IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daria MACA-DAASE als Vorsitzende und durch die fachkundige Laienrichterin Mag. Manuela ECKERSDORFER und den fachkundigen Laienrichter Mag. Johannes DENK über die Beschwerde von XXXX (Beschwerdeführer = BF), StA. Ägypten, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Mödling vom XXXX in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom XXXX , mit welchem der Antrag auf Zulassung als Schlüsselkraft gemäß § 12 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) bei der Arbeitgeberin XXXX (Mitbeteiligte = MB) abgewiesen wurde, gemäß nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der BF beantragte im Rahmen eines Zweckänderungsantrags (Arbeitgeberwechsel) die Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte Hochqualifizierte Schlüsselkraft für die Beschäftigung als IT-Techniker bei der MB.
2. Mit Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des BF insbesondere mangels Erreichens der Mindestpunkteanzahl von Anlage A ab.
3. Dagegen erhob der BF fristgerecht die zulässige Beschwerde.
4. Mit Beschwerdevorentscheidung wies die belangte Behörde die Beschwerde ab. Zwar erreiche der BF nunmehr die erforderliche Mindestpunkteanzahl, allerdings sei davon auszugehen, dass die Tätigkeiten als Werkverträge einzustufen wären, die nicht zum täglichen Geschäft gehörten, die gelisteten Tätigkeiten würden keine Beschäftigung im Ausmaß von 40 Wochenstunden rechtfertigen und mangels Angabe der KV-Einstufung könne keine diesbezügliche Überprüfung vorgenommen werden.
5. Der nunmehr vertretene BF erhob fristgerecht einen Vorlageantrag.
6. Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundeverwaltungsgericht vor.
7. Am XXXX fand eine mündliche Verhandlung statt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die MB führt ein Gastgewerbe in der Betriebsart Restaurant und bietet Fastfood an. Die MB führt aktuell zwei Filialen, welche einen Lokalbetrieb und auch eine Zustellung der Speisen anbieten. Über die Homepage des Unternehmens kann entweder Kontakt aufgenommen oder ein Tisch reserviert werden. Auf der Homepage befindet sich auch eine Speisekarte.
1.2. Der BF ist Drittstaatsangehöriger mit ausländischem Studienabschluss (Bachelor in Computer Science aus dem Jahr XXXX ) und verfügte im Antragszeitraum über eine Rot-Weiß-Rot-Karte Besonders Hochqualifizierter für eine Tätigkeit bei einem namentlich genannten Unternehmen.
1.3. Am XXXX beantragte der BF im Rahmen eines Zweckänderungsantrags (Arbeitgeberwechsel) die Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte Hochqualifizierte Schlüsselkraft für die Tätigkeit bei der MB.
1.4. Bei der MB ist keine der Qualifikation des BF entsprechende Vollzeitstelle verfügbar.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungs- und Gerichtsakt sowie der mündlichen Verhandlung.
Es ist dem BF nicht gelungen der Annahme der belangten Behörde substantiiert entgegen zu treten, dass eine Beschäftigung bei der MB im IT-Bereich im Ausmaß von 40 h nicht nachvollziehbar ist. Es entspricht auch der Lebenserfahrung, dass für einen relativ kleinen Gastronomiebetrieb kein unbefristet in Vollzeit beschäftigter Programmierer oder IT-ler erforderlich ist. Diese Annahme wurde auch im Beschwerdeverfahren nicht substantiiert entkräftet.
In der dem Antrag beiliegenden Arbeitgebererklärung wurde die berufliche Tätigkeit als IT-Techniker mit einem Beschäftigungsausmaß von 40 Wochenstunden und einer Bruttoentlohnung von EUR 2.040,-- angegeben, als Dauer der Beschäftigung zwei Jahre. Die Tätigkeit wurde wie folgt beschrieben: Seine Aufgaben umfassen die Wartung und Verwaltung der IT-Infrastruktur, die Betreuung der Webseite sowie die Entwicklung und Optimierung von Webanwendungen und Social Media Management.
Mit der Beschwerde legte der BF dann einen Vorvertrag zur Anstellung vor, in welchem ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, eine Vollzeittätigkeit und ein monatliches Bruttogehalt von EUR 2.800,-- festgehalten ist.
Mit der Beschwerde legte der BF auch eine undatierte Stellungnahme der MB zur Erforderlichkeit des Studiums „Computer Science“, welche sich auf die Stelle als IT-Techniker im Unternehmen der MB bezieht (Beilage 7 zur Beschwerde). Die Beschreibung der Aufgaben entspricht der Aufzählung in der Arbeitgebererklärung und enthält ergänzend einen Hinweis auf Programmiertätigkeiten. Die Wochenstunden wurden wie folgt aufgeschlüsselt: IT-Infrastrukturverwaltung: 20 Stunden/Woche, Entwicklung von Verwaltungsanwendungen und Webentwicklung 10 Stunden/Woche, Website- und Social-Media-Betreuung 10 Stunden/Woche. Diese Arbeitsaufteilung könne je nach Arbeitsaufkommen und betrieblichen Bedarf flexibel angepasst werden. Diese Angaben sind – im Hinblick auf die geplante 2-jährige Anstellung) im Hinblick auf Art, Größe und z.B. Webauftritt des Unternehmens nicht nachvollziehbar.
In weiterer Folge gab MB in einer neuen Arbeitgebererklärung sowie einem neuen Dienstvorvertrag an, den BF als „Programmierer“ einstellen zu wollen. Als Tätigkeitsbeschreibung wurde folgendes festgehalten: 1. Softwareentwicklung (Entwicklung maßgeschneiderter Anwendungen für die Verwaltung von unseren Restaurants, einschließlich Bestell- und Reservierungssystemen; Optimierung bestehender Systeme, um Effizienz und Benutzerfreundlichkeit zu gewährleisten) und 2. Datenbankverwaltung (Erstellung und Verwaltung von Datenbanken, die mit den Restaurants verbunden sind, wie Speisenkarten, Kunden- und Lagerdaten, Sicherstellung der Sicherheit und des Schutzes von Datenbanken vor unbefugtem Zugriff), Entlohnung:€ 3.100,- Brutto/Monat, Beschäftigungsdauer: 2 Jahre.
Auch in der Verhandlung wurde die undatierte Stellungnahme der MB neuerlich vorgelegt und ergänzend dazu ein undatiertes Schreiben der MB, in welcher sich diese verpflichtet, den BF in Vollzeit („(38,5 oder 40 Stunden pro Woche“) zu beschäftigen, „Wir bestätigen, dass unser Unternehmen in der Lage ist, das vereinbarte Bruttogehalt in Höhe von 3.100 Euro gemäß den geltenden Kollektiwerträgen zu zahlen. Dieser Betrag ist fair und angemessen für beide Parteien.“ und es gäbe einen Mangel an qualifizierten lokalen Mitarbeitern. Darüber hinaus werden erstmals Expansionspläne der MB vorgebracht: „Wir sind dabei, neben unserer Filiale in […], neue Filialen zu eröffnen und uns an mehreren Standorten auszudehnen. Daher benötigen wir eine qualifizierte und erfahrene Person, um die Filialen miteinander zu verbinden und zu verwalten, damit ein effektiver Ablauf der täglichen Operationen gewährleistet und die Qualität in allen neuen Filialen sichergestellt wird. Wir bestätigen, dass [BF] eine wesentliche Rolle bei der Erreichung unserer Expansions- und Wachstumsziele spielen wird.“
Festgehalten wird, dass im Verfahren die Berufsbezeichnung geändert wurde, ebenso wie die Tätigkeitsbeschreibung, das Anforderungsprofil und die Entlohnung, wobei hier auch im aktuellsten (in der Verhandlung vorgelegten Schreieben) keine Angabe dazu erfolgte, nach welchem KV der BF eingestuft wäre. Die Frage, ob diese Modifikationen eine Gesamtänderung des Berufsbildes darstellen (vgl. dazu VwGH vom 31.05.1990, 89/09/0143, wonach Modifikationen im Anforderungsprofil der zu besetzenden Stelle zulässig sind, diese allerdings nicht zu einer Gesamtänderung des Berufsbildes führen dürfen) kann im Hinblick auf die rechtliche Beurteilung dahin gestellt bleiben. Zu den in der Verhandlung erstmals in Form eines Schreibens geltend gemachten Expansionsplänen der MB wird festgehalten, dass dieses nicht geeignet war, den (künftigen) Bedarf der MB an einem in Vollzeit angestellten Programmierer glaubhaft zu machen. Vielmehr verfestigte sich – im Hinblick auf die vielfachen Adaptierungen der Anforderungen im Verfahren – der Eindruck, dass die MB bemüht war, mit diesem neuen und spezifisch auf den BF und die Argumentation der belangten Behörde zugeschnittenen Vorbringen die diesbezüglichen Bedenken auszuräumen. Erst in der Verhandlung und damit zum letztmöglichen Zeitpunkt wurden die schriftlich vorgebrachten Expansionspläne erwähnt. Da diese in den bis dahin vorgelegten Tätigkeitsbeschreibungen weder explizit noch implizit erwähnt wurden, ist davon auszugehen, dass dieses Vorbringen lediglich dazu dient, eine Vollzeitstelle zu rechtfertigen und daher nicht glaubhaft ist. Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass selbst bei Annahme von Expansionsplänen keine Vollzeitstelle für zwei Jahre plausibel wäre.
Ausgehend von der letzten Angabe der MB, der Beschäftigung als Programmierer bei der MB, wird festgehalten, dass unter https://www.berufslexikon.at/berufe/3640-ProgrammiererIn/ das Berufsbild „Programmierer:in“ auszugsweise wie folgt beschrieben wird und eine universitäre Ausbildung für die Erfüllung dieser Tätigkeiten zumindest nicht zwingend notwendig ist:
„ProgrammiererIn
Berufsbereiche: Elektrotechnik, Elektronik, Telekommunikation, IT
Ausbildungsform: BMS/BHS
Einstiegsgehalt lt. KV:
BMS: € 2.110,- bis € 2.230,- *
BHS: € 2.320,- bis € 2.860,- *
* Die Gehaltsangaben entsprechen den Bruttogehältern bzw Bruttolöhnen beim Berufseinstieg. […]
Tätigkeitsmerkmale
ProgrammiererInnen entwickeln und adaptieren EDV-Programme, z.B. für Webseiten, Apps, Computerspiele, Datenbanken oder die Steuerung von Maschinen und Anlagen. Dazu analysieren sie, welche Anforderungen an das Programm bestehen und berücksichtigen dabei die Wünsche ihrer KundInnen. Sie erstellen ein Konzept und einen Ablaufplan, die sie ihren AuftraggeberInnen präsentieren. Aufbauend auf diesen Vorgaben entwerfen sie zunächst einen Prototypen des neuen Programms oder sie passen ein bestehendes Programm an die jeweiligen Anforderungen an, indem sie es beispielsweise um neue Funktionen erweitern. Sie arbeiten eigenständig oder im Team mit anderen ProgrammiererInnen.
ProgrammiererInnen sind auch dafür verantwortlich, die Programme und alle ihre Funktionen zu testen, Programmierfehler zu finden und diese zu beheben. Sie erklären ihren KundInnen zudem die Funktionsweise der Programme und führen Einschulungen durch. Weiters verfassen sie detaillierte Programmbeschreibungen und erstellen Benutzerhandbücher. ProgrammiererInnen sind meist auf einen bestimmten Bereich spezialisiert. Beispiele dafür sind der Medizin-, Medien-, Verwaltungs- oder Logistik-Bereich.
Typische Tätigkeiten sind z.B.:
Programme konzipieren und erweitern
Projektpläne erstellen
Programme testen
Programmierfehler beseitigen
KundInnen beraten
Besprechungen abhalten
Schulungen durchführen
Programmbeschreibungen erstellen“
„Beschäftigungsmöglichkeiten bieten z.B. folgende Unternehmen und Branchen:
IT-Unternehmen
Software-Unternehmen
Multimedia-Agenturen
Telekommunikationsunternehmen
Öffentliche Institutionen“
„Eine gute Grundlage für diesen Beruf bildet eine Ausbildung an Fachschulen, z.B. für Elektronik und Technische Informatik, oder höheren technischen Lehranstalten, z.B. für Informatik oder Elektrotechnik. Die meisten Ausbildungen im Bereich Informatik vermitteln neben technischen Kompetenzen, wie z.B. in Webprogrammierung, Mobile Computing, Künstlicher Intelligenz oder Game Development, auch organisatorische und kaufmännische Inhalte, z.B. in den Bereichen Projektmanagement sowie Betriebswirtschaftslehre und Rechnungswesen. Zudem bieten manche Schulen die Möglichkeit, sich Zusatzqualifikationen anzueignen. Weiters werden praktische Erfahrungen in schuleigenen Werkstätten sowie im Rahmen von mehrwöchigen betrieblichen Pflichtpraktika erworben.“
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Maßgebliche Bestimmung des Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG)
§ 4. (1) Einem Arbeitgeber ist auf Antrag eine Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen Ausländer zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt (Arbeitsmarktprüfung), wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen und […]
Besonders Hochqualifizierte
§ 12. Besonders hochqualifizierte Ausländer, welche die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage A angeführten Kriterien erreichen, werden zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft zugelassen, wenn die beabsichtigte Beschäftigung ihrer Qualifikation und den sonstigen für die Erreichung der Mindestpunkteanzahl maßgeblichen Kriterien entspricht und sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall entfällt.
3.2. Für den Beschwerdefall bedeutet das:
Die Regelung für besonders Hochqualifizierte stellt darauf ab, dass der Inhalt des absolvierten Hochschulstudiums dem Inhalt der in Aussicht stehenden Beschäftigung entspricht (vgl. Gesetzeswortlaut sowie VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0038, jüngst auch VwGH 12.12.2023, Ra 2023/09/0170).
Es ist zu prüfen, ob die angegebenen Tätigkeiten konkret umschrieben sind und in den betrieblichen Notwendigkeiten ihre Deckung finden (vgl. VwGH 24.01.2014, 2013/09/0070 und VwGH 18.06.2014, 2013/09/0189).
Wie in der Beweiswürdigung ausgeführt hat MB zuletzt angegeben, einen Programmierer mit 40 Wochenstunden für zwei Jahre einstellen zu wollen. Dies ist – wie in der Beweiswürdigung ausgeführt – nicht plausibel, wie dies bereits die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung S. 10 ausgeführt hat; dem wurde im Beschwerdeverfahren nicht substantiiert entgegengetreten.
Zudem ergibt sich aus der Judikatur zu § 4 Abs. 1 AuslBG ein gesamtwirtschaftliches Interesse an Vollbeschäftigung (vgl. VwGH vom 18.10.1990, GZ 88/09/0142 zum Schutzzweck des AuslBG) und der fehlende gesamtwirtschaftliche Nutzen der Beschäftigung einiger weniger (womöglich bloß geringfügig bzw. in Teilzeit beschäftigter) Arbeitnehmer:innen zur Schaffung neuer oder Sicherung bestehender Arbeitsplätze (vgl. VwGH 09.08.2018, Ra 2016/22/0104 mit Judikaturverweisen). Somit stehen der angestrebten Teilzeit-Beschäftigung bei der MB auch wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen entgegen.
Eine Prüfung ob die erforderlichen Punkte der Anlage A erfüllt sind, kann im Hinblick auf obige Ausführungen entfallen. Der Vollständigkeit halber wird festgehalten, dass die Vergabe von Punkten nach der Anlage A untrennbar mit dem Zweck der in Aussicht stehenden Beschäftigung verbunden ist (vgl. VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0038).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
3.3. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Rückverweise