BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Monika LASSMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Syrien, vertreten durch Dr. Gregor KLAMMER, Rechtsanwalt in 1010 Wien, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl beschlossen:
A)
Die Säumnisbeschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, reiste gemeinsam mit seiner Ehefrau, einer ukrainischen Staatsangehörigen und der gemeinsamen Tochter, auch ukrainische Staatsbürgerin, am 27.02.2022 über Polen aus der Ukraine aus. Am 24.03.2022 wurde der Beschwerdeführer von der LPD XXXX als Vertriebener iSd Verordnung der Bundesregierung über ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht für aus der Ukraine Vertriebene (in der Folge: VertriebenenVO) registriert und erfolgte die Einreisegestattung durch die LPD XXXX .
Dem Beschwerdeführer wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 62 AsylG 2005 iVm § 1 Abs. 1 Z 3 VertriebenenVO als Familienangehöriger mit Gültigkeit ab 23.03.2022 erteilt.
Dieser Aufenthaltstitel wurde zuletzt am 16.01.2025 gemäß § 62 AsylG 2005 iVm § 4 Abs. 1 VertriebenenVO bis 04.03.2026 erteilt.
2. Der Beschwerdeführer stellte am 09.05.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz.
3. Bei seiner Erstbefragung am 09.05.2023 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch auf das Wesentliche zusammengefasst an, dass er nicht aus Syrien geflohen sei, sondern sein Studium in der Ukraine absolviert habe und im Februar 2022 aufgrund des Krieges in der Ukraine gemeinsam mit seiner Ehefrau und Tochter nach Österreich gekommen sei. Er habe Syrien legal verlassen, um in der Ukraine zu studieren; die Ukraine müsse er aufgrund des Krieges verlassen. Bei einer Rückkehr nach Syrien fürchte er die Einberufung zum Militärdienst. Er gelte als Wehrdienstverweigerer und habe keine Familie mehr in Syrien.
4. Am 18.08.2023 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA). Der Beschwerdeführer gab zusammengefasst an, dass er aufgrund des Krieges aus der Ukraine geflüchtet sei und nicht nach Syrien zurückkehren könne, da er dort wegen des Militärdienstes gesucht werde. Er habe zwar einen Aufenthaltstitel nach der VertriebenenVO als Familienangehöriger, wolle aber eine „Lösung auf Dauer“. Er könne mit seinem (nur bis 2020 gültigen) syrischen Reisepass nicht reisen; seine Frau habe einen ukrainischen Reisepass. Im Falle einer Scheidung von seiner Frau stehe ihm kein Aufenthaltsrecht nach der VertriebenenVO zu.
5. Mit Schriftsatz vom 11.10.2024 erhob der Beschwerdeführer, anwaltlich vertreten durch Dr. Gregor Klammer, erstmalig Säumnisbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Die Behörde habe seit über sechs Monaten nicht über seinen oa. Antrag auf internationalen Schutz entschieden.
6. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.11.2024 zu GZ W262 2301726-1/5E wurde die Säumnisbeschwerde als unzulässig zurückgewiesen und in der Begründung darauf verwiesen, dass in casu eine Fristhemmung gemäß § 22 Abs. 8 AsylG 2005 vorliege und daher keine Säumnis der belangten Behörde gegeben sei.
7. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 26.02.2025 wurde der Antrag des Beschwerdeführers Verfahrenshilfe abgewiesen und in der Begründung darauf hingewiesen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung aussichtslos erscheine.
8. Mit Schriftsatz vom 28.03.2025, eingelangt am selben Tag, erhob der Beschwerdeführer, anwaltlich vertreten durch Dr. Gregor Klammer, neuerlich eine Säumnisbeschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 BVG und führte dazu insbesondere aus, der Beschwerdeführer werde in seinem gesetzlich gewährleisteten subjektiven Recht auf Entscheidung innerhalb gesetzlicher Frist verletzt, da seit der Antragstellung mehr als sechs Monate vergangen seien und auch die unionsrechtliche Höchstfrist von 21 Monaten bereits abgelaufen sei. Art. 31 Verfahrensrichtlinie stütze die eingeschränkte Auslegung des Art. 17 Abs. 2 Massenzustrom- RL, wonach der Asylantrag des Beschwerdeführers zu bearbeiten sei, weil sich seine Fluchtgründe nicht auf die Ukraine bezögen und die Maximalfrist in Art. 31 Abs. 5 Verfahrens- RL bereits abgelaufen sei. Seit der Antragstellung seien bereits über 22 Monate vergangen. Die nicht verlängerbare maximale Verfahrensdauer von 21 Monaten sei jedenfalls überschritten. § 22 Abs. 8 AsylG 2005 sei unionsrechtskonform dahingehen auszulegen, dass eine Säumnisbeschwerde nach Ablauf von 21 Monaten jedenfalls und zulässig und berechtigt sei.
9. Die Beschwerde und der Verwaltungsakt langten am 04.04.2025 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist der Ehegatte einer ukrainischen Staatsangehörigen.
Der Beschwerdeführer ist seit 24.03.2022 als Vertriebener iSd VertriebenenVO registriert.
Dem Beschwerdeführer kommt ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht nach der VertriebenenVO (bis 04.03.2026) zu.
Dem Beschwerdeführer wurden am 29.03.2022, rückwirkend ab 23.03.2022 Ausweise für Vertriebene, zuletzt gültig bis 04.03.2026 ausgestellt.
Der Beschwerdeführer stellte am 09.05.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Das BFA hat bis dato nicht über diesen Antrag entschieden.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem vom BFA übermittelten Verwaltungsakt und können als unstrittig angesehen werden.
3. Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichts, BGBl. I Nr. 10/2013 (in Folge: BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013 (in Folge: VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu Spruchteil A):
Gemäß Art 130 Abs 1 Z 3 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde (Säumnisbeschwerde).
Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.
§ 22 Abs. 8 AsylG lautet:
Kommt die Richtlinie 2001/55/EG über vorübergehenden Schutz im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastung, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten zur Anwendung oder wird eine Verordnung gemäß § 62 erlassen, ist der Fristenlauf von Verfahren Betroffener nach diesem Bundesgesetz für die Dauer des vorübergehenden Schutzes gehemmt.
Die Regelung des § 22 Abs. 8 AsylG ist als Umsetzung des Art. 19 der Massenzustrom-Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 zu verstehen. Damit soll die Kumulierung von Rechten des vorübergehenden Schutzes mit dem Status eines Asylwerbers verhindert werden. Spezielle verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung des § 22 Abs. 8 AsylG bestehen daher nicht und ist somit die Entscheidungsfrist der belangten Behörde für die Dauer des vorübergehenden Aufenthaltsrechts nach der Vertriebenen-Verordnung (noch immer) gehemmt.
Im vorliegenden Fall liegt somit keine Säumnis des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vor, weshalb die Säumnisbeschwerde als unzulässig zurückzuweisen war.
Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, wenn Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur lösenden Rechtsfrage fehlt. Selbst dann liegt aber nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn die gesetzliche Rechtslage – wie gegeben - eindeutig ist.
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