IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde des deutschen Staatsangehörigen XXXX , geb. XXXX , vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .2025, Zl. XXXX , betreffend Aufenthaltsverbot, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX .2025, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (BF) reiste erstmals im XXXX 2024, in weiterer Folge am XXXX .2024 und zuletzt Anfang XXXX nach Österreich.
Am XXXX 2024 wurde der BF festgenommen und es wurde gegen ihn die Untersuchungshaft verhängt.
Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX .2025, XXXX , wurde der BF wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften sowie wegen des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 10 Monaten rechtskräftig verurteilt.
Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom XXXX .2024 wurde er aufgefordert, zur beabsichtigten Erlassung eines Aufenthaltsverbots Stellung zu nehmen und wurden dazu konkrete Fragen an den BF zu seinem Privat- und Familienleben gerichtet. Am XXXX .2024 langte eine entsprechende Stellungnahme des BF beim BFA ein.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom XXXX .2025 wurde ein befristetes Aufenthaltsverbot von 9 Jahren gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG erlassen (Spruchpunkt I.), kein Durchsetzungsaufschub gemäß § 70 Abs. 3 FPG erteilt (Spruchpunkt III.) und einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Das Aufenthaltsverbot wurde im Wesentlichen mit seinen strafgerichtlichen Verurteilungen und dem Fehlen familiärer, sozialer und beruflicher Bindungen in Österreich begründet.
Mit Schreiben vom XXXX .2025 brachte die rechtsfreundliche Vertretung eine Beschwerde ein und beantragte eine mündliche Verhandlung durchzuführen, das Aufenthaltsverbot zu beheben in eventu zu reduzieren. Hilfsweise wurde ein Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag gestellt. Begründend wurde zusammengefasst vorgebracht, dass keine Einvernahme des BF stattgefunden habe. Die Freundin des BF lebe in Österreich und er verfüge über eine mündliche Wohnungs- und Arbeitszusage. Seine finanzielle Situation sei dadurch gesichert. Zudem handle es sich um die erste Verurteilung des BF in Österreich. Der BF sei geständig gewesen und zeige Reue. Der BF stelle keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Er wolle künftig ein straffreies Leben führen.
Das BFA legte die Beschwerde samt den Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor, wo sie am XXXX .2025 einlangte.
Mit Teilerkenntnis des BVwG vom XXXX .2025, Zl. XXXX , wurde die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides) als unbegründet abgewiesen.
Am XXXX .2025 fand vor dem BVwG, Außenstelle Graz, eine mündliche Verhandlung statt, an welcher der BF sowie seine Rechtsvertreterin via Videokonferenz teilnahmen. Das BFA verzichtete auf eine Teilnahme.
Feststellungen:
Der BF ist ein am XXXX .1973 geborener deutscher Staatsangehöriger. Er ist ledig und hat keine Kinder. Der BF besuchte in Deutschland die Mittelschule, verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung und arbeitete in Deutschland zuletzt als Hilfsarbeiter in der Baubranche. In Deutschland leben seine Eltern, Bruder, Großmutter und weitere Verwandte. Der BF ist im Besitz eines gültigen deutschen Personalausweises.
Der BF reiste zuletzt Anfang XXXX 2024 in das Bundesgebiet. Er war abgesehen von seinem Aufenthalt in den Justizanstalten nie im Bundesgebiet gemeldet. In Österreich leben keine Familienangehörigen oder Verwandte des BF. Er verfügt über keine finanziellen Mittel und ging in Österreich keiner Beschäftigung nach.
Am XXXX .2024 wurde der BF festgenommen und es wurde gegen ihn die Untersuchungshaft verhängt.
Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX , XXXX , wurde der BF wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß § 27 Abs 1 Z 1 achter Fall SMG sowie wegen des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel § 28 Abs erster und zweiter Fall und Abs 4 erster Fall SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zehn Monaten rechtskräftig verurteilt.
Der Verurteilung liegt zugrunde, dass er in XXXX vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Amphetamin mit einem durchschnittlichen Reinsubstanzgehalt von zumindest 14,99 %
I./ am XXXX .2024 einem anderen überlassen, nämlich 8,7 Gramm Amphetamin dem abgesondert verfolgten XXXX indem er ihm dieses übergab;
II./ in einer die Grenzmenge (§ 28 SMG) übersteigenden Menge, und zwar 287,3 Gramm Amphetamin (4,31-fache Grenzmenge), mit dem Vorsatz, dass es in Verkehr gesetzt werde, zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt erworben und bis XXXX .2024 besessen, indem er es von einem unbekannten Verkäufer kaufte und für den Weiterverkauf und die Überlassung an seiner Aufenthaltsadresse verwahrte, wobei er die Tat nach Abs 1 zumindest vorwiegend begangen hat, um sich für seinen persönlichen Gebrauch Suchtmittel bzw. Mittel zu deren Erwerb zu verschaffen.
Bei der Strafbemessung wurden das teilweise reumütige Geständnis, die Sicherstellung des Suchtgiftes als mildernd, hingegen das Zusammentreffen von zwei Vergehen, die einschlägigen Vorstrafen in Deutschland als erschwerend berücksichtigt.
Der BF verbüßte seine Freiheitsstrafe zunächst in der Justizanstalt XXXX und ist seit XXXX 2025 in der Justizanstalt XXXX inhaftiert. Das tatsächliche Strafende ist am XXXX 2025. Der letzte Termin für eine bedingte Entlassung war am XXXX 2025, der BF wurde aber nicht vorzeitig entlassen.
Der BF wurde in Deutschland neun Mal überwiegend wegen Delikten gegen fremdes Vermögen und gegen die körperliche Unversehrtheit rechtskräftig verurteilt.
Der BF wurde unter anderem mit Urteil des Amtsgerichts XXXX vom XXXX 2012, rechtskräftig seit XXXX 2014, AZ XXXX , wegen versuchten Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit vorsätzlicher Körperverletzung in zwei tatmehrheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit gefährlicher Körperverletzung in drei tateinheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Die Freiheitsstrafe wurde bis XXXX .2016 vollzogen.
Mit weiterem Urteil des Amtsgerichts XXXX vom XXXX .2018, rechtskräftig seit XXXX .2018, AZ XXXX , wurde eine Gesamtstrafe wegen Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht in zwei Fällen in Tatmehrheit mit gefährlicher Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen sowie wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen, der versuchten gefährlichen Körperverletzung, des versuchten Diebstahls mit Waffen und der versuchten Körperverletzung in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Beleidigung in zwei tateinheitlichen Fällen eine Gesamtstrafe in der Dauer von zwei Jahren und drei Monaten gebildet, welche bis XXXX .2023 vollzogen wurde.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und maßgebliche Sachverhalt ergeben sich ohne entscheidungswesentliche Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des Gerichtsakts des BVwG, insbesondere aus dem Strafurteil, den Angaben des BF in der Stellungnahme, in der Beschwerde, in der mündlichen Verhandlung sowie aus dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Strafregister und dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR).
Die Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit des BF ergeben sich aus dem unstrittigen Akteninhalt und der im Gerichtsakt erliegenden Kopie des deutschen Personalausweises.
Die Feststellungen zu seinen persönlichen und familiären Verhältnissen in Deutschland und Österreich beruhen auf seinen Angaben in der Stellungnahme, der Beschwerde und im Rahmen der mündlichen Verhandlung.
Die Feststellungen zu seiner Einreise in das Bundesgebiet, seinem Aufenthalt hier und seinen finanziellen Mitteln sowie fehlenden Beschäftigung ergeben sich aus den Angaben des BF in seiner Stellungnahme und im Rahmen der mündlichen Verhandlung.
Die Wohnsitzmeldungen ergeben sich aus dem Zentralen Melderegister.
Es sind keine Anhaltspunkte für eine Integration des BF in Österreich zutage getreten, die über die Feststellungen hinausgeht, sodass dazu keine weiteren Feststellungen getroffen werden.
Die Feststellungen zu den vom BF in Österreich begangenen Straftaten, zu seinen Verurteilungen in Österreich und Deutschland und zu den Strafbemessungsgründen basieren auf dem Strafregister und dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX . Seine Festnahme, die Anhaltung in den Justizanstalten sowie das tatsächliche Strafende und der letzte Termin für eine bedingte Entlassung gehen aus der aktenkundigen Vollzugsinformation hervor. Die Verhängung der Untersuchungshaft beruht auf der Verständigung der belangten Behörde durch das Landesgericht für Strafsachen XXXX .
Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
Zu dem in der Beschwerde behaupteten Verfahrensmangel ist festzuhalten, dass allein der Umstand, dass das BFA den BF nicht persönlich einvernommen hat, das Parteiengehör nicht verletzt, wenn dem Recht auf Parteiengehör auf andere geeignete Weise entsprochen wird. Hier hatte der BF vor der Bescheiderlassung ausreichend Gelegenheit, im Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme Stellung zu nehmen.
Aufgrund der ihm im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gebotenen Möglichkeit, sich zum Inhalt des angefochtenen Bescheides zu äußern, ist jedenfalls von der Sanierung einer allfälligen Verletzung des Parteiengehörs auszugehen, zumal der angefochtene Bescheid die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vollständig wiedergibt und in der Beschwerde kein weiteres Tatsachenvorbringen erstattet wurde (siehe VwGH 10.09.2015, Ra 2015/09/0056).
Zudem wurde eine mündliche Verhandlung durchgeführt.
Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
Der BF ist als Staatsangehöriger von Deutschland EWR-Bürger iSd § 2 Abs 4 Z 8 FPG.
Gemäß § 67 Abs 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den BF als unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger iSd § 2 Abs 4 Z 8 FPG zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ist. Das Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können diese Maßnahmen nicht ohne weiteres begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen einen EWR-Bürger, der den Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatte, ist zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde.
Gemäß § 67 Abs 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Bei einer besonders schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit (so etwa bei einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren), kann das Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs 3 FPG auch unbefristet erlassen werden.
§ 67 Abs 1 zweiter Satz FPG ("tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt") enthält einen höheren Gefährdungsmaßstab als § 53 Abs 3 FPG ("schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit").
Da sich der BF weder seit zehn Jahren im Bundesgebiet aufhält noch das unionsrechtliche Recht auf Daueraufenthalt erworben hat (das idR einen fünfjährigen rechtmäßigen und kontinuierlichen Aufenthalt voraussetzt, siehe § 53a NAG), ist der Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs 1 zweiter bis vierter Satz FPG („tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt“) anzuwenden.
Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung oder Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (siehe VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0091).
Das persönliche Verhalten des BF stellt eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr dar, die das Grundinteresse der Gesellschaft an Ruhe und Ordnung und an der Verhinderung strafbarer Handlungen gegen die körperliche Unversehrtheit berührt. Obwohl der BF aufgrund der massiven Vorstrafenbelastung in Deutschland neben unbedingten Freiheitsstrafen auch mehrjährige Haftübel verspürt hat, konnte ihn dies nicht davon abhalten, kurz nach seiner Einreise in Österreich nur ein Jahr nach seiner Haftentlassung wieder straffällig zu werden.
Der VwGH hat in Bezug auf Suchtgiftdelinquenz bereits wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (VwGH 28.11.2019, Ra 2019/19/0359, mwN).
Die wiederholten strafrechtlichen Verurteilungen, überwiegend wegen Vermögensdelikten und Delikten gegen die körperliche Unversehrtheit, der rasche Rückfall und die Wirkungslosigkeit der bisherigen Sanktionen führen dazu, dass für ihn keine positive Zukunftsprognose erstellt werden kann. Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde ist aufgrund seines bisherigen Verhaltens vielmehr von einer erheblichen Wiederholungsgefahr auszugehen.
Es kann somit noch nicht von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der durch die strafgerichtliche Verurteilung des BF indizierten Gefährlichkeit ausgegangen werden. Ein Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (siehe VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/9233). Dabei ist der Beobachtungszeitraum umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit in der Vergangenheit manifestiert hat.
Da sich der mehrfach vorbestrafte BF nunmehr in Österreich in Strafhaft befindet, kommt ein solcher Beobachtungszeitraum im vorliegenden Fall nicht in Betracht. Daher ist noch nicht von einer Minderung oder gar einem Wegfall der durch seine strafgerichtlichen Verurteilungen indizierten Gefährlichkeit auszugehen. Das errechnete Strafende seiner Strafhaft ist am XXXX .2025.
Bei der Festsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 67 Abs 4 FPG auf alle für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen, insbesondere auch auf die privaten und familiären Verhältnisse (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0075).
Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art 8 Abs 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Gemäß § 9 BFA-VG ist (ua) die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 FPG, durch das in das Privat- und Familienleben eines Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.
Der mit dem Aufenthaltsverbot verbundene Eingriff in das Privat- und Familienleben des BF ist verhältnismäßig. Er ist ein gesunder, junger, alleinstehender Mann ohne relevante familiäre oder berufliche Kontakte oder anderweitige Bindungen in Österreich.
Allfällige Sozialkontakte des BF zur in Österreich lebenden Freunden sowie zu seiner Freundin können auch durch Besuche in Deutschland oder in anderen Staaten und durch grenzüberschreitende Kommunikationsmittel (z.B. Telefon, Internet, E-Mail) aufrechterhalten werden.
Aufgrund des überaus belasteten Vorlebens des BF, der Wirkungslosigkeit der bisherigen Sanktionen und der Tathandlungen in Österreich, ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots und dessen Befristung mit neun Jahren nicht zu beanstanden, zumal neben den Milderungsgründen mehrere gewichtige Erschwerungsgründe vorlagen und eine unbedingte Haftstrafe verhängt werden musste. Da die strafgerichtlichen Verurteilungen des BF bisher nicht zu einem Gesinnungswandel hin zu einem rechtstreuen Verhalten geführt haben, ist eine Reduktion der Dauer des Aufenthaltsverbots ausgeschlossen. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids ist daher als unbegründet abzuweisen.
Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 70 Abs 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbots von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.
Gegenständlich ist die sofortige Ausreise des BF nach seiner Haftentlassung im Interesse der öffentlichen Ordnung erforderlich. Angesichts der Suchtgiftdelinquenz und der zahlreichen einschlägigen Vorstrafen ist auch die Versagung eines Durchsetzungsaufschubs gemäß § 70 Abs 3 FPG nicht zu beanstanden.
Zu Spruchteil B):
Die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose, die Interessenabwägung gemäß § 9 BFA-VG und die Bemessung der Dauer eines Aufenthaltsverbots sind im Allgemeinen nicht revisibel (siehe VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/3284; 01.03.2018, Ra 2011/19/0014 und 10.07.2019, Ra 2019/19/3186). Die Revision ist nicht zuzulassen, weil sich das BVwG im vorliegenden Einzelfall an der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüberhinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 1 B-VG zu lösen war.
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