W161 2310951-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Monika LASSMANN als Einzelrichterin in Zusammenhang mit den am 13.03.2025 eingebrachten Feststellungsanträgen des XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerdevorentscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.03.2025, Zl. XXXX , wird ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1.1. Der Antragsteller, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 16.06.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz.
1.2. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens gab das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 01.12.2023 diesem Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 AsylG statt, erkannte dem nunmehrigen Antragsteller den Status des Asylberechtigten zu und stellte fest, dass ihm gemäß § 3 Abs. 5 AsylG kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
2.1. Mit Mitteilung über die Einleitung eines Aberkennungsverfahrens vom 14.01.2025 wurde dem Antragsteller vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bekanntgegeben, dass gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG ein Aberkennungsverfahren hinsichtlich seines Status des Asylberechtigten eingeleitet wurde, weil sich aufgrund des Regimewechsels in Syrien die Umstände bzw. Voraussetzungen, die zur Zuerkennung des Schutzstatus geführt haben, wesentlich geändert hätten.
2.2. Aufgrund dieser Mitteilung brachte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 13.03.2025 näher begründete Anträge auf Einstellung des Aberkennungsverfahrens und auf Feststellung des (Weiter)bestehens der Flüchtlingseigenschaft beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein.
3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 18.03.2025, Zl. XXXX , wurde die „Beschwerde“ gegen die Erledigung vom 14.01.2025 zurückgewiesen.
Der Begründung dieser Beschwerdevorentscheidung ist zu entnehmen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge vom 13.03.2025 als Beschwerde gewertet hat (vgl. Seite 4 des Bescheides: „Aus dieser Rechtsprechung folgt, dass es sich – entgegen dem Beschwerdevorbringen – bei der Mitteilung des BFA über die Einleitung über des Aberkennungsverfahrens um keinen verfahrensrechtlichen Bescheid handelt, sondern um eine Verfahrensanordnung.“).
4. Gegen diese Beschwerdevorentscheidung brachte der Antragsteller am 09.04.2025 fristgerecht einen Vorlageantrag ein, mit welchem beantragt wurde, die Behörde möge, die Anträge des Beschwerdeführers vom 13.03.2025, in dem die Einstellung des Asylaberkennungsverfahrens und die Feststellung des (Weiter)Bestehens der Flüchtlingseigenschaft beantragt wurden, dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorlegen. Begründend wurde ausgeführt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die vom Beschwerdeführer gestellten Anträge unrichtigerweise als Beschwerde gegen die Mitteilung über die Einleitung des Aberkennungsverfahrens gewertet habe. Bei diesen Schrift-sätzen habe es sich jedoch um einerseits einen Antrag auf Feststellung des (Weiter)bestehens der Flüchtlingseigenschaft und andererseits um einen Antrag auf Einstellung des Asylaberkennungsverfahrens gehandelt. Über beide Anträge sei noch nicht bescheidmäßig abgesprochen worden und seien sie daher als unerledigt zu betrachten.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
2. Zu A) Ersatzlose Behebung der Beschwerdevorentscheidung:
2.1. Gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG steht es der Behörde im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.
Will die Behörde von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absehen, hat sie gemäß Abs. 2 leg.cit. dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen. Gleichzeitig hat die Behörde den Parteien eine Mitteilung über die Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht zuzustellen; diese Mitteilung hat den Hinweis zu enthalten, dass Schriftsätze ab Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht unmittelbar bei diesem einzubringen sind.
2.2. Es ist sohin bereits aus dem Wortlaut des § 14 VwGVG erkennbar, dass eine Beschwerdevorentscheidung nur im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erlassen werden kann. Dies setzt voraus, dass im Verfahren auch tatsächlich eine Beschwerde erhoben wurde.
Im gegenständlichen Verfahren ist eindeutig erkennbar, dass der Antragsteller die im Verfahrensgang angeführten Feststellungsanträge einbringen wollte und keine Beschwerde. Dieser Wille ergibt sich einerseits eindeutig aus der im Schriftsatz vom 13.03.2025 gewählten Formulierung „Anträge auf Einstellung des Aberkennungsverfahrens und auf Feststellung des (Weiter)bestehens der Flüchtlingseigenschaft“ (vgl. AS 17) und andererseits sowohl aus dem Inhalt dieses Schriftsatzes als auch aus jenem des Vorlageantrags, aus welchem unmissverständlich hervorgeht, dass es sich um einen Antrag auf Feststellung des (Weiter)bestehens der Flüchtlingseigenschaft und um einen Antrag auf Einstellung des Asylaberkennungsverfahrens handelt. Mangels Beschwerde fehlt es allerdings der vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erlassenen Beschwerdevorentscheidung an einer rechtlichen Grundlage – nämlich eben an einer Beschwerde.
Da – anders als für die Berufungsvorentscheidung nach § 64a AVG – nicht normiert ist, dass die Beschwerdevorentscheidung durch den Vorlageantrag außer Kraft tritt, was vom Gesetzgeber offensichtlich beabsichtigt ist (vgl. „Eder/Martschin/Schmid – Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte“, Praxiskommentar, 2. Auflage, E1 zu § 14 VwGVG, Seite 111f), ist die zu Unrecht erlassene Beschwerdevorentscheidung aus dem Rechtsbestand zu entfernen, weshalb sie ersatzlos zu beheben ist.
Da es sich bei diesen beiden Feststellungsanträgen vom 13.03.2025 nicht um Beschwerden handelt und diese Anträge beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingebracht wurden, hat das Bundesamt über diese Anträge zu entscheiden.
3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil zur Lösung der Rechtsfrage, wie mit Beschwerdevorentscheidungen umzugehen ist, die erlassen wurden, ohne dass zuvor im Verfahren eine Beschwerde erhoben worden wäre, höchstgerichtliche Judikatur fehlt (vgl. hierzu auch BVwG vom 30.04.2025, Zl. W239 2311059-1/5E sowie vom 15.05.2025, Zl. W235 2311483-1/4E).
Rückverweise