TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX , StA. Tschechische Republik, vertreten durch die BBU GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD XXXX , vom XXXX .2025, IFA-Zahl/Verfahrenszahl: XXXX , betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Recht und wird beschlossen:
A)Die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides) wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 BFA-VG nicht zuerkannt.
B)Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Verfahrensgang und Sachverhalt:
1.1. Der am XXXX geborene Beschwerdeführer (BF) ist im Besitz der Staatsangehörigkeit der Tschechischen Republik. Er ist zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt eines ebenfalls nicht festgestellten Jahres ins Bundesgebiet eingereist. Am 24.01.2025 erlangte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, RD XXXX (in der Folge: belangte Behörde oder kurz BFA) Kenntnis davon, dass er am XXXX .2025 von Beamten der LPD XXXX , Stadtpolizeikommando XXXX , wegen des Verdachts der Begehung einer strafbaren Handlung nach den §§ 269 und 84 StGB festgenommen, zur Anzeige gebracht und am XXXX .2025 in die JA XXXX eingeliefert wurde. Am XXXX 2025 erließ die belangte Behörde wider ihn einen Festnahmeauftrag, den sie mit dem Ersuchen um Vollziehung nach der Entlassung des BF aus der Strafhaft verband.
Mit Note vom XXXX .2025 verständigte ihn die belangte Behörde über den Stand des dort geführten Beweisverfahrens und informierte ihn über die beabsichtigte Vorgehensweise (konkret die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) und über die Absicht, dass im Fall einer rechtskräftigen Verurteilung die Schubhaft über ihn verhängt werde. Diese Note wurde dem BF nachweislich zur Kenntnis gebracht und ihm im Rahmen eines Parteiengehörs die Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
Mit Note vom XXXX 2025 verständigte die Staatsanwaltschaft XXXX die belangte Behörde von der Anklageerhebung gegen den BF wegen des Verdachts nach § 83 Abs. 1, § 84 Abs. 2 StGB, § 15 StGB und § 269 Abs. 1 StGB.
Mit Urteil vom XXXX , Zl. XXXX erkannte ihn das LG f XXXX der Vergehen nach § 83 Abs. 1, § 84 Abs. 2 StGB, § 15 StGB und § 269 Abs. 1 StGB schuldig und verhängte eine unbedingte Freiheitsstrafe im Ausmaß von 20 Monaten über ihn.
Die gegen dieses Urteil eingebrachte Berufung wurde vom Oberlandesgericht XXXX abgewiesen und erwuchs das Urteil des LG für Strafsachen Wien vom XXXX am XXXX in Rechtskraft.
Mit Urteil vom XXXX , Zl. XXXX erkannte ihn das LG XXXX schuldig, er habe am XXXX in XXXX
I./ versucht (§ 15 StGB) zwei namentlich genannte Beamte an einer Amtshandlung, nämlich an einer Identitätsfeststellung und Personendurchsuchung zu hindern, indem er versuchte, mit beiden Händen in die Richtung eines der beiden Beamten zu schlagen und den zweiten Beamten in den rechten Handrücken gebissen zu haben;
II./ einen der Beamten während der Vollziehung seiner Aufgaben durch die zu Punkt I./ beschriebenen Tathandlungen am Körper verletzt zu haben, wodurch dieser eine blutende Bisswunde erlitten habe.
Dadurch habe er zu
I./ das Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewaltnach den §§ 15, 269 Abs. 1 1. Fall StGB und zu
II./ das Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 StGB begangen und wurde er hiefür unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB nach dem ersten Strafsatz des § 269 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwanzig Monaten verurteilt.
Begründend stellte das Landesgericht XXXX im Wesentlichen kurz zusammengefasst fest, dass der ledige BF, der mit der Sorgepflicht für ein achtjähriges Kind belastet ist, keiner Erwerbstätigkeit nachgehe und in Österreich von karitativen Zuwendungen lebe und in Tschechien von einer geringen Sozialhilfe. In seinem Herkunftsstaat sei er in den Jahren XXXX bis XXXX zu insgesamt 14 mal wegen einschlägiger Straftaten verurteilt worden. Zuletzt sei er wegen vorsätzlicher Beschädigung und Zerstörung von Sachen und Diebstahl verurteilt worden, und habe deshalb eine zweijährige Freiheitsstrafe im Herkunftsstaat verbüßt [Urteil des LG XXXX vom XXXX , S. 3 unten]. Der von ihm in Österreich gebissene Polizeibeamte sie zwei Wochen lang dienstunfähig gewesen und habe im Urteilszeitpunkt noch eine Narbe am Handgelenk gehabt [Ebda., S. 4 unten]. In der Hauptverhandlung habe der BF einen unglaubwürdigen und schulduneinsichtigen Eindruck vermittelt und habe er sich selbst als Opfer der Polizeibeamten darstellen wollen [Ebda. S. 5 oben]. Den Biss habe er erst später, sehr widerwillig, eingeräumt [Ebda.]. Bei der Strafzumessung wertete das Gericht lediglich den Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben war, als mildernd, als erschwerend hingegen das Zusammentreffen von zwei Vergehen sowie die vierzehn einschlägigen Vorverurteilungen im Herkunftsstaat.
1.2. Mit Bescheid vom XXXX 2025, IFA-Zahl/Verfahrenszahl: XXXX , erließ die belangte Behörde gem. § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein für die Dauer von 8 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot gegen den BF (Spruchpunkt I.) und sprach aus, dass ihm gem. § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt werde (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot gem. § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde (Spruchpunkt III.).
Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gem. Spruchpunkt III. begründete die belangte Behörde im Wesentlichen kurz zusammengefasst damit, dass er massiv ein Grundinteresse der Gesellschaft verletzt habe, weshalb ein öffentliches Interesse an seiner sofortigen Ausreise bestehe. Er habe die geltende Rechtsordnung missachtet und gegen jegliche Moral verstoßen. Er habe keine persönlichen Verhältnisse zu regeln und weise keine familiären Verhältnisse zum Bundesgebiet auf. Er könne seinen Aufenthalt bis zu seiner Ausreise aus Eigenem nicht finanzieren, zumal der Aktenlage nicht entnommen werden könne, dass er über ausreichend Barmittel verfüge. Auf die Unterstützung einer in Österreich legal aufhältigen Person habe er keinen Anspruch, zumal für ihn keine tragfähige Haftungserklärung abgegeben wurde. Seine finanziellen Mittel hätten bereits in der Vergangenheit nicht ausgereicht. So habe er in seinem Heimatland Diebstähle begangen, um sich dadurch unrechtmäßig einen Vermögensvorteil zu verschaffen. In Österreich habe er bei den von ihm verübten Straftaten von der Anwendung von Gewalt nicht zurückgeschreckt. Er habe bewusst Exekutivbeamte körperlich angegriffen und verletzt.
Gegen diesen, der BF nachweislich zugestellten Bescheid richtete sich dessen, im Wege seiner ausgewiesenen Rechtsvertretung der belangten Behörde übermittelte Beschwerde.
Das BFA übermittelte dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakten am 05.08.2025.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der für die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung maßgebliche Sachverhalt ergeben sich ohne entscheidungsrelevante Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der Verwaltungsakte des BFA sowie des Gerichtsakts des BVwG, insbesondere aus der Beschwerde, aus Abfragen im Zentralen Melderegister (ZMR), im Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) und im Strafregister.
Rechtliche Beurteilung:
Als Staatsangehöriger der Republik Tschechien ist der BF Fremder iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG.
Gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise der Betroffenen oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Gem. § 18 Abs. 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das BVwG einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.
Aufgrund der Erklärung, dass sich die Beschwerde in vollem Umfang gegen den angefochtenen Bescheid richtet, ist davon auszugehen, dass sie sich auch gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, sohin gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides richtet.
Das BVwG hat über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 BFA-VG (oder gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheids) gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH vom 19.06.2017, Fr 2017/19/0023 und vom 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).
Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise der BF oder die sofortige Durchsetzung im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.
Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf - insbesondere angesichts der weitreichenden damit verbundenen Konsequenzen - einer entsprechend sorgfältigen, einzelfallbezogenen Begründung. Sie darf nicht ausschließlich darauf gestützt werden, dass die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots erfüllt sind. Die Behörde muss vielmehr nachvollziehbar darlegen, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat (vgl. VwGH vom 27.08.2020, Ra 2020/21/0172). Es bedarf daher einer über die Erwägungen für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nach § 67 FPG hinausgehenden besonderen Begründung, weshalb die Annahme gerechtfertigt ist, der weitere Aufenthalt des Fremden während der Dauer des Beschwerdeverfahrens gefährde die öffentliche Ordnung oder Sicherheit derart, dass die sofortige Ausreise bzw. Abschiebung schon nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheids erforderlich ist (vgl. VwGH vom 16.01.2020, Ra 2019/21/0360).
Eine solche Begründung lässt sich dem angefochtenen Bescheid entnehmen. Konkret stützte die belangte Behörde die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gem. Spruchpunkt III. auf die Bestimmung des § 18 Abs. 3 BFA-VG und auf die Verurteilung durch das LG f XXXX vom XXXX , Zl. XXXX und begründete die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im Kern mit der vom BF ausgehenden besonders schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit.
Dazu ist auszuführen, dass der BF durch seinen sehr kurzen, fünf Jahre nicht übersteigenden Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf den Daueraufenthalt nicht erworben hat. Er weist im Herkunftsstaat insgesamt 14 einschlägige Vorverurteilungen auf, wo er zuletzt eine zweijährige Haftstrafe verbüßte, aus der er am XXXX entlassen wurde. In Folge begab er sich nach Österreich, wo sich der inkriminierte Vorfall am XXXX zugetragen hatte. Der kurze Zeitraum zwischen seiner Haftentlassung am XXXX und dem Vorfall vom XXXX lassen ein Wohlverhalten des BF nicht erkennen. Seine einschlägigen Verurteilungen lassen überdies erkennen, dass er zu Gewaltdelikten gegen Dritte und zu Verstößen gegen die Rechtsordnungen seines Herkunftsstaates sowie von Österreich neigt. Dem BF ist damit eine Wiederholungsgefahr zu unterstellen, weshalb die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung durch die belangte Behörde nicht zu beanstanden ist, weil von ihm eine besonders schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, nämlich an der Wahrung der körperlichen Identität Dritter, ausgeht.
Hinzu kommt, dass eine Grobprüfung der vorgelegten Akten und der dem BVwG vorliegenden Informationen über die aktuelle Lage im Herkunftsstaat des BF (Tschechien) anlassbezogen keine konkreten Hinweise für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs 5 BFA-VG ergibt.
Angesichts dessen ist mit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung keine Verletzung von Art 8 EMRK verbunden. Der BF hat im Bundesgebiet niemanden und hat hier von karitativen Zuwendungen gelebt. Er weist zum Bundesgebiet weder eine soziale noch eine wirtschaftliche Anknüpfung auf. Er ist hier auch nie einer Ewerbstätigkeit nachgegangen.
Die Begründung der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im angefochtenen Bescheid ist somit ausreichend und im Hinblick auf das Gesamtverhalten des BF als nachvollziehbar anzusehen.
Die vom BFA vorgenommene Interessenabwägung ist nicht zu beanstanden.
Der Beschwerde ist im Ergebnis derzeit - vorbehaltlich allfälliger anderer Verfügungen zu einem späteren Zeitpunkt - die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.
Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids ist daher mit Teilerkenntnis zu bestätigen und der Beschwerde gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG keine Folge zu erteilen.
Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Rechtsfragen von über den Einzelfall hinausgehender grundsätzlicher Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG nicht zu lösen waren.
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