schmerzen, keine Kraft in den Beinen.
Die Arme schlafen ein, in der Früh brauche ich, bis ich in die Gänge komme. Ich habe eine Depressio, immer wieder Kopfschmerzen. Es wurde long covid vermutet.
Eine erektile Dysfunktion habe ich auch.
Ich verwende Einlagen, die Sonde an der Blase wurde neu gemacht.
Eine Wirbelsäulenoperation hat nicht stattgefunden, 1x war eine Infiltration.“
Medikation: Astec 52 mcg und 70mcg-reduzieren auf Liste vermerkt.
Durotiv, Dekristolmin, Calciduran, Tadalafil, Saroten, Duloxetin, Terrosa, Rheumesser Amp. Alle 3 Monate, Novalgin und Seractil bei Bedarf, Pregabalin - Pause vermerkt.
Sozialanamnese: Krankenpfleger Vollzeit (ev. im Herbst Reduktion), Teamleitung.
Allgemeiner Status:
170 cm großer und 87 kg schwerer Mann in gutem Allgemein- und Ernährungszustand.
Thorax symmetrisch.
Relevanter Status:
Wirbelsäule im Lot. HWS in R40-0-40, F 10-0-10, KJA 1 cm, Reklination 12 cm.
Normale Brustkyphose, BWS-drehung 25-0-25,
FKBA 35 cm, Seitneigung bis 5/10 cm ober Patella.
Obere Extremitäten:
Schultern in S 40-0-150, F 140-0-45, R 70-0-65, Ellbögen 0-0-125, Handgelenke 45-0-50, Faustschluß beidseits vollständig möglich.
Nacken- und Kreuzgriff durchführbar, endlagig eingeschränkt.
Untere Extremitäten:
Hüftgelenke in S rechts 0-0-100 zu links 0-0-110, F 30-0-20, R rechts 25-0-10 zu links 30-0-15, Kniegelenke in S 0-0-125, bandfest, reizfrei.
Sprunggelenke 10-0-40 zu links 5-0-40 gezeigt.
Pseudolasegue beidseits positiv.
Gangbild/Mobizlität:
Gang in Strassenschuhen ohne Gehbehelfe frei und sicher möglich.
BEURTEILUNG
Ad1)
1) degenerative Wirbelsäulenveränderungen 02.01.03 50%
multisegmentale Bandscheibenschäden
unterer Rahmensatz, da kein relevantes sensomotorisches Defizit der Extremitäten Wahl der Position, da neurogene Blasenschwäche und Notwendigkeit eines Blasenschrittmachers
2) rezidivierende Depressio 03.06.01 20%
eine Stufe über unterem Rahmensatz, da chronischer Verlauf und kein stat. Aufenthalt
Wahl der Position, da Leistungsfähigkeit erhalten
3) Hochton-Hörstörung beidseits 12.02.01 10%
Z1/K1 Wahl der Position und oberer Rahmensatz bei Hochtonstörung und gelegentlich Tinnitus
4) chronische Rhinitis 12.04.04 10%
Unterer Rahmensatz und Wahl der Position, da keine maßgeblichen Folgeerscheinungen
Ad2) Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 50%, da das Leiden 1 durch die übrigen Leiden wegen fehlender wechselseitiger Leidensbeeinflussung nicht erhöht wird
Ad3) Eine ärztliche Nachuntersuchung ist nicht erforderlich.
Ad4) Der Behinderte kann geschützt oder integrativ beschäftigt werden.
Ad5) Es hat sich die Parese des linken Beines deutlich gebessert zu 2021. Die Wirbelsäuleneinschätzung von 20% für multiple Bandscheibenschäden und chronischer Dorsalgie entspricht nicht der EVO.“
Im Rahmen des Parteiengehörs wurde sowohl dem Beschwerdeführer als auch dem SMS die Möglichkeit gewährt, eine Stellungnahme zum eingeholten Gutachten abzugeben.
Der Beschwerdeführer brachte eine Stellungnahme ein und ersuchte auch um Ausstellung eines Behindertenpasses.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Allgemeine Feststellungen:
Der Beschwerdeführer erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Zuerkennung der Begünstigteneigenschaft. Ausschlussgründe gemäß § 2 Abs. 2 BEinstG liegen nicht vor.
Er ist am XXXX geboren und besitzt die österreichische Staatsbürgerschaft.
Er befindet sich nicht in Schul- oder Berufsausbildung, überschreitet das 65. Lebensjahr nicht und steht nicht im Bezug von Geldleistungen, nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit (dauernder Berufsunfähigkeit) bzw. von Ruhegenüssen oder Pensionen aus dem Versicherungsfall des Alters.
Er ist in der Lage eine Erwerbstätigkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (§ 11) auszuüben.
Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt nun 50 vH.
1.2. Art und Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen:
beschwerderelevanter Status:
Wirbelsäule im Lot. HWS in R40-0-40, F 10-0-10, KJA 1 cm, Reklination 12 cm.
Normale Brustkyphose, BWS-drehung 25-0-25,
FKBA 35 cm, Seitneigung bis 5/10 cm ober Patella.
Obere Extremitäten:
Schultern in S 40-0-150, F 140-0-45, R 70-0-65, Ellbögen 0-0-125, Handgelenke 45-0-50, Faustschluss beidseits vollständig möglich.
Nacken- und Kreuzgriff durchführbar, endlagig eingeschränkt.
Untere Extremitäten:
Hüftgelenke in S rechts 0-0-100 zu links 0-0-110, F 30-0-20, R rechts 25-0-10 zu links 30-0-15, Kniegelenke in S 0-0-125, bandfest, reizfrei.
Sprunggelenke 10-0-40 zu links 5-0-40 gezeigt.
Pseudolasegue beidseits positiv.
Gangbild/Mobilität:
Gang in Straßenschuhen ohne Gehbehelfe frei und sicher möglich.
1.3. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:
Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 50 Prozent, da das Leiden 1 durch die übrigen Leiden wegen fehlender wechselseitiger Leidensbeeinflussung nicht erhöht wird.
Verglichen zum Gutachten aus dem Jahr 2021 hat sich die Parese des linken Beines deutlich gebessert.
1.4. Der Beschwerdeführer ist in Folge des Ausmaßes der Gebrechen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb geeignet.
2. Beweiswürdigung:
Aufgrund der Beschwerde holte das Bundesverwaltungsgericht ein Gutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie vom 19.07.2025, basierend auf einer Untersuchung am 14.07.2025, ein. Den insbesondere auf Grundlage dieses Gutachtens festgestellten Funktionseinschränkungen wurde letztlich nicht mehr substanziiert entgegengetreten.
Dem Gutachten liegen eine Untersuchung und auch insbesondere alle (relevanten) vom Beschwerdeführer vorgelegten medizinischen Unterlagen zugrunde.
Der Gutachter begründete nachvollziehbar, weshalb er zur letztlich höheren Einschätzung im Vergleich zu den von der belangten Behörde eingeholten Gutachten inklusive Gesamtbeurteilung und Stellungnahmen kam – darin wurde ein Gesamtgrad der Behinderung von 30 Prozent festgestellt.
Insbesondere war die „Wirbelsäuleneinschätzung“ von 20 Prozent für multiple Bandscheibenschäden und chronische Dorsalgie des Vorgutachtens vom 01.07.2024 – nach den schlüssigen Ausführungen des Gutachters – zu ändern.
Nachvollziehbar legte der Gutachter aber auch dar, dass es verglichen zum Gutachten aus dem Jahr 2021 betreffend das damalige Leiden 1 „Discopathie lumbal und cervikal“ (eingeschätzt eine Stufe über dem unteren Rahmensatz der Positionsnummer 02.01.03 mit einem GdB von 60 Prozent, da radiologische Veränderungen, chronischer Dauerschmerz, Fußheberschwäche links, Opiattherapie, neurogene Blasenentleerungsstörung und erektile Dysfunktion vorlagen), zu einer deutlichen Besserung der Parese des linken Beines gekommen ist.
Somit ist die Einschätzung des nunmehrigen Leidens 1 „degenerative Wirbelsäulenveränderungen multisegmentale Bandscheibenschäden“ nach dem unteren Rahmensatz der Positionsnummer 02.01.03 (Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule schweren Grades, 50 bis 80 Prozent) mit einem GdB von 50 Prozent, da kein relevantes sensomotorisches Defizit der Extremitäten vorliegt und die Wahl der Position, weil eine neurogene Blasenschwäche und die Notwendigkeit eines Blasenschrittmachers gegeben sind, nachvollziehbar.
Auch die Einstufung der – mit der Einschätzung der Gutachter aus dem Jahr 2024 übereinstimmenden – übrigen Leiden 2 bis 4 ist nachvollziehbar.
So ist die Einstufung von Leiden 2 „rezidivierende Depressio“ eine Stufe über dem unteren Rahmensatz der Positionsnummer 03.06.01 (Depressive Störung – Dysthymie – leichten Grades, 10 bis 40 Prozent) entsprechend dem auf einer Untersuchung basierenden fachärztlichen Gutachten aus dem aktuellen Verfahren des SMS mit einem GdB von 20 Prozent nicht zu beanstanden, weil ein chronischer Verlauf gegeben ist, kein stationärer Aufenthalt vorliegt und die Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers erhalten ist.
Auch die Einschätzung von Leiden 3 „Hochton-Hörstörung beidseits“ nach Z1/K1 der Tabelle von Positionsnummer 12.02.01 (Einschränkungen des Hörvermögens) mit einem GdB von 10 Prozent bei Hochtonstörung und gelegentlich Tinnitus des Facharztes für HNO-Erkrankungen basierend auf einer Untersuchung ist ebenso plausibel nachvollziehbar wie die Einschätzung von Leiden 4 „chronische Rhinitis“ nach dem unteren Rahmensatz der Positionsnummer 12.04.04 (Chronisch entzündliche Veränderungen der Nasenhaupthöhle und der Nasennebenhöhlen, 10 bis 40 Prozent) mit einem GdB von 10 Prozent, da keine maßgeblichen Folgeerscheinungen vorliegen.
Dass zusammenfassend laut dem vom BVwG bestellten Gutachter der Gesamtgrad der Behinderung 50 Prozent beträgt, da das Leiden 1 durch die übrigen Leiden wegen fehlender wechselseitiger Leidensbeeinflussung nicht erhöht wird, ist ebenso plausibel.
Der vom BVwG bestellte unfallchirurgische Gutachter ist auf Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigungen ausreichend eingegangen und die Beeinträchtigungen wurden im Sinne der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft. Dieser Einschätzung wurde auch nicht mehr substanziiert entgegengetreten.
Daher legt der erkennende Senat dieses – auch zusammenfassende - Gutachten vom 19.07.2025 unter freier Beweiswürdigung seiner Entscheidung zugrunde.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichts bestehen in Gesamtbetrachtung keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des eingeholten Sachverständigengutachtens.
Was die grundsätzliche Fähigkeit, auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem integrativen Betrieb einer Beschäftigung nachgehen zu können (siehe Punkt 1.4. der Feststellungen), betrifft, so ergeben sich aus dem Akteninhalt unter Bedachtnahme auf die ausgeübte Erwerbstätigkeit keine Anhaltspunkte, am Bestehen dieser Voraussetzung zu zweifeln. Insbesondere führte der Sachverständige im vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Gutachten nachvollziehbar aus, dass der Beschwerdeführer „geschützt oder integrativ beschäftigt werden“ kann.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 19b Abs. 1 BEinstG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten des § 14 Abs. 2 durch den Senat.
Zu A)
Begünstigte Behinderte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind österreichische Staatsbürger mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH. Österreichischen Staatsbürgern sind folgende Personen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH gleichgestellt:
1. Unionsbürger, Staatsbürger von Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, Schweizer Bürger und deren Familienangehörige,
2. Flüchtlinge, denen Asyl gewährt worden ist, solange sie zum dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind,
3. Drittstaatsangehörige, die berechtigt sind, sich in Österreich aufzuhalten und einer Beschäftigung nachzugehen, soweit diese Drittstaatsangehörigen hinsichtlich der Bedingungen einer Entlassung nach dem Recht der Europäischen Union österreichischen Staatsbürgern gleichzustellen sind
Nicht als begünstigte Behinderte im Sinne des Abs. 1 gelten behinderte Personen, die
a) sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden oder
b) das 65. Lebensjahr überschritten haben und nicht in Beschäftigung stehen oder
c) nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften Geldleistungen wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit (dauernder Berufsunfähigkeit) bzw. Ruhegenüsse oder Pensionen aus dem Versicherungsfall des Alters beziehen und nicht in Beschäftigung stehen oder
d) nicht in einem aufrechten sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis stehen und infolge des Ausmaßes ihrer Funktionsbeeinträchtigungen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit auch auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (§ 11) nicht in der Lage sind
Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist, die Teilhabe am Arbeitsleben zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten (§ 3 BEinstG).
Als Nachweis für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten gilt gemäß § 14 Abs. 1 BEinstG die letzte rechtskräftige Entscheidung über die Einschätzung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit mindestens 50 vH
a) eines Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (der Schiedskommission) bzw. des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen oder der Bundesberufungskommission im Sinne des Bundesberufungskommissionsgesetzes, BGBl. I Nr. 150/2002, oder des Bundesverwaltungsgerichtes;
b) eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung bzw. eines nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, zuständigen Gerichtes;
c) eines Landeshauptmannes (des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz) oder des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen in Verbindung mit der Amtsbescheinigung gemäß § 4 des Opferfürsorgegesetzes;
d) in Vollziehung der landesgesetzlichen Unfallfürsorge (§ 3 Z 2 Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 200/1967).
Die Feststellung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Nachweis gilt zugleich als Feststellung des Grades der Behinderung. Die Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten (§ 2) auf Grund der in lit. a bis d genannten Nachweise erlischt mit Ablauf des dritten Monates, der dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung folgt, sofern nicht der begünstigte Behinderte innerhalb dieser Frist gegenüber dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen erklärt, weiterhin dem Personenkreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Personen angehören zu wollen. Der Behindertenpass im Sinne des § 40 des Bundesbehindertengesetzes (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 gilt nicht als Nachweis über die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten.
Liegt ein Nachweis im Sinne des Abs. 1 nicht vor, hat auf Antrag des Menschen mit Behinderung das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen den Grad der Behinderung nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) einzuschätzen und bei Zutreffen der im § 2 Abs. 1 angeführten sonstigen Voraussetzungen die Zugehörigkeit zum Kreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten (§ 2) sowie den Grad der Behinderung festzustellen. Hinsichtlich der ärztlichen Sachverständigen ist § 90 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, anzuwenden. Die Begünstigungen nach diesem Bundesgesetz werden mit dem Zutreffen der Voraussetzungen, frühestens mit dem Tag des Einlangens des Antrages beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen wirksam. Sie werden jedoch mit dem Ersten des Monates wirksam, in dem der Antrag eingelangt ist, wenn dieser unverzüglich nach dem Eintritt der Behinderung (Abs. 3) gestellt wird. Die Begünstigungen erlöschen mit Ablauf des Monates, der auf die Zustellung der Entscheidung folgt, mit der der Wegfall der Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten rechtskräftig ausgesprochen wird (§ 14 Abs. 2 BEinstG).
Da beim Beschwerdeführer nunmehr ein Grad der Behinderung von 50 vH bzw. Prozent durch das vom Bundesverwaltungsgericht in Auftrag gegebene schlüssige, nachvollziehbare und vollständige Gutachten festgestellt wurde, war spruchgemäß zu entscheiden.
Zum Ersuchen des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 01.08.2025, die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses zu überprüfen, wird der Vollständigkeit halber abschließend festgehalten, dass die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht Verfahrensgegenstand im vorliegenden Verfahren ist, sondern ausschließlich die vom SMS amtswegig vorgenommene Neufestsetzung des Grades der Behinderung in Verbindung mit der Aberkennung der Begünstigteneigenschaft.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG).
Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist (§ 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG).
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden (§ 24 Abs. 3 VwGVG).
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen (§ 24 Abs. 4 VwGVG).
Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden (§ 24 Abs. 5 VwGVG).
Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Gesamtgrad der Behinderung sind die Funktionseinschränkungen.
Zur Klärung des Sachverhaltes holte das Bundesverwaltungsgericht nach Beschwerdeerhebung bzw. -vorlage ein fachärztliches Sachverständigengutachten ein. In diesem Gutachten wurde der Zustand des Beschwerdeführers im Detail dargelegt.
Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurde das Sachverständigengutachten als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. In seiner Stellungnahme zum Gutachten ist der Beschwerdeführer diesem nicht substanziiert entgegengetreten. Das SMS brachte zudem keine Stellungnahme zum Gutachten ein. Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt, dem Bundesverwaltungsgericht liegt kein Vorbringen, das mit dem Beschwerdeführer mündlich zu erörtern gewesen wäre, vor. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die vorliegende Entscheidung hängt von Tatsachenfragen ab. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.
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