IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Siegfried GRUBER, gegen den Bescheid des Militärkommando NIEDERÖSTERREICH vom 10.12.2024, GZ P1869566/2-MilKdo NÖ/Kdo/ErgAbt/2024(5) in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 20.01.2025, GZ P1869566/2-MilKdo NÖ/Kdo/ErgAbt/2024(7), betreffend Abweisung der beantragten Befreiung vom Grundwehrdienst, zu Recht erkannt:
A)Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 und Abs 2 VwGVG iVm § 26 Abs 1 Z 2 WG 2001 insoweit teilweise stattgegeben, dass XXXX bis 31.12.2028 von der Ableistung des Grundwehrdienstes befreit wird. Das darüber hinausgehende Begehren auf vollständige Befreiung wird abgewiesen.
B)Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die Tauglichkeit und Wehrpflicht des Beschwerdeführers (im Folgenden: BF) wurde erstmals am 16.06.2023 festgestellt. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der BF noch in einer Lehre als KFZ- und Landmaschinentechniker, die er am 03.08.2024 erfolgreich abgeschlossen hat.
2. Mit dem 1. Einberufungsbefehl (EB) des Militärkommando NIEDERÖSTERREICH (im Folgenden: MilKdo oder belangte Behörde) vom 25.07.2024, wurde der am XXXX .2005 geborene BF nach Abschluss seiner Lehre zur Leistung des sechsmonatigen Grundwehrdienstes mit Beginn 07.01.2025 in die Kaserne MELK (rund 45 Minuten Fahrzeit von seiner Heimatadresse) einberufen.
3. Mit Antrag vom 03.09.2024 beantragte der BF eine Befreiung vom Grundwehrdienst aus besonders berücksichtigungswürdigen wirtschaftlichen und familiären Interessen. Als Begründung führte er mit näheren Ausführungen an, dass er mit 09.02.2024 den renovierungsbedürftigen und mit Schulden von € 85.000,-- belasteten landwirtschaftlichen Betrieb seines Onkels (dem Bruder seiner Mutter), auf dem er seit seinem 10. Lebensjahr mitgearbeitet habe, übergeben bekommen habe, nachdem kein anderer geeigneter Nachkomme dazu bereit gewesen wäre. Der Übergeber habe an Alkoholabusus gelitten, habe kein Vieh mehr halten und seine grundbücherlich besicherten Kredite nicht mehr bedienen können, weshalb ein schnelles Handeln erforderlich gewesen wäre. Er habe die Bank überzeugen können eine Umschuldung und einen Abstattungskredit von € 120.000,-- erhalten sowie einen Betriebsmittelkredit von € 20.000,--. Damit habe er die ersten 14 Mastrinder (Stiere und Ochsen) kaufen können und sei geplant bis Jänner auf 45 Mastrinder aufzustocken, sodass der Betrieb ab 01.06.2025 in der Lage sei, die 180 monatlichen Pauschalraten in Höhe von € 997,29 zu bedienen.
Wenn er den Grundwehrdienst leisten müsse, würde das das wirtschaftliche Aus bedeuten, weil er nur mit seinem Nettoverdienst von € 2.023,23 und den Einnahmen aus dem Mastbetrieb in der Lage sei, dass übernommene Bauernhaus seiner Großeltern wo er und seine Mutter teilweise gelegt hätten, im Familienbesitz zu halten und die dringend notwendigen baulichen Maßnahmen durchzuführen, damit sein Onkel künftig eine zeitgemäße hygienische Ausstattung in seinen Ausnahmeräumlichkeiten habe.
4. Mit dem beschwerdegegenständlichen Bescheid, wies die belangte Behörde nach einem ausführlichen Ermittlungsverfahren sowie der Einräumung von Parteiengehör zu den Beweisergebnissen, den Antrag des BF gemäß § 26 Abs 1 Z 2 iVm § 19 Abs 1 Wehrgesetz 2001 (WG 2001) ab. Begründend wurde – nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der unbestrittenen gebliebenen Ermittlungsergebnisse – im Wesentlichen angeführt, dass im vorliegenden Fall wirtschaftliche Interessen vorliegen würden, diese aber nicht besonders rücksichtswürdig seien. Der BF habe die bei einer Einberufung vorhersehbaren Schwierigkeiten durch die Übernahme des Hofes seines Onkels erst geschaffen und seine wirtschaftlichen Angelegenheiten nicht mit seiner vorhersehbaren Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes harmonisiert.
Besonders rücksichtwürdige familiäre Interessen lägen ebenso nicht vor, weil der BF nicht geltend gemacht habe, dass eine Pflegebedürftigkeit oder Gesundheitsgefährdung von Familienmitgliedern vorliege, dazu werde auf die Rsp des VwGH verwiesen (30.06.1987, 87/11/0093; 04.12.1987, 87/11/0094).
5. Mit Schriftsatz vom 19.12.2024 brachte der rechtsfreundlich vertretene BF Beschwerde gegen den ihm am 11.12.2024 zugestellten Bescheid ein.
6. Die belangte Behörde änderte daraufhin mit Bescheid vom 02.01.2025 den Einrückungstermin auf den 01.04.2025 ab (2. EB) und erließ am 20.01.2025 eine Beschwerdevorentscheidung (BVE) mit der sie die Beschwerde abwies.
7. Der dagegen vom BF am 22.01.2025 eingebrachte Vorlageantrag wurde von der belangten Behörde samt Beschwerde und dem elektronischen Verfahrensakt dem BVwG zur Entscheidung vorgelegt und langte am 27.01.2025 ein. Auf Grund einer längeren gesundheitlich bedingten Abwesenheit, ersuchte der zuständige Richter die belangte Behörde, um nochmalige Abänderung des Einberufungstermins, da eine Verhandlung erforderlich wurde, welche erst am 12.05.2025 stattfinden konnte. Die Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung, wäre in diesem Fall ins Leere gelaufen, da der 2. EB rechtskräftig geworden ist.
8. Die belangte Behörde kam diesem Ersuchen nach und wurde der Einberufungstermin mit Bescheid vom 30.01.2025 (3. EB) auf den 06.10.2025 (BIRAGO Kaserne MELK) abgeändert.
9. Am 12.05.2025 wurde die Verhandlung durchgeführt, bei der der BF in Anwesenheit seines Rechtsvertreters, sein Onkel der ihm dem Hof übergeben hat und seine Mutter einvernommen wurden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der am XXXX .2005 unehelich geborene BF (sein Vater lebt in DEUTSCHLAND) wohnt im Haus seiner am XXXX .1967 geborenen ledigen Mutter, XXXX (M), die als Reinigungskraft Vollzeit im Krankenhaus in XXXX arbeitet und dafür täglich um 05:30 das Haus verlässt. Das Haus steht in XXXX und ist im Eigentum der Mutter, die es vor sieben Jahren mit einem Kredit von einem Verwandten gekauft hat. Der Kredit läuft noch 20 Jahre. Davor hat sie, gemeinsam mit dem BF, am elterlichen Hof in XXXX (im Folgenden: kurz K oder Hof) gewohnt der von seinem Onkel XXXX ([F] dem Bruder der M) bewirtschaftet wurde. Dort hat die M bis ins Jahr 2016 noch ihre Mutter bis zum Tod gepflegt. Die M hat keine Ausbildung in der Landwirtschaft und leidet unter Schulter- und Wirbelsäulenproblemen.
Der BF ist ledig und hat keine Freundin. Er hat nach seiner Pflichtschule am 03.08.2024 seine Lehre als KFZ- und Landmaschinentechniker bei der Firma XXXX KFZ LANDMASCHINENWERKSTÄTTE in XXXX , abgeschlossen und zunächst dort Vollzeit gearbeitet. Dort hat er rund € 2.000,-- (netto) im Monat verdient. Seit Februar 2025 arbeitet er dort nur mehr 27 Stunden/Woche und verdient € 1.737,58 (netto). Die Reduktion der Arbeitsstunden wurde erforderlich, da der erhöhte Viehbestand auf dem Hof, den er mit Übergabevertrag vom 09.02.2024 rückwirkend mit 01.02.2024 von seinem Onkel F übernommen hat, mehr Arbeitszeit erforderte.
Der F der am XXXX 1963 geboren und ledig ist, hat bis zur Übergabe den renovierungsbedürftigen und herabgewirtschafteten landwirtschaftlichen Betrieb Hof alleine bewirtschaftet. Auf Grund von gesundheitlichen Problemen (ua COPD), auch ausgelöst durch Alkoholmissbrauch und starkes Rauchen, konnte er diesen im letzten Jahr vor der Übergabe nicht mehr bewirtschaften und hat sein gesamtes Vieh verkauft. Was dazu führte, dass er in der Folge die Kreditraten für einen Kredit iHv € 85.000,-- und diverse andere Geldforderungen, wegen den auch schon Exekutionen erfolgten (Sozialversicherungsbeiträge, Rauchfangkehrer, ORF-Beiträge …), nicht mehr begleichen konnte. Es drohte die Versteigerung von zumindest Teilen des landwirtschaftlichen Betriebes.
Im Übergabevertrag ist neben der Übernahme der Schulden ein Ausgedinge für den F vereinbart, wonach dem F ua ein Wohnungsgebrauchsrecht für zwei näher bezeichnete Räume und diverse Mitbenützungsrechte eingeräumt werden sowie die Erhaltung und die Betriebskosten dem BF auferlegt werden.
Der vom BF übernommene landwirtschaftlichen Betrieb umfasst ein Ausmaß von 11,6940 ha im Alleineigentum, 3,5182 ha im Vierteleigentum (davon ca. 10,2363 ha Grünland und 4,9759 ha Wald) und rund 5 ha Pachtflächen (Grünland), wobei ab 2025 noch weitere 2 ha Grünland zugepachtet wurden. Der landwirtschaftliche Betrieb liegt in der Erschwerniszone 0. Die für die Führung des landwirtschaftlichen Betriebes erforderlichen Maschinen und Geräte sind vorhanden. Der Viehbestand umfasst 45 Stück Mastrinder und 6 Stück Geflügel.
Eine vorübergehende Einschränkung der Tierhaltung würde zu finanziellem Ertragsausfall führen, da die Einnahmen aus dem Schlachtviehverkauf neben den Einnahmen aus dem Wald die einzigen Produktionseinnahmen sind und die Verwertung der Grünfutterproduktion ausschließlich über die Rindermast erfolgt.
Eine Reduktion bzw vorübergehende Aufgabe der Tierhaltung würde im Umweltprogramm zum Verlust der Prämien für die Tierwohl-Weidehaltung sowie zur Reduktion der Bioprämien und der Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete führen. Die aktuellen Förderprogramme laufen noch 3 Jahre (bis 2028). Bei 17 Rindern (Stand November 2024) wurde ein Gesamtdeckungsbeitrag inklusive öffentlicher Gelder in der Höhe von ca. € 10.000,-- erwirtschaftet, der sich aber durch die seitdem erfolgte Aufstockung der Anzahl der Tiere erhöhen wird, sobald diese schlachtreif sind.
Der BF hat von seiner Bank am 12.06.2024 einen Abstattungskredit von € 120.000,-- erhalten sowie einen Betriebsmittelkredit von € 20.000,--, den er ab 01.06.2025 in 180 monatlichen Pauschalraten in Höhe von dzt € 997,29 zu bedienen hat. Eine Stundung der vereinbarten Kreditraten ist im Finanzierungskonzept nicht vorgesehen und müsste bei der Bank beantragt werden, wobei nicht feststeht, ob diese von den Gremien genehmigt würde, zu einer Herabsetzung der Bonität und zur Forderung von mehr Sicherheiten führen würde (Schreiben der Bank vom 06.05.2025).
Der BF bewirtschaftet den Hof derzeit alleine, neben seiner oa Tätigkeit in der KFZ- und Landmaschinenwerkstätte. Seine Arbeitsstätte ist nur rund 15 Minuten (ca 12 km) von K entfernt und ist sein Arbeitgeber (der unter Facharbeitermangel leidet) sehr kulant, was kurzfristige bzw unvorhergesehene Abwesenheiten des BF betrifft. Diese können sich aus Problemen (Erkrankungen etc) beim Vieh oder aus Wettergründen ergeben. Unverschiebbare Arbeiten sind die tägliche Stallarbeit mit Fütterung der Rinder, Futterbereitung, Reinigungsarbeiten im Stall, Vieh umsperren.
Weitere Arbeiten sind Futterbau, Wiesenpflege, Düngung, Ernte 4x/Jahr mit Silage/Heubereitung, Stroh und Getreide einlagern (wird zugekauft), Holzarbeiten im Wald und Obstbaumpflege, Wartungs- und Reinigungsarbeiten bei Maschinen, Instandhaltungs- und Reinigungsarbeiten an Gebäuden, allgemeine Verwaltungs-, Büro- und Organisationsarbeiten.
Bei Heu- und Silagearbeiten hilft ihm fallweise sein Nachbar XXXX , der jedoch selber einen Hof zu bewirtschaften hat, kein Vieh hat und nach dem Zivildienst eine Maurerlehre begonnen hat.
Die neben dem F anderen beiden Brüder der Mutter gehen jeweils einer Vollzeitbeschäftigung als Baggerfahrer nach. Die uneheliche Tochter des F, lebt ihn Wien als Krankenschwester, hat kaum Kontakt mit F und wollte auch das der BF den Hof bekommt. Sie alle haben keine Ausbildung in der Landwirtschaft und der F ist körperlich auf Grund seiner Krankheit dermaßen eingeschränkt, dass er nichts mehr helfen kann (er braucht Sauerstoff), sondern selbst Hilfe braucht und kaum mehr hinausgeht. Er ist darauf angewiesen, dass ihn der BF zB beim Heizen unterstützt und die M ihm diverse Arbeiten ihm Haus abnimmt (Einkaufen, Wäsche, Reinigung).
Der Maschinenring Region XXXX , stünde zwar zur Verfügung. Die Kosten für eine Agrarhilfskraft belaufen sich aber auf rund € 35,-- zuzüglich MwSt (13 % oder 20 %) pro Stunde.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Übergabe des Hofes unvorhergesehen und ungeplant bereits am 01.02.2024 erfolgen musste, weil der F zu diesem Zeitpunkt wegen Arbeitsunfähigkeit auf Grund seiner Erkrankungen in den vorzeitigen Ruhestand getreten ist (Pension rund € 1.500,-- netto) und bei einer Nichtübernahme durch den BF der landwirtschaftliche Betrieb, der sich seit mehreren Generationen im Familienbesitz befindet, zumindest zum Teil versteigert hätte werden müssen, um die Schulden des F abzudecken. Die Verkleinerung der Flächen durch Verkauf (Versteigerung) hätte wiederum eine dauerhaft gewinnbringende Bewirtschaftung erschwert.
Die Ableistung des Grundwehrdienstes im Oktober 2025 und die nächsten 3 Jahren würde zu existenzbedrohenden Einkommensverlusten führen, weil der BF seinen Viehbestand wieder auf Null reduzieren müsste und die Förderungen verlieren würde oder für 6 Monate für zumindest 5 Tage die Woche eine Betriebshilfe des Maschinenrings für die Versorgung der Tiere bzw unaufschiebbare Arbeiten zukaufen müsste, da er aus dem Familienkreis keine substantielle Hilfe zu erwarten hat, da seine Mutter selbst Vollzeit als Reinigungsfrau arbeitet und zeitig in der früh aus dem Haus muss. Die Kosten für den Maschinenring wären bei einem Stundenlohn von € 35,-- und nur 4 Stunden pro Tag € 140,-- am Tag bzw € 700,-- pro Woche (bei 5 Tagen wobei abzusehen ist, dass der BF auf Grund von Diensten beim Bundesheer auch manchmal am Wochenende nicht verfügbar sein wird und dann auch der Maschinenring in Anspruch genommen werden muss) bzw € 2.800,-- im Monat bzw für 6 Monate € 16 800,-- ohne MwSt. Dabei ist aber noch kein Mehraufwand eingerechnet, sollte der BF Wochenenddienste beim Bundesheer absolvieren müssen oder längere Übungen, wo er auch am Abend nicht auf den Hof kommt. Dazu kommen die rund € 6.000,-- an Darlehensraten in dieser Zeit. Dem steht seine Entschädigung als Grundwehrdiener gegenüber von rund € 600,--/Monat. Da er den Hof alleine bewirtschaftet und noch bei seiner Mutter wohnt, weil er am Hof auf Grund des desolaten Zustandes nicht wohnen kann, hat er keine nennenswerten Ansprüche nach dem Heeresgebührengesetz HGG.
2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt wird im Wesentlichen durch entsprechende Urkunden im Akt belegt und wurde der bereits von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt in der Verhandlung durch den BF und die Zeugen (den Onkel F und die Mutter) bestätigt und ergänzt. Die Parteien haben diesen zur Kenntnis genommen und wurde er im Wesentlichen nicht bestritten. Der Vertreter der belangten Behörde wies lediglich daraufhin, dass der Kostenvoranschlag für den Maschinenring von rund € 32.000,-- (bzw € 36.000,-- mit MwSt) für 936 Stunden zu hoch angesetzt sei (Blg 13, VHS), weil der BF in der Regel als Grundwehrdiener eine 5-Tage-Woche haben und Dienstfreistellungen bekommen könne. Das BVwG hat demnach eine eigene Berechnung auf Basis von 4 Stunden täglich an 5 Tagen die Woche für 6 Monate angestellt und ist dabei auf deutlich geringere Kosten gekommen (€ 16.800,-- ohne MwSt). Wenngleich ebenso nicht verkannt werden darf, dass der BF auch mit Wochenenddiensten und Übungen zu rechnen hat und es keinen durchsetzbaren Rechtsanspruch auf Dienstfreistellungen zu bestimmten Zeiten gibt.
Es wurde in der Verhandlung Fotos vom Hof, die Kreditverträge und ein Schreiben der Bank vom 06.05.2025 vorgelegt, wo auf die Antragsnotwendigkeit und auf die Entscheidung der Gremien hingewiesen wird, weiters an den F adressierte Zahlungserinnerungen, Schreiben von Inkassobüros, Verständigungen von Besuchen von Gerichtsvollziehern, Rückstandsausweisen der Sozialversicherung etc (Blg 1-11, VHS), aus denen eindeutig hervorgeht, dass der F sich in erheblichen Finanznöten befand bzw sich nicht mehr um die Begleichung seiner Verbindlichkeiten gekümmert hat. Das wurde auch durch die glaubhaften Angaben der Zeugin in der Verhandlung (VHS 11) und des F selbst bestätigt. Der angab alles Vieh verkauft und sich um nichts mehr gekümmert zu haben (VHS 17). Der angeschlagene Gesundheitszustand des F ergibt sich einerseits aus seiner Pensionierung wegen Arbeitsunfähigkeit und aus dem vorgelegten fachärztlichen Befund vom 22.04.2025 (Blg 16, VHS), wo als Diagnose COPD – Gold III – Risikoklasse B, Small Airway Disease – Obstruktion der kleinen und kleinsten Bronchien, Respiratorische Globalinsuffizienz – LTOT Erstverordnung, abgelaufene SARS-Cov2-Erkrankung angeführt ist. Es wurde ihm ua ein strenges Rauchverbot und eine Sauerstofftherapie auferlegt. Der Eindruck den der F in der Verhandlung hinterlassen hat, seine Aussagen und jene seiner Schwester M, lassen keinen Zweifel an seiner Arbeitsunfähigkeit bereits zum Zeitpunkt der Übergabe als auch jetzt und in naher Zukunft aufkommen.
Die Reduktion der Arbeitszeit des BF auf 27 Stunden und die Inkaufnahme eines dadurch geringeren Lohns, ergibt sich aus dem vorgelegten Kontoauszug für den Monat März 2025 (Blg 17, VHS) und der glaubhaften Aussage des BF, dass er die Mehrarbeit durch den höheren Viehbestand sonst nicht mehr geschafft hätte und überlastet war (VHS 8).
Die Feststellung das die Hofübergabe unvorhergesehen und zumindest zu diesem frühen Zeitpunkt ungeplant war, ergibt sich aus den glaubhaften Aussagen sowohl der M, als auch des F und des BF, der erwiesenen Arbeitsunfähigkeit des F, dessen Schulden und den vorgelegten Urkunden aus denen sich die bereits laufenden Einbringungsversuche der Gläubiger ergeben. Ebenso aus den ärztlichen Unterlagen und den Eindruck den der F vor Gericht hinterlassen hat.
Die Feststellung von existenzbedrohten Einkommensverlusten, würde der BF bereits im Oktober 2025 seinen Grundwehrdienst antreten müssen, ergibt sich einerseits aus den Angaben des BF selbst, der angeführt hat die Förderprogramme würden noch drei Jahre laufen (VHS 8), den dargelegten finanziellen Verhältnissen, den Schilderungen auch der Zeugin M und des BF zum Zustand des Hofes und letztlich auch aus der Stellungnahme der Landwirtschaftskammer vom 12.11.2024, die angeführt hat:
„Eine Reduktion bzw vorübergehende Aufgabe der Tierhaltung würde im Umweltprogramm zum Verlust der Prämien für die Tierwohl-Weidehaltung und zur Reduktion der Bioprämien und der Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete führen. […] eine Reduktion des Tierbestandes [wäre] existenzgefährdend das der Kapitaldienst für die aushaftenden Kredite nicht mehr gedeckt werden könnte.“
Der BF führt den Hof erst seit knapp über einem Jahr und hat erst seit dem Juni 2024 Mittel der Bank für notwendige Investitionen. Es ist nachvollziehbar, dass der BF noch keine ausreichenden Rücklagen für die vorhersehbaren Ausgaben für den Maschinenring tätigen konnte und ist der Kreditrahmen für betriebliche Investitionen zweckgebunden, wie sich aus dem Kreditvertrag ergibt. Dass er diese Ausgaben und den Kapitaldienst nicht mit seinem Monatseinkommen beim ÖBH von € 600,-- (welches gerichtsnotorisch ist und sich auch auf den Informationsseiten des Bundesheeres im Internet findet) decken kann, liegt auf der Hand.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zulässigkeit und Verfahren
Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde vier Wochen. Diese Frist und auch jene für den Vorlageantrag wurde eingehalten und liegen auch sonst keine Gründe für eine Unzulässigkeit der Beschwerde vor.
Da das hier anzuwendende Wehrgesetz 2001 (WG 2001) keine Senatszuständigkeit vorsieht, ist im vorliegenden Fall eine Einzelrichterzuständigkeit gegeben (vgl § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG).
Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG haben die Verwaltungsgerichte die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs 2 hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden nach Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
3.2. Gesetzliche Grundlagen
Die fallbezogen maßgeblichen Bestimmungen des Wehrgesetzes 2001 (WG 2001) lauten (Auszug, Hervorhebungen durch BVwG):
§ 10. (1) Alle österreichischen Staatsbürger männlichen Geschlechtes, die das 17. Lebensjahr vollendet und das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind wehrpflichtig. […]
§ 19. (1) Der Präsenzdienst ist zu leisten als
1. Grundwehrdienst […]
Grundwehrdienst
§ 20. Zur Leistung des Grundwehrdienstes sind alle Wehrpflichtigen verpflichtet. Der Zeitpunkt, an dem dieser Präsenzdienst erstmalig anzutreten ist, hat vor Vollendung des 35. Lebensjahres des Wehrpflichtigen zu liegen. Die Wehrpflichtigen sind, sofern militärische Rücksichten nicht entgegenstehen, nach Möglichkeit zum Grundwehrdienst innerhalb von sechs Monaten nach ihrer jeweiligen Heranziehbarkeit zu diesem Präsenzdienst einzuberufen. Der Grundwehrdienst dauert sechs Monate. Die Dauer von Wehrdienstleistungen in einem Dienstverhältnis nach § 1 Abs. 3 Z 2 und einem Auslandseinsatzpräsenzdienst nach § 19 Abs. 1 Z 8 sind auf die Dauer des Grundwehrdienstes anzurechnen.
Einberufung zum Präsenzdienst
§ 24. (1) Wehrpflichtige sind zum Präsenzdienst nach den jeweiligen militärischen Interessen mit Einberufungsbefehl einzuberufen. Der Einberufungsbefehl ist zu erlassen
1. spätestens vier Wochen vor dem Einberufungstermin zum Grundwehrdienst und
2. spätestens acht Wochen vor dem Einberufungstermin zu
a) Milizübungen und
b) freiwilligen Waffenübungen und Funktionsdiensten.
Der Einberufungsbefehl zum Grundwehrdienst darf nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach erstmaliger Feststellung der Tauglichkeit des Wehrpflichtigen zum Wehrdienst erlassen werden. Die Fristen nach Z 1 und 2 dürfen nach Maßgabe militärischer Erfordernisse, im Falle der Z 2 insbesondere zum Üben der Herstellung der Einsatzbereitschaft von Verbänden im Wege von Waffenübungen, verkürzt werden. Sämtliche Fristen dürfen auch mit schriftlicher Zustimmung des Wehrpflichtigen verkürzt werden. […]
Befreiung und Aufschub
§ 26. (1) Taugliche Wehrpflichtige sind, soweit zwingende militärische Erfordernisse nicht entgegenstehen, von der Verpflichtung zur Leistung eines Präsenzdienstes zu befreien
1. von Amts wegen, wenn und solange es militärische Rücksichten oder sonstige öffentliche Interessen erfordern, und
2. auf ihren Antrag, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.
Als sonstige öffentliche Interessen gelten insbesondere gesamtwirtschaftliche oder familienpolitische Interessen sowie die Tätigkeiten von Fachkräften der Entwicklungshilfe nach § 15 des Entwicklungshelfergesetzes. Als familiäre Interessen gelten auch solche aus einer eingetragenen Partnerschaft. Eine Befreiung ist auch zulässig, wenn eine Voraussetzung nach Z 1 oder 2 während eines Präsenzdienstes eintritt. Befreiungen nach Z 1 hat der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport zu verfügen.
(2) Anträge auf Befreiung nach Abs. 1 Z 2 dürfen beim Militärkommando eingebracht werden und darüber hinaus
1. hinsichtlich des Grundwehrdienstes auch im Stellungsverfahren bei der Stellungskommission und
2. während einer Präsenzdienstleistung auch bei jener militärischen Dienststelle, der der Wehrpflichtige zur Dienstleistung zugeteilt ist.
Bescheide nach Abs. 1 Z 1 sind, sofern es sich um eine Befreiung wegen einer beruflichen Tätigkeit handelt, dem Auftraggeber für diese berufliche Tätigkeit, insbesondere dem Arbeitgeber des Wehrpflichtigen, zur Kenntnis zu bringen.
(3) […]
(4) Mit Erlassung eines Bescheides, durch den einem Wehrpflichtigen eine Befreiung oder ein Aufschub gewährt wurde, wird eine bereits rechtswirksam verfügte Einberufung für den Zeitraum dieser Befreiung oder dieses Aufschubes für ihn unwirksam.
3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes
Der Gegenstand der Beschwerde ist, dass der BF vermeint auf Grund dessen, dass er seit 01.02.2024 Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes (Rinderzuchtbetrieb) ist, den er von seinem nach wie vor dort lebenden aber arbeitsunfähigen Onkel mangels Alternativen übernehmen habe müssen, dauernd vom Grundwehrdienst aus wirtschaftlichen Interessen (Existenzbedrohung) aber auch aus familiären Interessen (halten des Hofes im Familienbesitz) nach § 26 Abs 1 Z 2 WG 2001 zu befreien wäre. In der Verhandlung hat der BF implizit seinen Antrag dahingehend präzisiert, dass er dauerhaft befreit werden will (VHS 8).
Die belangte Behörde vertritt im Wesentlichen in ihrer rechtlichen Beurteilung die Ansicht, dass weder besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche noch familiäre Interessen vorliegen würden, die die beantragte Befreiung rechtfertigen würden und dies mit einem Verstoß des BF gegen die Harmonisierungspflicht begründet sowie dass der Familienangehörige F nicht selbst die Hilfe des BF benötige.
Der VwGH – als Höchstgericht – hat dazu in ähnlich gelagerten Fällen ua folgende Aussagen getroffen:
Auch wenn der Wehrpflichtige im vorliegenden Fall im Zeitpunkt seiner hier maßgebenden wirtschaftlichen Dispositionen (Pachtvertrag) noch nicht zum Grundwehrdienst einberufen war, so musste er doch aufgrund der Feststellung seiner Tauglichkeit mit der Einberufung zur Leistung des Grundwehrdienstes rechnen. Indem er dennoch den landwirtschaftlichen Betrieb gepachtet hat, hat er damit die Schwierigkeiten, die für seinen landwirtschaftlichen Betrieb durch die Leistung seines Grundwehrdienstes verbunden sind, selbst geschaffen (Hinweis E vom 29. September 2005, 2003/11/0026). Der Wehrpflichtige hätte somit wegen der (aufgrund der Tauglichkeitsfeststellung) zu erwartenden Einberufung zum Grundwehrdienst seine wirtschaftlichen Angelegenheiten so einrichten müssen, dass er der Einberufung ohne voraussehbare Schwierigkeiten nachkommen kann. Ließe sich somit die Führung des gepachteten Betriebes mit der Leistung des Grundwehrdienstes nicht vereinbaren, so hätte der Wehrpflichtige das Pachtverhältnis nicht eingehen dürfen, selbst wenn es sich dabei um eine besondere (wirtschaftliche) Gelegenheit gehandelt haben sollte (VwGH 27.01.2014, 2013/11/0246).
Der Wehrpflichtige ist gehalten, seine wirtschaftlichen Dispositionen so zu treffen, dass für den Fall seiner Einberufung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes voraussehbare Schwierigkeiten vermieden und nicht durch die Aufnahme einer wirtschaftlichen Tätigkeit solche Schwierigkeiten erst geschaffen werden. Unterlässt es ein Wehrpflichtiger, seine wirtschaftlichen Angelegenheiten mit der Wehrpflicht zu harmonisieren, so können die daraus abgeleiteten wirtschaftlichen Interessen nicht als besonders rücksichtswürdig im Sinn der Bestimmungen des Wehrgesetzes angesehen werden (Hinweis E 29. September 2005, 2003/11/0026).
Die Auffassung, wirtschaftliche Interessen des Wehrpflichtigen seien immer dann besonders rücksichtswürdig, wenn durch die Leistung des Präsenzdienstes die wirtschaftlichen Interessen so schwer getroffen würden, dass mit dem Verlust der wirtschaftlichen Existenz gerechnet werden müsse, ist nicht zielführend, weil dabei außer Acht gelassen wird, dass der Wehrpflichtige derart durch entsprechende Dispositionen die Erfüllung seiner Präsenzdienstpflicht vereiteln könnte. Die wirtschaftlichen Interessen können somit auch dann nicht als besonders rücksichtswürdig im Sinne der Bestimmungen des WehrG 2001 anerkannt werden, wenn auf Grund der Verletzung der Verpflichtung, die Dispositionen in wirtschaftlicher Hinsicht so zu treffen, dass für den Fall der Einberufung zur Leistung des Grundwehrdienstes voraussehbare Schwierigkeiten vermieden werden, durch die Leistung des Präsenzdienstes eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz eintreten könnte (Hinweis E 1. Oktober 1996, 95/11/0400; E 24. April 2001, 2000/11/0082). In einem solchen Fall hätte der Wehrpflichtige die Gefährdung seiner Existenz nämlich selbst herbeigeführt. (VwGH 18.11.2008, 2008/11/0096).
Eine vor Ableistung des Grundwehrdienstes erfolgte teilweise Übernahme des elterlichen Betriebes durch den Wehrpflichtigen, stellt eine Verletzung der Harmonisierungspflicht dar, wenn trotz einer 70prozentigen Minderung der Erwerbsfähigkeit des Vaters die Möglichkeit gegeben war, den Betrieb wie bisher auf Rechnung und Gefahr beider Elternteile des Wehrpflichtigen unter dessen Mithilfe weiterzuführen (Hinweis E 19.2.1991, 90/11/0120). Eine Einschränkung der Tierhaltung in einem Landwirtschaftsbetrieb nur soweit, dass bestehende Geschäftsbeziehungen nicht zur Gänze abgebrochen werden müssen, stellt keinen wirtschaftlichen Nachteil dar, der die wirtschaftliche Existenz bedroht, und ist daher in Kauf zu nehmen. Durch den Abschluss des Übergabsvertrages mit seinen Eltern hat der Wehrpflichtige seine Verpflichtung zur Harmonisierung seiner privaten wirtschaftlichen Angelegenheiten mit seiner öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes verletzt, sodass seine daraus resultierenden wirtschaftlichen Interessen nicht als besonders rücksichtswürdig anzusehen sind. In einem derartigen Fall ist die Frage zu stellen, ob bei Unterbleiben der Betriebsübernahme der Wehrpflichtige wegen des Vorliegens besonders rücksichtswürdiger familiärer Interessen zu befreien gewesen wäre (Hinweis E 19.2.1991, 90/11/0120; E 2.7.1991, 90/11/0236; VwGH 10.12.1991, 90/11/0223).
Besonders rücksichtswürdige familiäre Interessen iSd § 36a Abs 1 Z 2 WehrG 1990 [Anmerkung BVwG: entspricht § 26 Abs 1 Z 2 WG 2001] liegen nur dann vor, wenn ein Familienangehöriger des Wehrpflichtigen in seinen eigenen Belangen der Unterstützung durch den Wehrpflichtigen bedarf, die ihm dieser aber wegen der Ableistung des ordentlichen Präsenzdienstes nicht gewähren könnte, und wenn mangels Unterstützung des Angehörigen durch den Wehrpflichtigen eine Gefährdung der Gesundheit oder sonstiger lebenswichtiger Interessen des Angehörigen zu befürchten ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. November 2000, Zl. 2000/11/0064, und vom 21. September 1990, Zl. 90/11/0044, VwSlg 13261 A/1990, m. w. N.; VwGH 27.03.2008, 2007/11/0202).
Die besondere Rücksichtswürdigkeit familiärer Interessen ist dann anzunehmen, wenn durch die fehlende Unterstützung der Angehörigen (hier: Eltern bzw. Geschwister) eine Gefährdung ihrer Gesundheit oder sonstiger lebenswichtiger Interessen, wie zB der Verlust der Existenzgrundlage, zu befürchten ist. Zur Unterstützung der Angehörigen ist in diesem Zusammenhang aber nicht nur der Wehrpflichtige, sondern die ganze Familie berufen. Jene Familienangehörigen, deren Unterstützungsbedürftigkeit der Wehrpflichtige geltend macht, haben überdies ihre wirtschaftlichen Angelegenheiten unter Bedachtnahme auf die Präsenzdienstpflicht des wehrpflichtigen Angehörigen einzurichten (Hinweis E 23. 1. 2001, 2000/11/0206; E 26. 2. 2002, 2000/11/0269; E 4. 6. 1991, 90/11/0231; E 1. 12. 1992, 92/11/0113; E 10. 11. 1998, 97/11/0377; VwGH 13.12.2005, 2005/11/0167).
Die belangte Behörde ist – wie bereits erwähnt – vor dem Hintergrund der zitierten Judikatur des VwGH der Ansicht, dass der BF seine Harmonisierungspflicht verletzt habe, weil er trotz der von ihm nach Abschluss seiner Lehre vorhersehbaren Grundwehrdienstes den Hof des Onkels übernommen habe. Deswegen sei eine besondere Rücksichtwürdigkeit der vorliegenden wirtschaftlichen Interessen (die sie anerkennt) ausgeschlossen.
Die belangte Behörde verkennt dabei, dass die Übernahme des Hofes vor Absolvierung des Grundwehrdienstes alternativlos war, weil der erst 62 Jahre alte Onkel gesundheitlich derart beeinträchtigt war, dass die Existenz des im Familienbesitz befindlichen Hofes durch Exekutionen akut bedroht war. Eine Verletzung der Harmonisierungspflicht liegt unter diesen Umständen nicht vor.
Die Übernahme der Kredite des kranken Onkels, die Bezahlung seiner aushaftenden Sozialversicherungsbeiträge (wie die M glaubhaft angab) und weiteren Verbindlichkeiten war notwendig, damit eine Versteigerung abgewendet werden konnte sowie der F wegen Arbeitsunfähigkeit in den Ruhestand gehen konnte und am Hof zumindest ein Ausgedinge hat. Diese Ereignisse waren für den BF nicht vorhersehbar und planbar, ein Verstoß gegen die Harmonisierungspflicht kann ihm daher nicht vorgeworfen werden.
Dass der BF, als Neffe der seit seinem 10. Lebensjahr am Hof mitgearbeitet hat, nicht nur ein wirtschaftliches Interesse an der Übernahme hatte, sondern auch ein familiäres Interesse (der BF ist ohne Vater aufgewachsen und der Onkel hatte nur eine Tochter die sich nicht für die Landwirtschaft interessiert hat und mit 8 Jahren mit ihrer Mutter den Hof verlassen hat, während sich die Mutter des BF um die gemeinsame pflegbedürftige Mutter gekümmert hat und auch um den alleinstehenden Onkel) ist entgegen der Ansicht der belangten Behörde nachvollziehbar und auch besonders rücksichtswürdig. Der BF hat sich im Übergabevertrag auch zum Ausgedinge des BF verpflichtet und unterstützt diesen gemeinsam mit seiner Mutter (obwohl beide auf Grund des desolaten Zustandes nicht am Hof wohnen) bei Alltagsarbeiten und insb beim Heizen mit Holz.
Diese gem § 26 Abs 1 Z 1 WG vorliegenden besonders rücksichtswürdigen wirtschaftlichen und familiären Interessen rechtfertigen jedoch – vor dem Hintergrund, dass der BF gem § 20 bis zur Vollendung seines 35. Lebensjahr erstmals zum Grundwehrdienst eingezogen werden kann und jetzt erst 20 Jahre alt ist – dzt keine dauerhafte Befreiung, da sich die Rahmenbedingungen noch ändern können und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ändern werden.
Es ist dem BF eine zunächst auf drei Jahre (solange laufen die aktuellen Fördervereinbarungen noch) befristete Befreiung vom Grundwehrdienst zu gewähren. Er kann in dieser Zeit durch Investition in die Modernisierung der Maschinen und die Infrastruktur (zB Heizung, Fütterungsautomatisierung etc) dazu beitragen den Aufwand für die erforderliche fremde Hilfe (Maschinenring, allenfalls Einschulen der Brüder des F oder einer dann schon vorhandenen Lebenspartnerin) geringer zu halten, entsprechende Rücklagen für die Ratenzahlungen bilden und an einem adaptierten Finanzierungsplan mit der Bank arbeiten, sodass er auch bei einem über 6 Monate allenfalls reduzierten Viehbestand den Kapitaldienst noch leisten kann.
Zusammengefasst haftet dem angefochtenen Bescheid vor diesem Hintergrund eine Rechtswidrigkeit iSd Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG an und wäre dem BF zumindest eine befristete Befreiung zu gewähren gewesen, um ihm die Möglichkeit zu geben seine wirtschaftlichen Verhältnisse, trotz der überraschend notwendig gewordenen Übernahme des Hofes zu harmonisieren. Die nunmehr dafür eingeräumte Zeit bis 31.12.2028 ergibt sich aus dem dann Auslaufen der aktuellen Förderprogramme.
Im Ergebnis bedeutet das, dass der EB für den 06.10.2025 mit der Zustellung dieses Erkenntnisses gem § 26 Abs 4 WG für den BF unwirksam ist. Er muss aber mit einer Einberufung im Jahr 2029 rechnen und seine wirtschaftlichen Angelegenheiten so einrichten, dass er dann den Grundwehrdienst leisten kann.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die oben dargestellte Judikatur des VwGH wird verwiesen.
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