W261 2282759-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Karin GASTINGER, MAS als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH - BBU GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, Außenstelle Wien, vom 03.11.2023, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Syriens, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 26.03.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
2. Am selben Tag fand seine Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt. Dabei gab der Beschwerdeführer unter anderem an, dass er aus der Region Rif Aleppo in Syrien stamme, der Volksgruppe der Araber angehöre und Muslim sei. Er habe zwölf Jahre die Grundschule besucht. Er sei in Syrien als Elektriker tätig gewesen. Er sei verheiratet und habe einen Sohn und zwei Töchter. Diese würden in Syrien leben. Ein Bruder und eine Schwester des Beschwerdeführers würden seit 2015 in Österreich leben.
Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer an, dass er sein Land verlassen habe, weil in Syrien Unruhen herrschen würden, er müsse zum Militär, er wolle nicht kämpfen. Ansonsten habe er keine Fluchtgründe.
3. Am 03.07.2023 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden belangte Behörde) niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er zu seinen persönlichen Verhältnissen im Wesentlichen an, dass er gesund und nicht in medizinischer Behandlung sei. Er stamme aus XXXX . Er habe sechs Jahre die Grundschule und drei Jahre die Mittelschule und drei Jahre bis zur Matura die Schule besucht, danach habe er ein Jahr lang Rechtswissenschaften studiert. Er habe eine Ausbildung im elektrotechnischen Bereich gemacht und habe fünf bis sechs Jahre lang als Unternehmer gearbeitet. Er habe Syrien am 09.01.2023 illegal verlassen und sei am 28.03.2023 illegal in Österreich eingereist.
Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, dass der Hauptgrund für seine Ausreise gewesen sei, dass ein namentlich genannter Kaufmann, mit dem er zusammengearbeitet habe, von einem syrischen Freiheitskämpfer mitgenommen worden sei. Er habe seither nichts mehr von ihm gehört. Der Beschwerdeführer sei sieben Monate danach vom selben syrischen Freiheitskämpfer namentlich gesucht worden. Zuerst seien sie zu ihm ins Büro gekommen, er sei jedoch nicht anwesend gewesen. Danach seien sie zu seiner Familie gekommen und hätten nach ihm gefragt. Seine Familie habe ihm davon berichtet und da habe er beschlossen, Syrien zu verlassen. Er habe nicht dasselbe Schicksal erleiden wollen, wie der namentlich genannte Kaufmann. Als weiteren Fluchtgrund gab er die allgemeine Situation in Syrien an. Der Drogenkonsum habe stark zugenommen und Waffen seien dort häufig gewesen. Er selbst sei in Syrien nie persönlich bedroht oder verfolgt worden. Im Falle einer Rückkehr fürchte er alle Milizen und seitens des Assad Regimes würde ihm eine Zwangsrekrutierung drohen.
4. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 03.11.2023 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr (Spruchpunkt III.).
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe habe, glaubhaft zu machen. Sein Herkunftsort würde unter dem Einfluss der freien syrischen Armee. Er müsste im Falle einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht damit rechnen, zum Wehrdienst der syrischen Armee eingezogen zu werden, da diese in diesem Gebiet keine Kontrolle habe Ihm würde im Falle einer Rückkehr keine asylrelevante Verfolgung drohen.
Es würden jedoch Gründe für die Annahme bestehen, dass im Fall einer Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung aufgrund der derzeitigen Lage in Syrien für den Beschwerdeführer eine nicht ausreichende Lebenssicherheit bestehe. Daher sei ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen gewesen.
5. Mit Eingabe vom 07.12.2023 erhob der Beschwerdeführer gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides durch seine bevollmächtigte Vertretung fristgerecht Beschwerde. Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die belangte Behörde Verfahrensvorschriften verletzt habe und das durchgeführte Ermittlungsverfahren daher mangelhaft sei. Der Beschwerdeführer würde mehreren von den in den UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, aufgelisteten Risikoprofilen entsprechen. Er sei eine Person, die tatsächlich oder vermeintlicher Gegner der Regierung angesehen werden würde, er sei ein Wehrdienstentzieher, er sei eine Person, die tatsächliche oder vermeintliche Gegner SNA-naher bewaffneter Gruppe sei und sich in einem Gebiet aufgehalten würde, die de facto unter deren Kontrolle stehen, genauer die Gebiete „Operation Schutzschild Euphrat“, der „Operation Olivenzweig“ und der „Operation Friedensquelle“. Da der Beschwerdeführer für die ausländliche NGO XXXX Dienstleistungen erbracht habe, werde der Beschwerdeführer von der SNA verfolgt. Sein Wissen habe auch einen militärischen Nutzen. Aufgrund der Weigerung des Beschwerdeführers mit diesen Kräften zusammenzuarbeiten, werde dem Beschwerdeführer eine Gegnerschaft unterstellt. Es sei dem Beschwerdeführer auch nicht möglich, sicher in seine Herkunftsregion zurückzureisen. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung wäre dem Beschwerdeführer daher internationaler Schutz gemäß § 3 AsylG zu gewähren gewesen. Es werde die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung beantragt.
6. Die belangte Behörde legte das Beschwerdeverfahren mit Schreiben vom 11.12.2023 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor, wo dieses am 14.12.2023 in der Gerichtsabteilung W237 einlangte.
7. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.11.2024 wurde das gegenständliche Beschwerdeverfahren der Gerichtsabteilung W237 abgenommen und der Gerichtsabteilung W261 neu zugeteilt, wo dieses Verfahren seit 03.12.2024 anhängig ist.
8. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 06.02.2025 eine mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer im Beisein seiner Rechtsvertretung zu seinen persönlichen Umständen, seinen Fluchtgründen und der Situation im Falle einer Rückkehr befragt wurde. Die belangte Behörde nahm entschuldigt nicht an der Verhandlung teil, die Verhandlungsschrift wurde ihr übermittelt. Der Beschwerdeführer legte keine weiteren Bescheinigungsmittel vor und verwies auf die bereits im bisherigen Verfahren vorgelegten Bescheinigungsmittel. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an, dass er von Seiten der Militärpolizei gesucht werde. Diese Leute würden wollen, dass er sein Einkommen mit diesen teile. Sie hätten ihn aufgefordert für sie eine Kamera auf der anderen Seite des Flusses zu installieren, wo die SDF an der Macht sei. Er habe sich geweigert. Deswegen werde er als Verräter angesehen, weil er nicht mit ihnen kooperiert habe. Es gäbe auch eine weitere Person, diese sei der Führer der Polizei in XXXX . Er habe ihm eines Tages mitgeteilt, dass er Gesellschafter seiner Firma werden wolle. Der Beschwerdeführer habe sich geweigert. Er könne nicht zurückkehren, weil der Polizeichef nach wie vor an der Macht sei. Das Bundesverwaltungsgericht legte die aktuellen Länderinformationen vor.
9. Das Bundesverwaltungsgericht übermittelte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 09.05.2025 die aktuellen Länderinformationen zu Syrien und räumte diesem die Möglichkeit ein, binnen einer bestimmten Frist eine Stellungnahme abzugeben.
Der Beschwerdeführer gab keine Stellungnahme ab.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und wurde am XXXX im Dorf XXXX , welches ca. zwei Kilometer von der Stadt XXXX entfernt ist, im Rif-Aleppo in Syrien geboren. Er ist syrischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber sowie sunnitischer Muslim. Seine Muttersprache ist Arabisch, er spricht Englisch und etwas Deutsch.
Der Beschwerdeführer ist mit XXXX (geb. 2001) verheiratet. Der Ehe entstammen drei Kinder, und zwar ein Sohn, XXXX (geboren am XXXX ) und zwei Töchter, XXXX (geboren XXXX ) und XXXX (geboren am XXXX ). Seine Ehefrau und die Kinder leben nach wie vor im Heimatdorf des Beschwerdeführers.
Sein Vater heißt XXXX (geboren XXXX ) und seine Mutter heißt XXXX (geboren XXXX ). Die Eltern des Beschwerdeführers leben in dessen Heimatdorf. Der Beschwerdeführer hat sieben Geschwister, und zwar zwei Brüder und fünf Schwestern. Davon leben die vier Schwestern sowie ein Bruder in Syrien. Eine Schwester, XXXX (geboren XXXX ) und ein Bruder, XXXX (geboren XXXX ) leben als Asylberechtigte in Wien.
Der Beschwerdeführer hat regelmäßigen Kontakt mit seiner Familie im Herkunftsland.
Der Beschwerdeführer hat seinen Militärdienst für das ehemalige syrische Regime nicht abgeleistet.
Der Beschwerdeführer besuchte 12 Jahre lang die Schule. Im Jahr 2012 ging er nach XXXX und wiederholte dort die 12. Schulstufe und schloss diese mit der Matura ab. Er studierte dann Rechtswissenschaften an der Universität in XXXX . Der Beschwerdeführer hielt sich in der Zeit von 2012 bis 2016 in XXXX auf. Im Jahr 2016 eskalierte der Konflikt in XXXX und der Beschwerdeführer zog wieder ein sein Heimatdorf. Er arbeitete in seinem Herkunftsort bzw. in der Stadt XXXX als Elektriker und führte dort das eigene Unternehmen für Elektrotechnik, namens XXXX .
Das Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers in der Ortschaft XXXX im Gouvernement Aleppo in Syrien befindet sich aktuell unter Kontrolle der Türkei bzw. Türkei-naher Milizen.
Der Beschwerdeführer verließ Syrien im Jänner 2023 in die Türkei. Nach seiner Ausreise aus Syrien hielt er sich unter anderem in der Türkei, Griechenland, Nord-Mazedonien, Serbien und Ungarn auf. Er reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in Österreich ein. In Österreich stellte er am 26.03.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten. Der Beschwerdeführer ist seit XXXX laufend immer wieder bei der XXXX als Arbeiter tätig.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
1.2.1. Der Beschwerdeführer kann nicht mehr vom ehemaligen syrischen Regime zum Wehrdienst eingezogen, zwangsrekrutiert oder verhaftet werden. Das ehemalige syrische Regime fahndet nicht nach dem Beschwerdeführer.
1.2.2. Dem Beschwerdeführer droht von Türkei-nahen Milizen oder sonstigen Gruppierungen kein Eingriff in seine körperliche Integrität. Vertreter der Syrischen Nationalen Armee (SNA) fahnden nicht nach dem Beschwerdeführer.
1.2.3. Auch sonst ist der Beschwerdeführer persönlich und konkret nicht der Gefahr ausgesetzt, aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe in Syrien mit der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt bedroht zu werden.
1.3. Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:
Die Länderfeststellungen zur Lage in Syrien basieren auf nachstehenden Quellen:
- BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien (COI-CMS), Version 12, veröffentlicht am 08.05.2025 (LIB);
- EUAA, Country Focus Syria, März 2025 (EUAA 1);
- UNHCR, Position on returns to the Syrian Arab Republic, Dezember 2024 (UNHCR);
- ACCORD, Anfragebeantwortung zu Syrien: Rekrutierungspraxis der Übergangsregierung, Rekrutierungen durch andere bewaffnete Gruppen (z.B. Yekîneyên Parastina Gel, YPG); Zwangsrekrutierungen, vom 21.03.2025 (ACCORD);
- EUAA, Interim Country Guidance: Syria, Juni 2025 (EUAA 2)
- EUAA, Country Focus Syria, Juli 2025 (EUAA 3).
1.3.1. Politische Lage - Regierungsführung unter der neuen syrischen Regierung
1.3.1.1. Politischer Übergang
Nach dem Sturz der Regierung von Baschar al-Assad am 8. Dezember 2024 wurde eine Übergangsregierung eingesetzt. Der ehemalige Premierminister Mohammed al-Jalali übergab die Macht formell an Mohammed al-Bashir, den neu ernannten Übergangspremierminister, um die Fortführung der staatlichen Funktionen, wie Al-Jalali erklärte, einschließlich der Zahlung der Gehälter im öffentlichen Dienst, sicherzustellen. Al-Sharaa erklärte, die Organisation nationaler Wahlen könne aufgrund des notwendigen Wiederaufbaus der Wahlinfrastruktur bis zu fünf Jahre dauern. Er bekräftigte ferner, dass Syrien als „Republik mit einem Parlament und einer Exekutive“ strukturiert sein werde. Am 29. Dezember skizzierte Ahmad al-Sharaa einen mehrjährigen Fahrplan, der die Ausarbeitung einer neuen Verfassung innerhalb von drei Jahren und anschließende Wahlen sowie Pläne für eine Nationale Dialogkonferenz zur Förderung von Versöhnung und Inklusivität vorsieht. Als Teil des Übergangsprozesses betonte Al-Sharaa die Bedeutung der Wahrung der nationalen Einheit und lehnte den Föderalismus ab. Erste Verhandlungen fanden mit den SDF und dem Kurdischen Nationalrat (KNC) statt, um kurdische Fraktionen in den politischen Prozess einzubeziehen. Die ursprünglich für Anfang Januar geplante Nationale Dialogkonferenz wurde jedoch später verschoben, um ein breiter angelegtes Vorbereitungskomitee einzurichten, das alle Teile der syrischen Gesellschaft repräsentierte. Sie fand schließlich am 25. Februar 2025 statt, nachdem vorbereitende Workshops auf lokaler Ebene eingeleitet worden waren. Sie tagte mit rund 600 Teilnehmern in Damaskus. In ihrer Abschlusserklärung betonte sie die territoriale Integrität Syriens, verurteilte die israelischen Einfälle und forderte einen Rückzug. Sie sah außerdem die Verabschiedung einer vorläufigen Verfassungserklärung, die Bildung eines vorläufigen Legislativrates und die Ausarbeitung eines Entwurfs für eine dauerhafte Verfassung mit Schwerpunkt auf Menschenrechten und Freiheit vor. In der Abschlusserklärung wurde ferner die Bedeutung der Teilhabe von Frauen, der friedlichen Koexistenz und der Einrichtung kontinuierlicher nationaler Dialogmechanismen erwähnt. Die Konferenz wurde jedoch wegen ihrer übereilten Organisation und mangelnden Repräsentativität kritisiert. Ende Januar erklärte die Übergangsregierung die syrische Verfassung von 2012 für ungültig und löste das Parlament, das Militär und die Sicherheitsbehörden der ehemaligen Regierung auf. Al-Sharaa erklärte, er werde einen Übergangsgesetzgebungsrat einrichten, der die Regierung bis zur Verabschiedung einer neuen Verfassung unterstützen soll (EUAA 1).
1.3.1.2. Regierungsbildung
Nach der Machtübernahme in Damaskus setzte die HTS eine Übergangsregierung ein, die sich hauptsächlich aus Beamten der ehemaligen syrischen Heilsregierung (SSG) in Idlib zusammensetzte. Al-Sharaa bezeichnete dies als vorübergehende Maßnahme zur Wahrung der Stabilität und Wiederherstellung der Grundversorgung. Zunächst übernahmen Minister der SSG nationale Ministerposten, während einige Beamte und Staatsbedienstete der ehemaligen Regierung in ihren Positionen blieben, um die Kontinuität zu gewährleisten. Am 10. Dezember 2024 wurde Mohammed Al-Bashir, ein Ingenieur aus dem Gouvernement Idlib und ehemaliger Vorsitzender der SSG im Nordwesten Syriens, die zusammen mit der HTS gebildet wurde, zum Interimspremierminister ernannt. Seine Amtszeit und die der Übergangsregierung sollten am 1. März 2025 enden, doch Ende Januar 2025 gab es noch keinen Termin für Wahlen in Syrien. Inzwischen etablierte sich Ahmad Al-Sharaa, Vorsitzender der HTS, als De-facto-Führer Syriens. Am 29. Januar 2025 wurde Al-Sharaa für die Übergangszeit zum Präsidenten ernannt. Am 21. Dezember ernannte die Übergangsregierung Asaad Hassan Al-Shibani zum Außenminister und Murhaf Abu Qasra zum Verteidigungsminister. Beide waren bekannte Verbündete Al-Sharaas. Weitere Ernennungen umfassten Mohamed Abdel Rahman zum Innenminister, Mohammed Yaqoub Al-Omar zum Informationsminister, Mohamed Taha Al-Ahmad zum Minister für Landwirtschaft und Bewässerung, Nazir Mohammed Al-Qadri zum Bildungsminister und Shadi Mohammed Al-Waisi zum Justizminister. Alle drei hatten zuvor Positionen in der Heilsregierung innegehabt. Darüber hinaus übernahmen Fadi Al-Qassem, Mohamed Abdel Rahman Muslim, Hossam Hussein und Basil Abdul Aziz ihre jeweiligen Ämter als Entwicklungsminister, Minister für lokale Verwaltung und Dienstleistungen, Minister für Stiftungen und Wirtschaftsminister. Anas Khattab (auch bekannt unter seinem Kampfnamen Abu Ahmad Hudood), ein ehemaliger Anführer der Nusra-Front, wurde zum Chef des Allgemeinen Geheimdienstes ernannt. Die Ernennung von Maher Al-Sharaa zum Gesundheitsminister löste Kontroversen aus, da er der Bruder von Al-Sharaa ist. Zur neuen Regierung gehörte auch eine Frau, Aisha Al-Debs, als Direktorin des Büros für Frauenangelegenheiten. Im Januar nahm die Übergangsregierung ihre erste größere Kabinettsumbildung vor und ersetzte Mohammad Abdul Rahman durch Ali Kidda als Innenminister. Kidda war Berichten zufolge ein enger Vertrauter von Al-Sharaa. Laut BBC News gab es keinen transparenten Mechanismus für die Auswahl von Ministern, und es blieb unklar, ob diese Ernennungen im Rahmen einer Konsultation oder allein durch Al-Sharaa erfolgten. Diese Ungewissheit schürte Diskussionen über eine mögliche Erweiterung der Regierung um ausländische Oppositionsmitglieder und inländische Experten (EUAA 1).
1.3.1.3. Militärreformen
Vor ihrem Einmarsch in Damaskus am 8. Dezember versprach die HTS, den institutionellen Rahmen Syriens aufrechtzuerhalten, und verkündete später eine Generalamnestie für syrische Armeesoldaten. Die Übergangsregierung leitete daraufhin einen Siedlungsprozess ein, der die Wiedereingliederung zahlreicher ehemaliger Regierungs- und Militärangehöriger, darunter hochrangiger Beamter, erleichterte. Einige von ihnen waren in schwere Kriegsverbrechen verwickelt, wie beispielsweise Fadi Saqr. Neben den freiwilligen Siedlungsverfahren spürte die Militäroperationsverwaltung (MOA), die Kommandozentrale der neuen, von der HTS geführten Übergangsregierung, Personen auf, die sich der Siedlung entzogen. Im Rahmen dieser Kampagnen wurden ehemalige Offiziere verhaftet, während andere freigelassen wurden, nachdem festgestellt wurde, dass sie nicht an Übergriffen beteiligt waren. Laut Etana gab es Bedenken hinsichtlich des fehlenden Prozesses, da Berichte auf Hinrichtungen von Milizionären niedriger Ebene hindeuten, die die Behörden als isolierte Akte gemeinschaftlicher Rache darstellen. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR), eine in Großbritannien ansässige Überwachungsorganisation, berichtete Mitte Januar, dass innerhalb weniger Tage 8.000 Personen in den MOA-Zentren in Sallamiyah, Hama, Versöhnungsabkommen schlossen. Die Zahl der Offiziere und Angehörigen der Streitkräfte der vorherigen Regierung in Gefängnissen wie Adra, Hama und Harim stieg auf über 9.000, darunter 2.000, die aus dem Irak zurückgekehrt waren. Die meisten wurden festgenommen, nachdem sie bei Razzien oder Kontrollpunkten gefasst worden waren. Die Übergangsregierung schaffte außerdem die Wehrpflicht ab, außer in Situationen wie nationalen Notständen. Laut Samir Saleh, Mitglied des Militärkommandos im Umland von Damaskus, wird die syrische Armee eine Armee von Freiwilligen sein, an der sich die Bevölkerung beteiligen soll, um die Landesgrenzen zu sichern. Ehemalige Überläufer, wie Offiziere der Freien Syrischen Armee (FSA), erhalten je nach ihrer Expertise einen Sonderstatus innerhalb der Struktur des Verteidigungsministeriums. Am 29. Dezember wurde eine Liste mit 49 neuen Militärkommandeuren veröffentlicht, darunter HTS-Mitglieder, desertierte Offiziere der syrischen Armee und mindestens sechs Nicht-Syrer; die sieben höchsten Positionen sollen mit HTS-Mitgliedern besetzt sein. Schließlich verpflichtete sich die Übergangsregierung, alle Rebellenfraktionen in das Verteidigungsministerium zu integrieren. Zwischen Januar und Februar 2025 bemühten sich die Übergangsministerien für Verteidigung und Inneres, alle bewaffneten Fraktionen zu einer einzigen Militär- und Polizeitruppe zu vereinen. Das Verteidigungsministerium berichtete, über 70 Fraktionen in sechs Regionen hätten sich zur Integration bereit erklärt, und es wurde ein Oberster Ausschuss eingerichtet, der die militärischen Mittel wie Personal, Stützpunkte und Waffen regeln soll. Am 29. Januar verkündete die Übergangsregierung offiziell die Auflösung aller Oppositionsparteien und Militärgruppen, wobei unklar blieb, inwieweit dies auch für die SDF galt. Die SDF widersetzten sich zunächst der Integration, insbesondere nachdem ihr Vorschlag, als halbautonome Einheit beizutreten, vom Verteidigungsministerium abgelehnt worden war, das ihnen Verzögerungstaktiken vorwarf. Anfang März wurde jedoch bekannt gegeben, dass die SDF eine Vereinbarung zur Integration ihrer Streitkräfte und zivilen Institutionen in die neue syrische Regierung unterzeichnet hatten. Bis Mitte Februar hatte die Übergangsregierung rund 100 bewaffnete Fraktionen, darunter die von den USA unterstützte Syrische Freie Armee, erfolgreich in ein neues syrisches Militär und Verteidigungsministerium integriert. Einige Fraktionen, wie die von Ahmad al-Awda in Südsyrien und verschiedene drusische Militärgruppen, leisteten jedoch weiterhin Widerstand. Die bewaffneten Fraktionen des Gouvernements Sweida blieben vollständig intakt; im Januar entstanden zwei neue Militärverbände (EUAA 1).
1.3.1.4. Wirtschaftliche Reformen und Sanktionen
Die Übergangsverwaltung begann mit der Einleitung wirtschaftlicher Reformen, wobei HTS seine Absicht ankündigte, ein System der freien Marktwirtschaft umzusetzen. Institutionelle Reformen umfassten die Entlassungen von Staatsangestellten zur Verkleinerung staatlicher Institutionen, mit Plänen, ein Drittel aller Mitarbeiter im öffentlichen Sektor - einschließlich sogenannter "Gespenstermitarbeiter" - zu entlassen und zu einer Marktwirtschaft überzugehen. Maysaa Sabrine wurde zur Gouverneurin der Zentralbank ernannt, und der Übergangsfinanzminister Mohammed Abazeed stellte Pläne zur Umstrukturierung der Regierungsministerien für verbesserte Effizienz und Verantwortlichkeit vor, obwohl spezifische Modernisierungsmaßnahmen unklar blieben. Abazeed schlug auch eine Überarbeitung des Steuersystems vor. Um potenziellen Engpässen bei Gütern entgegenzuwirken, öffnete die Regierung den Grenzübergang Nasib zu Jordanien, eine wichtige Handelsroute, und wies die staatliche Syrische Petroleumgesellschaft an, den Betrieb wiederaufzunehmen. In der Zwischenzeit signalisierte die Türkei ihre Bereitschaft, in Syriens Wirtschaft zu investieren. Anfang Januar erließ die Vereinigten Staaten eine sechsmonatige Ausnahme von den Sanktionen, die bis zum 7. Juli wirksam ist, um humanitäre Hilfe nach dem Abgang Assads zu erleichtern. Die Ausnahme erlaubte spezifische Transaktionen mit Regierungsinstitutionen auf allen Ebenen, einschließlich Krankenhäusern, Schulen und Versorgungsunternehmen sowie Einrichtungen, die mit HTS in ganz Syrien verbunden sind. Während die Sanktionen selbst in Kraft blieben, erlaubte die Ausnahme Aktivitäten in Bezug auf den Verkauf, die Lieferung und die Lagerung von Energie, einschließlich Erdöl und Elektrizität, und ermöglichte persönliche Überweisungen sowie bestimmte energienahe Transaktionen zur Unterstützung der wirtschaftlichen Erholung. Am 24. Februar beschloss der Rat der EU, verschiedene restriktive Maßnahmen, einschließlich solcher, die die Energie- und Transportsektoren betreffen, aufzuheben. Außerdem wurden vier Banken und die Syrische Arabische Fluggesellschaft von der Liste der vom Vermögenseinfrieren betroffenen Unternehmen ausgeschlossen und der Syrischen Zentralbank der Zugang zu finanziellen Ressourcen erlaubt. Darüber hinaus wurden Ausnahmen gemacht, um Bankbeziehungen zwischen syrischen Banken und Finanzinstitutionen innerhalb der Mitgliedstaaten zuzulassen. Die bestehende humanitäre Ausnahme wurde unbegrenzt verlängert, und eine neue Ausnahme wurde für den persönlichen Gebrauch hinsichtlich des Exportverbots für Luxusgüter nach Syrien eingeführt (EUAA 1).
1.3.1.5. Politischer Übergang gemäß UN-Resolution 2254
Ahmad Al-Sharaa kritisierte internationale Organisationen, insbesondere die Vereinten Nationen, für ihre vermeintliche Ineffektivität bei der Bewältigung der humanitären Krisen in Syrien. Er betonte das Versagen der UN, in den letzten 14 Jahren die Freilassung von Gefangenen zu erreichen und die Rückkehr von Flüchtlingen zu erleichtern. Al-Sharaa betonte die Notwendigkeit nationaler Lösungen und forderte eine Aktualisierung der UN-Resolution 2254, die ursprünglich im Dezember 2015 verabschiedet wurde, um den politischen Übergang in Syrien zu lenken. Ihr Rahmen sei seit dem Sturz Bashar Al-Assads nicht mehr vollständig auf die Situation anwendbar. In einem Interview mit Al Arabiya bekräftigte Al-Sharaa seine Kritik an den UN und plädierte für einen alternativen Übergangsprozess. Er schlug vor, die Wahlen um bis zu vier Jahre zu verschieben, um die Entwicklung eines überarbeiteten politischen Rahmens zu ermöglichen. Bei einem Treffen mit UN-Sondergesandtem Geir Pedersen lehnte er das starre Festhalten an seiner Ansicht nach überholten Resolutionen ab und skizzierte seine Vision eines Übergangsprozesses, der die aktuellen Realitäten Syriens widerspiegelt. Trotz seiner Kritik bekräftigte Al-Sharaa, dass Syrien bereit sei, die Stationierung von UN-Truppen innerhalb der von den Vereinten Nationen eingerichteten Pufferzone entlang der israelischen Grenze zu akzeptieren. Am 6. Februar verlängerte die Übergangsregierung die UN-Ermächtigung, humanitäre Hilfe über den Grenzübergang Bab al-Hawa zu liefern, um weitere sechs Monate bis zum 7. August (EUAA 1).
1.3.2. Sicherheitslage - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes seit 08.12.2024 (Letzte Änderung: 08.05.2025)
Trotz des Sturzes der 54-jährigen Diktatur der Familie al-Assad ist der Bürgerkrieg noch lange nicht vorbei. Trotz der Bemühungen der neuen syrischen Regierung bleibt die Sicherheitslage fragil, und die Zukunft Syriens ist von zahlreichen Unsicherheiten geprägt. Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, Grandi, beschreibt die Lage vor Ort als "fluid". Sie könne sich nach derzeitigem Stand in alle Richtungen entwickeln. Die neue syrische Übergangsregierung ist nicht in der Lage, das gesamte syrische Staatsgebiet zu kontrollieren. Seit Jahresbeginn 2025 hat sich die Sicherheitslage in Syrien nach dem Sturz von Bashar al-Assad weiterhin als instabil erwiesen. Die neuen Machthaber, dominiert von islamistischen Gruppierungen, bemühen sich um die Etablierung von Ordnung und Sicherheit, stoßen jedoch auf erhebliche Herausforderungen. Außenminister ash-Shaybani gibt Sicherheitsprobleme in Teilen Syriens zu, bezeichnete sie aber als Einzelvorfälle: Offenbar hat die Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS), die offiziell aufgelöst wurde, Schwierigkeiten, ihre teils sehr radikalen islamistischen Untergruppen in den Griff zu bekommen. Zwischen Verfolgung von Regimestraftätern und Racheakten vor allem gegen die Volksgruppe der Alawiten, aus der die al-Assads stammen, ist nicht immer leicht zu unterscheiden. Die Sicherheitskräfte der Übergangsregierung sind bei ihrem Versuch, das Land zu stabilisieren, mit zunehmenden Bedrohungen konfrontiert, darunter gewalttätige Überreste des Regimes, sektiererische Gewalt und Entführungen. Im Nordosten sind die Syrischen Demokratischen Kräfte (Syrian Democratic Forces - SDF) gezielten Angriffen von Zellen des Islamischen Staates (IS) und anhaltenden Feindseligkeiten mit der von der Türkei unterstützten Syrischen Nationalen Armee (Syrian National Army - SNA) ausgesetzt. Die fragile Sicherheitslage bedroht weiterhin den politischen Fortschritt, warnte der Sondergesandte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für Syrien, Geir Pedersen, und verwies auf die anhaltenden Feindseligkeiten im Nordosten, einschließlich täglicher Zusammenstöße, Artilleriebeschuss und Luftangriffe, die Zivilisten und die Infrastruktur treffen (LIB).
In den Gouvernements Syriens kam es weiterhin zu einer Zunahme von Entführungen. Die Civil Peace Group dokumentierte seit dem Sturz des Regimes 64 Entführungsfälle – 19 Opfer wurden später hingerichtet aufgefunden, nur drei führten zu Lösegeldforderungen. Auch Vorfälle sektiererischer Gewalt, die sich hauptsächlich gegen schiitische und alawitische Gemeinschaften richten, sind weit verbreitet. Eines der drängendsten Probleme sind nicht sektiererisch motivierte Angriffe, sondern vielmehr der undurchsichtige Prozess der gezielten Verfolgung von Männern, die in den Streitkräften des Regimes gedient haben (von denen die meisten aufgrund der Natur des Regimes Alawiten sind) Die Kriminalität ist dramatisch gestiegen, nicht zuletzt auch aufgrund der Freilassung nicht nur politischer Gefangener aus den Gefängnissen. Kriminelle Banden und Einzelpersonen suchen weiterhin nach Sicherheits- und Autoritätslücken, die sie in dieser neuen Ära ausnutzen können. Die schwereren Verbrechen ereignen sich in der Regel auf dem Land, wo die Sicherheitspräsenz geringer ist und sich eine höhere Konzentration von Ex-Shabiha (Shabiha sind die irregulären, bewaffneten pro-Assad-Gruppierungen) befindet (LIB).
Seit islamistische Rebellen im Dezember den langjährigen repressiven Machthaber Bashar al-Assad stürzten, kam es in mehreren Gebieten zu Zusammenstößen und Schießereien, wobei Sicherheitsbeamte bewaffnete Anhänger der vorherigen Regierung beschuldigten. In mehreren Gebieten in Syrien kommt es weiterhin zu Zwischenfällen mit verirrten Kugeln. Im Februar sind bei solchen Vorfällen 18 Menschen, darunter drei Frauen und vier Kinder, getötet und vier weitere, darunter zwei Kinder, verwundet worden. Die Opfer verteilen sich auf die von der Regierung in Damaskus, der Demokratischen Autonomen Administration von Nord- und Ostsyrien (DAANES) und der Syrischen Nationalen Armee (SNA) kontrollierten Gebiete. Unbekannte bewaffnete Männer in einem Auto warfen am 10.3.2025 Granaten und eröffneten das Feuer mit Maschinengewehren auf das Hauptquartier der allgemeinen Sicherheitskräfte im Stadtteil al-Mezzeh in Damaskus. Es kam zu Zusammenstößen zwischen den Angreifern und den Sicherheitskräften. Diese Zwischenfälle werden durch die Verbreitung von Waffen unter der Zivilbevölkerung verschärft (LIB).
Die Internationale Koalition hat zwölf Sicherheitsoperationen gegen Zellen des Islamischen Staates (IS) durchgeführt, einige mit Beteiligung der SDF in verschiedenen Gebieten Syriens, wo diese Operationen zur Tötung von 14 Mitgliedern des IS führten, darunter zwei Anführer, sowie die Verhaftung von neun Personen, die beschuldigt werden, dem IS anzugehören und mit ihm zu kooperieren, darunter ein Ölinvestor. Die von den USA geführten internationalen Koalitionstruppen haben in Zusammenarbeit mit den SDF ein intensives militärisches Training mit schweren Waffen auf der Basis des Ölfeldes al-'Omar im Osten der Provinz Deir ez-Zour im Osten Syriens durchgeführt. Die Übungen sind Teil einer Reihe von Militärmanövern, die die Koalitionstruppen auf ihren Militärstützpunkten in den Provinzen Deir ez-Zour und al-Hasaka im Nordosten des Landes durchführen, um die Kampfbereitschaft und die operative Koordination mit den lokalen Partnern zu verbessern (LIB).
Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, Grandi, sieht den Schlüssel, um die Voraussetzungen für ausreichende Lebensbedingungen und eine stabile Sicherheitslage zu schaffen, in der Elektrizität. Ohne diese gäbe es nicht nur extreme Unsicherheit. Die Lebensbedingungen, wie Kochen, Heizen, Transport usw. sind an Strom gekoppelt. Auch der Betrieb von Krankenhäusern und Schulen bedingt eine funktionierende Energieversorgung. Dauere der Zustand an, in dem nachts ganze Gegenden in völliger Dunkelheit lägen, sei ein "collapse of law and order" praktisch unvermeidlich. Die radikalen militanten Gruppierungen würden nur darauf warten, das Vakuum zu füllen (LIB).
Die Sicherheitslage in den verschiedenen Regionen Syriens variiert.
Nordsyrien
Die Sicherheitslage in Nordsyrien ist nach wie vor instabil, da verschiedene Fraktionen um Kontrolle und Einfluss konkurrieren. Nach al-Assads Sturz und der Machtübernahme islamistischer Gruppierungen bleibt der Nordwesten Syriens eine der unruhigsten und komplexesten Regionen des Landes. Die neuen Machthaber bestehen aus einem Bündnis verschiedener islamistischer Fraktionen, wobei insbesondere Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) in Idlib und Teilen Aleppos eine führende Rolle einnehmen. Trotz der formellen Übernahme der Macht kommt es in der Region weiterhin zu Machtkämpfen zwischen rivalisierenden islamistischen Gruppen, Widerstandszellen Assad-treuer Kräfte und externen Bedrohungen durch Luftangriffe und Grenzkonflikte. Teile des Nordostens Syriens, insbesondere Ost-Aleppo, ar-Raqqa und al-Hasaka, sind von Feindseligkeiten, Zusammenstößen und Angriffen mit improvisierten Sprengkörpern (Improvised Explosive Devices - IED) betroffen. Idlib ist nun das Zentrum der islamistischen Verwaltung in Syrien, bleibt aber eine hochgradig instabile Region. Während HTS als dominierende Kraft die Kontrolle beansprucht, gibt es weiterhin Konflikte mit anderen Fraktionen sowie Widerstand durch kleinere Gruppierungen, die nicht vollständig in die neue Ordnung integriert wurden. Trotz des Sturzes al-Assads bleiben die syrischen Lufträume gefährdet durch israelische Angriffe auf iranische oder mit Iran verbundene Gruppierungen, während Russland gelegentlich gezielte Angriffe auf dschihadistische Gruppierungen in der Region durchführt. Spannungen zwischen HTS, anderen islamistischen Gruppierungen und lokalen Milizen sorgen für eine fragile Sicherheitslage mit regelmäßigen Attentaten und bewaffneten Auseinandersetzungen. Die anhaltende Instabilität, fehlende Grundversorgung und wirtschaftliche Notlage haben die humanitäre Situation in Idlib weiter verschärft. Aleppo bleibt eine der strategisch wichtigsten Städte Syriens, ist jedoch weiterhin zwischen verschiedenen Akteuren umkämpft. Während islamistische Gruppierungen Teile der Stadt kontrollieren, gibt es in anderen Bezirken noch Präsenz ehemaliger regierungstreuer Milizen oder autonomer kurdischer Einheiten. In nördlichen Teilen Aleppos gibt es weiterhin Spannungen zwischen türkisch unterstützten Milizen und kurdischen Einheiten der SDF. In Teilen Aleppos kommt es weiterhin zu gezielten Attentaten, Entführungen und Sprengstoffanschlägen gegen islamistische Führungspersonen, was auf eine aktive Widerstandsbewegung hindeutet. Die Stadt bleibt schwer beschädigt, und der Wiederaufbau schreitet nur schleppend voran, da sich die neuen islamistischen Machthaber auf militärische Kontrolle und weniger auf infrastrukturelle Erholung konzentrieren. Das syrische Verteidigungsministerium gab bekannt, dass es einen Angriff der SDF an der Ashrafiya-Front Anfang März 2025 in Aleppo-Stadt zurückgeschlagen hat. Das syrische Verteidigungsministerium hat aus mehreren Gebieten militärische Verstärkung an die Kampffronten gegen die SDF in Aleppo geschickt. Die syrische Armee hat nach eigenen Angaben Mitglieder der kurdisch geführten SDF festgenommen, als diese aus dem Viertel al-Ashrafiya nach Aleppo eindrangen (LIB).
1.3.3. Folter und unmenschliche Behandlung, Haftbedingungen, willkürliche Verhaftungen, Verschwindenlassen, etc. - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes seit 08.12.2024 (Letzte Änderung: 08.05.2025)
Vor dem Sturz des Assad-Regimes am 8.12.2024 berichteten die UN über Folter und Hinrichtungen von Gefangenen, die von Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) im Nordwesten festgehalten werden. Sie und einige Fraktionen der Syrischen Nationalen Armee (Syrian National Army - SNA) im Norden wenden in ihren Haftanstalten dieselben brutalen Foltermethoden an wie die Regierung (LIB).
Im Jänner 2025 führte die Übergangsregierung Sicherheitskampagnen durch, wie Razzien und Festnahmen. Im Fokus standen dabei die Gouvernements Latakia, Homs und Damaskus. Gerichtet waren diese Kampagnen gegen Personen, denen Menschenrechtsverletzungen und Verbrechen unter dem Assad-Regime vorgeworfen werden, insbesondere gegen ehemalige Militärangehörige und Regierungsangestellte. Ob diese Kampagnen auf gerichtlichen Anordnungen basierten, ist unklar. Das Syrian Network for Human Rights dokumentierte im Jänner 2025 229 Fälle von willkürlichen Verhaftungen, darunter drei Kinder und acht Frauen. Die Übergangsregierung war für 129 Verhaftungen verantwortlich, wobei 36 wieder entlassen wurden. Im Allgemeinen richten sich die Übergriffe der Sicherheitskräfte gegen Männer, von denen angenommen wird, dass sie Verbrechen begangen haben (unabhängig davon, ob dies bewiesen ist oder nicht), und nicht gegen Alawiten, denen Soldaten begegnen. Die HTS weigert sich, einem transparenten Rechtsverfahren zu folgen, bei dem diese Opfer eindeutig identifiziert und vor Gericht gestellt werden. Hawar News, einer kurdischen Zeitung zufolge, haben vier Personen in einer Haftanstalt in Damaskus durch Folter ihr Leben verloren, nachdem sie bei Razzien in Homs festgenommen worden waren. Ende Jänner verstarb ein Mann, der wegen Unterstützung des Assad-Regimes verhaftet worden war, in Haft. Die syrischen Behörden kündigten an, eine Untersuchung wegen Misshandlung durch Sicherheitskräfte einzuleiten. Die Verantwortlichen wurden verhaftet und der Militärjustiz übergeben (LIB).
Alle bewaffneten oppositionellen Gruppierungen und Gruppierungen der SNA führten willkürliche Festnahmen durch. Zu den Opfern gehörten Personen, die aus den von den kurdisch dominierten Syrischen Demokratischen Kräften (Syrian Democratic Forces - SDF) kontrollierten Gebieten kommen, darunter auch Frauen. Die Festnahmen fanden ohne gerichtliche Anordnung oder Beteiligung der Polizei statt. Den Festgenommenen wurden keine klaren Angaben zu den gegen sie vorgebrachten Vorwürfen gemacht. Die SNA bzw. andere bewaffnete Gruppierungen waren für 41 willkürliche Verhaftungen verantwortlich, darunter sechs Frauen. Zwölf Personen wurden wieder freigelassen (LIB).
1.3.4. Aktuelle Rekrutierungspraxis der Übergangsregierung, Zwangsrekrutierungen
Mehrere Quellen berichten im Februar 2025, dass der Präsident der syrischen Übergangsregierung, Ahmed Al-Scharaa, erklärt habe, dass er die Wehrdienstpflicht abgeschafft habe und stattdessen auf freiwillige Rekrutierung setze. Anfang Februar 2025 wurde berichtet, dass sich Scharaa zufolge tausende Freiwillige der neuen Armee anschließen würden. Dem Online-Begleittext eines Videobeitrags des schwedischen Fernsehprogramms Svtnyheter von Jänner 2025 zufolge hätte die Hayat Tahrir Al-Scham (HTS) aktiv mit intensiven Rekrutierungen für die Reihen der Polizei und des Militärs begonnen. In einem undatierten arabischsprachigen Artikel bezieht sich das Swedish Center for Information (SCI) auf den genannten Videobeitrag. Laut dem SCI-Artikel würden Berichten zufolge Soldaten, Unteroffiziere und Offiziere mittels intensiver Programme rekrutiert, die von traditionellen akademischen Standards und Trainingsstandards abweichen würden. Dies habe den Zweck, die Ausbildung der Militär- und Sicherheitskräfte zu beschleunigen, um den Bedarf des neuen Staates zu decken (ACCORD).
Syria TV, ein syrischer Fernsehsender mit Sitz in Istanbul, der im Besitz eines katarischen Mediennetzwerks ist und sich in Opposition zur Assad-Regierung positioniert hatte, berichtet in einem arabischsprachigen Artikel vom Februar 2025, dass sich der Rekrutierungsprozess für die neuen syrischen Militär- und Sicherheitsinstitutionen, wie die Polizei sowie Kriminal- und Geheimdienste, von Gouvernement zu Gouvernement unterscheide. Am 10. Jänner 2025 habe das Innenministerium der Übergangsregierung verkündet, dass Anmeldungen zum Eintritt in die Polizeiakademie begonnen hätten. Die Kurse, die einen Eintritt in die Reihen der Polizei und Dienste der öffentlichen Sicherheit ermöglichen sollen, hätten in fast allen Gouvernements, insbesondere in Damaskus, Rif Dimaschq, Homs, Tartus, Idlib, Sweida und Deir ez-Zor begonnen. Dem Artikel zufolge sei Idlib in dieser Hinsicht am aktivsten, gefolgt von Deir ez-Zor und Teilen von Rif Dimaschq, während der Rekrutierungsprozess in den Küstenregionen sowie in Homs eher verhalten verlaufe. Laut EUAA würden vor allem in Provinzen, die früher unter der Kontrolle Assads standen, neue Rekrutierungszentren eröffnet werden. Bewerberhätten zwischen 20 und 30 Jahre alt zu sein, einen Sekundarschulabschluss oder einen entsprechenden Abschluss vorzuweisen, die vorgeschriebenen Kurse absolviert zu haben, unbescholten sowie gesund und von guter Statur zu sein. Sie hätten zudem körperlich fit zu sein und müssten mindestens 168 cm groß sein (ACCORD, EUAA 1).
Im Januar 2025 begann das Verteidigungsministerium mit der Bildung einer neuen syrischen Armee durch die Integration ehemaliger Oppositionsfraktionen. Viele dieser Gruppen, darunter auch solche, die mit HTS verbunden sind, wurden in die Struktur des Verteidigungsministeriums aufgenommen. Anstatt Reformen oder Umstrukturierungen zu verlangen, hat das Verteidigungsministerium diese Fraktionen weitgehend unter neuen Bezeichnungen als offizielle Armee-Divisionen oder Brigaden eingegliedert. Das Verteidigungsministerium vereint verschiedene militärische Fraktionen wie Kerntruppen von HTS, HTS-nahe Gruppen, türkisch unterstützte Einheiten der Syrischen Nationalarmee (SNA) sowie neu gegründete Divisionen des Verteidigungsministeriums. Diese Streitkräfte operieren unter einer fragmentierten und komplexen Befehlskette mit unterschiedlichen Abstimmungsgraden zum Verteidigungsministerium. Trotz der Bemühungen der Regierung, bewaffnete Gruppen in das neue Ministerium zu integrieren, haben sich die meisten gegen eine Fusion gewehrt (EUAA 3).
SNA-Fraktionen
Laut ISW kontrollierten die SNA-Fraktionen im Mai 2025 weiterhin Tal Abyad und Ras al Ain. Es wurde festgestellt, dass die SNA „weiterhin in ihren bisherigen Formationen und Gebieten operiert“, trotz ihrer formellen Integration ins Verteidigungsministerium. Die SNA-Fraktionen unterhielten unabhängige Einnahmequellen durch türkische Gehälter und agierten autonom vom Verteidigungsministerium.
Dem Syrien-Analysten Gregory Waters zufolge sind einige SNA-Fraktionen, wie die Suleiman-Schah-Brigade, stark genug, um ihre eigenen Forderungen gegenüber dem Ministerium durchzusetzen, und ihre Autonomie zeigte sich besonders deutlich in den häufigen Menschenrechtsverletzungen, die sie begingen. GSS-Einheiten, darunter solche, die entlang der syrischen Küste stationiert sind, stießen oft auf Widerstand, wenn sie versuchten, solche Verstöße einzudämmen.
SNA-Kommandeure, die in schwere Menschenrechtsverletzungen verwickelt sind, wurden in Schlüsselpositionen innerhalb der Regierungsmilitärstruktur berufen. Dazu gehören Mohammad al-Jassem (Abu Amsha) als Kommandeur der 62. Division, Saif Boulad (Saif Abu Bakr) als Leiter der 76. Division, Fehim Isa als Assistent des Verteidigungsministers für Nordangelegenheiten und Ahmed al-Hais (Abu Hatem Shaqra) als Kommandeur der 86. Division.
Die 86. Division ist Berichten zufolge für Raqqa, Deir Ez-Zor und Hasaka verantwortlich, und ihr Kommandeur Ahmed al-Hais (Abu Hatem Shaqra), früher Anführer von Ahrar al-Sharqiya, wird mit Menschenrechtsverletzungen in Verbindung gebracht, darunter die Tötung der bekannten kurdischen Politikerin Hevrin Khalaf.
Im Mai nahm die EU drei SNA-Fraktionen – die Suleiman-Schah-Brigade, die Hamza-Division und deren Kommandeure sowie die Sultan-Murad-Division – aufgrund ihrer Rolle bei Gewaltakten in den Küstengebieten im März in ihre Sanktionsliste auf.
Trotz der Präsenz von Regierungstruppen in Afrin seit Februar 2025 berichtete STJ, dass SNA-Fraktionen, insbesondere die Suleiman-Schah-Brigade/al-Amshat, weiterhin in der Region präsent waren. Einige SNA-Fraktionen, die in die 72. Division der Armee integriert wurden, operierten westlich des Tishreen-Staudamms in der Provinz Aleppo. Nominal in Armee-Divisionen integrierte SNA-Fraktionen waren landesweit eingesetzt, vor allem in den Provinzen Aleppo und Hama (EUAA 3).
1.3.5. Allgemeine Menschenrechtslage – Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 08.12.2024) – Letzte Änderung: 08.05.2025
Human Rights Watch konstatiert, dass nicht-staatliche bewaffnete Gruppierungen in Syrien, darunter Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) und Gruppierungen der Syrischen Nationalarmee (Syrian National Army - SNA), die am 27.11.2024 die Offensive starteten, die nach zwölf Tagen die syrische Regierung stürzte, im Jahr 2024 für Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen verantwortlich waren. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) befürchtet eine Rückkehr zu einer "dunklen Ära", weil die Verhaftungen und Hinrichtungen angesichts der sich verschlechternden Sicherheitslage zunehmen. Das Syrian Network for Human Rights (SNHR) dokumentierte im Jänner 2025 129 Fälle von willkürlichen Verhaftungen durch die Übergangsregierung und im Februar 2025 21 Fälle (LIB).
Der Übergang von dem Regime unter Bashar al-Assad zur Interimsregierung unter der Führung der Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) soll relativ reibungslos verlaufen sein. Berichte über Vergeltungsmaßnahmen, Rachemorde und religiös motivierte Gewalttaten waren minimal. Plünderungen und Zerstörungen konnten schnell unter Kontrolle gebracht werden, die aufständischen Kämpfer wurden diszipliniert. Es gab keine größeren Massaker oder Rachekampagnen (LIB).
Die syrische Übergangsregierung unter ash-Shara' hat zugesagt, dass die Verantwortlichen für Gewalttaten gegen Syrer durch das gestürzte Assad-Regime zur Rechenschaft gezogen werden. Der Weg dorthin ist jedoch schwierig, da die Zahl der Opfer nicht genau bekannt ist und die Täter noch nicht identifiziert werden konnten. Die HTS möchte die an staatlicher Folter beteiligten Ex-Offiziere auflisten und sie als Kriegsverbrecher zur Rechenschaft ziehen. Dafür setzte sie sogar eine Belohnung aus, für Informationen über ranghohe Offiziere von Armee und Sicherheitsbehörden, die an Kriegsverbrechen beteiligt waren (LIB).
Die von der Türkei unterstützten Gruppierungen plünderten nach der Eroberung von Manbij das Eigentum von kurdischen Bürgern und führten identitätsbezogene Tötungen durch. Sie führten Racheaktionen durch, brannten Häuser nieder und demütigten Kurden. Eine Mitarbeiterin von Human Rights Watch erklärte, dass die Syrische Nationale Armee (Syrian National Army - SNA) und die türkischen Streitkräfte ein klares und beunruhigendes Muster rechtswidriger Angriffe auf Zivilisten und zivile Objekte gezeigt haben und diese sogar zu feiern scheinen. Die türkischen Streitkräfte und die SNA haben eine schlechte Menschenrechtsbilanz in den von der Türkei besetzten Gebieten Nordsyriens. Human Rights Watch hat festgestellt, dass SNA-Gruppierungen und andere Gruppierungen, darunter Mitglieder der türkischen Streitkräfte und Geheimdienste, Menschen, darunter auch Kinder, entführt, rechtswidrig festgenommen und inhaftiert haben, sexuelle Gewalt und Folter mit geringer Rechenschaftspflicht begangen haben und sich an Plünderungen, Diebstahl von Land und Wohnraum sowie Erpressung beteiligt haben. In den letzten Jahren sollen SNA-Kämpfer schwere Menschenrechtsverletzungen gegen kurdische Gemeinden in 'Afrin und im Umland von Aleppo begangen haben. Sie wurden beschuldigt, willkürliche Verhaftungen, Inhaftierungen ohne Kontakt zur Außenwelt, Entführungen und Folter begangen zu haben. Während der Offensive "Abschreckung der Aggression" hat HTS mehrere Kämpfer von SNA-Gruppen nördlich von Aleppo im Stadtviertel Sheikh Maqsoud festgenommen und sie beschuldigt, kurdische Zivilisten ausgeraubt und verletzt zu haben, so ein Experte. Die United Nations Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic berichtete weiterhin von Verhaftungen, Gewalt und finanzieller Erpressung durch die Militärpolizei der Syrischen Nationalarmee (SNA) und bestimmter Gruppierungen, insbesondere der Sultan-Suleiman-Shah Division und der Sultan-Murad-Division SNHR dokumentierte im Jänner 2025 41 Fälle von willkürlichen Verhaftungen durch Gruppierungen der SNA und im Februar 2025 34 Fälle, darunter eine Frau. Menschenrechtsberichten zufolge waren es auch zwei von der Türkei unterstütze Gruppierungen, die Anfang März 2025 an „systematischen ethnischen Säuberungsaktionen“ und groß angelegten „Massakern“ gegen Zivilisten in Banyas, Tartus und Latakia beteiligt waren, bei denen Hunderte von Menschen, darunter auch Frauen und Kinder, getötet wurden (LIB).
Nach al-Assads Sturz am 8.12.2024 sind einem französisch-syrischen Schriftsteller sowie syrischen Künstlern zufolge neue Formen der Zensur entstanden. Die Äußerung von nicht-islamischen Überzeugungen ist in Syrien zu einer ernsthaften Herausforderung geworden. Die syrischen Behörden haben ein neues Gesetz erlassen, das eine einjährige Gefängnisstrafe für jeden vorsieht, der das „Verbrechen der Gotteslästerung“ begeht. Die Angst vor Meinungsäußerung ist im öffentlichen Raum immer noch spürbar. Wenn Themen wie romantische Beziehungen, Säkularismus, Meinungsfreiheit und vor allem Religion diskutiert werden, vergewissern sich die Sprecher, ob kein HTS-Mitglied in der Nähe ist. Am 26.12.2024 erließ das Informationsministerium ein Verbot der Veröffentlichung oder Verbreitung „jeglicher Inhalte oder Informationen mit sektiererischem Charakter, die darauf abzielen, Spaltung und Diskriminierung zu fördern“ (LIB).
1.3.6. Todesstrafe – Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 08.12.2024) – Letzte Änderung: 08.05.2025
Die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (Syrian Observatory for Human Rights - SOHR) dokumentierte seit 8.12.2024 60 Morde, darunter Hinrichtungen vor Ort, bei denen 112 Menschen, darunter Frauen und Kinder getötet wurden. Berichten und unbestätigten Videos zufolge sollen die neuen Sicherheitskräfte einen Informanten des gestürzten Präsidenten öffentlich durch einen Schuss in den Kopf erschossen haben (LIB).
1.3.7. Bewegungsfreiheit – Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 08.12.2024) – Letzte Änderung: 08.05.2025
Die Interimsregierung installiert Checkpoints, an denen Autos durchsucht werden. Es wird überprüft, wer unterwegs ist, beispielsweise um Menschen zu verhaften, die für Verbrechen gegen das syrische Volk in der Zeit des Regimes verantwortlich sind. Die Kontaminierung durch explosive Kampfmittel stellt nach wie vor eine große Bedrohung für Zivilisten, die sich zwischen ehemaligen Kontrollgebieten bewegen, dar (LIB).
Laut Aussage des syrischen Verkehrsministers bei einem Interview mit der kurdischen Zeitung Rudaw haben die neuen syrischen Machthaber vom ersten Tag der Befreiung an damit begonnen, die Bedürfnisse der Menschen zu erfüllen, insbesondere durch die Sicherstellung der Grundversorgung, z. B. mit Brot und Treibstoff, zusätzlich zur Sicherung des Transportsektors, damit sich die Menschen zwischen den Provinzen bewegen können. Sie haben damit begonnen, Treibstoff für Fahrzeuge zu sichern, damit sie in Abstimmung mit dem Ölministerium eingesetzt werden können, und Fahrten zwischen Damaskus und den restlichen Provinzen, zwischen Idlib und den restlichen Provinzen und zwischen Aleppo und restlichen Provinzen zu organisieren, zusätzlich zum internen Transport innerhalb jeder Provinz. Sie haben mit der Umsetzung eines Plans zur Festlegung spezifischer Preise, die für Fahrzeugbesitzer und für Menschen mit sehr begrenztem Einkommen angemessen sind, begonnen. Etwa 70 bis 80 % der Preis- bzw. Transporttarifstruktur wurden fertiggestellt und umgesetzt. Was die Versorgung der Öffentlichkeit betrifft, so wurden etwa 50 bis 60 % der Strecken, ob intern oder extern, gesichert (LIB).
In Idlib wurden viele Checkpoints abgebaut und Haftbefehle oder andere Arten von Kontrollen werden kaum noch vollstreckt (LIB).
Bezüglich Verkehr und Handel mit den Gebieten unter der Kontrolle der kurdisch dominierten Syrischen Demokratischen Kräfte (Syrian Democratic Forces - SDF) gibt es laut Aussage des syrischen Verkehrsministers in einem Interview mit der kurdischen Zeitung Rudaw Sicherheitsprobleme und Risiken für die Bewegungsfreiheit der Menschen. Er hoffe auf eine schnelle Lösung des Problems, damit die Menschen in al-Hasaka und Deir ez-Zour Damaskus und ihre anderen Verwandten in den anderen Provinzen besuchen können (LIB).
Wehrpflichtige im Regime al-Assads mussten ihren zivilen Ausweis abgeben und erhielten stattdessen einen Militärausweis. Ohne einen zivilen Ausweis ist es schwierig, sich frei im Land zu bewegen. Deswegen wollten ehemalige Soldaten ihre Daten bei der neuen Übergangsregierung registrieren lassen, um neue Ausweise zu erhalten, mit denen sie in Syrien leben und sich frei bewegen können. Hunderte von ihnen wurden in Versöhnungszentren vorstellig (LIB).
In Syrien gibt es fünf zivile Flughäfen, von denen nur Damaskus und Aleppo in Betrieb sind. Die beiden Flughäfen funktionieren gut. Der Flughafen Hmeimim in Latakia könnte laut syrischem Verkehrsminister bald in Betrieb genommen werden. Der Flughafen funktioniert, aber aufgrund der Präsenz der russischen Basis wird erst ein Plan entwickelt, um dieses Problem bezüglich ihrer Anwesenheit zu lösen. Daneben gibt es noch den zivilen Flughafen Deir ez-Zour, der jedoch stark beschädigt ist und Wartungskosten erfordert. Am 8.1.2025 landete der erste internationale kommerzielle Flug seit dem Sturz des ehemaligen syrischen Präsidenten Bashar al-Assad auf dem Flughafen von Damaskus. Der Internationale Flughafen von Damaskus wurde in der Nacht vom 7. auf den 8.12.2024 geplündert, nachdem die Flughafenwachen geflohen waren, als Oppositionskräfte die Hauptstadt einnahmen. Der Großteil der technischen und ingenieurwissenschaftlichen Ausrüstung und des Zubehörs wurde gestohlen. Am 18.12.2024 wurde der Flughafen teilweise wiedereröffnet, als ein Inlandsflug in die nördliche Stadt Aleppo startete. Beamte des Flughafens gaben damals an, dass die Wiedereröffnung aufgrund von Vandalismus und Diebstählen nur teilweise erfolgte. Der Hauptflughafen Syriens in der Hauptstadt Damaskus nahm seinen vollen Betrieb am 8.1.2025 wieder auf. Es gibt nur sehr wenige syrische Flugzeuge. Der Staat besitzt nur zwei einsatzfähige Flugzeuge und es gibt einige Flugzeuge, die gewartet werden müssen, was vielleicht so teuer ist wie der Wert des Flugzeugs selbst. Zusätzlich gibt es ein unabhängiges syrisches Unternehmen, das vielleicht fünf oder sechs einsatzfähige Flugzeuge hat, und es gibt Verträge mit vielen Unternehmen. Das Problem liegt nicht in der Verfügbarkeit syrischer Flugzeuge, sondern in den Beschränkungen des Regimes für Verträge, in die der Luftfahrtsektor investieren könnte. In der nächsten Phase sollen die Flughäfen von Damaskus und Aleppo eine gute Anzahl von Flugzeugen erhalten. Nur wenige Fluggesellschaften fliegen Syrien wieder an oder haben angekündigt, ihre Flüge ins Land wieder aufzunehmen. Die Zahl der Flüge nach Damaskus nehme laut syrischem Verkehrsminister jeden Tag zu. Der Flughafen in Qamishli wurde drei Tage nach der Befreiung Syriens vom Assad-Regime von den SDF übernommen. Sie unterbrachen die Kommunikation mit Damaskus. Nach der Befreiung des Gebiets von den SDF, wird der Flughafen Qamishli aktiviert werden, so der Verkehrsminister (LIB).
Dem syrischen Verkehrsminister zufolge sind 60 bis 70 % der Eisenbahnstrecken außer Betrieb und 30 bis 40 % der bestehenden Strecken müssen dringend gewartet werden. Züge und Lokomotiven und alle Bahnhöfe müssen gewartet werden, und es werden Ersatzteile gebraucht. Der Zugbetrieb wurde für den Transport von Grundstoffen wie Treibstoff und anderen Materialien von der Küste nach Aleppo und Damaskus wieder aufgenommen, und die Eisenbahn funktioniert, aber alle Gleise sind alt, und wenn der Transport zunimmt, müssen sie neu und kostspielig gewartet werden. Es gibt Gleise, die nicht mehr gewartet werden können, sondern komplett ausgetauscht werden müssen. Einige Strecken, die den Irak und Syrien verbinden und durch al-Hasaka führen, sind außer Betrieb, andere haben einige ihrer Bestandteile verloren und wieder andere funktionieren, aber aus Sicherheitsgründen wurden diese Strecken gesperrt. Es werden die Möglichkeiten für eine Hochbahn oder eine U-Bahn in Damaskus geprüft. Derzeit ist der Plan für ein U-Bahnnetz nur für Damaskus vorgesehen, da es in Damaskus zu viele Staus gibt. Wenn der Plan durch internationale Unternehmen erfolgreich ist, wird die Übergangsregierung vielleicht mit der Umsetzung beginnen (LIB).
Grenzübergänge
Am 16.12.2024 kündigte die Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) an, alle Grenzübergänge zu den Nachbarländern auf syrischer Seite zu schließen, bis es ihnen gelungen sei, eine Art Organisation aufzubauen, um die Grenzen wieder zu besetzen und um wieder über Visastempel zu verfügen. Mit Stand 1.2.2025 gibt es elf aktive Grenzübergänge, die der Generalbehörde für Land- und Seegrenzen gehören. Der Direktor für lokale und internationale Beziehungen bei der Generalbehörde für Land- und Seegrenzen, erklärte gegenüber Al Jazeera, dass die Grenzübergänge seit der Befreiung Syriens vom gestürzten Regime nicht nur Syrer empfangen, die ihr Land besuchen wollen, ob als Einwohner oder Besucher, sondern auch arabische und ausländische „Brüder und Freunde“, die Syrien nach der Befreiung besuchen wollen. Die Grenzübergänge seien stark belastet worden, sagte er. Die meistbenützten Übergänge sind: Jdaydat Yabous/ Masna' zum Libanon, an dem in den letzten zwei Monaten mehr als 630.000 Bürger ein- und ausgereist sind, Nassib/ al-Jaber zu Jordanien, der mehr als 175.000 Bürger empfangen hat, davon 110.000 bei der Einreise und 65.000 bei der Ausreise, Bab al-Hawa/ Reyhanlı zur Türkei, wo mehr als 75.000 Bürger empfangen wurden, darunter 63.000 Ankünfte und 12.000 Ausreisen, al-Bu Kamal/ al-Qa'im zum Irak, der etwa 5.500 Bürger aufnahm. Daneben gab es Einreisen von Zehntausenden an den übrigen Grenzübergängen zur Türkei, wie Kassab/ Yayladağı, al-Hamam/ Hatay Hammami, Bab as-Salama/ Öncüpınar und Jarabulus/ Karkamış (LIB).
1.3.8. Rückkehr nach Syrien
Mit dem Sturz al-Assads kehrten Tausende Syrer aus dem Libanon und der Türkei nach Syrien zurück. Für viele war das Assad-Regime das Haupthindernis für die Rückkehr in ihre Heimat. Die Aufnahmeländer haben diese Begeisterung genutzt, um weitere Rückkehrer zu ermutigen. Zehn Tage nach dem Sturz des syrischen Regimes am 8.12.2024 erklärte die Europäische Union (EU), sie schätze, dass zwischen Januar und Juni 2025 etwa eine Million syrische Flüchtlinge in ihr Land zurückkehren würden. Das wurde durch die Direktorin des Büros des UNHCR für den Nahen Osten und Nordafrika bestätigt. Ahmad ash-Shara', der Befehlshaber der Militäroperationen in Syrien, der später zum Übergangspräsidenten des Landes wurde, betonte bei einem Treffen mit dem UN-Sondergesandten Geir Pedersen, dass eine seiner ersten Prioritäten darin bestehe, zerstörte Häuser wieder aufzubauen und die Vertriebenen in das letzte Zelt zurückzubringen, während er gleichzeitig sehr wichtige wirtschaftliche Entscheidungen treffe (LIB).
Viele Familien sind in frühere Lager in ihren Herkunftsgebieten zurückgekehrt, weil es in ihren Heimatstädten an grundlegenden Versorgungsleistungen mangelt oder die Infrastruktur beschädigt ist. Einige Familien gaben auch an, dass sie auf die Räumung von Kampfmittelrückständen in ihren Herkunftsgebieten warten, bevor sie zurückkehren. UNHCR schätzt, dass von 8.12.2024 bis 2.1.2025 über 115.000 Syrer nach Syrien zurückgekehrt sind, basierend auf öffentlichen Erklärungen von Aufnahmeländern, Kontakten mit Einwanderungsbehörden in Syrien und dem UNHCR sowie der Grenzüberwachung durch Partner. Insgesamt sind nach Angaben des UNHCR 800.000 vertriebene Syrer in ihre Heimat zurückgekehrt, darunter 600.000 Binnenvertriebene (Internal Displaced Persons - IDPs) (Stand 31.1.2025). Die Zahl der Personen, die in das Gouvernement Aleppo zurückkehren, ist am höchsten, wobei die Rückkehrer die verbesserte Sicherheitslage und die Abschaffung des Wehrdienstes als Hauptgründe für ihre Rückkehr nennen. Grundsätzlich verzeichnen die UN einen Anstieg an rückkehrwilligen Syrern, die im Nahen Osten leben. Fast 30 % geben an, in ihre Heimat zurückzuwollen. Als großes Hindernis für die Rückkehr sieht UNHCR-Chef Grandi die Sanktionen. Die syrischen Behörden gaben an, dass innerhalb von zwei Monaten nach der Befreiung Syriens 100.905 Bürger über die Grenzübergänge der Türkei zurückgekehrt sind. Der Grenzübergang Jdaydat Yabous/ Masna' zum Libanon fertigte in zwei Monaten 627.287 Reisende ab, darunter 339.018 syrische Staatsbürger und arabische und ausländische Gäste, und 288.269 Ausreisende. Im gleichen Zeitraum wurden am Grenzübergang Nassib/ al-Jaber zu Jordanien 174.241 Passagiere syrischer Staatsbürger und arabischer und ausländischer Gäste abgefertigt, davon 109.837 bei der Einreise und 64.404 bei der Ausreise. Am Grenzübergang al-Bu Kamal/ al-Qa'im wurden 5.460 syrische Staatsbürger abgefertigt, die im Irak leben und zurückkehren, um sich dauerhaft in Syrien niederzulassen. Bei den Angaben zu Rückkehrern sind die zuständigen Behörden und Forschungszentren nicht in der Lage festzustellen, ob diese Menschen lediglich zurückgekehrt sind, um ihre Familien zu besuchen und zu treffen, oder ob sie freiwillig und dauerhaft zurückgekehrt sind (LIB).
Das Land, in das die Menschen zurückkehren, unterscheidet sich grundlegend von jenem, das sie verlassen haben. Die Zerstörung von Häusern und wichtiger Infrastruktur, vermisste Angehörige, weitverbreitete Armut, das Risiko wieder aufflammender Gewalt und die Unsicherheit über die unerfahrenen neuen Staats- und Regierungschefs des Landes – zusätzlich zu der anhaltenden humanitären Krise des letzten Jahrzehnts – sind zu nennen. Die anhaltende Unsicherheit – einschließlich bewaffneter Zusammenstöße, zunehmender krimineller Aktivitäten und nicht-explodierter Kampfmittel – stellt die Zivilbevölkerung weiterhin vor Herausforderungen und wird wahrscheinlich die potenzielle Entscheidung der außerhalb des Landes lebenden Syrer, nach Hause zurückzukehren, beeinflussen. Neben den Sicherheitsbedenken beeinflussen auch die Zerstörung von Eigentum und eine unzureichende Infrastruktur die Rückkehrentscheidungen von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen. Viele wollen auch wegen des Mangels an Arbeitsplätzen und grundlegenden Dienstleistungen nicht zurückkehren. Viele Flüchtlinge haben auch kein Zuhause, in das sie zurückkehren können. Einige Häuser wurden während des Krieges zerstört, in anderen leben neue Bewohner und viele Flüchtlinge haben keine Dokumente, die ihre Besitzansprüche belegen. Viele Flüchtlinge und Vertriebene sind nach dem Sturz des Regimes bei der Rückkehr in ihre Gebiete, Städte und Dörfer schockiert, wenn sie feststellen, dass andere in ihren Häusern wohnen. In einigen Fällen besitzen diese derzeitigen Bewohner Dokumente, die belegen, dass sie die Immobilien gekauft haben, aber Untersuchungen zeigen, dass es sich oft um Fälschungen handelt, einschließlich gefälschter Eigentumsnachweise und Gerichtsurteile, die äußerst schwer aufzuspüren sind. Die Rückkehr im Winter ist besonders schwierig, da die Flüchtlinge nicht wissen, ob ihre Häuser Schutz vor der Kälte bieten oder nicht. Es ist unklar, an wen sich Flüchtlinge wenden können, wenn sie nach ihrer Rückkehr Probleme mit Wohnraum oder Eigentumsrechten haben, und ob die Übergangsregierung in der Lage sein wird, grundlegende Dienstleistungen bereitzustellen. Partnerorganisationen von UNOCHA betonen auch, dass der Zugang zu zivilen Dokumenten und Rechtsdienstleistungen, einschließlich solcher im Zusammenhang mit Fragen zu Wohnraum, Land und Eigentum, entscheidende Hindernisse für die Rückkehr darstellt. Gegenwärtig sind nicht alle Standesämter und Gerichte im ganzen Land funktionsfähig oder teilweise funktionsfähig, was den Zugang erschwert. Es ist unrealistisch zu erwarten, dass die bestehenden Probleme allein durch die Absetzung al-Assads gelöst werden. Es gibt kaum Anhaltspunkte dafür, dass Syrien einen einzigartigen oder anderen Weg einschlagen wird als andere vergleichbare Fälle. Einem Wirtschaftswissenschaftler zufolge ist das größte Hindernis für die Rückkehrer das Fehlen staatlicher Institutionen, die in der Lage sind, grundlegende Dienstleistungen wie Strom und Wasser bereitzustellen, was das tägliche Leben kostspielig und schwierig macht. Das Fehlen von organisierten Märkten, die grundlegende Waren anbieten, und das Fehlen einer Angebotskontrolle haben zu einem wirtschaftlichen Chaos geführt, wodurch sich die Rückkehrer in einem finanziell instabilen Umfeld wiederfinden. Der dramatische Anstieg der Preise, sowohl bei den Mieten als auch bei den Grundversorgungsleistungen, stellt eine zusätzliche Belastung für die Rückkehrer dar, da sie bei begrenztem Einkommen hohe Lebenshaltungskosten zu tragen haben. Zusätzlich zu den wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Herausforderungen erleben viele Rückkehrer aufgrund der großen Kluft zwischen ihren Hoffnungen und der Realität, die sie vorgefunden haben, eine psychische Krise. Die meisten Flüchtlinge, die sich in die neuen Gesellschaften im Ausland integriert und Arbeitsmöglichkeiten und ein angemessenes Einkommen gefunden haben, wollen nicht zurückkehren, andere fürchten sich vor der Sicherheitslage, dabei zögern die Minderheiten am meisten, zurückzukehren. Eine schlecht organisierte Massenrückkehr werde die bereits begrenzten Ressourcen des Landes belasten und die syrischen Übergangsbehörden, die UN-Organisationen und die syrische Zivilgesellschaft unter enormen Druck setzen, schreibt das Magazin Foreign Affairs. Es gibt derzeit vor Ort moderate UN-Hilfen, etwa zum Wiederaufbau der Häuser (LIB).
Viele vertriebene Familien, die sich auf die Rückkehr vorbereiten, äußerten auch Sicherheitsbedenken im Zusammenhang mit der Kontaminierung durch explosive Kampfmittel. Seit November 2024 wurden in Idlib, Aleppo, Hama, Deir ez-Zour und Latakia insgesamt 136 Landminenfelder und Minenpräsenzpunkte neu identifiziert. Allein in den ersten drei Januarwochen wurden bei 87 Vorfällen mit explosiven Kampfmitteln im ganzen Land nach Angaben von Partnerorganisationen von UNOCHA mindestens 51 Menschen getötet und 75 weitere verletzt (LIB).
Die neue Regierung hat die Zollgebühren vereinheitlicht. Diese Entscheidung dient nicht den Interessen der Syrer, sondern belastet ihren Lebensunterhalt. Diese Maßnahme soll zum einen so schnell wie möglich den Weg für die Rückkehr Hunderter syrisches Fabriken und Unternehmen in den Nachbarländern zu ebnen, damit diese wieder auf syrischem Territorium arbeiten können. Zum anderen möchte man syrische Auswanderer und ausländische Investoren einladen, Fabriken und Unternehmen in Syrien zu gründen, mit dem Ziel, das Rad der Wirtschaft in Bewegung zu setzen, Tausende von Arbeitsplätzen für Syrer zu schaffen und so eine integrierte Volkswirtschaft aufzubauen. Dadurch werden syrische Produkte nun mit Zollgebühren nach Syrien eingeführt, um es für und syrische Händler und Unternehmen im Ausland attraktiver zu machen, wieder nach Syrien kommen. Die neue Regierung hat viele Vorteile angeboten, um Investitionen nach Syrien zu locken (LIB).
Die UNHCR appelliert weiterhin an alle Staaten, syrische Staatsangehörige und Personen, die früher ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Syrien hatten, einschließlich Palästinenser, die sich früher in Syrien aufhielten, nicht gewaltsam nach Syrien zurückzuführen (UNHCR 2).
EUAA berichtet weiterhin von einer unbeständigen und unsicheren Sicherheitslage in Syrien. Die Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes liefern zwar wichtige Indikatoren doch ist dieser Zeitraum für endgültige Schlussfolgerungen noch zu kurz. Künftige Verschiebungen bei den Mustern und Risiken könnten sich abzeichnen, und eine kontinuierliche Überwachung wäre von wesentlicher Bedeutung. Auch die Beschränkungen hinsichtlich einer zuverlässigen Berichterstattung aus dem Land sollten berücksichtigt werden. Daher wird es zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts nicht für möglich gehalten, das Ausmaß willkürlicher Gewalt in Syrien im Sinne von Artikel 15 lit. c Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 zu bewerten (EUAA 2).
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen dahingehend (abgesehen von transkriptionsbedingt unterschiedlichen Schreibweisen) übereinstimmenden Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor der belangten Behörde, in der Beschwerde und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers gelten ausschließlich zur Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren.
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, zu seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seiner Muttersprache und weiteren Sprachen, seinen Familienangehörigen, seinem Familienstand, seinem Aufwachsen in Syrien, seiner Schulbildung, seinem Studium und seiner Berufserfahrung gründen sich auf die diesbezüglich schlüssigen und stringenten Angaben vor der Behörde und in der mündlichen Verhandlung. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen im gesamten Verfahren gleich gebliebenen bzw. nachvollziehbar aktualisierten Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.
Die Feststellung, dass das Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers, die Ortschaft XXXX , im Gouvernement Aleppo in Syrien, von den türkischen Streitkräften bzw. Milizen kontrolliert wird, ergibt sich übereinstimmend aus den vorliegenden Länderberichten und der Aussage des Beschwerdeführers bei der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 06.02.2025 (vgl. Niederschrift 06.02.2025, S 6) und eine Einsichtnahme in die Syria Live Map (vgl. Niederschrift 06.02.2025, S 5)
Der Zeitpunkt der Ausreise und die Aufenthalte in durchreisten Staaten ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in der Erstbefragung sowie aus der niederschriftlichen Einvernahme von der belangten Behörde. Das Datum der Antragstellung ergibt sich aus dem Akteninhalt.
Die Feststellung zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergibt sich aus seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung (vgl. Niederschrift 06.02.2025, S 3)
Seine Arbeitsfähigkeit folgt aus seinem Alter, seinem Gesundheitszustand und seiner bisherigen Berufsstätigkeit in Syrien und in Österreich (vgl. OZ 5, Auszug aus dem AJ Web).
Die Feststellung zu der strafrechtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers in Österreich beruht auf dem vom Bundesverwaltungsgericht zuletzt am 03.02.2025 eingeholten Auszug aus dem Strafregister der Republik Österreich.
2.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:
2.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 liegt es auch am Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht.
Das Asylverfahren bietet, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27.05.2019, Ra 2019/14/0143-8, wieder betonte, nur beschränkte Möglichkeiten, Sachverhalte, die sich im Herkunftsstaat des Asylwerbers ereignet haben sollen, vor Ort zu verifizieren. Hat der Asylwerber keine anderen Beweismittel, so bleibt ihm lediglich seine Aussage gegenüber den Asylbehörden, um das Schutzbegehren zu rechtfertigen. Diesen Beweisschwierigkeiten trägt das österreichische Asylrecht in der Weise Rechnung, dass es lediglich die Glaubhaftmachung der Verfolgungsgefahr verlangt. Um den Status des Asylberechtigten zu erhalten, muss die Verfolgung nur mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit drohen. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt jedoch nicht. Dabei hat der Asylwerber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen.
Die Glaubhaftmachung hat das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt (vgl. VwGH 29.05.2006, Zl. 2005/17/0252). Im Gegensatz zum strikten Beweis bedeutet Glaubhaftmachung ein reduziertes Beweismaß und lässt durchwegs Raum für gewisse Einwände und Zweifel am Vorbringen des Asylwerbers. Entscheidend ist, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist eine objektivierte Sichtweise anzustellen.
Unter diesen Maßgaben ist das Vorbringen eines Asylwerbers also auf seine Glaubhaftigkeit hin zu prüfen. Dabei ist vor allem auf folgende Kriterien abzustellen: Das Vorbringen des Asylwerbers muss – unter Berücksichtigung der jeweiligen Fähigkeiten und Möglichkeiten –genügend substantiiert sein; dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen. Das Vorbringen hat zudem plausibel zu sein, muss also mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen; diese Voraussetzung ist u. a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen. Schließlich muss das Fluchtvorbringen in sich schlüssig sein; der Asylwerber darf sich demgemäß nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.
Insgesamt ist darauf hinzuweisen, dass nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr für eine Asylgewährung relevant sein kann; sie muss bei Erkenntniserlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
2.2.2. Zum Vorbringen einer Verfolgung wegen einer drohenden Einziehung zum Wehrdienst, einer Zwangsrekrutierung oder Verhaftung durch das (ehemalige) syrische Regime:
Der Beschwerdeführer brachte im Verfahren zusammengefasst vor, dass er befürchte in Syrien vom damaligen syrischen Regime zwangsrekrutiert zu werden (AS 39, 80 und AS 193f).
Wie oben dargelegt, liegt zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt die Herkunftsregion des Beschwerdeführers unter der Kontrolle der Türkei bzw. Türkei-naher Milizen; eine gegenteilige Annahme ist anhand der zur Verfügung stehenden Länderinformationen nicht möglich. Ausgehend von den oben zitierten Länderfeststellungen zeichnet sich in der zu treffenden Prognose eine zeitnahe und großflächige Rückeroberung der Herkunftsregion des Beschwerdeführers durch das ehemalige syrische Regime aktuell nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ab, weswegen die entsprechende Feststellung getroffen wird.
Ganz abgesehen davon stellt sich aktuell die Frage, ob seitens des syrischen Regimes nach dem Beschwerdeführer gefahndet werden könnte, gar nicht mehr, weil dieses Regime seit 08.12.2024 in Syrien nicht mehr an der Macht ist. Daher kann dem Beschwerdeführer seitens des ehemaligen syrischen Regimes aktuell keine Gefahr mehr drohen. Es ist auch nicht maßgeblich wahrscheinlich, dass dieses Regime jemals wieder an die Macht kommen wird.
2.2.3. Zu einer allfälligen Bedrohung vonseiten Türkei-naher Milizen oder sonstigen Gruppierungen bzw. der behaupteten Fahndung nach dem Beschwerdeführer durch Vertreter der Syrischen Nationalen Armee (SNA):
Zu diesem Fluchtgrund ist prima vista festzuhalten, dass der Beschwerdeführer dieses Fluchtvorbringen bei jeder einzelnen seiner Einvernahmen laufend steigerte.
So gab der Beschwerdeführer bei der Erstbefragung bei der Landespolizeidirektion am 26.03.2023 zu seinen Fluchtgründen befragt Folgendes an:
„In Syrien herrschen Unruhen, ich müsste zum Militär, will aber nicht kämpfen. Sonst habe ich keine Fluchtgründe“ (vgl. As 39)
Bei seiner Ersteinvernahme bei der belangten Behörde führte er zu seinen Fluchtgründen befragt Folgendes aus:
„Der Hauptgrund ist Mai 2022 ein Kaufmann namens Abdallah Ahmed , mit dem ich sehr gut zusammengearbeitet habe, von den syrischen Freiheitskämpfern, namens XXXX einfach mitgenommen wurde und eingesperrt wurde und bis jetzt nichts von ihm gehört hat, 7 Monate danach auch von seitens der syrischen Freiheitskämpfer wurde ich von denselben syrischen Freiheitskämpfern namentlich gesucht. Zuerst sind sie zu mir ins Büro gekommen und haben mich dort nicht vorgefunden. Dann sind sie zu meiner Familie gegangen und haben nach mir gefragt, dort haben meine Frau und Familie anwesend und sie haben ihnen gesagt, dass ich nicht zuhause bin. Wie ich dann gekommen bin, haben sie mir berichtet, dass ich von ihnen gesucht werde und das war für mich ein Grund Syrien zu verlassen, weil auch auf dieselbe Abdallah Ahmad aufgegriffen wurde und mitgenommen wurde. Ich wollte nicht, dasselbe Schicksal wie Abdallah Ahmad. Ich möchte auf keinen Fall eingesperrt werden.“ (vgl. AS 77)
Nachgefragt, ob er noch weitere Fluchtgründe habe gab der Beschwerdeführer an:
„Die allgemeine Situation in Syrien. Der Drogenkonsum hat dort stark zugenommen und Waffen sind dort sehr häufig geworden.“ (vgl. AS 77)
Bei der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 06.02.2025 gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt an:
„Ich habe schon bei meiner Einvernahme erzählt, ich habe auch meiner anwesenden RV erzählt, dass ich von Seiten der Militärpolizei gesucht wurde. Die Militärpolizei war bei mir im Büro, wo sich meine Firma befindet und im Anschluss waren sie bei mir zu Hause. Zum Glück war ich draußen, ich hatte einen Auftrag eine Kamera zu installieren. Meine Büronachbarn haben mir erzählt, dass die Militärpolizei nach mir gesucht hat. Eine ähnliche Geschichte passierte mit einer Person namens XXXX hatte auch eine Firma, wie meine, jedoch viel größer. Als XXXX ignoriert hatte mit ihnen zu kooperieren, wurde er mitgenommen. Er ist seitdem verschollen. Seine Frau lebt mittlerweile in XXXX , sein Neffe, der bei ihm gearbeitet hat, heißt XXXX er lebt auch in XXXX und ich habe Kontakt zu ihm. Auch nach dem Umsturz des Regimes ist XXXX nicht entlassen worden. Heutzutage ist es jedem bekannt, welche Verbrechen diese Leute begehen. Diese Leute wollten, dass ich mein Einkommen mit ihnen teile. Sie haben mich aufgefordert für sie eine Kamera auf der anderen Seite des Flusses, wo die SDF an der Macht ist, zu installieren. Ich habe mich geweigert. Deswegen werde ich als Verräter angesehen, weil ich nicht mehr mit ihnen kooperiert habe. Aus ihrer Sicht heißt es: „Wer nicht für uns arbeitet, wird als Gegner und Oppositioneller betrachtet.“ Und wie gesagt, die Geschichte hat damals begonnen als sie mich aufgefordert haben, für sie zu arbeiten und endete damit, als sie nach mir gesucht haben. Als ich zu Hause war – an diesem Tag – und meine Familie mir erzählte, dass nach mir zu Hause gesucht wurde, habe ich am selben Tag – um ein Uhr in der Früh – XXXX verlassen.
Es gab auch eine Person namens XXXX ist der Führer der Polizei in XXXX . Er kam eines Tages zu mir und teilte mir mit, dass er sich als Gesellschafter an meiner Firma anschließen möchte. Ich habe mich geweigert, weil ich keine Aufträge für Milizen und bewaffneten Gruppierungen erledigen wollte. Ich hatte eine private Zivilfirma und haben nur für private Personen und für internationale NGOs, vor Ort gearbeitet. Ich wollte für das Militär nicht arbeiten. Das sind alle meine Fluchtgründe. (vgl. Niederschrift der Verhandlung vom 06.02.2025, S 8).
Unter „Militärpolizei“ versteht der Beschwerdeführer die SNA, wie er über Nachfragen der erkennenden Richterin angab (vgl. Niederschrift der Verhandlung vom 06.02.2025, S 8).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein gesteigertes Vorbringen im Allgemeinen nicht als glaubhaft anzusehen. Vielmehr muss grundsätzlich den ersten Angaben des Asylwerbers ein erhöhter Wahrheitsgehalt zuerkannt werden. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass Angaben, die in zeitlich geringerem Abstand zu den darin enthaltenen Ereignissen gemacht werden, der Wahrheit in der Regel am nächsten kommen (vgl. VwGH 11.11.1998, 98/01/0261, mwH).
In einer Gesamtschau der beweiswürdigenden Erwägungen und unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung konnte der Beschwerdeführer daher nicht glaubhaft machen, dass er tatsächlich von Türkei-nahen Milizen oder sonstigen Gruppierungen bzw. von Vertretern der SNS gesucht wird, und vor allem, dass dieser Umstand tatsächlich der Grund für seine Ausreise aus Syrien gewesen ist.
Zudem verstrickt sich der Beschwerdeführer bei seinen Aussagen auch immer wieder in Widersprüche, bzw. kann er seine Behauptungen nicht schlüssig erklären.
So gab der Beschwerdeführer an, dass er wisse, dass die gleichen Leute, die XXXX mitgenommen hätten, auch nach ihm gesucht hätten.
„RI: Und weswegen sind Sie dann ausgereist?
BF: Wie gesagt. Danach haben sie nach mir gesucht, in meinem Büro und bei mir zu Hause. Sie waren maskiert.
RI: Woher wissen Sie das?
BF: Meine Familie, meine Nachbarn haben sie gesehen. Zum Glück war ich nicht vor Ort.
RI: Und was wollten diese Personen von Ihnen?
BF: Sie haben die Entscheidung getroffen, dass mir das Gleiche passieren sollte wie XXXX .
RI: Woher wissen Sie das?
BF: Wie, woher weiß ich das?
RI: Sie haben ja gesagt, dass diese die Entscheidung getroffen haben und ich möchte wissen, woher Sie das wissen?
BF: Es waren dieselben Leute, die XXXX mitgenommen haben. Ich habe sie damals gesehen, weil die Firma von XXXX war ein paar Meter von mir entfernt. Ca. 15 maskierte Personen mit drei Fahrzeugen ist ein Zeichen für mich, dass mir das Gleiche passieren würde.
RI: Die Personen waren maskiert und Sie waren – nach Ihren eigenen Angaben – gar nicht anwesend als die Personen nach Ihnen gesucht haben. Jetzt wundert es mich, woher Sie wissen, dass es dieselben Personen gewesen sind?
BF: Die gleiche Uniform und das Schild von der Militärpolizei, aber auch von den Fahrzeugen. Wenn sie so als ein Einsatz zu mir kommen, bedeutet nicht, dass sie etwas kaufen wollten, sondern, dass sie mich mitnehmen wollten.“
Der Beschwerdeführer vermochte nicht zu erklären, woher er es „wusste“, dass es dieselben Personen gewesen sind, welche seinen Geschäftspartner mitgenommen haben sollen und welche nach ihm gesucht hätten, dies umso mehr, als diese Personen „maskiert“ gewesen sein sollen.
Nachdem der Beschwerdeführer offensichtlich erkannte, dass sein Vorbringen mit der „Militärpolizei“, welche nach ihm suchen soll, zu wenig Substanz hat, konstruierte er eine Geschichte darüber, dass er sich geweigert haben soll, einen Polizeichef von XXXX an seinem Geschäft zu beteiligen. Diese Weigerung habe zur Folge gehabt, dass die „Militärpolizei“ nicht mehr bei ihm eingekauft habe. Wobei für die erkennende Richterin in diesem Umstand keine Bedrohung welcher Art auch immer erkannt werden kann.
„BF: Das war die andere Geschichte, als XXXX sich an meine Firma als Mitgesellschafter beteiligen wollte.
RI: Wie ist das abgelaufen?
BF: Ich habe mich geweigert. Ich habe für NGOs gearbeitet und wenn man für NGOs arbeitet, darf man keine Aufträge von bewaffneten Milizen annehmen.
RI: Wo war das? Wann war das? Wer war dabei? Wie ist das abgelaufen?
BF: Das war im fünften Monat 2022. Er kam alleine zu mir in mein Büro. Er hat ein Angebot gemacht und teilte mir mit, dass er mit seinem Geld und ich mit meiner Erfahrung zusammen meine Firma vergrößern könnte und auch eine Filiale in XXXX eröffnen könnte und somit mehr Aufträge annehmen könnte, insbesondere die Aufträge, die die Flüchtlingslager dort betreffen. Ich habe mich geweigert und das war alles. Danach ist nichts passiert.
RI: Es war im Mai 2022. Ausgereist sind Sie im Jänner 2023. Wurden Sie während dieser Zeit, irgendeinmal von Vertretern der SNA bedroht?
BF: Ich wurde weder persönlich bedroht noch angesprochen, aber ich wusste, dass sie nicht mehr von meiner Firma etwas kaufen wollen. Früher waren sie jedes Monat bei mir, haben Sachen gekauft. Am Ende des Monats habe ich die Rechnung mit einem Mitarbeiter von mir zur Verrechnungsstelle geschickt. In den letzten sechs, sieben Monaten waren sie nicht mehr bei mir. Da habe ich gewusst, dass sie nicht mehr mit mir zu tun haben wollten und nichts mehr bei mir kaufen wollten.
RI: D. h., Sie haben einen großen Kunden verloren?
BF: Besser sie zu verlieren.“ (vgl. Niederschrift der Beschwerdeverhandlung, S 11)
Obwohl der Beschwerdeführer kurz davor noch behauptet hatte, dass ihn die „Militärpolizei“, welche er der SNA zuordnet, sucht und mitnehmen wollte, sagte der Beschwerdeführer ganz konkret, dass er nie von der SNA persönlich bedroht oder angesprochen wurde.
Schließlich steigerte er sein Vorbringen auch dahingehend, dass er sich geweigert haben will, für die SNA eine Überwachungskamera zu installieren.
„RI: Sie haben erzählt, dass Sie aufgefordert wurden, sich dieser anzuschließen bzw. eben diese Kamera auf der anderen Seite des Euphrat zu installieren. Können Sie mir bitte genau beschreiben, wann das war, wo das gewesen ist, wer dabei war und wie das abgelaufen ist?
BF: Das war im vierten Monat vom Jahr 2022. An diesem Tag kamen zwei bis drei Personen zu mir in meinem Büro, in meiner Firma. Ich kenne diese Personen nicht. Sie teilten mir mit, dass sie eine Kamera auf der anderen Seite installieren wollten. Sie wollten sich auch erkundigen, wie viel Meter Kabel man dafür benötigt. Ob man die Kamera fernbedienen könnte und ob man die Kamera an einem Baum installieren könnte. Es gibt verschiedene Arten von Kameras, welche auch mit WLAN verbunden werden könnten und welche man auch von der Ferne bedienen könnte über ein Handy. Sie wollten Kameras für ihre militärischen Operationen einsetzen, aber – wie gesagt – ich kenne diese Personen persönlich nicht, aber so, wie sie angezogen waren, habe ich gewusst, dass sie von der Militärpolizei sind.“ (vgl. Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 06.02.2025, S 9).
Über weiteres Befragen führte der Beschwerdeführer aus:
„RI: Diese Personen wollten das haben und wie ging es weiter?
BF: Ich habe mich geweigert. Ich meine, ich habe ihnen gesagt: „Ich kann alles hier bei mir im Büro einstellen und vorbereiten, diese Geräte müssen aber von Ihrer Seite selbst installiert werden. Ich komme nicht mit.“ Vielleicht haben Sie jemand anderen gefunden. Sie waren diesbezüglich nicht mehr bei mir. Ich habe diesen Vorfall als ein Beispiel einfach erwähnt.“ (vgl. Niederschrift vom 06.02.2025, S 9).
Auch aus diesem Vorbringen kann keine Bedrohung durch Vertreter der SNA erkannt werden. Für die erkennende Richterin ist vielmehr beweiswürdigend festzuhalten, dass es maßgeblich wahrscheinlich ist, dass der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat wegen der Unruhen in Syrien verlassen hat, wie er dies glaubhaft bei seiner Erstbefragung am 26.03.2023 angegeben hatte. Dabei mag wohl auch eine Rolle gespielt haben, dass seine Schwester und sein Bruder bereits als Asylberechtigte in Österreich leben.
Zu seinem Fluchtvorbringen, welches seine Rechtsvertretung in seiner Beschwerde darlegte, dass der Beschwerdeführer von der SNA verfolgt werde, weil er für die ausländliche NGO „ XXXX “ Dienstleistungen erbracht habe (vgl. AS 219), erzählte der Beschwerdeführer weder bei seiner Ersteinvernahme noch vor dem Bundesverwaltungsgericht nähere Details. Vielmehr erzählte er von sich aus gar nichts zu diesem Vorbringen in der Beschwerde, weswegen davon ausgegangen wird, dass auch das nicht der Grund gewesen ist, weswegen er Syrien verlassen hat.
Bei den weiteren gesteigerten Fluchtvorbringen handelt es sich mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit um Konstrukte, mit denen der Beschwerdeführer versuchte, für sich einen anderen Fluchtgrund zu finden, als die allgemein unsichere Lage in Syrien. Es mag sein, dass diese vom Beschwerdeführer geschilderten Ereignisse, wonach Vertreter der SNA bei ihm eine Überwachungskamera kaufen wollten, oder sich ein Mann an seinem Geschäft beteiligen wollte, womit der Beschwerdeführer nicht einverstanden gewesen sein mag, tatsächlich passiert sein könnten. Auch die Entführung seines Geschäftspartners ist im Lichte der zitierten Länderinformationen, wonach es in den Türkisch kontrollierten Gebieten immer wieder zu Entführungen kommt, nicht gänzlich unplausibel. Jedoch ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass er aufgrund dieser Ereignisse tatsächlich jemals von Türkei-nahen Milizen oder anderen Gruppierungen oder von Vertretern der SNA bedroht wurde, oder in Zukunft einer Bedrohung welcher Art auch immer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt werden sein könnte.
Ebenso wenig konnte der Beschwerdeführer glaubhaft machen, dass ihm seitens der Türkei-nahen Milizen oder anderen Gruppierungen oder der SNA aufgrund dieser Ereignisse eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt werden würde.
Vielmehr ist die folgende Aussage des Beschwerdeführers glaubhaft:
„RI: Wurden Sie persönlich in Syrien jemals psychisch oder physisch bedroht? Falls ja, wann, von wem und wo?
BF: Nein.“ (vgl. Niederschrift der Beschwerdeverhandlung am 06.02.2025, S 13).
Daher wurde die entsprechende Feststellung getroffen.
2.2.4. Zur Gefahr, wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe in Syrien persönlich und konkret bedroht zu werden
Der Beschwerdeführer brachte im gesamten Verfahren – von den vorangehenden Ausführungen abgesehen – nicht konkret vor, dass er wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe in Syrien in seinem Herkunftsland bedroht worden sei, weswegen die entsprechende Feststellung getroffen wird.
2.3. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Länderberichte. Da diese insgesamt aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche bieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der herangezogenen Länderinformationen zu zweifeln. Die den Feststellungen zugrundeliegenden Länderberichte sind in Bezug auf die Sicherheits- und Versorgungslage in Syrien aktuell.
Sämtliche Länderinformationen sind den Parteien des Verfahrens bzw. der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers bekannt. Der Beschwerdeführer gab zu den Länderinformationen keine Stellungnahme ab.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides – Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten
3.1.1. § 3 Asylgesetz 2005 (AsylG) lautet auszugsweise:
„Status des Asylberechtigten
§ 3 (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
(2) Die Verfolgung kann auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.
(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn 1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder 2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.
…“
3.1.2. Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder der staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG liegt es am Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat eine Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht.
Nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr kann relevant sein, diese muss im Entscheidungszeitpunkt vorliegen. Auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
3.1.3. Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt, ist es schon wegen der fehlenden Zugriffsmöglichkeiten des ehemaligen syrischen Regimes auf die unter türkischer Kontrolle stehende Herkunftsregion des Beschwerdeführers nicht als maßgeblich wahrscheinlich anzusehen, dass dem Beschwerdeführer aktuell in seiner Herkunftsregion tatsächlich eine Verfolgung durch dieses Regime drohen würde.
3.1.4. Der Beschwerdeführer wird mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht von Türkei-nahen Milizen oder sonstigen Gruppierungen bedroht. Vertreter der SNA fahnden nicht nach dem Beschwerdeführer. Ebenso wenig wird dem Beschwerdeführer von den Türkei-nahen Milizen oder sonstigen Milizen oder der SNA eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt.
3.1.5. Der Beschwerdeführer selbst brachte keine konkrete und persönliche Verfolgung seiner Person aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe in Syrien vor.
3.1.6. Die Durchsicht der aktuellen Länderberichte zur Herkunftsregion des Beschwerdeführers erlaubt es auch nicht anzunehmen, dass gegenständlich sonstige mögliche Gründe für die Befürchtung einer entsprechenden Verfolgungsgefahr vorliegen.
3.1.7. Dem Beschwerdeführer ist es damit nicht gelungen, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung von maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen. Auch haben sich im Verfahren ansonsten keine Anhaltspunkte ergeben, die eine Verfolgung des Beschwerdeführers aus asylrelevanten Gründen im Herkunftsstaat maßgeblich wahrscheinlich erscheinen ließen.
3.1.8. Die allgemeine Lage in Syrien ist auch nicht dergestalt, dass automatisch jedem Antragsteller aus Syrien der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werden müsste.
3.1.9. Die Beschwerde war daher betreffend Spruchpunkt I. und somit – da sie sich ausdrücklich nur gegen diesen richtete (vgl. AS 213) – zur Gänze als unbegründet abzuweisen.
3.1.10. Der allgemeinen Gefährdung des Beschwerdeführers durch die derzeitige Sicherheitslage und Versorgungslage in Syrien wurde im gegenständlichen Verfahren mit der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 AsylG 2005 bereits vorab Rechnung getragen.
3.1.11. Der Vollständigkeit halber sei noch darauf eingegangen, dass die im Dezember 2024 veröffentlichte Position der UNHCR (UNHCR 1) der vorliegenden Entscheidung nicht entgegensteht:
Die von der UNHCR thematisierten Fragen der freiwilligen Rückkehr („Voluntary Returns“) sowie des Moratoriums zwangsweiser Rückführungen („Moratorium on Forced Returns“) sind mit Blick auf den Gegenstand der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht relevant.
Des Weiteren plädiert die UNHCR dafür, dass vorerst keine negativen Entscheidungen über Asylanträge von syrischen Staatsangehörigen oder Staatenlosen, die früher ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Syrien hatten, erlassen werden. Zutreffend weist UNHCR zunächst darauf hin, dass das Risiko einer Verfolgung durch die einstige Regierung, also das ASSAD -Regime, geendet habe. Diese Ausführungen stehen im Einklang mit den – in zahlreichen Medien veröffentlichten – Informationen, auf die sich das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung stützt. Soweit UNHCR allerdings vermeint, dass andere Risiken fortbestehen oder zunehmen könnten, ist festzuhalten, dass das Vorbringen einer asylrelevanten Verfolgung infolge der Lageänderung in Syrien ab Ende November/Anfang Dezember 2024 eine entsprechende Glaubhaftmachung am – rechtskundig vertretenen und über seine Mitwirkungspflicht mehrfach belehrten – Beschwerdeführer liegt. Zum für die Beurteilung und Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt ist jedenfalls von keiner asylrelevanten Verfolgung des Beschwerdeführers durch eines der Akteure in Syrien auszugehen. Im Übrigen ist beachtlich, dass auch UNHCR keine konkreten neuen Verfolgungsrisiken ins Treffen führt, sondern sich bloß allgemein auf die in Syrien vorherrschende Unsicherheit und Instabilität bezieht. Vor diesem Hintergrund sei abschließend noch einmal daran erinnert, dass der Beschwerdeführer ohnedies bereits den Status des subsidiär Schutzberechtigten innehat.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
In der Beschwerde findet sich kein Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Rückverweise