Beschluss
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Dr. Susanne PFANNER über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch Univ.-Doz. Dr. Thomas Walzel von Wiesentreu, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, gegen den Bescheid des Vermessungsamtes XXXX , vom 11.06.2024, GFN XXXX :
A) Das beim Bundesverwaltungsgericht zur GZ. W295 2306344-1 anhängige Beschwerdeverfahren wird gemäß § 17 VwGVG in Verbindung mit § 38 AVG bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes in der beim Verfassungsgerichtshof zu E 3758/2024 anhängigen Rechtssache ausgesetzt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.08.2024, GZ. W138 2293894-1/5E, wurde eine Beschwerde der XXXX (im Weiteren: Beschwerdeführerin), vom 10.10.2023, gegen den Bescheid des Vermessungsamtes XXXX , vom 12.09.2023, GFN XXXX , nach Beschwerdevorentscheidung vom 07.12.2023, GFN XXXX aufgrund des Vorlageantrages vom 19.12.2023 abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung des Vermessungsamtes XXXX vollinhaltlich bestätigt.
In dieser Angelegenheit ging es um die Frage, ob bei andauernden und großräumigen Bodenbewegungen unter Anwendung der Bestimmung des § 32a VermG und der Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft über Vorschriften, unter welchen Bedingungen Grenzen von Grundstücken durch Bodenbewegungen als verändert anzusehen sind (Bodenbewegungsverordnung - BodBwV), BGBl. II Nr. 116/2017, die Umwandlung von Grundstücken vom Grundsteuerkataster in den Grenzkataster, die bereits Teil des Grenzkatasters geworden sind, rechtskonform wieder aufgehoben werden kann, sodass diese Grundstücke damit wiederum nur mehr Teil des nicht rechtsverbindlichen Grundsteuerkatasters sind.
Das Bundesverwaltungsgericht bejahte im Erkenntnis vom 02.08.2024, GZ. W138 2293894- 1/5E, die Rechtskonformität der Aufhebung der Umwandlung solcher Grundstücke.
Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Univ.-Doz. Dr. Thomas Walzel von Wiesentreu, am 30.09.2024 Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben und den Antrag gestellt, das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.08.2024, GZ. W138 2293894-1/5E, wegen Verletzung der Beschwerdeführerin in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten als verfassungswidrig, oder dieses Erkenntnis infolge Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, aufzuheben.
Inhaltlich bestritt die Beschwerdeführerin, dass andauernde und großräumige Bodenbewegungen vorliegen würden. Die Beschwerdeführerin macht Verletzungen in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und im verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz (Art. 2 StGG; Art. 7 B-VG) sowie auf Unverletzlichkeit des Eigentums (Art. 5 StGG; Art. 1 1. ZP EMRK) geltend. Dazu wies sie darauf hin, dass die Bestimmung des § 32a VermG verfassungswidrig sei, und dass durch eine Rückgängigmachung einer Umwandlung der sich aus dem Grenzkataster sich ergebende Vertrauensschutz, der Grundstücken, die Teil des Grenzkatasters seien, anhafte, nicht mehr gegeben sei.
Der Verfassungsgerichtshof informierte das Bundesverwaltungsgericht am 01.10.2024 zu E 5758/2024-2, dass gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, GZ. W138 2293894-1/5E am 01.10.2024 gemäß Art. 144 B-VG Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erhoben bzw. ein Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Beschwerdeführung gegen eben diese Entscheidung eingebracht wurde. Dieses Verfahren ist auch aktuell immer noch beim Verfassungsgerichtshof anhängig.
2. Auch in der nunmehr verfahrensgegenständlichen Angelegenheit geht das Vermessungsamt XXXX von einer andauernden und großräumigen Bodenbewegung aus und hat daher mit Bescheid vom 11.06.2024, GFN XXXX , auf der Grundlage von § 32a VermG in Verbindung mit den Bestimmungen der BodBwV die ursprünglich mit Bescheid vom 04.08.2016, GFN XXXX , verfügte Umwandlung des Grundstücks XXXX KG XXXX , von Amts wegen aufgehoben und das Grundstück in den Grundsteuerkataster eingetragen.
Die Beschwerdeführerin als grundbücherliche Eigentümerin der angrenzenden Grundstücke XXXX , erhob mit Schriftsatz vom 12.07.2024 Beschwerde. Die Beschwerde wurde seitens der belangten Behörde am 22.01.2025 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
In dieser Beschwerde führt die Beschwerdeführerin im Wesentlichsten zusammengefasst aus, dass durch das Vermessungsgesetz (VermG) rechtsverbindliche Grenzen garantiert werden würden. Entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde gelte mit der Eintragung einer Liegenschaft in den Grenzkataster geschaffene Vertrauensschutz unbedingt und absolut, sodass dieser nachträglich nicht mehr geändert werden dürfe. Soweit sich die belangte Behörde auf § 32a VermG stütze, sei diese Norm verfassungswidrig. § 32a VermG bilde die Grundlage für weitreichende Eingriffe in die bestehende Grundstückszuordnung damit in das verfassungsgesetzlich geschützte Recht auf Eigentum. Im Hinblick auf die Eingriffsintensität seien die Voraussetzungen gesetzlich nicht ausreichend determiniert. Sowohl bei der „andauernden Bodenbewegung“ als auch bei der „großräumigen Bodenbewegung“ handle es sich um unbestimmte Gesetzesbegriffe. Der Beschwerdeführerin würden auch keine Beweisergebnisse vorliegen, wonach das Grundstück XXXX tatsächlich durch großräumige Bodenbewegungen in seiner Lage verändert werde. Es handle sich um kein „Rutschgebiet“. Es gebe auch keine Hinweise aus geologischer-fachlicher Sicher, dass es im Gemeindegebiet zu großräumigen Bodenbewegungen gekommen wäre. Beantragt werde dahingehend ein Gutachten aus dem Bereich Geologie. Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Anwendung des §32a VermG seien nicht gegeben.
Daher beantrage die Beschwerdeführerin, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben in eventu den angefochtenen Bescheid von Amts wegen aufzuheben und an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
In ihrer Stellungnahme vom 10.04.2025 (OZ 3) beantragte die Beschwerdeführerin unter Darlegung weiteren Vorbringens hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des § 32a VermG, im Hinblick auf das bereits beim Verfassungsgerichtshof anhängig gemachten Beschwerdeverfahrens betreffend das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes zu GZ. W138 2293894-1, das Bundesverwaltungsgericht möge das zu GZ. W295 2306359-1 geführte Beschwerdeverfahren bis zum Vorliegen der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes aussetzen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1. Die Grundstücke XXXX und XXXX , beide KG XXXX , sind öffentliches Gut. Damit sind diese Grundstücke Teil des Gemeindeeigentums der Gemeinde XXXX . Das Grundstück XXXX , alle KG XXXX , steht im Eigentum der Gemeinde XXXX . Alle drei Grundstücke grenzen an das Grundstück XXXX , KG XXXX .
2. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 02.08.2024, GZ. W138 2293894-1/5E, in einer Angelegenheit im Anwendungsbereich des § 32a VermG entschieden, dass unter Berücksichtigung von § 32a VermG, wobei die Bestimmung des § 32a VermG in dieser Entscheidung als verfassungskonform vorausgesetzt wurde, die Aufhebung der Umwandlung von Grundstücken, die einer andauernden und großräumigen Bodenbewegung unterliegen, ebenfalls rechtskonform sei, obwohl die Beschwerdeführerin bereits damals verfassungsrechtliche Bedenken eingewandt hatte.
Diese verfassungsrechtlichen Bedenken hat die Beschwerdeführerin in ihrer Verfassungsgerichtshofsbeschwerde vom 30.09.2024 gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.08.2024, GZ. W138 2293894-1/5E, auch näher ausgeführt.
Diese Verfassungsgerichtshofsbeschwerde ist aktuell zu E 3758/2024 beim VfGH anhängig.
2. Beweiswürdigung:
Der wiedergegebene Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich schlüssig aus den vom Vermessungsamt XXXX dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Unterlagen des Verwaltungsverfahrens sowie aus den Akten des beim Bunddesverwaltungsgericht geführten Verfahrens mit der GZ W138 2293894-1. Widersprüchlichkeiten konnten dabei nicht festgestellt werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Aussetzung des Verfahrens
Das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) enthält - sieht man von seiner Regelung in § 34 Abs. 3 ab, die die Aussetzung eines Beschwerdeverfahrens wegen eines beim Verwaltungsgerichtshof bereits anhängigen Revisionsverfahrens unter den in dieser Gesetzesbestimmung angeführten Voraussetzungen zulässt - keine ausdrückliche Bestimmung über die Zulässigkeit der Aussetzung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage durch eine andere Verwaltungsbehörde oder ein (anderes) Gericht, sodass gemäß § 17 VwGVG insoweit die Bestimmungen des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles) anzuwenden sind. Nach dem AVG sind gemäß § 38 ergangene Aussetzungsbescheide abgesondert bekämpfbar.
Gemäß § 38 AVG ist die Behörde, sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.
Beim VfGH ist aktuell ein Verfahren zur Klärung der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des § 32a VermG anhängig. Eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes ist bislang noch nicht ergangen.
Auch in der verfahrensgegenständlichen Angelegenheit ist die Frage nach der Verfassungskonformität des § 32a VermG eine Vorfrage.
Die Voraussetzungen für die Aussetzung des Verfahrens gemäß § 38 AVG sind sohin gegeben; das gegenständliche Beschwerdeverfahren wurde daher spruchgemäß ausgesetzt und ist nach Entscheidung durch den Verfassungsgerichtshof fortzusetzen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Entscheidung über die Aussetzung hat mit (nicht bloß verfahrensleitendem) Beschluss (VwGH 07.01.2020, Fr 2019/03/0023) zu ergehen, die Revision ist bei Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig.
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